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Formel Eins: Vorschau GP England 2012

von DonDahlmann
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Vor dem Rennen in Silverstone gibt es im Moment eine wichtige Frage, die sich die Teams stellen: Wie gut funktioniert das neue Update von Red Bull?

Doch bevor ich zum Sport komme, noch ein Blick auf die traurigen Ereignisse vom Dienstag, als Maria de Villota bei einem Test des Marussia Team schwer verunglückte. Wie im News-Artikel schon erwähnt, ist ihr Zustand weiter kritisch. Bestätigt ist, dass schwerste Kopf- und Gesichtsverletzungen erlitten hat, was dazu führte, dass sie die Ärzte ihr rechtes Auge nicht mehr retten konnten. Allein die erste OP dauerte von Dienstagnachmittag bis Mittwochmorgen. Wie genau der Unfall passieren konnte ist nicht klar. Marussia prüft die Daten, mehr Infos gibt es nicht. Es wurde spekuliert, dass der „Anti-Stall“ eingesetzt hat, den Wagen also gegen den Willen der Fahrerin beschleunigt hat. Angeblich hat de Villota auch auf der Bremse gestanden. Normalerweise wird beim „Anti-Stall“ in den Leerlauf geschaltet, damit der Motor nicht absterben kann, zum Beispiel bei einem Dreher. Was aber auch immer passiert ist: Wir wünschen Maria de Villota die schnellstmögliche Genesung und ihrer Familie viel Kraft.

Auch wenn es nach so einer Meldung schwerfällt – kommen wir zum sportlichen Teil.

Nach der sehr dominanten Vorstellung von Red Bull in Valencia, rätseln die Teams, was der neue Aerodynamiktrick aus dem Hause Newey in Silverstone bringt. Sollte sich durch die neue Luftführung an den Seitenkästen und am Unterboden der Abtrieb des RB8 signifikant erhöht haben, dürfte der Wagen auf der sehr anspruchsvollen Strecke in Silverstone zumindest in der Quali kaum zu schlagen sein. Allein die Kombination Maggotts, Becketts, Chapell sollten dem RB8 die nötigen Zehntel bringen. Dazu noch Brooklands und Copse… für McLaren und Co ein kleiner Albtraum nach den Erkenntnissen aus Valencia. Ferrari ist sich des glücklichen Sieges und der vielleicht auf sie zukommenden Probleme durchaus bewusst. Denn der F2012 hat einen komplett anderen Seitenkasten, als McLaren und Red Bull, die auf eine schmale Variante gesetzt haben. Die Idee von Newey ist auch nicht so leicht zu kopieren, wie es den Anschein hat. Denn zum einen weiß man nicht genau, was auf dem Unterboden passiert und wo die Luft hergeht, zum anderen muss man vermutlich einige Nebenaggregate des Motors versetzen, was die Sache nicht leichter macht.

McLaren ist sich allerdings sicher, dass man für Silverstone gerüstete ist. Zum einen hat man 800 (!) Boxenstopps geübt, nachdem es in der letzten Zeit ja hier und da Probleme gab. Zum anderen bringt man auch ein großes Update mit. Betroffen sind davon ebenfalls der Unterboden und das Heck, genauer hat man sich nicht geäußert. Man denkt aber, dass das Update „mehrere Zehntel“ bringen soll. Dahinter steckt vermutlich auch ein wenig Optimismus, den man vor dem Heim-Rennen verbreiten möchte, denn so eben findet man ja nicht ein paar Zehntel in der modernen F1. Ich bin mir in Sachen Form-Barometer von McLaren da nicht so sicher. In Barcelona sah man nicht gut aus, vor allem nicht im letzten Sektor. Überraschungen sind ja in dieser Saison nichts neues, aber nach den letzten Rennen würde ich McLaren eher auf Ferrari-Niveau sehen.

Die Italiener bringen ebenfalls ein Update mit, aber bei weitem wohl nicht so groß, wie das von McLaren. Man hat den halben Wagen ja auch schon umgebaut und ist damit beschäftigt, die Neuerungen zu optimieren. Ferrari einzuschätzen fällt schwer. Das letzte Rennen auf einem Kurs mit schnellen Kurven war Mitte Mai, da sahen sie sehr gut aus. Seitdem hat man zwar noch viel gearbeitet, aber ich bin mir nicht sicher, wie der F2012 in Silverstone gehen wird. Die Piloten twitterten die Woche sehr zuversichtlich, dass man vermutlich besser sein würde, als viele denken. Und letztes Jahr hat Alonso ja auch gewonnen.

Mercedes erwarte ich nach den schwachen Vorstellungen der letzten Rennen nicht weit vorne. Wobei „schwach“ auch nicht so ganz stimmt. Die Fortschritte, die man in diesem Jahr gemacht hat, sind schon enorm, immerhin liegt man nur wenige Zehntel hinter den Top Teams, hat einen Sieg und eine Pole geholt. Aber Mercedes wirkt nicht so zwingend, wie man sich das wünschen würde. Die gute Strategie und der daraus resultierende Platz 3 in Valencia darf nicht darüber hinweg täuschen, dass man ohne den Unfall von Hamilton und Maldonado nur auf P5 gelandet wäre. Dazu kam der Ausfall von Grosjean und Vettel. So wie es aussieht, wäre Mercedes im Moment hinter Red Bull, Ferrari und McLaren, vielleicht auf einer Augenhöhe mit Lotus. Aber wie gesagt: Wir reden hier über Zehntel. Viel verspielt Mercedes schon in der Quali, wo man weiterhin Probleme mit den Reifen hatte. Ross Brawn hatte nach den anfänglich hohen Verschleisswerten angekündigt, dass man Quali-Performance verzichten würde um im Rennen besser zu sein. Aber vielleicht ist Mercedes für Silverstone ja auch was neues eingefallen, genügend Ingenieure hat man ja.

