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Vorschau: IndyCar World Championships

von Vorsicht
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Beim letzten Saisonrennen der IndyCar Series geht es nicht nur um den Meisterschaftstitel, 5 Millionen Dollar und die Krone in der Rookie-Wertung. Auch Randy Bernards Job als CEO steht auf dem Spiel.

Geladene Atmosphäre scheint garantiert, wenn Sonntagabend um etwa 21:30 Uhr unserer Zeit letztmalig in dieser Saison die grüne Flagge fällt. In der Meisterschaft führt Dario Franchitti nach seinem zweiten Platz von Kentucky nun wieder vor Will Power. Die 18 Punkte Rückstand, die der Australier nun hat, sind auf einem Oval wie dem in Vegas aber schnell gewonnen und verloren. Fast gleich viel Aufmerksamkeit wie der Titelkampf genießt Indy 500 Champ Dan Wheldon. Schafft der es nämlich, vom letzten Startplatz bis zum Sieg nach vorne zu fahren, winkt ihm ein Preisgeld in der Höhe von 2,5 Millionen Dollar. Die gleiche Summe bekommt im Erfolgsfall außerdem ein zufällig ausgewählter Fan. Leicht wird die Aufgabe für Wheldon aber nicht – denn um zu gewinnen, muss es sich an einem rekordverdächtigen Feld von 33 weiteren Startern vorbeikämpfen.

Aber noch einmal zurück zum Kampf um die Meisterschaft. Der ist nicht mehr ganz so knapp wie vor Kentucky, aber immer noch spannend. Will Power kann aus eigener Kraft nicht mehr Champion werden. Vorbei ist es für den Australier aber noch lange nicht, wie ein genauer Blick auf die Punktetafel zeigt. Die Szenarien: Landet Franchitti vor Power, ist er auf jedem Fall Meister. Gelingt Power ein perfektes Wochenende mit Pole, den meisten Führungsrunden und dem Sieg, gewinnt er 53 Punkte dazu. In diesem Fall ist er – wegen der größeren Zahl an Siegen – Champion, sofern Franchitti nicht Zweiter wird. Gewinnt Power ohne Bonuspunkte, dann darf Franchitti nur maximal Rang vier erreichen. Gewinnt Power nicht, wird es für den Australier schwierig. Dann darf Franchitti nämlich maximal den neunten Rang erreichen. (Gewinnt Power alle Bonuspunkte, dann maximal Platz sieben). Bei einem Ausfall von Franchitti braucht Power zumindest Rang zwölf (oder, je nach Bonuspunkten, zwischen 13 und 15).

Noch knapper ist der Kampf um den Rookie-Titel 2011. James Hinchcliffe hat mit seinem vierten Rang in Kentucky JR Hildebrand, der die längste Zeit schon als sicherer „Rookie of the Year“ schien, um sechs Punkte überholt. Außer den beiden hat, sofern ich mich nicht verrechnet habe, keiner mehr Chancen auf den prestigereichen Titel. Charlie Kimball ist auf Rang drei der Rookiewertung schon zu weit abgeschlagen.

Neben den beiden Titeln geht es bei den „IndyCar World Championships“ auch noch um 5 Millionen Dollar. Ursprünglich war geplant, diesen Betrag als Preisgeld an Fahrer aus anderen Rennklassen auszuloben, sofern es ihnen gelingen sollte, gegen das gesamte IndyCar Feld den Sieg zu erringen. Diese Idee schlug dann aber aus mehreren Gründen fehl. Zu einen gab es für die ursprünglich angedachten fünf Challenge-Startplätze von Beginn an nur drei Interessenen: Travis Pastrana, Kasey Kahne und Alex Zanardi. Travis Pastrana zog sich dann aber bei den X-Games einen Beinbruch zu. Und Kahne und Zanardi wären nur für Penske oder Ganassi ins Rennen gegangen – die hatten aber beide kein Interesse daran, die Meisterschaftschancen von Will Power bzw. Dario Franchitti durch den zusätzlichen Einsatz serienfremder Piloten selbst zu untergraben.

