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Formel Eins: Analyse GP von Deutschland 2014

von DonDahlmann
6 Kommentare

Während Nico Rosberg einen relativ ruhigen Nachmittag in Hockenheim hatte, ging es hinter ihm richtig gut zur Sache. Hamilton zeigte mal wieder, wie gut der Mercedes ist. Einen richtigen Aufreger gab es aber auch.

F1_GP_Germany_2014_08Den Grundstein für Rosbergs Sieg schenkte ihm sein Teamkollege unfreiwillig in der Qualifikation. Als bei Hamilton in Q1 eine Bremsscheibe brach, war klar, dass der Brite es schwer haben würde, um den Sieg kämpfen zu können. Dazu kann dann noch ein Getriebewechsel, der Hamilton zum Start auf P20 zurückwerfen sollte. Der Speed des Mercedes sollte ausreichen, um selbst von dort aus auf das Podium zu fahren, aber das Problem, vor dem die Deutschen wie alle andere standen, waren die Reifen. Am Freitag hatte sich schon gezeigt, dass man die Zwei-Stopp-Strategie nicht würde durchhalten können. Die sehr hohen Temperaturen sorgten dafür, dass nicht nur die „Supersoft“ sondern auch die „Soft“ relativ flott auseinander bröselten. Die „Supersoft“ neigten zur Blasenbildung, die „Soft“ zu Graining. Damit blieb Mercedes wenig Spielraum in der Strategie für Hamilton. Rosberg kamen aber noch andere Faktoren zu Hilfe.

Als sich Sutil 20 Runden vor Schluss Eingangs Start/Ziel mit einem Dreher verabschiedete und den Wagen mitten auf der Strecke abstellen musste, passierte etwas ungewöhnliches. Die Rennleitung schien unentschieden, was man mit dem Wagen machen sollte. Drei Runden lang passierte gar nichts, dann rannten plötzlich Streckenposten über (!) die Strecke, um den gestrandeten Sauber wegzuschieben. Dabei wäre ein Safety Car mit Sicherheit die bessere Entscheidung gewesen. In den letzten Rennen haben wir SC-Einsätze wegen Trümmerteilen gesehen, aber wenn ein ganzes Auto quer auf der Strecke steht, passiert nichts. Die britischen Journalisten hatten schnell ihre Meinung gefunden:

Aber ich stimme dem Kollegen Mattzel völlig zu:

Die Entscheidung der Rennleitung roch schwer danach, dass man unter allen Umständen eine SC-Phase vermeiden wollte. Über die Gründe kann man da nur spekulieren. Die britischen Journalisten sind wenig überraschend der Meinung, dass man unbedingt Rosberg gewinnen lassen wollte. Ein SC hätte den auf P3 liegenden Hamilton an Rosberg ran gebracht, die Chance auf einen Sieg wäre also durchaus da gewesen. Ein anderer Grund könnte sein, dass man das Ende des Rennens auf keinen Fall hinauszögern wollte, da eine riesige Gewitterfront im Anmarsch war. Merkwürdig war die Entscheidung aber so oder so.

Die Frage: „Hätte Hamilton das Rennen gewinnen können, wenn das SC gekommen wäre“ ist zwar relativ müßig, aber durchaus spannend. Mercedes holte den Briten in dem Moment rein, in dem der Sauber stehen blieb, weil man wohl mit einer SC-Phase rechnete. Geplant war allerdings, ihn länger fahren zu lassen, denn es war klar, dass die „Supersoft“ gegen Ende Probleme machen würde. Wäre das SC gekommen, hätte Hamilton zwar keinen Platz gewonnen, wäre aber mit frischen weichen Reifen hinter Bottas und Rosberg in einer sehr guten Situation gewesen, da Bottas und Rosberg auf die „Soft“ gesetzt hatten. Die Chance, dass Hamilton sich hätte an die Spitze setzen können, wäre da gewesen, allerdings bleibt die Frage, ob er diese mit den stark nachlassenden „Supersoft“ gegen Rosberg hätte verteidigen können.

Trotz des Ärgers über die Rennleitung bot der Grand Prix von Deutschland wirklich sehr gutes Racing. Auch wenn Rosberg und der erstaunliche Bottas vorne mehr oder weniger alleine unterwegs waren, lieferten sich die Kollegen dahinter ein packendes Rennen. Es ging hoch her zwischen Vettel, Alonso, Button, Ricciardo, Hülkenberg, Perez, Magnussen und Räikkönen. Die Zahl der Überholmanöver, die vor allem auch durch unterschiedliche Strategien zustande kamen, war enorm, begünstigt wurde das auch die durch die lange Parabolica, die die FIA mit einer sehr langen DRS-Zone ausgestattet hatte. Im Windschatten schafften einige Autos die Marke von 340 km/h, was schon bemerkenswert ist und das Überholen natürlich etwas leichter macht.

