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NASCAR: Vorschau Atlanta März 2010

von KristianStooss
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Diese Woche steht Saisonrennen Nummer 4 in Atlanta an, bevor die NASCAR in ihr erstes freies Rennwochenende geht. Nach zwei Erfolgen des nun alleinigen 1,5-Meilen-Oval-Rekordsiegers Jimmie Johnson wird ausgerechnet wieder auf einem Intermediate-Oval gefahren.

Nach einem zweiwöchigen Ausflug in den Westen der USA kehrt die NASCAR nun wieder ins Herz ihrer Geschichte zurück: die Südstaaten. Nun folgen in vier Wochen drei Rennen in Georgia (Atlanta), Tennessee (Bristol) und Virginia (Martinsville), wobei nach dem Rennen in dieser Woche das erste freie Rennwochenende für alle nationalen NASCAR-Serien folgt. Damit geht es in der Saison 2010 nach dem Daytona 500 schon auf die nächste große Entscheidung zu: der Kampf um die begehrten Plätze in den Top35, die nach dem fünften Rennen in Bristol wieder jede Woche aktualisiert werden. Dazu aber später mehr! Zunächst ein paar Worte zur Strecke, wobei ich der Einfachheit halber einen Absatz aus der letzten Herbst-Vorschau zitieren möchte; für die Neueinsteiger also hier ein kleiner Überblick über die 50-jährige Geschichte des Atlanta Motor Speedways, die alten Hasen können ruhig darüber hinweg lesen:

1960 wurde die Strecke in Hampton, Georgia eröffnet und liegt 30km südlich der Hauptstadt Atlanta. Die Baukosten beliefen sich damals auf 1,8 Mio. US-$, durch die Inflation ist eine solche Summe heutzutage ein Schnäppchen. Zu Beginn war die Strecke exakt 1,5 Meilen lang und glich mehr einem D-shaped-Oval, was sich dann 1997 änderte. Speedway Motorsports Inc nahm größere Umbauarbeiten vor, um Atlanta an ihre Strecken in Charlotte und Texas anzupassen. Seitdem ist das Oval 1,54 Meilen lang, besitzt mit 24° exakt das gleiche Banking wie die Schwesterstrecken und verfügt nun ebenfalls über die charakteristischen Linksknicks auf der Start-Ziel-Geraden. Gemeinsam mit Texas und Charlotte ist Atlanta auch eine der schnellsten Nicht-restrictor-plate-Strecken, was der Rundendurchschnitt im Qualifying beweist: Mark Martin holte im März [2009] die Pole mit einem Speed von 187.044mph, was im Schnitt 299,270km/h bedeutet. Die Einfahrtsgeschwindigkeit in die beiden Kurven liegt bei über 200mph!

Viele aktive Fahrer haben in Atlanta bereits mehrfach gewonnen, die Veteranen voran

50 Jahre Atlanta Motor Speedway bedeutet bei zwei jährlichen Rennen auch, dass dort im letzten Jahr das hundertste Rennen gefahren wurde und die Liste der bisherigen Sieger eine sehr lange ist. Deshalb beschränke ich mich mal auf die aktiven Piloten, bei denen Kurt Busch und Kasey Kahne seit dem letzten Jahr ein Top-Resultat mehr auf dem Konto haben:

1. Bobby Labonte (6)
2. Bill Elliott (5)
3. Jeff Gordon (4)
4. Jimmie Johnson, Carl Edwards (je 3)
5. Kurt Busch, Kasey Kahne, Tony Stewart, Mark Martin (je 2)
6. Kyle Busch, Dale Earnhardt Jr., Kevin Harvick (je 1)

Der Trend scheint in Atlanta also durchaus in Richtung der Seriensieger zu gehen, wobei man Bobby Labonte und Bill Elliott als Sieger im Frühjahrsrennen 2010 aber fast schon ausschließen kann. TRG Motorsports befindet sich erst in der zweiten Saison und scheint momentan höchstens für ein Top20-Ergebnis gut zu sein. Deren Sponsor fügte nun allerdings auch das Atlanta-Rennen zu seinem Förderungsplan hinzu, also besteht für die Zukunft zumindest die Hoffnung, dass man mit einer soliden Finanzierung nach höheren Aufgaben streben kann. Die Wood Brothers dagegen bestreiten mit Bill Elliott nur noch Teilzeitsaisons und der Altmeister geht die Rennen nach dem „just for fun“-Prinzip an. Die Ergebnisse lassen sich trotz Unterstützung von Roush-Fenway Racing mit denen von TRG Motorsports vergleichen.

