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VASC: Analyse Adelaide 2017

von ThomasB
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Shane van Gisbergen ließ beim Saisonauftakt der Supercars in Adelaide mit zwei Start-Ziel-Siegen keinerlei Zweifel aufkommen, wer in dieser Saison der Titelkandidat ist. Eigentlich ein perfektes Wochenende möchte man meinen, doch richtig wohl fühlt sich van Gisbergen im Rennwagen immer noch nicht.

Schon beim Test in Sydney tauchten beim übrigens komplett neuen Chassis Geräusche und Vibrationen auf, die zwar keinen Einfluss auf den Speed hatten, aber das Red Bull Holden Racing Team zunächst etwas ratlos nach Adelaide reisen ließen. Dort angekommen hoffte man das, Problem lösen zu können, doch schon beim ersten Rollout traten wieder Vibrationen auf, die sich über das Wochenende hinweg fortsetzten, ohne dass das Team die Ursache ausmachen konnte. Trotzdem gelang van Gisbergen sowohl in beiden Qualifyings als auch in beiden Shootouts die Bestzeit, sodass er in beiden Rennen von der Pole Position starten konnte.

Rennen 1

Die erste Startreihe teilte er sich am Samstag mit Fabian Coulthard, der sich im Shootout um 0,04 Sekunden geschlagen geben musste und zeigte, dass auch er und DJR-Penske um den Sieg würden fahren können. Chaz Mostert startete von Platz drei, gefolgt von James Courtney und Mark Winterbottom.

Den Start konnte van Gisbergen noch für sich entscheiden, doch kurz vor Turn 8 zog Coulthard an ihm vorbei und übernahm die Führung. Weiter hinten ging es noch enger zu, als Garth Tander, Todd Kelly und Will Davison versuchten, Turn 8 zu dritt nebeneinander zu durchfahren. Dies konnte natürlich nicht gutgehen, Davison touchierte zunächst TK und landete dann in der Mauer. Er konnte zwar noch zurück an die Box, doch das Rennen war für ihn bereits in der ersten Runde vorbei.

Vorne kam van Gisbergen in den folgenden Runden immer näher an Coulthard heran, konnte sich aber jegliche Mühe sparen, denn sowohl Coulthard als auch van Gisbergens Verfolger Courtney kamen nach 17 Runden zum ersten Pitstop. Van Gisbergen wiederum nutzte eine Caution für seinen Stopp. In Runde 19 hing Tim Slade, ausgerechnet nach einem Kontakt mit Teamkollegen Nick Percat, im Reifenstapel von Turn 6. Er konnte sich zwar wieder befreien, brauchte dafür allerdings so lange, dass die Rennleitung das Safety Car rausgeschickt hatte, ehe er sich wieder in Bewegung setzen konnte. Percat wurde für diese Kollision, meiner Meinung nach zu Recht, nicht bestraft.

Beim Restart wurde Scott McLaughlin, der von P6 gestartet war und gute Chancen auf einen Podestplatz hatte, dabei erwischt, wie er Schlangenlinien fuhr („weaving“), um die Reifen aufzuwärmen, nachdem das Safety Car bereits die Lichter abgeschaltet hatte. Dies ist auch bei den Supercars verboten, und McLaughlin wurde daraufhin mit einer Pitlane Penalty bestraft. (Siehe dazu auch Phils GT3-Report vom 7.3. und unser Liveblog von den Bathurst 12h.) Das Strafmaß halte ich aber für eindeutig zu hart, mehr dazu später.

McLaughlin wurde also aus der Entscheidung genommen und war somit keine Gefahr mehr für van Gisbergen. Der schnappte sich kurz nach dem Restart Jamie Whincup, der auf einer anderen Strategie fuhr und auf älteren Reifen unterwegs war, und damit Rang drei. An der Spitze entwickelte sich nun ein Dreikampf zwischen Coulthard, Courtney und van Gisbergen.

Kurz nach Rennhalbzeit kamen die Führenden jedoch nach und nach zu ihren zweiten Stopps, bei denen van Gisbergen gleich an beiden Konkurrenten vorbeiziehen konnte. Danach ließ er Coulthard und Courtney keine Chance mehr und fuhr bis zum Finish einen Vorsprung von fast 15 Sekunden heraus und gewann somit ungefährdet den ersten Lauf der Saison. Coulthard und Courtney lieferten sich noch bis zum Ende einen Kampf um die zweite Position, der zu Gunsten des DJR-Penske-Piloten ausgehen sollte.

