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GT3-Jahresrückblick: Die großen Fünf

von Philipp Körner
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Wie in meinem Best of 2016 angekündigt habe ich für die Ereignisse in der GT3-Welt einen eigenen Rückblick vorbereitet. Mit der Hilfe kleiner Listen möchte ich besondere Leistungen und Momente hervorheben. Dabei geht es aber nicht wirklich um das Erstellen von Ranglisten, wie man sie bei diversen Kollegen finden kann, sondern tatsächlich um Höhepunkte und lohnenswerte Erinnerungen aus dem Jahr 2016.

Die großen Fünf – Fahrer

5. Shane van Gisbergen

Während die 3 Stunden auf dem Nürburgring als Finale des Blancpain GT Series Endurance Cups absolviert wurden, begann südöstlich von Melbourne bereits ein neuer Tag. Der Neuseeländer Shane van Gisbergen hätte eigentlich beruhigt schlafen gehen können. Er und sein Teamkollege Alexandre Prémat hatten zwar den Sieg knapp verpasst, aber immerhin lag er in der Ergebnisliste des Sandown 500 weit vor seinen Rivalen in der Supercars-Meisterschaft. Erholsamer Schlaf war aber tatsächlich das letzte, was ihn damals interessierte, denn in der Eifel kämpften seine GT-Kollegen Rob Bell und Côme Ledogar sowie sein Ersatzmann Duncan Tappy um den Langstreckentitel. Unter normalen Umständen hätte er mit Bell und Ledogar mitfiebern müssen, die den Titelkampf nur souverän bis zum Rennende gestalten mussten. Am Ende des Tages landete der #58 Garage 59 McLaren 650S GT3 jedoch nur auf Rang 30 und van Gisbergen konnte plötzlich mit ihnen den Cup-Sieg feiern.

Von dieser Ansammlung absurder Entwicklungen sollte man sich keinesfalls ablenken lassen. Das Trio Bell-Ledogar-van Gisbergen gewann eindrucksvoll beim Saisonauftakt in Monza, wo vor allem „Gizzy“ die Konkurrenz von HTP Motorsport mehrmals abwehren konnte. In Le Castellet geriet man dank der Konstanz in eine Abstauberposition, die schlussendlich den zweiten und letzten Saisonsieg ermöglichte. In Spa lief es nämlich ähnlich schlecht wie auf der GP-Strecke des Rings.

Schon Anfang des Jahres lieferte SVG sein GT-Meisterstück ab. Bei den 24 Stunden von Daytona wurde er zwar noch von einem Heckflügeldefekt aus dem Konzept gebracht, aber auf dem Mount Panorama Circuit war er schlicht unschlagbar. Selbst der kurze Reset des Tekno Autosports McLaren 650S GT3 konnte ihn und seine Kollegen Jonathon Webb und Álvaro Parente nicht stoppen. Während Teambesitzer Webb etliche Monate später zudem das Bathurst 1000 gewinnen sollte, zeigte Parente in der Pirelli World Challenge seine Fähigkeiten, weswegen er unterhalb nochmal zu finden sein wird.

4. Christopher Mies

Das Saisonfinale der ADAC GT Masters auf dem Hockenheimring hätte kaum absurder gestaltet werden können. Neben der Regenschlacht am Samstag und dem Ausrutscher von Mies in der Sachs-Kurve sollte vor allem der brutale Abflug von Jules Gounon in den Gedächtnissen bleiben. Zwar wurde so der Weg zum Titel endgültig frei für die Paarung Christopher Mies und Connor de Phillippi, aber in Anbetracht der Umstände konnte natürlich keiner sonderlich glücklich sein. Zeitgleich fand im Übrigen der Saisonabschluss des Blancpain GT Series Sprint Cups auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya statt, wo sich der Belgier Enzo Ide den Cup-Titel sichern konnte. Zusammen mit Mies hatte er über vier Sprint-Wochenenden hinweg die Grundlage für diesen Gewinn gelegt, welchen er aufgrund der Terminüberschneidung aber schlussendlich nicht teilen konnte.