Die Strategen an der Box grübelten derweil, was wohl die beste Strategie für die Fahrer war. Soft? Supersoft? Die weichere Mischung war definitiv schneller, löste sich aber am Ende ihrer Lebenszeit sehr schnell auf. Dazu kam, dass die etwas härteren Reifen über die Distanz auch nicht langsamer waren, weil man mit ihnen gleichmäßig schnelle Zeiten fahren konnte. Red Bull schien mehr Vertrauen in die „Supersoft“ zu haben, denn zur Überraschung der Beobachter ließ man beide Fahrer mit einer identischen Strategie fahren. Bei Mercedes wiederum ging man bei Rosberg kein Risiko ein und setzte lieber auf die „Soft“. Bei Ferrari war man sich offensichtlich nicht sicher. Räikkönen ließ man mit den „Supersoft“ so lange draußen, bis dieser hörbar sauer per Funk verlangte, dass man die Dinger endlich wechseln solle. Auch Alonso musste vor seinem letzten Stopp die Reifen so lange fahren, bis er 5 Sekunden langsamer als der Rest des Feldes war. So richtig konnte man die Strategie von Ferrari nicht verstehen.

Bei Force India versuchte man es mal wieder mit einem Stopp weniger, was auch gut klappte. Hülkenberg hatte sich nach dem Start auf P5 geschoben, aber es war klar, dass er zumindest die Red Bull nicht würde halten können. Auch Alonso war an diesem Wochenende zeitweise schneller und von hinten drückten die McLaren, die an diesem Wochenende mal wieder einen etwas besseren Eindruck machten. Aber es war klar, dass Force India P5 nicht würde halten können, dafür war die Konkurrenz einfach zu gut. Es war schon ein kleines Wunder, dass man Red Bull und Ferrari so lange unter Druck setzen konnte.

Für Williams war es einerseits ein gutes Rennen, andererseits verlor man mal wieder Massa, der beim Start mit Magnussen kollidierte und sich überschlug. Es war ein Rennunfall. Einerseits war Magnussen neben ihm, andererseits konnte Massa den McLaren auch nicht richtig sehen. Da die Nordkurve sehr eng ist und auf der Innenseite hohe Curbs sind, hatte der Däne keine Möglichkeit, noch weiter innen zu fahren. Für Massa war es mal wieder ein unverschuldeter Unfall, der ihn ein möglicherweise gutes Rennen gekostet hat. Aber auf der anderen Seite zeigte Bottas ein sehr gutes Rennen. Gerade in den letzten Runden zeigte er große Ruhe, als der drängelnde Hamilton hinter ihm auftauchte. Aber Hamiltons Reifen waren hinüber und Bottas nutzte den guten Topspeed des Williams auf der langen Gerade, um sich auf P2 zu halten. Dazu muss man aber auch sagen, dass Hamilton auch nicht die Brechstange rausholte. Die Punkte waren ihm zu wichtig, und von P20 auf P3 zu fahren ist ja jetzt auch nicht so schlecht.

Das Endergebnis scheint auch die momentane Reihenfolge in der F1 zu zeigen. Mercedes ist auch ohne das FRIC-System in der Lage, ein Rennen mit 20 Sekunden Vorsprung zu gewinnen, ohne dass man sich groß anstrengen muss. Williams ist auf den zweiten Platz gerutscht und hat Red Bull klar hinter sich gelassen. Im Rennen war Vettel, der lange auf P3 lag, nicht in der Lage, Bottas zu folgen. Red Bull und Ferrari sind im Rennen nicht weit auseinander, das Problem der Ferrari ist weiter die Qualifikation. Dahinter liegen Force India und McLaren ziemlich gleich auf, wobei Toro Rosso auch nicht weit entfernt ist. Dahinter klafft dann eine Lücke zu Sauber und dem Rest.

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6 Kommentare

Ralf G. 20 Juli, 2014 - 19:50

Massa zieht doch ohne Rücksicht auf Verluste einfach zum inneren Streckenrand, geht der davon aus dass er alleine auf der Strecke ist? Wie schon in Kanada kommt er wieder unbestraft davon.

Williams ist verdammt gut unterwegs, der junge Bottas liefert mehr ab als man von ihm erwarten durfte, aber Massa schmeisst regelmäßig gute Resultate weg. Mit einem besseren und zuverlässigeren Fahrer stünde Williams vielleicht als zweite Macht hinter Mercedes da.

