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Best of 2016 – Rainer

von Rainer
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Zum Jahreswechsel schauen die Racingblog-Autoren auf das vergangene Jahr zurück und stellen ihre persönliche Highlights und Enttäuschungen zusammen.

Ich bin froh, wenn 2016 endlich zu Ende ist. Es war kein gutes Jahr. Auch als Motorsportfan lassen einen die Bilder von Gewalt, Krieg und Terror nicht unberührt. Dazu kamen noch die unfassbare Dummheit der Menschen in Europa und Amerika und der Verlust vieler Stars, der die Welt zu einem dunkleren Ort macht. Man kann nur hoffen, dass es 2017 besser wird.

Für den Motorsport hingegen war es ein gutes Jahr. Wir konnten eine Reihe fantastischer Rennen und spannender Meisterschaften verfolgen. Vor allem gab es recht wenige schwere Unfälle. Phil sprach in seinem Best of schon dem Unfall von Laurens Vanthoor in Macao an. Dazu fallen mir noch die von Fernando Alonso in Australien und Josef Newgarden in Texas ein. Beide zogen sich Verletzungen zu, konnten aber schon wenige Wochen später an Rennen teilnehmen. Wenn ich allein an die IndyCar Series der Jahre 2013 bis 2015 denke, wird mir noch ganz anders. Da gab es in jedem Jahr ein bis zwei lebensgefährlich verletzte Fahrer. Leider hat mit Bryan Clauson auch dieses Jahr wieder ein (ehemaliger) IndyCar-Fahrer sein Leben verloren. Bei einem Midget-Car-Rennen auf dem Belleville High Banks Speedway in Kansas war es zu dem fatalen Unfall gekommen. Die Rennen mit diesen übermotorisierten Drahtkäfigen bewegen sich aber auch in einer Region abseits jeglicher Vernunft.

 

Bestes Rennen

Die 24 Stunden von Le Mans haben auch 2016 wieder abgeliefert. Vor dem Rennen gab es keinen klaren Favoriten. Die sechs Werks-LMP1 von Audi, Porsche und Toyota hatten im Vorfeld alle ihre Vor- und Nachteile. In Silverstone stellte Audi die schnellsten Wagen, verlor den Sieg aber durch Disqualifikation aufgrund einer zu dünnen Bodenplatte an Porsche. In Spa waren die Porsche im Training schneller, der Sieg ging aber an Audi. Die Toyotas konnten den Speed der VW nicht ganz halten, aber ihre, auf möglichst geringen Luftwiderstand ausgelegte, Aerodynamik sollte für Le Mans ein Vorteil sein. Auffällig war auch, dass die Werks-LMP1 technische Probleme hatten. In beiden 6-Stunden-Rennen belegten die privaten Rebellion Racing LMP1 die Plätze 3 und 4.

Die Trainings an der Sarthe zeigten dann, dass die Porsche auf eine Runde nicht zu schlagen sein würden. Gleichzeitig offenbarten sich bei Audi massive Probleme mit der Abstimmung. Die Toyotas verloren zwar auch etwa eine Sekunde pro Runde auf den schnellsten Porsche, sollten im Rennspeed und mit einer anderen Strategie aber eine gute Chance auf den Gesamtsieg haben. Nach wenigen Stunden im Rennen war klar, dass Audi aus eigener Kraft keine Chance auf den Sieg haben wird. Zwischen Porsche und Toyota kam es so zu einem extrem spannenden Duell. Erst am Sonntagvormittag kristallisierte sich heraus, dass wohl der Nr. 5 Toyota mit Buemi, Nakajima und Davidson gewinnen wird. Das galt bis wenige Minuten vor Rennende, als der Toyota auf der Start-Ziel-Geraden ausrollte. Der Sieg ging so an den Porsche mit der Nummer 2. Da aber das falsche (reine Meinung des Autors) Team gewonnen hat, können die 24 Stunden von Le Mans nicht das beste Rennen des Jahres sein.