Im Sprintbereich kann der 27-Jährige aus Heiligenhaus als Maßstab setzender Fahrer gesehen werden. Dies bewies er sowohl in Europa als auch in Australien, wo er den Titel allerdings nicht verteidigen konnte. In der Addition mit den starken Langstreckenfähigkeiten, welche er eindrucksvoll bei der VLN unter Beweis stellen konnte, entwickelte er sich in der jüngeren Vergangenheit vollends zu einem kompletten Fahrer.

3. Maro Engel

Gedankenverloren wanderte ich nach der Top 30-Qualifikation im Rahmen der 24 Stunden auf dem Nürburgring am Parc fermé vorbei Richtung Boxengasseneinfahrt. Plötzlich kam mir ein sehr fröhlicher, weiß gekleideter Mann entgegen, der vor wenigen Momenten einen Höhepunkt seiner Karriere erlebt haben sollte. Von seiner hektischen Entourage angetrieben eilte er zwar an mir vorbei, aber konnte mir in all dem Stress die Hand reichen. Der Grund für diesen Stress war mehr als positiv. Maro Engel hatte die Pole Position für den Klassiker herausgefahren.
Die Bedingungen waren äußert schwierig an diesem Freitag im Mai, denn ein kräftiger Sturm hatte die eh so komplexe Strecke noch unberechenbarer gemacht. Dies belegte beispielsweise der Manthey-Pilot Kévin Estre, der schon in der Einführungsrunde die Kontrolle über seinen 911er verlor. Zu seiner Verteidigung muss man jedoch anmerken, dass die Anzahl der Zwischenfälle durch die Bank weg extrem hoch war. Umso mehr beeindruckte der fliegende Münchener Engel, der zwar im stärksten Modell saß, aber immerhin das Potential perfekt umsetzen konnte.

Gleiches kann auch über seine Leistung im Rennen gesagt werden. Sein Siegerfahrzeug in der Form des #4 Black Falcon Mercedes AMG GT3 begann dieses im Übrigen auf Platz drei liegend und sollte fast 24 Stunden später im Mittelpunkt eines historischen Manövers stehen. Mit frischeren Reifen bewaffnet attackierte Engel HTP Motorsport-Pilot Christian Hohenadel und entschied den Krieg der Sterne für sich. Ohne die fantastische Leistung des Saarländers Hohenadel in den vorangegangenen Stunden wäre dieses Duell jedoch nie entstanden.

In seinem Motorsportwohnzimmer namens Guia Circuit in Macau schmälerte eine nicht ganz stimmige Balance of Performance seine Chancen auf den dritten GT-Sieg in Folge. Trotzdem kann das abschließende Podium (Rang drei) als weiterer Erfolg verbucht werden. Bis zur nächsten Ausgabe des Grand Prix hat der aktuell in Monaco lebende Pilot viel Trainingszeit auf Stadtkursen, denn er fährt seit dieser Saison für Venturi in der Formel E.

2. Laurens Vanthoor

© Macau Sports Bureau

Wenn man von Michael Shank und seinem Team verehrt wird sowie einen Porsche-Werksvertrag unterschrieben hat, muss das persönliche Rennjahr ausgesprochen gut verlaufen sein. Außerdem ist der Belgier aus Hasselt der erste Meister der neu geschaffenen Intercontinental GT Challenge geworden, die zumindest teilweise den weltüberspannenden Anspruch der gescheiterten GT-Weltmeisterschaften in sich trägt. Durch konstant gute Leistungen bei den 12 Stunden von Bathurst (Rang vier) und bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps (Platz drei) konnte er als großer Favorit die 12 Stunden von Sepang bestreiten, die er schlussendlich gewinnen sollte.
Doch nicht nur in den SRO-Sphären, wo er unter anderem auch im Blancpain GT Series Sprint Cup antrat, trug sich Vanthoor in die Siegerlisten ein. Mitte Januar konnte er mit seinen Landsleuten des W Racing Teams die 24 Stunden von Dubai gewinnen, was Audis erster Sieg beim traditionellen Auftakt der 24H Series gewesen sein sollte. Zwischen diesen beiden großen Triumphen rutschte er noch auf dem Dach zum FIA GT World Cup-Titel, was er jedoch passend kommentierte. Das kritische Einordnen der Ereignisse bestätigt den Eindruck einer charakterlichen Reife des gerade mal 25-Jährigen.

