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IndyCar: Analyse Grand Prix of St. Petersburg

von Rainer
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Der Saisonauftakt der IndyCar Series sorgte für einige Überraschungen. Die größte ist sicherlich der Sieg von Sebastien Bourdais in seinem ersten Rennen für Dale Coyne Racing.

Vor dem Wochenende, trotz ordentlicher Zeiten bei den Testfahrten, hätte kaum jemand Geld auf einen Sieg von Sebastien Bourdais gesetzt. Nach der Qualifikation hat wahrscheinlich selbst der größte Bourdais-Fan nicht an einen Sieg geglaubt. Direkt im ersten Segment der Qualifikation verbremste sich Bourdais in seiner Aufwärmrunde und rutschte in einen Reifenstapel. Das Segment wurde unterbrochen und der Franzose durfte dadurch nicht mehr an der weiteren Qualifikation teilnehmen. Er ging also von Startplatz 21 ins Rennen. Den Sieg verdankt er seinem enormen Rennspeed, einer perfekten Strategie und einer glücklich fallenden Caution.

Die 110 Runden in den Straßen von St. Petersburg stellen die Strategen immer vor ein Problem. Die 28 Runden pro Stint einer 3-Stopp-Strategie entsprechen zwar einer Tankfüllung, sind aber eigentlich zu lang für die weicheren Option-Tires. Entsprechend müssen die Stints auf den Prime-Tires länger sein, was aber nur mit Benzinsparen möglich ist. Ein weiteres Problem sind Cautions, die gerne während der Boxenstopps ausgerufen werden müssen. Wenn Fahrer mit frischen kalten Reifen auf Fahrer mit gebrauchten heißen treffen, wird es halt gerne mal zu eng. Fahrer, die zum Zeitpunkt der Gelbphase noch nicht an der Box waren, verlieren bei dem Stopp unter Gelb dann viele Positionen im Feld.

Die erste Caution wurde direkt in der ersten Runde nötig. In Anfahrt auf Kurve 3 ging Charlie Kimball der Platz aus und er touchierte Graham Rahal, der ihn Richtung Mauer gedrückt hatte. Carlos Munoz wurde am Ausgang der Kurve dann von Kimball blockiert und auch Helio Castroneves und Mikhail Aleshin trugen Schäden am Bodywork davon. Erst gar nicht in die Nähe des Unfalls kam Ryan Hunter-Reay, der noch vor dem Start mit einem kleinen Defekt an die Box kommen musste. Die Gelbphase bewahrte ihn davor, eine Runde zu verlieren. Ohne Rundenverlust konnten auch Castroneves und Aleshin das Rennen nach der Reparatur wieder aufnehmen. Weniger Glück hatten Rahal, Kimball und Munoz. Wenige Runden unter Rennspeed später musste Munoz dann das Rennen aufgeben.

In Runde 10 bog Polesitter Will Power, der die Führung beim Restart aber an James Hinchcliffe hatte abgeben müssen, mit einem Bremsplatten in die Boxengasse ein. Zu einem Unglück gesellte sich direkt das nächste und er musste eine Drive-Through Penalty antreten, weil er beim Losfahren den Schlauch des Schlagschraubers überfahren hatte. Ab Runde 20 folgten dann die ersten regulären Boxenstopps. Sebastien Bourdais und Simon Pagenaud, der nur von Startplatz 14 ins Rennen gegangen war, kamen in Runde 24 an die Box. In Runde 25 kam es dann zum oben schon geschilderten Szenario. Tony Kanaan zog mit frischen Reifen vor Kurve 3 an Mikhail Aleshin vorbei. Beim Ausgang zog er wieder auf die Ideallinie, obwohl Aleshin noch neben ihm war. Die abgebrochen Carbonteilen führten zur Caution.

Beim Bremsen in die Boxeneinfahrt hinein explodierte bei Spencer Pigot die linke hintere Bremsscheibe. Das Thema Bremse war schon vor dem Rennen kontrovers diskutiert worden. Viele Fahrer klagten in den letzten Jahren über das Verhalten der Bremsen, die komplett von Brembo kamen. Deshalb wechselte die IndyCar Series bei den Bremsscheiben und den Belägen den Anbieter und setzt seit dieser Saison auf Produkte von Performance Friction Corporation (PFC). Der Sattel stammt aber weiterhin von Brembo, da ein Wechsel auch neue Komponenten bei der Kühlung notwendig gemacht hätte. Neue Teile der Aerodynamik wollte man aber unbedingt vermeiden. Das große Problem ist nun, dass die Komponenten von Brembo und PFC für andere Temperaturen ausgelegt sind. Es kann so zu einer Überhitzung der Bremssättel kommen. Eine Änderung der Bremskühlung ist aber (bisher) verboten. Vor allem bei höheren Temperaturen fürchten die Teams Bremsversagen. Die Ursache für Pigots Problem ist aber noch unklar.

Von den bisherigen Top-5 war nur Kanaan schon an der Box gewesen, der diesen Vorteil aber durch den Reparaturstopp wieder einbüßte. James Hinchcliffe, Scott Dixon, Takuma Sato und Josef Newgarden fanden sich zum Restart nur auf den Positionen ab Platz 10 wieder. Pagenaud führte derweil das Feld vor Bourdais, Marco Andretti und Ed Jones an. In Runde 32 ging zuerst Jones an Andretti in Kurve 1 vorbei und in Runde 37 bremste sich an derselben Stelle Bourdais an Pagenaud vorbei. Schnell konnte sich Bourdais leicht vom amtierenden Champion absetzten, während Jones das restliche Feld ein wenig aufhielt. In Runde 51 hatte Bourdais so einen Vorsprung von 1,4 Sekunden auf Pagenaud und 14,0 Sekunden auf Jones.