Wenige Wochen vor dem größten Rennen auf europäischem Boden fand die 100. Auflage des größten Rennens in Amerika statt. Knapp 400.000 Menschen füllten am 29. Mai den Indianapolis Motor Speedway bis auf den letzten Platz. Auch im Vorfeld der 500 Meilen von Indianapolis war die Favoritenrolle komplett offen. Anstelle von sechs Werks-LMP1 gab es mindestens ein Dutzend Fahrer, die sich berechtigte Hoffnungen auf den Sieg machen durften. Neben den immer schnellen Wagen von Chip Ganassi Racing und Team Penske waren im Mai auch die von Andretti Autosport wieder vorne dabei. Dazu kamen noch JR Hildebrand und Josef Newgarden für Ed Carpenter Racing und James Hinchcliffe für Schmidt Peterson Motorsports. Entsprechend eng ging es dann auch hin und her. Insgesamt gab es bei 54 Wechseln an der Spitze 13 verschiedene Führende im Rennen. In Runde 163 löste Takuma Sato eine finale Caution aus. Das ganze Feld ging zum Nachtanken an die Box. Die Distanz ins Ziel war aber etwa fünf Runden zu lang, um es ohne weiteren Stopp zu schaffen. Vorne duellierten sich Tony Kanaan, Josef Newgarden und Carlos Munoz, ohne Blick auf den Benzinverbrauch, um die Führung. Im Hinterfeld, unbemerkt von den Kameras, zog Ryan Hunter-Reay, der zwei Runden Rückstand hatte, seinen Teamkollegen Alexander Rossi zu konstant mittelschnellen Rundenzeiten. Im Windschatten konnte Rossi genug Benzin und so einen weiteren Stopp sparen. Fünf Runden vor dem Ende kam Carlos Munoz auf Platz 2 und mit einer halben Runde Rückstand auf Rossi wieder aus der Boxengasse. Der Rookie konnte aber, ungefährdet von seinem Teamkollegen, zum Sieg cruisen. Rossi, Hunter-Reay und Brian Herta am Kommandostand verhinderten so eine komplett katastrophale Saison für Andretti Autosport.

Highlights:

komplettes Rennen:

 

Bestes Finish

Auch für das Beste Finish müssen wir wieder einen Blick zurück in den Mai auf den IMS werfen, aber nicht auf die Großen der IndyCar Series, sondern auf den Nachwuchs der Indy Lights. Regelmäßig endet das Freedom 100 mit einem Photofinish und auch die letzte Ausgabe sollte keine Ausnahme bilden. Eine späte Gelbphase führte zu einem Shootout über eine Runde. Auf der Ziellinie trennten dann Platz 1 und 2 ganze 0,0022 Sekunden:

 

Bester Fahrer

Simon Pagenaud hatte einen fantastischen Start in die Saison für Team Penske in der IndyCar Series. In den ersten fünf Rennen holte er drei Siege und zweimal Platz 2. Das so erarbeite Punktepolster konservierte er in der restlichen Saison durch Topplatzierungen in Detroit, Iowa und Mid-Ohio. Vor allem Platz 4 im vorletzten Rennen bedeutete ein großer Schritt zur Meisterschaft. Das war die Fortsetzung des abgebrochenen Rennens auf dem Texas Motorspeedway und umso höher ist die Leistung Pagenauds dort zu werten. Im Finale fuhr Simon Pagenaud dann ungefährdet zum Sieg und zur Meisterschaft:

 

Bestes Team

Simon Pagenauds größter Widersacher im Kampf um die IndyCar Championship war sein Teamkollege Will Power. Mit Helio Castroneves belegte der nächste Fahrer von Team Penske Platz 3. Die Saison umfasste 16 Rennen, davon gewannen Juan Pablo Montoya, Pagenaud, Castroneves und Power zehn und holten elf Pole-Positions. Die Bilanz von Mercedes in der Formel 1 ist natürlich mit 19 Siegen und 20 Poles von 21 Rennen nochmal beeindruckender. In der IndyCar Series ist das Feld aber deutlich enger. Alle Teams nutzen das Einheitschassis von Dallara, weitere drei Teams setzten Motoren und das Aero-Kit von Chevrolet ein. Das Topteam von Chip Ganassi hatte die absolut gleichen Voraussetzungen wie Team Penske, trotzdem hatte man dort keine Chance gegen Pagenaud, Power und Co.

 

Überholmanöver des Jahres

Das Überholmanöver, das mir die meiste Freude bereitet hat, war weder besonders spektakulär noch ging es um eine fordere Platzierung. Ich bin schon sehr lange Fan von McLaren in der Formel 1 und entsprechend habe ich in den letzten Jahren gelitten. Neben meiner Motivation, wirklich jedes Rennen intensiv zu verfolgen, litt auch die der Fahrer augenscheinlich unter der Leistungsfähigkeit der Wagen. Umso schöner war es dann in Austin, als Fernando Alonso langsam auf Felipe Massa und Carlos Sainz aufholen konnte. Man sah deutlich wie bei Alonso das Feuer jede Kurve stieg. In den letzten beiden Runden konnte er sich dann Massa und Sainz schnappen. Diese Überholmanöver waren ein Lebenszeichen für McLaren und so habe ich sie auch abgefeiert.