Seit wenigen Wochen ist er Mitglied des GTE-Bereichs der Konzernschwester Porsche, die Vanthoor vor allem in der IMSA WeatherTech SportsCar Championship vertreten wird. Es wäre aber keine sonderlich große Überraschung, wenn man den Namen des Belgiers auch auf einem Porsche 911 GT3 R in Zukunft lesen kann.

1. Álvaro Parente

Der Mazda Raceway Laguna Seca und die Pirelli World Challenge haben eine seltsame Verbindung, denn es erscheint schon fast als obligatorisch, dass das Saisonfinale der PWC viele Dramen zu bieten hat. 2015 kamen sich beispielsweise Johnny O’Connell und Olivier Beretta mehrmals in die Quere. Vergleichbar kontrovers verlief auch das diesjährige Finale in der GT-Klasse. O’Connell spielte nämlich wieder eine bedeutende Rolle, obwohl er gar nicht Teil des Meisterschaftskampfes gewesen ist. Denn er mischte sich in das Duell zwischen Patrick Long und Álvaro Parente ein, welches der GM-Werksfahrer durch einen Kontakt mit Long vorzeitig entschied.
Von diesen Zwischenfällen überschattet bog der Portugiese Parente als neuer GT-Champ in die Victory Lane ab und konnte so den ersten Einzeltitel seit dem Gewinn der Formula Renault 3.5 Series im Jahre 2007 mit Tech 1 Racing feiern. Die PWC-Besonderheit eines einzigen Fahrers, welche jedoch durch das Sprint X-Format zunehmend eingeschränkt wird, bietet damit im GT-Sport eine seltene Gelegenheit. Parente konnte sich dadurch direkt mit anderen Größen der GT-Welt über 20 Rennen hinweg messen. Umso mehr beeindruckt deswegen seine Saisonbilanz: sechs Siege, neun Podien, sechs Poles und sechs schnellste Runden. Nur in vier Rennen sollte er die Top 10 verpasst haben.

Neben weiteren starken Platzierungen im Blancpain GT Series Sprint Cup oder in der International GT Open konnte er auch einen Langstreckenklassiker in der Form der 12 Stunden von Bathurst gewinnen. Der oftmals unterschätzte McLaren-Werksfahrer hat 2016 endgültig sein volles Potential bewiesen.

Wer sonst noch überzeugte

Ende Juli war die Freude im Norden von München riesig, denn der neue BMW M6 GT3 hatte gleich beim ersten Versuch die 24 Stunden von Spa-Francorchamps gewinnen können. Der #99 Rowe Racing BMW M6 GT3 (Alexander Sims-Philipp Eng-Maxime Martin) überlebte eine Nacht mit vielen Zwischenfällen, fliegende Trümmer und einen verheerenden Regenschauer kurz vor Ende. Neben dem DTM-Star Martin, der bisher vor allem auf dem Nürburgring glänzen konnte, gewannen Alexander Sims und Philipp Eng ihr erstes großes Rennen.

Auch wenn die Bezeichnung Europameisterschaft nicht ganz korrekt ist, könnten sich Maximilian Buhk und Dominik Baumann (HTP Motorsport) durchaus als Sieger einer solchen Veranstaltungsreihe sehen. Die beiden 24-Jährigen gewannen die Blancpain GT Series in ihrer Gesamtheit und waren in beiden Cups oben vertreten. Beispielsweise sicherte man sich den Sieg bei den 3 Stunden von Silverstone und lieferte konstant Top 10-Resultate im Sprint Cup ab.

Die großen Fünf – Jungfahrer/Talente

5. Austin Cindric

Ein Stock Car-Talent in einer GT3-Liste? Ja, denn der Sohn des Team Penske-Präsidenten Tim Cindric hat dank guter Leistungen in der Pirelli World Challenge auch im GT-Bereich auf sich aufmerksam gemacht. Deswegen ergänzt er in diesem Jahr das Langstreckenaufgebot des US-amerikanischen Lexus-Teams 3GT Racing. Wie Álvaro Parente fuhr er 2016 einen McLaren 650S GT3 von K-PAX Racing (Flying Lizard Motorsports) und landete drei Mal auf dem Podium. Beim vorletzten Rennwochenende konnte der 18-Jährige auf dem Sonoma Raceway zwar glänzen, aber musste sich aufgrund mangelnder Erfahrung „nur“ mit Rang zwei und drei zufrieden geben. Den größten Rückschlag seines GT-Jahres erlebte er bei den 12 Stunden von Bathurst, wo er durch einen Reifenschaden verunfallte. Falls er nicht komplett in den Ovalbereich abwandert, kann man noch viel vom Jungstar aus Ohio erwarten.