Lotus ist mal wieder das „dark horse“. Die langsamen Entwicklungsschritte, vor allem im Heck des Wagen, scheinen nicht weiter zu stören, bisher schlitterte man knapp an einem Sieg vorbei. Der Lotus ist vor allem in zwei Dingen gut: Reifenverschleiss und Abtrieb. Dementsprechend könnte er in Silverstone mal wieder um den Sieg mitfahren und dabei könnten beide Fahrer durchaus auf dem obersten Treppchen stehen. Ähnlich wie Mercedes hat Lotus aber eine kleine Quali-Schwäche in Sachen Reifen, was sich in Silverstone, wo es in Sachen Überholen eh nicht ganz einfach ist, mal wieder rächen könnte.

Nicht aus den Augen lassen sollte man Williams. Das Rennen von Maldonado war, bis zu seinem optimistischen Überholmanöver, sehr gut, der dritte Platz wäre möglich gewesen. Der FW34 scheint besonders dann gut zu gehen, wenn er nicht in einer Kampfgruppe steckt. Frische, ungestörte Luft ist hier das Zauberwort, also erreicht man bessere Ergebnisse, wenn der Wagen von Anfang an weiter vorne steht und man mit einer gespreizten Reifenstrategie auch mal ein paar Runden frei fahren kann. Der Nachteil des Williams ist sein Reifenverschleiss, der höher ist, als bei Lotus oder Ferrari. Wenn Maldonado eine gute Quali gelingt, ist er aber wieder ein Anwärter aufs Podium.

Sauber hingegen eher nicht. Die guten Einzelsektoren und Rundenzeiten kommen zu selten, auch wenn sie das Potential des Wagens sichtbar machen. Problematisch ist auch hier die Reifentemperatur, denn während man im Rennen oft mit einem Stopp durchkommt, muss man dafür in der Quali büssen. Ein Sauber sollte in die Top Ten kommen, mehr erwarte ich aber nicht.

Force India hat mich, wie viele andere, in Valencia überrascht. Offenbar hat man auch hier die nötigen Sekundenbruchteile gefunden und sich einen kleinen Vorsprung verschafft. Auch die Inder kämpfen mit einem erhöhten Reifenverschleiss, zumindest bei der „Soft“ Mischung. Es fällt schwer, das Team vor dem Rennen einzuschätzen, weil sie auf Stecken, die viel aerodynamischen Grip verlangen, meist nicht weiter aufgefallen sind.

Toro Rosso steckt in einer kleinen Krise. Den Anschluss an Sauber und Force India scheint man verpasst zu haben, von hinten drückt so langsam Caterham. Silverstone dürfte aber schon deswegen schwer werden, weil Vergne wegen seiner Strafe aus Valencia vom ganz hinten starten darf. Das könnte Caterham in die Hände spielen, die sich so langsam in Richtung Mittelfeld robben. Hatte man zu Beginn der Saison noch knapp 2 Sekunden Rückstand, sind es nun nur wenige Zehntel. Petrov gelang in Valencia das Kunststück zwischenzeitlich auf P10 zu liegen. Das sind enorm große Schritte für das kleine Team, auch wenn ursprünglich mal Punkte in diesem Jahr anvisiert hat.

HRT und Marussia werden am Ende fahren. Marussia bringt das erste, richtige Upgrade mit nach Silverstone, allerdings dürfte die Stimmung nach dem schrecklichen Unfall reichlich gedämpft sein.

Strategie:

Das Wetter verspricht laut Vorsage sehr wechselhaft zu werden. Für das gesamte Wochenende sind vereinzelte Regenschauer angesagt, wärmer als 22 Grad soll es nicht werden. Sollte es trocken bleiben, werden die Asphalttemperaturen also niedrig bleiben, was beim eher moderat fordernden Asphalt in Silverstone den Reifenverschleiss in Grenzen hält. Zwei Stopps werden also das Maß der Dinge sein, nicht auszuschließen, dass es Sauber und Co mit nur einem Stopp versuchen. Dabei würde man vermutlich auf den „Soft“ starten, um am Anfang nicht zu viel Zeit zu verlieren. Der Stopp dürfte dann nach 20+ erfolgen, danach kann man mit der „Hart“ Variante durchfahren. Allerdings verliert man bei einem Boxenstopp maximal 20 Sekunden, also könnte sich die Ein-Stopp-Variante nicht lohnen. Dann vielleicht sogar 3-Stopps, aber das Risiko, nach einem kurzen Mittelstint im Verkehr zu hängen ist recht groß.

Abwechlsung könnte der britische Landregen verschaffen, der am Sonntag zeitweise angekündigt ist. Ein kurzer Regenschauer, und die Sache sieht dann wieder anders aus.

Daten:

Aero Setup: Medium
Top Speed: 311 km/h mit DRS, 307 km/h ohne
Vollgasanteil: 66% (Mittel)
Tankinhalt: 150 Kilo (Viel)
Verbrauch: 2.4 kg/Runde (Hoch)
Zeitverlust: 0,38 Sek. (pro 10 kg/Runde)
Bremsanteil: 9% (Sehr niedrig)
Bremsverschleiss: Sehr niedrig

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