Ein Blick über die bisherigen Ergebnisse der Teams sieht RCR und Hendrick vorne

Bessere Chancen auf einen Sieg haben dagegen so ziemlich alle anderen Fahrer auf dieser Liste, allen voran natürlich Jimmie Johnson (35/1/1), Jeff Gordon (26/20/3) und Mark Martin (12/4/4). Dale Earnhardt Jr. als dritter Hendrick-Fahrer im Bunde muss sich wohl noch steigern, lieferte in seinen letzten Rennen (2/32/16) aber schon bessere Resultate als 2009 ab. Im Durchschnitt bedeutet das schon sieben Plätze besser, wobei natürlich der zweite Rang von Daytona die Statistik schönt. Die Hendrick-Partner von Stewart-Haas Racing scheinen langsam aufzutauen: Tony Stewart fuhr in Las Vegas das zweite Top10-Ergebnis für seinen Rennstall ein und in Atlanta ist ihm nun durchaus ein Top5-Resultat zuzutrauen. Auch bei Ryan Newman geht es endlich aufwärts, zumindest von der Tendenz (34/36/18). Letzteres Resultat brachte ihn näher in Richtung der Top35, auch wenn natürlich nach der Saison 2009 die Chase-Plätze das Ziel sein müssen.

Weiter geht es bei der zweiten großen und endlich wiedererstarkten Chevrolet-Fraktion: Richard Childress Racing, deren zwei Fahrer Kevin Harvick (7/2/2) und Clint Bowyer (4/8/8) weiterhin die Meisterschaftstabelle anführen. Auch Jeff Burton (11/3/11) befindet sich derzeit auf einem Chase-Platz und so merkt man doch deutlich, wie sehr im letzten Jahr das vierte Team um Casey Mears den kompletten Rennstall ausgebremst hatte. Das lag wohl nicht so sehr an Mears, eher daran, dass vier Teams einfach eine Menge mehr an Ressourcen erfordern. RCR konnte das nicht bieten und so zogen sich letztendlich alle Mannschaften gegenseitig runter und verpassten den Chase komplett. Statt drei Top-Teams vier in der Mittelmäßigkeit. Zur letzten konkurrenzfähigen Chevy-Mannschaft: Earnhardt-Ganassi Racing muss dringend wieder zur alten Form zurückfinden. Nach einem tollen Saisonauftakt in Daytona ist das Team vollkommen in der Versenkung verschwunden. Juan Pablo Montoya (10/37/37) war dabei noch nicht einmal Schuld an seinen schlechten Resultaten. Nach einem Motorschaden wurde er zuletzt vom Teamkollegen Jamie McMurray (1/17/34) abgeräumt.

Ford folgt Chevrolet direkt auf dem Fuße, erst dahinter stehen Toyota und Dodge

Der zweitstärkste Hersteller scheint derzeit Ford zu sein, die mit Matt Kenseth (8/7/5), Greg Biffle (3/10/10) und Carl Edwards (9/13/12) gleich drei ihrer Fahrer in den Top12 haben. David Ragan (16/23/23) befindet sich weit dahinter auf Platz 20 und es sieht wieder nur nach einer durchschnittlichen Saison für den jungen Fahrer aus. Ich bin gespannt wie lange Jack Roush sich das anschaut, obwohl man auch sagen muss, dass der Sponsor UPS viel in Ragan investiert hat. Vom zweiten großen Ford-Camp Richard Petty Motorsports ist bisher nichts zu sehen, deren bester Fahrer ist derzeit erstaunlicherweise Paul Menard (13/18/17). Mit drei für ihn achtbaren Top20-Resultaten ist er 2010 ordentlich unterwegs. Die anderen drei Piloten befinden sich außerhalb der Top20 und lediglich Kasey Kahne (30/34/9) konnte endlich ein Top10-Ergebnis holen. Für AJ Allmendinger (32/25/25) und Elliott Sadler (24/24/27) sieht es momentan ganz düster aus und RPM ist somit wohl die Negativüberraschung unter den Teams in diesem Jahr; zumindest bisher.