Weil CEO Randy Bernard aber alles versuchen will, um möglichst viele Zuseher an die Strecke und vor die TV-Schirme zu locken, hat man sich etwas anderes einfallen lassen. Statt Piloten aus anderen Serien wird der (in dieser Saison sonst arbeitslose) Indy 500 Sieger Dan Wheldon um den Betrag von fünf Millionen Dollar fahren (der übrigens von Go Daddy mitfinanziert wird). Der Clou: Wheldon darf nicht an der Qualifikation teilnehmen, sondern muss das Rennen von letzten Startplatz aus in Angriff nehmen. Und wenn er gewinnt, dann gehen nicht die gesamten fünf Millionen an ihn. Die Hälfte des Betrages geht stattdessen an einen zufällig ausgewählten Fan.

Wheldons Aufgabe wird dadurch erschwert, dass in Las Vegas unglaubliche 34 Piloten an den Start gehen werden. Weil es sich um das letzte Rennen mit den alten Dallara-Chassis handelt – die danach in keiner ernsthaften Rennserie mehr verwendet werden können – sinkt deren Wert drastisch. Die Teams nutzen „übrig gebliebene“ Wagen also, um zumindest noch ein wenig Geld zu verdienen – und vergeben günstige Einsätze an zahlende Piloten.

Damit kommen eine ganze Reihe bekannter Gesichter noch einmal zur Ehre eines IndyCar Einsatzes. Paul Tracy (der nach Siegen erfolgreichste Pilot im gesamten Feld) wird sich in einen Wagen von Dragon Racing zwängen – womöglich zum letzten Mal in seiner Karriere. Davey Hamilton und Townsend Bell bekommen Drives bei Dreyer & Reinbold. Bei Rahal Letterman Lanigan Racing kommen Jay Howard und Pippa Mann zu Ehren, bei Sam Schmidt erhält der Neuseeländer Wade Cunningham einen weiteren Einsatz. Sebastian Saavedra kehrt ins Cockpit von Conquest Racing zurück, während Buddy Rice bei Panther Racing starten wird.

Auch die Sensationssieger aus Kentucky vergrößern in Las Vegas ihr Team. Zusätzlich zu Ed Carpenter wird auch Tomas Scheckter für die Mannschaft von Sarah Fisher Racing starten.

Ob das alles noch sicher ablaufen kann? Das scheint mir doch leider etwas fraglich. Denn die Strecke in Las Vegas ist zwar nicht besonders groß (1,5 Meilen), aber ziemlich schnell (nämlich durchwegs Vollgas). Mit 43 Stock Cars ist das kein Problem – mit 34 IndyCars könnte es aber rasch eng werden.

Die IndyCar Series ist dort zum ersten Mal seit dem Umbau im Jahr 2006 unterwegs. Zwischen 1996 und 2000 war das Oval aber schon einmal Schauplatz mehrer IndyCar Rennen, 2004 und 2005 machte die Champ Car World Series dort Station.

An dieser Stelle eine kleine Off-Topic Warnung, sofern jemand noch einen schnellen Besuch an der Strecke plant: Laut Hausordnung ist das Mitbringen verborgener Waffen leider auch dann nicht erlaubt, wenn man im Besitz eines gültigen Waffenscheins ist. Weil es sich um privates Gelände handelt, ist dieses Verbot auch keine Einschränkung der Bürgerrechte. Verklagen bringt somit leider nix. Sofern sich aber jemand ohne seine Smith & Wesson in großen Menschenmengen partout nicht sicher fühlt: Die Wikipedia-Seite des Speedways wird nicht müde, zu betonen, dass es dennoch nicht als Verbrechen gilt, eine Waffe mitzunehmen. Man kann allerdings des Geländes verwiesen werden. Sofern sich jemand traut, das zu versuchen.

