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Formula Nippon: André Lotterer krönt sich zum König von Motegi

von geinou
2 Kommentare

Von wegen Startschwierigkeiten: Nach einem fünften Platz in Suzuka meldete sich Titelverteidiger André Lotterer eindrucksvoll auf seiner Paradestrecke in Motegi zurück! In einem ruhigen, zum Ende hin aber spannenden Rennen, sicherte sich der Deutsche seinen bereits vierten Erfolg auf dem Twin Ring Motegi, vor dem Brasilianer Joao Paulo de Oliveira und Teamkollegen Kazuki Nakajima.

Lotterer und der Twin Ring, das passt. Im letzten Jahr feierte er just an dieser Strecke unter schwierigen, regnerischen Bedingungen seinen ersten Formula-Nippon-Titelgewinn; 2004 kletterte er in der damals noch JGTC für Nakajima Racing das erste Mal auf die Mitte des Podiums – ebenfalls in Motegi. Weshalb er so gut auf der für japanische Verhältnisse eher flachen Strecke ist, konnte er im Sieger-Interview ebenfalls nicht so richtig erklären. Lotterer und der Twin Ring Motegi, das passt eben einfach.

Bereits in der Qualifikation ließ er Suzuka-Sieger und Teamkollegen Kazuki Nakajima mit knapp einer halben Sekunde hinter sich. Von Position 3 ging Takuya Izawa ins Rennen, der erneut seine Stärke im Zeitfahren unterstrich. Die Top 5 wurden von Joao Paulo de Oliveira sowie dem zweiten Docomo-Piloten, Koudai Tsukakoshi, komplettiert. Die Qualifikation in Motegi wurde nicht im Knock-Out-Format ausgetragen, sondern in eine einzige Einheit mit abschließendem Einzelzeitfahren unterteilt. Anders als in der Super GT waren für die so genannte Special Stage allerdings alle 17 Fahrer zugelassen. Als besonders spannend entpuppte sich dabei der Kampf um die Plätze 6 bis 10, weil alle Fahrer in nicht mal 0.100 Sekunden Abstand lagen. Erfreulich dabei der 12. Startplatz von Daisuke Nakajima. Zwar war Kazukis jüngerer Bruder damit noch immer zwei Plätze hinter seinem Teamkollegen Takashi Kogure, aber immerhin lief es ein wenig besser als noch zum Saisonstart in Suzuka.

Das 52-Runden-Rennen fand unter sonnigen, frühlingshaften 24 Grad Außentemperatur statt. Die Asphaltwärme von 40 Grad sorgte dafür, dass die Reifen schnell auf Temperatur kamen. Am Start konnte André Lotterer seine Pole Position vor Kazuki Nakajima verteidigen. Dahinter schnappte sich, sehr zur Freude seines Team-Chefs, Jaoao Paulo Oliveira in einem ansehnlichen Manöver außen in Kurve 1 den von dritter Position gestarteten Takuya Izawa. Weniger gut verlief der Start für den Franzosen Loic Duval. Ursprünglich von Position 6 ins Rennen gegangen, verlor er beim Sprint zur ersten Kurve wichtige Meter und wurde bis auf Position 8 zurückgereicht. In Runde 5 geriet der Champion aus dem Jahr 2010 bedingt durch einen Verbremser mit Nakajima-Racing-Pilot Takashi Kogure zusammen. Das Resultat: Beide Fahrer kegelten ins Kies, wobei Duval genügend Momentum hatte, um sich daraus zu befreien, während Kogure sichtlich enttäuscht steckenblieb und seinen Motor ausstellte. Nach den Problemen in Suzuka war es für Kogure nun das zweite Rennen in Folge, in dem es nicht sonderlich gut für ihn lief. Duval nahm nach dem Unfall das Rennen von Position 14 wieder auf. Trotz einer ansehnlichen Aufholjagd reichte es am Ende für den Franzosen nur für Position 11, der im Warm-up noch die schnellste Zeit fuhr.