4. Nico Menzel

Gefühlt aus dem Nichts gab der Sohn von Christian Menzel nach etlichen Erfolgen im Porsche Carrera Cup Asia sein SP9-Debüt in der VLN. Auf den Rundstrecken Asiens gewann er zwar kein Rennen im zweiten Jahr, aber acht Podien bei 12 Läufen reichten zum Gewinn der Gesamtwertung. Bis auf den Ausfall beim ersten Lauf des außerasiatischen Gastauftritts auf dem australischen Sydney Motorsport Park landete er immer in der Top 5. Abseits der grandiosen Ergebnisse im PCC Asia lernte er in einem VLN-Cayman die Nordschleife genauer kennen, was schließlich den Wechsel in ein GT3-Fahrzeug ermöglichte. Beim Saisonfinale konnte er in einem BMW M6 GT3 zusammen mit Jörg Müller Gesamtplatz zwei herausfahren und Menzel gilt seitdem als einer der jüngsten Podiumsfahrer der VLN. Eines ist sicher: es wird nicht das letzte Podium des viel versprechenden BMW Juniors gewesen sein.

3. Michael Cooper

Der Amerikaner aus dem Bundesstaat New York ist zwar über 25 Jahre alt, aber kann trotzdem in die Kategorie Jungfahrer aufgenommen werden. Cooper ist den klassischen Pirelli World Challenge-Weg gegangen. Nach dem Titelgewinn im Mazda MX-5 Cup 2011 dominierte er im darauf folgenden Jahr in der Tourenwagenserie der PWC. Nach weiteren Ausbildungssaisons konnte Michael Cooper sich 2015 den GTS-Titel sichern und dadurch den Aufstieg in die GT-Klasse ermöglichen. Da er in der GTS einen Chevrolet Camaro pilotierte, wählte Cadillac Racing ihn als Nachfolger für Andy Pilgrim aus. Sein erstes Jahr als Werksfahrer der GM-Marke verlief sehr gut. Dank neun Podien (zwei Siege: Barber Motorsports Park und Mid-Ohio) beendete er seine Rookie-Saison auf Platz drei liegend. Damit konnte er zudem Johnny O’Connell im teaminternen Duell besiegen. Es gibt nicht gerade viele Rennfahrer, die ähnliches von sich behaupten können.

2. Côme Ledogar

Der Franzose aus Annecy hat, wie viele seiner GT3-Kollegen, die klassische europäische GT-Ausbildung erhalten. Nachdem er im Jahr 2012 knapp den Gewinn des Porsche Carrera Cup France verfehlt hatte, konnte er dies 2014 nachholen. Außerdem dominierte er in der abgelaufenen Saison im PCC Italia. Hauptberuflich ist Ledogar jedoch McLaren-Werksfahrer und gewann in dieser Funktion den Blancpain GT Series Endurance Cup mit Shane van Gisbergen und Rob Bell. Die Meistertruppe aus dem BGTEC namens Garage 59 setzte ihn neben seinem Engagement im Sprint Cup zusätzlich noch in der International GT Open ein. In selbiger unterstützte Ledogar einen Amateur und verhalf ihm zu etlichen Top 10-Resulaten, die auch einen Sieg beinhalten. Zudem gab Ledogar sein Debüt in Australien und bei den 12 Stunden von Sepang, was jedoch jeweils unglücklich verlief. Der 25-Jährige konnte jedoch immer das Vertrauen in ihn rechtfertigen und wird auch 2017 eine spannende Personalie sein.