Cameron Waters, der am gesamten Wochenende extrem stark unterwegs war, konnte nach Startplatz neun einen tollen vierten Platz nach Hause fahren und hielt somit Rick Kelly und Whincup hinter sich. Mostert kostete ein Fahrfehler zu Beginn des Rennens mehrere Positionen, was ihn wohl um einen Platz unter den ersten drei brachte. Er musste sich mit Rang neun zufrieden geben. Zu erwähnen wäre zudem noch die Leistung von James Moffat, der trotz eines eher unauffälligen Rennens insgesamt neun Positionen gutmachte und noch Zehnter wurde und gleichzeitig seinen Teamkollegen Tander schlagen konnte, der auf P12 landete.

Mark Winterbottom wurde nur 15., hatte dies aber Whincup zu verdanken, der ihn kurz nach Rennmitte in Turn 5 in einen Dreher schickte. Whincup sind hier aber keine Vorwürfe zu machen, denn jede Replay zeichnete ein anderes Bild dieser Situation. Mal sah es so aus, als ob Whincup zu spät in die Lücke stach, aus einem anderen Blickwinkel hätte man auch Winterbottom die Schuld an der Kollision geben können, da er Lücke zu spät zumachte. Die Rennleitung untersuchte den Fall noch einmal nach dem Rennen, sah jedoch von einer Strafe ab. Auch hierauf komme ich am Ende noch einmal zurück.

Ergebnis Rennen 1
Highlights Rennen 1

Rennen 2

Auch im zweiten Rennen startete van Gisbergen vor Coulthard. Diesmal trennten die beiden im Shootout gar nur 0,02 Sekunden. Hinter den beiden reihten sich McLaughlin, Mostert und Courtney ein. Whincups Shootout-Zeit wurde gestrichen, weil er in Turn 2 zu weit über die Kerbs abkürzte, was ihm Startplatz zehn einbrachte.

Beim Start fiel van Gisbergen hinter Coulthard und McLaughlin zurück. Wie am Vortag brauchte er einige Runden, um seine Reifen auf die richtige Betriebstemperatur zu bringen. Opfer der Startphase war diesmal ausgerechnet Lokalmatador Nick Percat, der von einem aussichtsreichen sechsten Platz gestartet war. Er schied nach Mauerkontakt in Turn 8 bereits in der ersten Runde aus.

Die Anfangsphase verlief äußerst spannend, denn trotz einiger früher Pitstops kam es im gesamten Feld zu Positionskämpfen. Leider gehörte auch McLaughlin (Lap 8) zu den frühen Stoppern, und so wurde aus dem Dreikampf um die Führung zumindest für kurze Zeit ein Zweikampf. Denn Coulthard und van Gisbergen bekamen schnell Gesellschaft von Mostert. Der sah sich das Treiben aber nur kurz an und kam seinerseits in Runde 13 an die Box.

Van Gisbergen schaffte es schließlich, Coulthard noch auf der Strecke zu überholen, ehe die beiden für ihren Stop reinkamen. Ihr Scharmützel hatte aber dafür gesorgt, dass nach den Stopps

© Prodrive Racing Australia

McLaughlin die Führung übernommen hatte und nun auch Courtney vor Coulthard lag. Van Gisbergen fiel sogar hinter Cam Waters zurück und lag „pitstop-bereinigt“ auf P4.

Während McLaughlin nun zunächst vorne eine Lücke herausfahren konnte, entwickelte sich hinter ihm ein Fünfkampf um den zweiten Platz. Van Gisbergen machte zunächst kurzen Prozess mit Waters und ging wenig später auch an Coulthard vorbei. Ein Fahrfehler von Courtney sorgte schließlich dafür, dass nicht nur van Gisbergen an seinem Heck klebte, sondern nun auch noch Coulthard, Waters und Mostert mit von der Partie waren. Als van Gisbergen Courtney endlich überholte, hatte McLaughlin bereits einen Vorsprung von über acht Sekunden herausgefahren.

Diesen sollte er auch nach den zweiten Stopps behalten, doch van Gisbergen begann diese Lücke langsam aber sicher zuzufahren. Es sollte bis Runde 74 dauern, ehe er den Rückstand auf knapp unter eine Sekunde verkürzt hatte. Eine Runde später konnte McLaughlin dem Druck nicht mehr Stand halten, er verbremste sich in Turn 9 und van Gisbergen konnte gefahrlos die Führung übernehmen, die er in den verbleibenden drei Runden auch nicht mehr hergab.