Ebenfalls in frühe Probleme geriet Kohei Hirate. In Runde 9 verlor der Project μ/cerumo·INGING-Fahrer seinen vierten Gang. Während er sich anfangs noch gegen die Konkurrenz mit nur fünf Gängen wehrte, verschlimmerte sich von Runde zu Runde der Zustand des Getriebes, weshalb er wenig später die Box aufsuchen und das Rennen aufgeben musste. Für seinen Teamkollegen Yuji Kunimoto lief es mit einem starken Rennen von P13 auf P9 zwar etwas besser, mehr als Blech bekam er dafür aber auch nicht – Punkte gibt es nämlich nur bis Position 8. Dennoch war insbesondere der Zweikampf zum Schluss zwischen ihm und Kazuya Oshima recht ansehnlich. In den Top 5 verlief das Rennen bis zu den Boxenstopps hingegen ruhig. Fast schon im Respektabstand fuhren Lotterer, Nakajima, de Oliveira, Izawa und Tsukakoshi hintereinander her, wobei beide Docomo-Piloten relativ früh von den ersten drei abreißen ließen. Der dadurch fast schon nicht vorhandene Zweikampf sorgte dafür, dass die Top 3 Sprit-sparend fuhren, um nicht zu viel Zeit beim Auftanken an der Box zu verlieren. In Runde 23 übte Jaoao Paulo de Oliveira mit der schnellsten Runde des Rennens (1:35.476) Druck auf beide Tom’s-Piloten vor ihm aus. Wenige Runden später, passend zur Halbzeit des Rennens, wurden die Boxenstopps vom verbleibenden Nakajima-Racing-Fahrer Daisuke Nakajima eröffnet.

Von der Spitzengruppe kam Kazuki Nakajima zuerst zum Service. Wie erwartet wechselte die Tom’s-Crew Reifen und tankte den FN09 des ehemaligen F1-Piloten innerhalb von 21,5 Sekunden auf. Lotterers Crew reagierte prompt und holte den Deutschen  rein, um nicht zu viel Zeit auf Nakajima und dessen frische Reifen zu verlieren. Der Zeitpunkt hätte nicht idealer sein können: Mit einer schnelleren Standzeit von 20,6 Sekunden kam Lotterer nur wenige Meter vor seinem Teamkollegen wieder auf die Fahrbahn zurück. Derweil übernahm aufgrund des noch ausstehenden Stopps JP Oliveira die Führung. Team Impul verfolgte dabei eine andere Strategie, denn der Brasilianer hatte noch einige Reserven übrig. In Runde 34 kam er schließlich in die Box. Bedingt durch die geringere, restliche benötigte Benzinmenge und einer perfekten Arbeit der Impul-Crew, verließ der Brasilianer den Service nach gerade mal 17,4 Sekunden. Dies katapultierte ihn gerade so vor André Lotterer, der just in die erste Kurve einbog, als Oliveira die Box verließ. Aufgrund seiner kalten Reifen war es allerdings ein nahezu unmögliches Unterfangen seitens des Impul-Fahrers, den Deutschen zu halten. Im Diffusor von de Oliveira hängend nutzte Lotterer die für fünfmal für jeweils fünf Sekunden aktivierbare Zusatzleistung seines Wagens, um auf der Geraden Richtung Kurve 2 sich außen neben de Oliviera zu setzen. Dieser fuhr innen Kampflinie, verbremste sich aufgrund der kalten Reifen allerdings etwas, was Lotterer nutzte und innen vorbeischlüpfte.

Was folgte war ein 18-Runden andauernder Zweikampf zwischen beiden Top-Piloten, der zwar keine weiteren, direkten Angriffe geschweige Side-by-Side-Duelle sah, aber von beiden vollste Konzentration abverlangte. Lotterer konnte die meiste Zeit den Abstand zwar kontrollieren, erhielt in den letzten Runden aber Balance-Probleme auf der Hinterachse, was de Oliveira erlaubte, noch stärker Druck auf den amtierenden Titelverteidiger auszuüben. Mit 0.659 Sekunden Vorsprung raste André Lotterer letztlich vor Jaoao Paulo de Oliveira nach 52 Runden über die Ziellinie. Dritter wurde Kazuki Nakajima, der nach dem nahezu perfekten Rennsonntag in Suzuka ein wenig auf den Boden der Tatsachen angekommen zu sein scheint, auch wenn die erste Rennhälfte mehr als nur solide von ihm war. Stattdessen verlor er in der zweiten Rennhälfte nach seinem Boxenstopp zu viel Zeit auf seine Vordermänner, während Lotterer nach de Oliveiras Stopp den Brasilianer sofort attackierte und mit dem Move des Rennens somit entschlossen und wohl überlegt sich den ersten Saisonsieg krallte. Durch seinen Erfolg in Motegi hat sich André Lotterer auch im Meisterschaftskampf zurückgemeldet, welcher nach zwei Rennen wohl derzeit nicht spannender sein könnte. Zwar führt mit 16 Punkten noch immer Kazuki Nakajima, mit 15 Zählern folgt dahinter aber gleich sein Teamkollege Lotterer. Auf Platz 3 mit nur einem Punkt dahinter liegt Joao Paulo de Oliveira. Und auch Koudai Tsukakoshi hat mit 12 Zählern auf Platz 4 noch mehr als nur gute Chancen, auch wenn Docomo Dandelion Racing am Renn-Speed beider Piloten arbeiten muss.