 

Duell des Jahres

Schon die letzten beiden Jahre wurde die Formel 1 durch das Duell von Nico Rosberg und Lewis Hamilton geprägt. In diesem Jahr wurde der Kampf aber noch mal auf ein höheres Niveau gehoben. Durch den hervorragenden Saisonstart von Rosberg war Hamilton lange in der ungewohnten Verfolgerrolle. Eine Reihe technischer Probleme entnervte den Britten zusätzlich, sodass die übelsten Verschwörungstheorien lanciert wurden. Nico Rosberg ließ sich aber durch nichts aus der Ruhe bringen und fuhr absolut verdient seinen ersten Weltmeistertitel ein. Auf ein viertes Jahr gegen Hamilton verzichtet er aber.

 

Überraschung + Highlight des Jahres

James Hinchcliffe ist seit einigen Jahren als schneller Pilot auf der Strecke und als sehr symphytischer Major of Hinchtown daneben bekannt. Im Herbst beeindruckte er bei Dancing with the Stars aber mit unglaublichen Dancing-Skills. Vor allem die Performance, die seinen fast tödlichen Unfall im Indianapolis Motor Speedway 2015 zum Thema hat, geht einem tief unter die Haut:

Im Finale reichte es für Sharna Burgess und James Hinchcliffe leider „nur“ zu Platz 2. Immerhin konnten sie Calvin „Megatron“ Johnson mit seiner Partnerin hinter sich lassen.

 

Enttäuschung des Jahres

Hätte die IndyCar Saison nur 15 Rennen umfasst, ginge der Titel ganz klar an Andretti Autosport. Abseits des Indianapolis Motorspeedway war die Saison eine einzige Katastrophe für das Honda-Topteam. Ohne das Indy 500 stehen nur drei Podestplätze für Carlos Munoz (Mid-Ohio) und Ryan Hunter-Reay (Detroit, Pocono) zu Buche. Marco Andretti und Alexander Rossi kamen nicht über Platz 8 bzw. Platz 5, jeweils beim Saisonfinale in Sonoma, hinaus. Zu jeder Zeit lag man deutlich hinter den Chevrolets von Team Penske, Chip Ganassi Racing und Ed Carpenter Racing. Aber auch im Honda-Lager war Graham Rahal im Team seines Vaters deutlich erfolgreicher und James Hinchcliffe, Mikhail Aleshin und Conor Daly erreichten in einem Honda auch jeweils mindestens einmal Platz 2. Aber da gab es dann noch dieses Rennen im Mai, das Alexander Rossi aufgrund von Teamwork und Benzinsparen gewonnen hat. Wäre das misslungen, hätte Carlos Munoz den Sieg über seinen Speed geholt. So war es dann ein Doppelsieg für Andretti Autosport und die Rettung der Saison.

In der Formel 1 hat mich eigentlich kein Team oder Fahrer wirklich enttäuscht. Klar erwartet man von McLaren-Honda mehr als Platz 6 in der Konstrukteurswertung. Man hat sich im Vergleich zum Vorjahr aber deutlich gesteigert. Auch bei Williams wird man nicht sehr zufrieden mit der Saison sein. Aber eine große Überraschung war es nun nicht, dass sie gegen Ferrari und Red Bull Probleme bekommen werden.

Die Enttäuschung des Jahres muss ich also im NASCAR Sprint Cup suchen. Der erste Blick fällt dabei auf Roush Fenway Racing. Vor zehn Jahren setzte man noch ganze fünf Wagen Vollzeit im Cup ein. Greg Biffle, Matt Kenseth, Carl Edwards und Jamie McMurray sorgten einigermaßen regelmäßig für Topergebnisse. Nachdem Kenseth und Edwards in Richtung Joe Gibbs Racing sowie einige Sponsoren das Team verlassen haben, wurden 2016 nur noch drei Ford eingesetzt. In der Gesamtwertung belegten Ricky Stenhouse jr., Trevor Bayne und Greg Biffle nur die Plätze 21 bis 23. Alle wurden von Ryan Blaney, Rookie im Ford der Wood-Brothers, geschlagen. Für nächste Saison hat Biffle sein Cockpit schon verloren und das Team schrumpft weiter auf zwei Wagen. Schon erstaunlich, wie schnell es auch für ein Topteam nach unten gehen kann. Es ist aber auch ein Sinnbild für die ganze Meisterschaft.

