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GT3-Report: Überdruss im Lago-Land

von Philipp Körner
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Der Saisonauftakt der Australian GT in der „Festival City“ Adelaide zeigte zum wiederholten Male die konzeptionellen Schwächen des nun ein Jahr alten Reglements auf. Standzeiten, die auf der Basis von sechs (!) Fahrereinstufungsleveln berechnet wurden, in Verbindung mit Safety Car-Einsätzen führten dazu, dass Duos – vor allem mit Beteiligung von Profis – keine Chance hatten.

Wie im vergangenen Jahr stammten die schnellsten Boliden aus dem Hause Audi, was man in der Qualifikation auch eindrucksvoll beweisen konnte. Die Pole Position sicherte sich Mies-Nachfolger Kelvin van der Linde im #74 Jamec Pem Racing Audi R8 LMS (van der Linde/Emery). Startplatz zwei ging an den #44 Supabarn Supermarkets Audi R8 LMS (Koundouris/Walsh) und komplettiert wurde die Top 3 vom #5 GT Motorsport Audi R8 LMS (Taylor/Antunes). Bester Nicht-Ingolstädter war der #59 Tekno Autosports McLaren 650S GT3 (Ledogar/Ross). Die Nennungen mit Einzelfahrern, die das Rennwochenende später dominieren sollten, tummelten sich zwischen Rang sieben und siebzehn.

Rennen 1

Der erste Lauf der neuen Saison wurde bereits am Freitagmorgen australischer Zeit freigegeben. Nachdem der fliegende Start weitestgehend geordnet verlaufen war, verlor Hinterbänkler Tony Quinn im dichten Gedränge nach der schwierigen Senna-Schikane die Kontrolle über seinen #7 Darrell Lea McLaren 650S GT3 und flog mit dem Heck voran in den Reifenstapel ab. Das Rennwochenende des Serienchefs fand somit sein vorzeitiges Ende. Doch bereits im freien Training wäre dies fast der Fall gewesen, als Quinns McLaren (ursprünglich war ein Aston Martin gemeldet) sich mitten in der berüchtigten Kurve acht drehte und danach in die innere Mauer abflog.

Dank des schnellen Agierens der Streckensicherung musste das Rennen jedoch nicht neutralisiert werden und der Führende Kelvin van der Linde sah nur noch ein 24 Boliden starkes Feld im Rückspiegel. Seine Bemühungen bezüglich eines Vorsprungs fanden etwa sechs Minuten später ein jähes Ende, weil ein heftiger Abflug an gleicher Stelle größere Aufräumarbeiten verlangte. Der zweitplatzierte #5 Audi war nämlich zu weit in Senna 1 eingetaucht und wurde vom zweiten Teil der Schikane schließlich ausgehebelt. Im Gegensatz zu Quinn touchierte der R8 LMS daraufhin die unnachgiebigere Betonmauer und verteilte dementsprechend umfangreich Trümmerteile. Der Pilot Nathan Antunes blieb glücklicherweise unverletzt.

In Bezug auf die Vorbereitung eines Restarts gibt es in den meisten australischen Serien eine besondere Regelung, welche beispielsweise bei den 12 Stunden von Bathurst in diesem Jahr eine besondere Rolle gespielt hat. Wenn die Lichter des Rennleitungsfahrzeugs erlöschen, muss die Schlange formiert bleiben. Ein Herauszucken zum Reifenaufwärmen ist dann nicht mehr erlaubt. Dies missachtete van der Linde, der wohl auf eine europäisch-geprägte Handhabung spekuliert hatte. Eine Durchfahrtsstrafe war die knallharte Folge dessen.
Im kurz danach beginnenden Boxenstoppfenster wurden auch die restlichen Duos aussortiert und Tony Bates im #24 Eggleston Motorsport Mercedes AMG GT3 übernahm die Führung, welche er nicht mehr abgeben sollte. Auf Rang zwei lag nun Roger Lago im #23 JBS Australia Lamborghini Gallardo R-EX GT3, der schon im vergangenen Jahr ein großer Profiteur der Standzeiten gewesen ist. Komplettiert wurde das Podium von einem weiteren Reiter-Gallardo, der von PM Motorsport (Nennnummer 14) eingesetzt und von Seriendebütant Peter Major pilotiert wurde.
Insgesamt gesehen war das Rennen trotz der beiden schweren Abflüge eher ereignislos, da die Boxenstopps große Lücken hervorriefen.