Er gewann schließlich auch das zweite Rennen vor McLaughlin und Mostert, während Courtney und Coulthard die Top fünf komplettierten. Whincup fuhr zwar eine starke Schlussphase, in der er noch an Winterbottom und Waters vorbeigehen und sich so noch Platz sechs sichern konnte, schien aber wie am gesamten Wochenende um Welten hinter seinem Teamkollegen van Gisbergen zu liegen. Hinter ihm kamen Tim Slade und Cam Waters auf den Plätzen sieben und acht ins Ziel. Todd Kelly fuhr nach Startplatz 16 ein starkes Rennen und schaffte es noch auf P9. Damit fand sein Adelaide-Wochenende doch noch einen versöhnlichen Abschluss, nachdem am Samstag gleich mehrere Reifenschäden dafür sorgten, dass er nur 22. wurde. Craig Lowndes konnte im Rennen immerhin fünf Positionen gutmachen und wurde Zehnter. Aber auch das ist eigentlich unter seinen Möglichkeiten.

Ergebnis Rennen 2
Highlights Rennen 2

Zwei Rennen, zwei Pole Positions, zwei Siege und die optimale Punkteausbeute von 300 Punkten. Stellt sich die Frage, zu was van Gisbergen fähig ist, wenn er sich wieder wohl im Auto fühlt. Nächste Station der Supercars ist der Albert Park in Melbourne, wo in zwei Wochen im Rahmen des Formel 1 Grand Prix vier Rennen ausgetragen werden, die aber nicht zur Meisterschaft gehören. Das nächste reguläre Rennwochenende ist der Tasmania SuperSprint (7. bis 9. April), auf dem Symmons Plains Raceway. Zum Abschluss gibt es wie immer noch die Links zur Fahrer- und Teamwertung, sowie der Stewards Summary der Supercars.

Kommentar:

Wie angekündigt komme ich noch einmal auf die Situation um McLaughlin im ersten Rennen zurück. Fakt ist: McLaughlins weaving ist gegen die Regeln (Wer es nachschlagen möchte: 2017 Operations Manual – DIV D – SPORTING RULES, Abschnitt D11.2, Punkt 11.2.11 (PDF)). Womit ich allerdings nicht einverstanden bin, ist das Strafmaß, welches so gar nicht zum Vergehen passte.

McLaughlin hat mit seinem weaving niemanden gefährdet oder von der Strecke gefahren. Trotzdem hielt es die Rennleitung für nötig, ihn dafür mit einer Pitlane Penalty (PLP) zu belegen und sein Rennen damit komplett zu zerstören. Ähnliches machte man im gleichen Rennen mit David Reynolds. Er bekam eine PLP, weil er zu oft über die Kerbs räuberte. Auch hier im Vergleich zum Vergehen eine völlig überzogene Strafe. Hätte da nicht eine nachträgliche Zeitstrafe oder ein entsprechender Punktabzug gereicht? Stattdessen ruinierte man zwei Fahrern wegen leichter Vergehen das Rennen. Hier besteht definitiv weiterer Handlungsbedarf.

Was ich allerdings begrüße, ist, dass wie bei der Kollision zwischen Whincup und Winterbottom in Rennen 1 oder bei der zwischen Courtney und de Silvestro in Rennen 2 nicht mehr bei jedem Rennunfall mit Strafen um sich geschmissen wird und man die Fahrer nun an einer etwas längeren Leine lässt. Gerade die Situation Whincup/Winterbottom machte dies deutlich. Die Rennleitung schaute sich mehrere Replays und sogar Telemetrie an, sprach aber weder während des Rennens noch nach der nachträglichen Untersuchung der Kollision eine Strafe aus. Meiner Meinung nach auch die völlig richtige Entscheidung, denn wenn ich mir zig Replays ansehen und sogar in die Daten schauen muss, um herauszufinden welchen Fahrer ich jetzt bestrafen soll, halte ich das für maßlos überzogen. Hätte man Whincup bestrafen sollen, nur weil er etwas später bremste, als in der Runde zuvor? Oder ist doch Winterbottom selber schuld, weil er die Lücke zu spät zumachte? Es tut der Serie und dem Sport gut, einen Rennunfall auch mal einen Rennunfall sein zu lassen. Das stünde gewissen anderen Serien auch besser zu Gesicht.

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