1. Connor de Phillippi

Das Programm Team USA Scholarship hat schon vielen US-amerikanischen Talenten auf ihrem Weg in den Spitzenmotorsport geholfen. Der erste Absolvent dieser Ausbildung ist Jimmy Vasser im Jahre 1990 gewesen, auf welchen Bryan Herta folgen sollte. In den letzten 20 Jahren entdeckte man diverse ambitionierte Piloten, welche heutzutage in den großen Serien agieren. So tauchen unter anderem die Namen Andy Lally, Joey Hand, Bryan Sellers, A. J. Allmendinger, Charlie Kimball, JR Hildebrand, Josef Newgarden, Conor Daly und Spencer Pigot in der Alumniliste auf. Connor de Phillippi gewann im Jahr 2009 diese Unterstützung, nachdem er erst in der kontinentalen Kartszene und dann in Skip Barber-Serien reüssierte. Bis 2013 fuhr er in der Star Mazda Championship Series und konnte etliche Rennsiege feiern (z.B. zwei Mal die „Night Before the Indy 500“). Dort endete jedoch sein Weg auf der Formelleiter und de Phillippi wurde in das Juniorenprogramm von Porsche aufgenommen, wo er die klassische GT-Ausbildung genießen durfte. 2016 wagte er den großen Schritt, als eigenständiger Fahrer im GT3-Bereich anzutreten. Glücklicherweise schenkte Montaplast by Land-Motorsport dem 24-jährigen Kalifornier das Vertrauen. Zusammen mit seinem Teamkollegen Christopher Mies wurde er Meister der ADAC GT Masters sowie GTM-Juniorenmeister und gewann drei VLN-Läufe. Damit gilt de Phillippi schon jetzt als einer der erfolgreichsten Amerikaner auf der berüchtigten Nordschleife. Beim 24h-Rennen fiel der grün-weiße Audi zwar nach (s)einem Unfall aus, aber der Kalifornier konnte beweisen, warum er der Nachfolger des ersten US-Siegers (Boris Said) werden könnte in der Zukunft.

Wer sonst noch überzeugte

Jules Gounon war quasi Callaway Competitions Gegenentwurf zu de Phillippi von Land-Motorsport. Zusammen mit dem GT-Experten Daniel Keilwitz konnte er einige GTM-Läufe gewinnen, aber erlebte ein hartes Finalwochenende in Hockenheim. Zusätzlich zu den sportlichen Schwierigkeiten kollidierte er in der Anfahrt zur Mercedes-Tribüne mit einer Mauer. Die ersten Meldungen über mögliche Beinverletzungen sollten sich gottseidank schnell als fehlerhaft herausstellen und der Franzose kann sich ohne Probleme auf die kommende Saison vorbereiten.
Felix Rosenqvist hat 2016 gefühlt jedes Rennauto auf diesem Planeten gefahren. Glücklicherweise nahm er auch in einem Mercedes AMG GT3 von AKKA ASP Platz und beendete den Blancpain GT Series Sprint Cup auf Gesamtrang sieben. Bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps trotzte er zusammen mit seinen Kollegen Renger van der Zande und Tristan Vautier der Kollektivstrafe für Mercedes und sicherte Platz zwei. Man kann nur hoffen, dass Mercedes auch 2017 seinen GT3-Teams dieses Top-Talent zur Verfügung stellen wird, wenn es die Kalender der DTM und der Formel E erlauben.

Neben dieser kleinen Auswahl an interessanten Fahrer-Geschichten, die natürlich nicht mal ansatzweise einen Anspruch auf Vollständigkeit in sich trägt, lohnt es sich, auch bei den Teams genauer hinzuschauen.

Die großen Fünf – Teams

5. Callaway Competition

Die deutsche Truppe aus Leingarten wird leider nicht oft genug für ihre außerordentliche Leistung gelobt. In Eigenregie hat man einen siegfähigen GT3-Renner in der Form der Callaway Corvette C7 GT3-R aufgebaut und damit an die Triumphe des Vorgängermodells anschließen können. Im Gegensatz zu den anderen GM-Boliden, welche von Pratt & Miller Engineering auf die Räder gestellt werden, muss Ernst Wöhrs Mannschaft alleine im Kampf gegen die großen Hersteller bestehen. Und wie sie das tut! In der 2016er Saison der ADAC GT Masters war man das zweitbeste Team und scheiterte erst am letzten Rennwochenende beim Titelangriff.
2016 wagte man sich zudem verstärkt auf die schwerste Strecke der Welt. Erste Gehversuche auf der Nordschleife liefen zwar nicht perfekt, aber die Erfahrung wird sicherlich im neuen Jahr helfen. Die Vorbereitungen für einen Auftritt bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring laufen bereits. Wer gegen die Widerstände bei GM kämpfen kann, hat auch die Fähigkeiten, um auf der Nordschleife zu bestehen.