Rennen 2

Die Startaufstellung für die zweiten 40 Minuten (38 min + 1 lap) entsprach dem Ergebnis des Vortages, was wiederum das Bevorteilen der Amateure klar aufzeigt. Wie auch am Freitag und am darauffolgenden Sonntag war das Rennen für den Morgen eingeplant, was eine überschaubare Zuschauerzahl zur Folge hatte. Der verunfallte Audi mit der Nummer 5 konnte zwar über Nacht repariert werden, aber spielte keine große Rolle mehr am vergangenen Wochenende.

Schon kurz nach dem problemfreien, fliegenden Start konnte Roger Lago den Mercedes des Vortagessiegers Bates überholen und sich an die Spitze setzen. Noch aggressiver agierte Côme Ledogar, der mit einem perfekten Start einige Plätze gutmachen konnte und sogar in die Top 3 eindrang. Um die Möglichkeit eines Rennsieges zu bewahren, musste er unbedingt die Führung stibitzen und einen ordentlichen Vorsprung herausfahren. Doch ihm widerfuhr das gleiche Schicksal wie van der Linde am Vortag: eine Safety Car-Phase. Auch hier war ein Audi der Auslöser, der zwar nicht verunfallte, jedoch ungünstig auf der Strecke stand. Den Restart gewann der Franzose daraufhin und mit Beginn des Pflichtboxenstoppfensters hatte er über sieben Sekunden (!) Vorsprung – zu wenig.

Im Anschluss an diese Periode hatte Lago die Führung wieder inne, aber wurde immer mehr von Peter Major unter Druck gesetzt. Letzterer überholte Lago kurz vor Rennende mit einem beherzten Manöver in der Haarnadelkurve nach Kurve acht. Freitagssieger Bates musste sich mit Rang drei zufriedengeben.

Rennen 3

Der Abschluss des GT-Wochenendes in der Stadt der Kirchen wurde von einem heftigen Abflug überschattet. Nur wenige Minuten waren verstrichen, als der #4 Hungry Jacks Lamborghini Gallardo R-EX GT3 von Tim Miles nahezu geradeaus in die Außenmauer von Kurve acht krachte. Miles hatte vorher zu viel Randsteinkontakt, was sein Fahrzeug unkontrollierbar machte. Dean Canto im neueren #29 Pirelli/Trofeo Motorsport Lamborghini Huracán GT3 (Canto/Manolios) konnte nicht mehr ausweichen und fuhr auf. Dies katapultierte den Huracán teilweise in die Luft, aber Verletzungen blieben glücklicherweise jeweils aus. Die Wucht des destabilisierten Unfallwagens hatte jedoch die Mauer verschoben, was eine rote Flagge hervorrief.

Dank der schnell handelnden Bergungsmannschaft war ein 20minütiger Schlussspurt mit leicht angepasstem Boxenstoppfenster möglich. Dieses Mal sollte Lagos Führung vom Bates-Mercedes gefährdet werden, welcher schlussendlich zum zweiten Mal am ersten Märzwochenende Rang eins und damit den Rennsieg erkämpfen sollte. Da Majors Stopp nicht mal ansatzweise funktionierte, staubte Einzelfahrer Tony Walls im #11 Objective Racing McLaren 650S GT3 Podiumsplatz drei ab. In allen drei Rennen landete das beste Duo jeweils nur auf Platz sechs. Der geringste Abstand zum Laufsieger betrug 26 Sekunden.