 

Langweiligstes Rennen

In der IndyCar Series gibt es schon per Definition keine langweiligen Rennen. Dafür sind grundsätzlich andere Serien verantwortlich. Ich habe wenige NASCAR-Rennen gesehen und damit auch recht wenige wirklich langweilige Rennen. Natürlich zog sich das Coca-Cola 600 endlos dahin. Für mich gehört es aber schon zur Indy 500-Tradition und so musste ich dadurch. Das letzte Sprint-Cup Rennen, das ich gesehen habe, war das Brickyard 400 und ja, es zog sich. Im Indianapolis Motor Speedway gilt aber für jedes Rennen die IndyCar-Regel und so ist das erste Sprint-Cup-Rennen 2016 mein langweiligstes Rennen: das Daytona 500

Viele Leute stehen ja auf das Pack-Racing. Ich nicht. Es ist wirklich spektakulär, wenn 30 bis 40 Wagen im Zentimeterabstand in Zweierreihen um den Kurs rasen. Aber es passiert über lange Zeit nichts. Dann bricht in der Regel das Chaos aus und am Ende ist irgendwer der Glückliche. In diesem Jahr blieb das große Chaos aus und so hatten wir wenigstens ein sehr spannendes Finish. Sehr gute fünf Minuten am Ende retten dann aber kein 3-Stunden-Rennen.

 

Racecontrol-Moment des Jahres

Die Rennleitung der Formel 1 hatte zwei ganz schwere Wochenenden 2016. In Brasilien gab es zum Rennen starken Regen und im Zusammenspiel mit den bescheidenen Regenreifen von Pirelli waren es sehr schwere Bedingungen für die Rennleitung. Trotzdem hätte man sich den Start, nach dem ersten Rennabbruch, den Runden unter Gelb und dem abermaligen Abbruch schenken können. Viel schlimmer fand ich aber die Strafen bei/nach dem Rennen in Mexico. Zum einen wurde mit zweierlei Maß (Hamilton, Verstappen) gemessen, dann war eine Strafe (Vettel) sehr diskussionswürdig und am Ende freuten sich drei Fahrer über Platz 3. Max Verstappen überquerte als dritter Fahrer die Ziellinie, aber Vettel durfte dann auf dem Podium feiern. Die Punkte für Platz 3 gingen zum Schluss aber an Daniel Ricciardo.

 

Spruch des Jahres

Ein ehemaliger Rennfahrer, aktueller Kommentator und besonderer Freund von Michael Andretti sorgte an einem gemütlichen Juniabend dafür, dass ich fast vom Stuhl gefallen wäre. Das Thema waren natürlich die Andrettis, insbesondere Marco Andretti. Dieser fährt seit 2006 in Team seines Vaters in der IndyCar Series. In den elf Jahren gelangen ihm zwei Siege und seine beste Saison 2013 beendete er auf Platz 5 der Meisterschaft. Auch dieses Jahr lief es für Marco, wie eigentlich für das ganze Team Andretti Autosport, nicht besonders gut. Beim Rennen in Road America kam dann bei den amerikanischen Kommentatoren die Frage auf, ob es für Marco Andretti nicht sinnvoll wäre, das Team zu wechseln. Ein Neuanfang in einem anderen Team könnte doch einen positiven Impuls für die stockende Karriere sein. Paul Tracy beendete diese Diskussion treffend mit einem gezielten Tiefschlag:

Well, I don’t know, if there is anywhere else he can go. The only other ride, I can see him getting, is maybe with Uber.

 

Glückspilz des Jahres

Josef Newgarden und Conor Daly hatten beim ersten Teil des Firestone 600 in Texas den einzigen schweren Unfall der IndyCar Saison 2016:

Newgarden zog sich Frakturen am Schlüsselbein und in der Hand zu. Trotzdem startete er zwei Wochen später bim Kohler Grand Prix in Road America und erreichte Platz 8. Das nächste Ovalrennen, genau vier Wochen nach dem Unfall in Texas, dominierte er nach Belieben und fuhr einen ungefährdeten Sieg ein.

 

Wünsche für 2017

Dem Motorsport im Großen und Ganzen wünsche ich, dass sich die Entwicklung von 2016 fortsetzt und er auch im nächsten Jahr weitgehend von schweren Unfällen mit verletzten oder gar getöteten Personen verschont wird. Insgesamt sollte der Sicherheitsgedanke in den Topserien weiter sehr hoch gehalten werden. Leider gibt es vielerorts Bestrebungen, im Blick auf die schwindenden Zuschauerzahlen, die Show höher als die Sicherheit zu bewerten.

Des Weiteren wünsche ich allen Lesern und Kollegen hier im Blog ein wunderschönes, glückliches und erfolgreiches neues Jahr!

(c) Photos: IndyCar Media; Forrest D Mellott, Walt Kuhn, Shawn Gritzmacher
(c) Videos: IndyCar Media, ABC

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