Die zweiten Boxenstopps zwischen den Runden 46 und 57 brachten nur wenige Veränderungen. Will Power, der immer noch auf einer „falschen“ Strategie unterwegs war, und Takuma Sato konnten aber Ed Jones überholen. Andretti, Castroneves, Dixon, Hinchcliffe und Hunter-Reay hingen aber weiter hinter dem Rookie fest und verloren Zeit auf die Spitze, wo Bourdais seinen Vorsprung immer weiter vergrößerte. In Runde 76 hatte er 7,2 Sekunden Vorsprung auf Pagenaud, 29 Sekunden auf Power und Sato sowie 40 Sekunden auf Jones.

In Runde 77 musste Will Power zum Nachtanken an die Box. Es war eigentlich klar, dass er ohne Caution nicht bis ins Ziel mit dieser Benzinmenge kommen würde. Trotzdem versuchte man es bei Team Penske und ab Runde 90 schlich Power dann aber um die Strecke und verlor Platz um Platz. Dem US-amerikanischen Fernsehen teilte man mit, dass er „nur“ Benzin spart. Boxenstopps in den Runden 97, 99 und endgültig in Runde 100, da er zu langsam auf der Strecke war, deuten aber eher auf einen technischen Defekt hin, wahrscheinlich im Antrieb. Immerhin hat er in diesmal 13 Punkte mehr in St. Peterburg geholt als im Vorjahr.

Den ersten regulären finalen Stopp absolvierte Scott Dixon in Runde 80. Die restlichen 30 Runden waren ziemlich lang für eine Tankfüllung. Dixon ist aber der Meister des Benzinsparens und das zeigte er mal wieder. Auf frischen Reifen und ohne störenden Verkehr war er richtig schnell unterwegs. Als in Runde 84 alle Fahrer ihren letzten Stopp absolviert hatten, lag er auf Platz 4 hinter Will Power. An der Spitze versuchte Simon Pagenaud noch mal alles, um an Sebastien Bourdais heranzukommen, überstrapazierte dabei aber seine Reifen. Durch den Überrundungsverkehr wurde es zwar nochmal etwas enger zwischen den beiden Franzosen, aber im Endeffekt konnte Sebastien Bourdais ungefährdet dem Sieg entgegen fahren.

Hinter Scott Dixon verpasste Takuma Sato, in seinem ersten Rennen für Andretti Autosport, den Podestplatz. Beim letzten Boxenstopp versagte einer der Schlagschrauber und er verlor einige Sekunden. Mit einem perfekten Stopp wäre er vielleicht vor Dixon geblieben und hätte so Platz 3 einfahren können. Mit Ryan Hunter-Reay auf Platz 5, Marco Andretti auf Platz 7 und Alexander Rossi auf Platz 11 war es aber ein sehr gelungenes Auftaktwochenende für Andretti Autosport.

Team Penske wird nicht zufrieden sein. In den Trainings gab es einige technische Probleme und insgesamt war man auch von der Geschwindigkeit weit weg von der Dominanz des Vorjahrs. So qualifizierten sich Castroneves und Pagenaud nur auf den Plätzen 14 und 16 für das Rennen und dort waren sie dann mit den Plätzen 6 und 2 noch die beiden besten Penske-Piloten. Josef Newgarden fiel, auch bedingt durch die zweite Gelbphase, auf Platz 8 zurück und Will Power wurde am Ende auf Platz 19 gewertet. Insgesamt scheint sich der Vorsprung des Vorjahres zu einem Rückstand gegenüber den Honda-Teams entwickelt zu haben.

James Hinchcliffe hatte natürlich Pech mit der zweiten Caution. Ihm fehlte es aber, wie auch Newgarden, am Rennspeed. Vor dem Restart in Runde 30 lagen sie gleichauf mit Dixon und Sato, die dann aber viel mehr aus ihrem Rennen machten. Platz 10 für Ed Jones rundete das perfekte Wochenende für Dale Coyne Racing ab. Er lag zwischenzeitlich auf Platz 3 und wurde dann langsam durch das Feld gereicht. Für sein erstes Rennen in der IndyCar Series war es ein durchaus gelungener Auftakt. Etwas zwiegespalten dürften die Gefühle bei Chip Ganassi Racing sein. Zum einen war man im ersten Rennen mit Honda direkt wieder richtig schnell. Dixon, Kanaan, Max Chilton und Charlie Kimball gingen immerhin von den Startplätzen 2, 6, 7 und 9 ins Rennen. Dort hatte man dann aber einiges Pech mit den Zwischenfällen. Außerdem ließ Chilton auch den Rennspeed vermissen. Mit Platz 16 war er der schlechteste Fahrer, der ohne technische Probleme oder Unfall das Ziel erreichte.

Richtig unzufrieden wird man hingegen bei RLL Racing, A.J. Foyt Racing und Ed Carpenter Racing sein. Alle drei Teams haben einen Wagen durch technischen Defekt (Spencer Pigot) oder durch Unfälle (Graham Rahal, Carlos Munoz) verloren. Aber auch die verbliebenen J.R. Hildebrand und Conor Daly konnten wenig überzeugen. Spencer Pigot hingegen war bis zum Defekt sehr gut unterwegs. So konnte er unter anderem Simon Pagenaud in Runde 8 überholen.

Das ganze Ergebnis gibt es als PDF.

Die IndyCar Series macht nun eine kleine Pause bevor am 09. April der Klassiker in den Straßen von Long Beach ansteht.

(c) Photos: IndyCar Media; Chris Jones, Chris Owens, Joe Skibinski

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