Zurück zum eigentlichen Thema: Was das Kräfteverhältnis betrifft, kann man, mangels Rennen in jüngerer Zeit, nur wenig aus der Geschichte ableiten. Was man aber sagen kann: Wer in Kentucky gut unterwegs war, wird wohl auch in Las Vegas vorne dabei sein. Das sollte für eine spannende Meisterschaftsentscheidung sorgen, denn bis zu seinem Unfall in der Box war Will Power dort schneller unterwegs als Franchitti.

Einen weiteren Aspekt dieses Rennens wird Broadcaster ABC sicher noch oft genug erwähnen, weshalb wir hier nur ganz kurz darauf eingehen: Die IndyCar World Championships werden wohl das letzte IndyCar Rennen in Danica Patricks Karriere sein.

Das Rennen in Las Vegas ist auch in weiterer Hinsicht eine Premiere: Anstatt die Ausrichtung des Laufes den Streckeneignern zu überlassen, tritt die IndyCar Series erstmals selbst als Promoter auf. Um auch wirklich genügend Zuschauer auf die Tribünen zu bringen, hat man sich so einiges einfallen lassen: Neben dem Renngeschehen wird es in Las Vegas schon ab heute, Mittwoch etwa auch ein umfangreiches Musikprogramm geben. Ab Donnerstag beginnen die ersten Trainings auf dem Speedway, am Nachmittag soll es auch eine Parade auf dem berühmten Las Vegas Strip geben. Und jeder, der für irgendein anderer IndyCar Rennen in dieser Saison Karten erworben hat, bekommt Tickets für Las Vegas geschenkt.

Das alles kostet der Serie Geld, daher müssen die hohen Ausgaben auch messbare Einkünfte bringen. Randy Bernard hat im besten Vegas-Stil sogar seinen Job auf einen Erfolg gewettet. Sollte das Rennen nicht die gewünschten Einschaltquoten bringen, wird er zurücktreten. Die Latte ist dabei allerdings so niedrig angebracht, dass sich seine Fans keine allzu großen Sorgen machen müssen. Nur, wenn die Ratings unter einem Wert von 0.8 liegen, wird er tatsächlich seinen Rücktritt anbieten. Zur Erinnerung: Das Rennen wird auf ABC laufen, wo sogar Milwaukee diesen Wert erreicht hat. Allerdings: Diesmal fährt man in direkter Konkurrenz zur NFL – womöglich wird es also doch etwas knapper.

Kalender 2012

Am Freitag wird auch endgültig der neue Kalender vorgestellt, der schon in den vergangenen Wochen unter Fans für größere Diskussionen gesogrt hat. Der Grund: Aller Voraussicht nach wird man 2012 auf noch weniger Ovalen fahren, als in dieser Saison. Neben Milwaukee und Loudon könnte auch das Rennen in Kentucky vom Kalender verschwinden. Einzig neues Oval: Fontana. Bei den Rundstrecken dagegen wird ein Lauf in Belle Isle in Detroit und vermutlich einer in Tsingtao, China neu auf dem Plan stehen.

Im TV

Wie schon erwähnt, läuft das Rennen zum Saisonabschluss noch einmal auf ABC. Die sonst für schlampigen Journalismus verschriene Mannschaft hat zuletzt beim Chaos-Rennen in Loudon einen sehr anständigen Job gemacht – vielleicht darf man in Las Vegas ja auf eine Wiederholung dieses Wunders hoffen. Die NASCAR fährt schon Samstagnacht in Charlotte, zumindest was Motorsport betrifft gibt es diesmal also keine Konkurrenz. Blöderweise spielt aber, wie schon erwähnt, zeitgleich die NFL. Wenig überraschend: Für Zuschauer im deutschen Sprachraum ändert sich durch all das nichts. Es hat sich auch zum Saisonabschluss kein Sender gefunden, der die Rennen hierzulande überträgt. Einmal mehr muss man sich also auf die Suche nach „grauen“ Streams machen.

Bild: INDYCAR

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