4. Herberth Motorsport

Das Team aus dem bayerischen Jedenhofen war 2016 in vielen GT3-Reporten zu finden, da man neben der Nennung in der ADAC GT Masters auch in der 24H Series etliche Rennen bestritt und gewann. Robert Renauer hat die Saison seines Teams in der achten Ausgabe von #RaceitLike für uns zusammengefasst.

3. Scuderia Corsa

GTA-Meistertitel in der Pirelli World Challenge mit dem Mexikaner Martin Fuentes, bestes GTD-Team in der IMSA WeatherTech SportsCar Championship verbunden mit Siegen in Sebring und Watkins Glen und ein GTE-Am-Klassensieg bei den 24 Stunden von Le Mans: klingt nach einem nahezu perfekten Jahr. Ob sich die Teamgründer Giacomo Mattioli und Art Zafiropoulo so großen Erfolg wohl erträumt hatten, als sie vor nur wenigen Jahren begannen, ihrer Ferrari-affinen Kundschaft das Motorsporterlebnis näher zu bringen? Das Team aus dem Speckgürtel von Los Angeles ist nämlich ein Teil des kalifornischen Ferrari-Imperiums von Mattioli, der die roten Sportwagen beispielsweise in Beverly Hills vertreibt.
Auch im Jahr 2017 wird das Rennprogramm wieder sehr vielfältig aussehen. In der Hauptserie der IMSA werden die Dänin Christina Nielsen und der Italiener Alessandro Balzan ins Cockpit zurückkehren. Ihre Chancen für eine Reise nach Le Mans sehen ebenfalls recht positiv aus, da Scuderia Corsa zwei Einladungen für die 85. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans erhalten wird (Klassensieg + GTD-Titel).

2. Garage 59

Auch wenn die Bezeichnung „Team“ zu undifferenziert in diesem Zusammenhang ist, sollte die neu formierte Mannschaft mit britischer Herkunft hier aufgeführt werden. Garage 59 ist de facto ein Undercover-Werksteam von McLaren GT und hat die Rolle des nicht mehr existierenden Von Ryan Racing übernommen. Zusammen mit Shane van Gisbergen, Côme Ledogar und Rob Bell konnte man mit dem Gewinn des Blancpain GT Series Endurance Cup einen ersten großen GT-Serientitel nach Woking holen.
An dieser Stelle sollten des Weiteren noch die Australier von Tekno Autosports erwähnt werden, die 2016 sowohl die 12 Stunden von Bathurst als auch das Bathurst 1000 gewinnen konnten und in der Australian GT zum wiederholten Male dominierten. Es kann mit großer Sicherheit angenommen werden, dass zumindest bei den GT-Erfolgen große Hilfe von McLaren GT und damit auch von Garage 59 geleistet wurde.

1. HTP Motorsport / Black Falcon

Die letzte ausführlichere Geschichte des Rückblicks müssen sich zwei Mannschaften teilen, die beide sogenannte AMG-Teams sind. Mindestens zwei Mal traf man 2016 unheilvoll aufeinander und erzeugte so Diskussionen und Ärger, aber mehr dazu gleich.
Die 2006 offiziell gegründete Black Falcon GmbH & Co. KG hatte einen denkbar schlechten Start in ihr Jubiläumsjahr. Noch vor dem Beginn der 24 Stunden von Dubai brannte einer ihrer Mercedes SLS AMG GT3 lichterloh und erzwang einen Wechsel auf den bereits ausrangierten Siegerboliden aus dem Jahre 2015. Da ihre debütierenden AMG GT3 einen sehr problematischen Einstand mit diversen technischen Problemen erlebten, konnte man mit der Notlösung sogar Gesamtrang zwei herausfahren. Wer hätte gedacht, dass aus den Problemkindern des ersten Rennwochenendes Vertreter des stärksten GT3-Modells werden würden?
Im weiteren Verlauf des damals gerade erst begonnenen Jahres konzentrierte man sich auf die VLN sowie auf das 24 Stunden-Rennen in der Eifel. Dieses gewann man nach einem denkwürdigen Finale, welches HTP Motorsport nur als zweitstärkste Truppe abreisen ließ.