Speedwriter33 21 Juli, 2014 - 09:03

Für mich war es bei der Sutil-Szene völlig in Ordnung, kein Safety Car zu bringen. Der Wagen stand nicht direkt im Weg rum. Die Streckenposten konnten gut erkennen, dass die Strecke gefahrlos zu überqueren war. Bei doppelten gelben Fahnen waren auch die Fahrer ausreichend gewarnt. Das Problem ist meiner Meinung nach vielmehr die Inflation von SC-Phasen, die es mittlerweile (nicht nur in der F1) bei jeder Nichtigkeit gibt. Sicherheit ist ein hohes Gut, aber sie wird viel zu oft missbraucht, um künstlich Spannung in wenig spannende Rennen zu bringen. Allerdings glaube auch ich nicht, dass der Verzicht auf das SC diesem Denken geschuldet war, sondern dem im Bericht beschriebenen Grund.

xeniC 21 Juli, 2014 - 10:44

@Speedwriter33: Und was ist, wenn sich da noch einer dreht? Tut mir leid, aber das Tempo was bei gelb rausgenommen wird ist jetzt nicht sonderlich viel.

Zuschauerzahlen: Der Nürburgring hat 170.000 während des Truck-GP-Wochenende gezählt. Hockenheim: 52.000 für die Formel Eins. Die F1 hat eindeutig kein Problem ;-)

DonDahlmann 21 Juli, 2014 - 13:01

Ja, vor allem am Freitag war es ja erbärmlich, was da an Zuschauern da war. Samstag war jetzt auch nicht gerade doll. Auf der anderen Seite: In Silverstone war volles Haus.

xeniC 21 Juli, 2014 - 18:13

Österreich war auch sagenhaft gut besucht.

Finds eher für Deutschland erschreckend und zugleich viel sagend in Richtung, dass eben nicht in jedem Land die „neue“ F1 ankommt. Zu Jahresbeginn hatte ich auch überlegt nach Hockenheim zu fahren. Aber aufgrund der derzeitigen Entwicklungen in der F1 hab ich mich dann doch dagegen entschieden.

Aber für die „Normalos“ steht in der WM immerhin ein Deutscher vorne. Der zwar in der breiten Wahrnehmung nicht so gut ankommt wie an Schuey oder Vettel, aber ein Deutscher in einem Deutschen Rennstall. Dafür ist das doch ziemlich erschreckend.

nona 22 Juli, 2014 - 15:07

Re: Massa, aus seiner Sicht (Rückspiegel) hat der unmittelbar um Position kämpfende Gegner zurückgezogen, damit war die Kurveninnenseite „mental“ frei. Nachvollziehbar dass er da reinzieht ohne den dritten (vorher verdeckten) Wagen zu erwarten, Schulterblick gibt’s da ja nicht. Startunfall, wie er halt passieren kann und keine Bestrafung erfordert. (Ist allerdings auch unnötig dass Massa hinterher auf die jungen Fahrer schimpft, das hatte wenig damit zu tun.) Und in Montreal gab’s natürlich nichts zu bestrafen, da Perez ihm da mehr als offensichtlich ganz einfach vor’s Auto gefahren ist.

Re: Sutil-Auto, das hat so auf der Innenbahn stehend in der Tat kein Safety Car zwingend erfordert. Haarig war allerdings der Pulk an Marshalls, der von der anderen Seite rübergerannt kam, auch wenn das Motodrom einigermassen einsehbar und die Gefahr so besser abzuschätzen ist als auf anderen Strecken (Hockenheim ist nicht Kyalami). Da hätte vorher längst jemand von der Boxenseite aus hin müssen.

Re: Zuschauer, ich denke, da kamen mehrere ungünstige Faktoren zusammen. Neben der allgemeinen Unattraktivität der F1, und dem was der geneigte Fan wohl am ehesten als „ignorante Fan-Verarsche von Bernie“ betiteln würde, die garantiert nicht motivierend oder sonstwie Sympathie erregend wirkt, z.B. vielleicht auch die Ferienzeit, und auch das doch vorhandene – sagen wir mal – Loch der „Schland-Müdigkeit“ nach den WM-Wochen. Mag auch noch die eine oder andere lokal-strukturelle Sache mit da reinspielen, wie z.B. die Preise; Hockenheim ist jetzt z.B. längst nicht mehr so populär wie früher, auch andere dort fahrende Serien sahen zuletzt schonmal vollere Ränge. Dennoch nicht schön.

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