Fehlen noch Toyota und Dodge: Hätte man mir erzählt, dass zum Anfang der Saison Joey Logano (20/5/6) und David Reutimann (5/15/13) noch vor Kyle Busch (14/14/15) in der Punktetabelle stehen, hätte ich vermutlich einmal laut gelacht. Gut, es sind vielleicht erst drei Rennen gefahren, aber es kristallisiert sich schon wirklich deutlich heraus, mit wem derzeit zu rechnen ist! Dann kommt als viert-bester Toyota Scott Speed (19/11/22), der drei für ihn beachtliche Resultate eingefahren hat, gefolgt von seinem Teamkollegen Brian Vickers (15/12/31). Auf Toyota-Seite enttäuscht haben die anderen beiden Fahrer von Michael Waltrip Racing: Martin Truex Jr. (6/39/20) und Marcos Ambrose (41/35/14), der momentan mit der Qualifikation für die Top35 kämpft, nachdem er 2009 solide in den Top20 unterwegs war. Ich denke aber, dass er in den nächsten Rennen noch zulegen kann. Truex dagegen hat wohl Team- und CrewChief-Wechsel noch nicht so richtig verdaut, während ich bei Reutimann mit der bisher gebrachten Leistung wirklich gerechnet habe. Der Mann hat durchaus was auf dem Kasten, was auch DW gerne mal hervorhebt. Bleibt noch Denny Hamlin (17/29/19), das Schlusslicht bei Joe Gibbs Racing, wo derzeit verkehrte Welt an der Tagesordnung ist: Hamlin wurde vor der Saison als Geheimfavorit auf den Titel verschrien und vermutlich weiß wohl keiner, warum er derzeit den schlechtesten Saisonstart seiner Karriere hinter sich bringen muss.

Penske Racing verkauft sich 2010 auch eher unter Wert, lediglich Kurt Busch (23/5/35) ist einmal in die Top10 gefahren. Brad Keselowski (36/21/25) muss man wohl bis zum Ende der Saison Zeit geben, damit er die Rookie-Federn abwerfen kann und sich an das Team gewöhnt. Keselowski hat einfach noch nicht genug Erfahrung. Sam Hornish Jr. (37/16/28) haftet dagegen weiterhin das Pech an, obwohl ich den Eindruck habe, dass er mehr leisten kann und will. Ob das Penske-Problem jetzt an der generellen Unterversorgung seitens Dodge liegt, kann ich nicht beurteilen, da ich natürlich keinen direkten Einblick ins Team habe. Sollte sich die Situation aber nicht bessern, würde mich ein Herstellerwechsel zum Jahresende nicht überraschen.

Im Kampf um die Top35 wird langsam deutlich, wer einen garantierten Startplatz bekommt

Noch ein kurzer Blick auf den momentanen Stand in den Owner Points, wo es bis Platz 35 ein garantiertes Startrecht ab Martinsville zu verteilen gibt:

30. Bobby Labonte – 231 Punkte (+25)
31. David Gilliland – 228 Punkte (+22)
32. Ryan Newman – 225 Punkte (+19)
33. Marcos Ambrose  – 219 Punkte (+13)
34. Robby Gordon – 215 Punkte (+9)
35. Travis Kvapil – 213 Punkte (+7)
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36. Kevin Conway – 206 Punkte (-7)
37. Max Papis – 186 Punkte (-27)
38. Boris Said – 185 Punkte (-28)
39. Mike Bliss – 180 Punkte (-33)

Diese vier Kandidaten befinden sich derzeit außerhalb der Top35:
– Kevin Conway, der Rookie mit dem Vollzeitsponsor
– Max Papis, der notfalls auch ohne Sponsoring per „start&park“ in die Top35 kommen will
– Boris Said, der über das derzeit langsamste Auto im Feld verfügt
– Mike Bliss, der einen Teilzeitsponsor an Bord hat.