https://youtu.be/jqe54WWqR9I?t=2m38s

HTP Motorsport hat in der Vorbereitung auf die Saison 2016 eine spannende und sicherlich schwierige Entwicklung erlebt. Nach einem ziemlich erfolgreichen Jahr 2015 als Bentley-Einsatzteam wechselte man in der abgelaufenen Saison wieder zurück auf Mercedes und sollte diese Entscheidung nicht bereuen. Man gewann beispielsweise die 3 Stunden von Silverstone des Blancpain GT Series Endurance Cups, nachdem man in Monza noch knapp von McLaren geschlagen wurde. Bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps hatte man durch die Kollektivstrafe einen denkbar schlechten Start und verlor spätestens durch dieses zweite denkwürdige Aufeinandertreffen mit den Markenkollegen von Black Falcon ein siegfähiges Auto:

Während Black Falcon bereits beim Eifelklassiker den Briefkopfanteil für das Jahr 2016 positiv gestalten konnte, sollte spätestens die Gesamtmeisterschaft in der Blancpain GT Series gute Stimmung bei HTP Motorsport aufkommen lassen. Dies verdanken sie auch ihren beiden Star-Fahrern, die weiter oben bereits besprochen wurden.

Wer sonst noch überzeugte

Ein weiteres starkes Mercedes-Team in der BGTS ist die französische Mannschaft von AKKA ASP gewesen. Während AKKA der Namenssponsor ist, steht die Abkürzung ASP für Auto Sport Promotion. Im Jahre 1999 hat der ehemalige Rennfahrer Jérôme Policand das Team gegründet, welches seinen Sitz im Norden von Toulouse hat. Der zweite Platz in Spa könnte ein positives Vorzeichen für die kommende Saison gewesen sein, da man konstant und auf einem hohen taktischen Level agierte.
Erwähnenswert sind zudem der Sieg von Magnus Racing bei den 24 Stunden von Daytona, der GT Asia Series-Titel des FFF Racing Team by ACM (erster großer Huracán GT3-Titel), das sehr erfolgreiche Jahr von Land-Motorsport, TF Sports Erfolge in der British GT sowie im Michelin GT3 Le Mans Cup und Rowe Racings begeisternder Sieg in Spa.

Fazit

Das GT3-Jahr 2016 meinte es sportlich meist gut mit uns, wenn man auf die vielen spannenden Geschichten schaut. Doch auch andere Entwicklungen haben das abgelaufene Jahr besonders gemacht. Durch die Gründung des Michelin GT3 Le Mans Cups (ab 2017: Michelin Le Mans Cup) hat das Erfolgsreglement sogar den Sprung auf den Circuit de la Sarthe geschafft. Damit können GT3-Renner auf fast allen berühmten Strecken unseres Planeten gesehen werden. Von ihren umstrittenen Einsätzen auf der Nürburgring-Nordschleife bis hin zu Klassenstrukturen wie in der Super GT ist alles möglich.
Die neue Generation ist extrem ausgeklügelt und weit weg von den anfänglichen Vorstellungen. Stark steigende Preise und eine teils extreme Professionalisierung scheinen immer mehr den ursprünglichen Charakter zu konterkarieren. So stellt sich vermehrt die Frage, ob man nicht anfangen sollte, zumindest die aktuelle Ausprägung zu erhalten. Es würde sich lohnen, denn momentan erleben wir einen historischen Höhepunkt im GT-Bereich.

Bilderquelle / Copyright: Blancpain GT Series / SRO Motorsports Group; ADAC Motorsport; Felix Töllich; Macau Sports Bureau; Pirelli World Challenge; IMSA; 24H Series

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