Kommentar

Die Australian GT steht an einem Wendepunkt. Nach schwierigen Jahren für die kontinentale Serie hat die neue GT3-Generation auch in Australien etwas ins Rollen gebracht. Bis auf wenige Ausnahmen sind nahezu alle Teilnehmer mit neuestem europäischen Material ausgestattet und Audi sowie McLaren schicken nun standardmäßig ihre Werkspiloten nach Down Under. Die AGT begegnete diesen neuen Möglichkeiten mit einer Reform ihrer Serienstruktur im letzten Jahr: Sprintmeisterschaft, Langstreckenmeisterschaft und eine Amateurserie. Das Konzept wirkte gekonnt aus Europa abgeschaut zu sein: für jeden etwas. Der Plan ging grundsätzlich auch auf und fast jede Wochenendvorschau enthielt das Wort „Rekordgröße“. Trotzdem will man es weiterhin allen recht machen und dort ist der Grund für die Ereignisse des vergangenen Wochenendes zu finden.
In einer Zeit, in der schon das „normale“ Fahrerbewertungssystem umfangreich diskutiert wird (v.a. aus ökonomischer Sicht) und als Grund für Karriereenden genannt wird, wirkt es absurd, dass die Anzahl sogar verdoppelt wurde. Eine Balance of Performance für Fahrer anhand von Standzeiten kann keinen Sportler wirklich ansprechen. Während die klassische BoP zumindest als Ziel vorgibt, Piloten gleichartiges Material zu geben, ist das System der AGT einen Schritt zu weit gegangen.

Am kommenden Wochenende…

…startet nach fünf Monaten Winterpause die 2017er Saison der Pirelli World Challenge. Wie im letzten Jahr wird Kollege Max die Jahresvorschau übernehmen und Euch auf den neuesten Stand bringen. Eines sei vorweggenommen: insgesamt gesehen hat die PWC einen weiteren Entwicklungsschritt vollzogen.

In diesem Jahr werden die Straßen von Saint Petersburg als Bühne des Jahresstarts dienen und sicherlich spannende GT- bzw. GTS-Rennen generieren. Der Kurs liegt in der Tampa Bay Area und sollte dank des Headliners in der Form der IndyCar Series weitestgehend bekannt sein. Die 2016er Ausgabe war geprägt von etlichen – teils harten – Duellen, welche auch am Wochenende wieder sehr wahrscheinlich sein werden. Zudem ist die 2,9 Kilometer lange Traditionsstrecke auch für größere Abflüge bekannt. 2016 schlug Corey Fergus beispielsweise brutal in eine Betonmauer ein, was seinem Cup-Porsche Teile des Motors entriss und die Streckenbegrenzung meterweit verschob.
Der Sieger der letzten beiden GT-Rennen in Florida namens Michael Lewis wird leider nicht am Lenkrad drehen dürfen, was immer noch auf die Spätfolgen des abrupten Endes von EFFORT Racing zurückzuführen ist. Alles weitere zum amerikanischen GT-Championat folgt im Laufe dieser Woche und in unserer Kategorie TV Zeiten sind bereits alle Termine samt Streams eingetragen. Vielen Dank an Felix!

Der Saisonauftakt der GT Asia Series, welcher ebenfalls am kommenden Wochenende angesetzt gewesen ist, musste verschoben werden. Diese Entwicklung ist keinesfalls verwunderlich, da es schon sehr ruhig um die Serie in den letzten Monaten war. So gibt es bis zum heutigen Tage keinen festen Kalender für die siebte Saison. Man sollte sich also so langsam Sorgen machen.

Nächste Rennen mit GT3-Beteiligung:
10. – 12. März 2017: Pirelli World Challenge (GT+GTA+GT Cup; GTS / St. Petersburg)
17. – 18. März 2017: 12 Stunden von Sebring (GTD-Klasse der IMSA SportsCar Championship); 12 Stunden von Mugello (24H Series)
23. – 26. März 2017: Australian GT (vier 25minütige Läufe im Rahmen des Grand Prix-Wochenendes)
01. – 02. April 2017: Blancpain GT Series Sprint Cup (Misano World Circuit Marco Simoncelli)

Bilderquelle / Copyright: Audi Motorsport; Pirelli World Challenge

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