Alle anderen Fahrer/Teams nach Mike Bliss sind definitiv mit der „start&park“-Strategie unterwegs und liegen mindestens 42 Punkte weiter hinten. Alle Fahrer vor Bobby Labonte liegen nur knapp vor dem Cut, selbst Kasey Kahne auf Platz 23 hat nur ein Polster von 71 Punkten auf Kevin Conway. Ich vermute aber, dass sich die Owner Points an der Grenze so oder so ähnlich zementieren werden. Bobby Labonte und Scott Speed werden wohl einen garantierten Startplatz erhalten und Regan Smith kann seinen gekauften behalten. Robby Gordon liegt jedes Jahr ohnehin an der Obergrenze der Top35 und die drei Teams von Front Row Motorsports (Gilliland, Kvapil und Conway) werden sich um den letzten garantierten Platz streiten. Boris Saids Auto ist derzeit zu schlecht, um überhaupt mitzuhalten und Max Papis wird auch kämpfen müssen; vor allem dafür, mehr Erfahrung im Stockcar sammeln zu dürfen.

Aber wer gewinnt nun das Rennen auf dem Atlanta Motor Speedway?

Nach diesem Überblick über die aktuelle Stärkeverteilung der Teams im Cup, möchte ich zum Schluss die Siegkandidaten für das Rennen am Wochenende durchgehen. Mein Favorit ist dabei Kevin Harvick, der nach zwei zweiten Plätzen 2010 und zwei Top5-Ergebnissen in Atlanta 2009 wohl die besten Karten haben dürfte. Jimmie Johnson sollte man nach zwei Siegen auf Intermediate-Ovalen auch auf der Rechnung haben, außerdem hat er zurzeit „momentum“, wie die Amerikaner sagen. Jeff Gordon und Matt Kenseth erwarte ich in den Top5, ebenso haben Mark Martin, Greg Biffle und Carl Edwards gute Chancen auf ein Top5-Ergebnis. Clint Bowyer sollte locker in die Top10 fahren können und auch Tony Stewarts Zeit müsste langsam kommen. Kasey Kahne und Kurt Busch gewannen im letzten Jahr, mal schauen, wie sie 2010 in Atlanta unterwegs sein werden. Der erweiterte Kreis besteht aus Juan Pablo Montoya, dem nachgesagt wird, dass die Strecke zu seinen stärkeren zählt und Brian Vickers, der im letzten Jahr Platz 5 und Rang 7 belegt hat.

Das Rennen ist am Sonntagabend ab 18 Uhr auf FOX zu sehen, der Rennstart erfolgt gegen ca. 19:15 Uhr. Nach dem Rennen in Daytona ist es nun der zweite Termin, an dem wir uns über die neuen einheitlichen Startzeiten (die frühen) freuen dürfen. Noch eine Notiz zum Rennen in Bristol in zwei Wochen: Aufgrund der Sommerzeitumstellung in den USA wird die grüne Flagge schon um ca. 18:15 Uhr geschwenkt… und ich muss arbeiten! Das Qualifying findet in der Nacht von Freitag auf Samstag um Mitternacht auf SPEED statt, 46 Autos sind dafür gemeldet. Die Nationwide Series pausiert in dieser Woche, ist aber in Bristol wieder mit dabei. Die Trucks fahren allerdings in Atlanta und zwar am Samstagabend um 19:30 Uhr auf SPEED. In der nächsten Woche fährt dann keine der drei nationalen NASCAR-Serien, genug Zeit also, sich dem Start der Formel-1-Saison zu widmen.

News

Naja, das Schlagloch in Daytona ist repariert, Montoya und McMurray haben sich wieder lieb und Spoiler wird wohl ab Martinsville den Flügel ersetzen. Ist nicht viel passiert in dieser Woche…

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1 Kommentare

NASCARaddicted 6 März, 2010 - 01:43

guter Artikel, wie immer.

Als kleine Anmerkung/Akutalisierung: Dale Jr. hat sich für das Rennen die Pole geholt – seine erste seit 2008. Leider muß das ja nix heißen fürs Rennen, da ist ja nur die letzte Runde entscheidend … aber immerhin weckt es Hoffnungen.

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