Resultat Round 2 Twin Ring Motegi

Aktueller Meisterschaftsstand

Mini-Vorschau Round 3 Autopolis

Weil der Racingblog in der kommenden Woche aufgrund des folgenden „Super-Wochenendes“ mit dem Grand Prix von Monaco, dem Indianapolis 500 sowie dem Coca-Cola 600 des NASCAR Sprint Cup sowie Nachschauen, unter anderem zum 24-Stunden-Rennen am Nürburgring, bereits vollgepackt mit spannenden Themen ist, möchte ich bereits jetzt einen ganz kurzen Blick auf das kommende Rennen werfen. Quasi als Warm-Up zu dem Motorsporttag (abseits der 24 Stunden von Le Mans) in diesem Jahr, fährt die Formula Nippon am 27. Mai 2012 ihren dritten Meisterschaftslauf in Autopolis, einer Rennstrecke nahe der Kleinstadt Kamitsue (Ōita-Präfektur in Kyūshū), direkt im Nationalpark von Aso Kujiyu. Kamitsue liegt rund 30km nordöstlich von Kumamoto und ist mit 1258 Einwohnern (Stand 2003) relativ klein, was sich wie auch beim Twin Ring Motegi, in einer schlechten, örtlichen Infrastruktur widerspiegelt. Um die Strecke herum sowie in Kamitsue gibt es nur wenige Hotels, weshalb die Besucher sich auf längere An- und Abfahrten einstellen müssen. Die Situation hatte sich nach der Eröffnung der Strecke 1990 zwar ein wenig gebessert, das Ziel, die Formel 1 nach Autopolis zu holen, ist den Streckenbetreibern allerdings nie geglückt, obwohl man sogar in den Jahren 1990 sowie 1991 die Wagen von Benetton als Sponsor verzierte. Als bisher einzige, international sehr große Rennserie fuhr die FIA Sportwagen-Weltmeisterschaft 1991 als finalen Saisonlauf ein 430km-Rennen in Autopolis, das Michael Schumacher und Karl Wendlinger in einem Mercedes-Benz C291 gewannen.

Seitdem machte die Strecke viele, finanzielle Krisen durch, bis sie letztlich 2005 von Kawasaki aufgekauft wurde. Neben der Formula Nippon sind jährlich auch die Super GT (abgesehen von 2010) sowie der D1 Grand Prix und die MJF Superbike in Autopolis unterwegs. Ähnlich wie in Suzuka haben sich Formula Nippon sowie die MJF Superbike zusammengeschlossen und tragen ein gemeinsames Event namens „Super 2 and 4 Race“ aus. Anders als in Suzuka ist dieses Mal allerdings die ST600-Klasse der MJF Superbike dabei, die ihr viertes Saisonrennen bestreiten. Die Strecke ähnelt wie viele der japanischen Kurse einer kleinen Achterbahnfahrt, schön eingebettet in die Natur mit einem hübschen Ausblick. 19 Kurven ergeben auf 4,673km 54 technisch anspruchsvolle Runden. Da die Strecke im Hochland der Insel Kyūshū angesiedelt ist, ist die Luft relativ dünn, zudem besitzt die Berg- und Talfahrt Höhenunterschiede von bis zu 50 Meter. Während der erste Teil des Kurses quasi bergab führt, geht es im zweiten Teil wieder etwas höher. Die Strecke gilt zudem als sehr Reifen-fressend.

Aufgrund einer fehlenden Formula-Nippon-Onboard-Aufnahme auf YouTube, folgt nun eine Cockpit-Aufnahme von Satoshi Motoyama im Nissan GT-R aus dem Jahr 2009:

Im letzten Jahr gewann Kazuki Nakajima das Rennen in Autopolis, wohl auch weil de Oliveira Probleme im Rennen hatte und André Lotterer für Audi beim 1000km-Rennen in Spa zur Le-Mans-Vorbereitung antrat. Einen Favoriten für dieses Jahr zu bestimmen ist schwer, die Top 3 aus Motegi gelten allerdings als die heißesten Sieganwärter für nächsten Sonntag, sofern es nicht wieder einen Chaos-Start-Unfall wie 2010 gibt…

TV-Zeiten Autopolis

Wie gehabt muss auch zum dritten Saisonrennen die allseits (nicht-)beliebte Graualternative in den unendlichen Weiten des Internets bemüht werden, um das Rennen zu schauen. Ebenfalls wie bereits bei den ersten beiden Saisonrennen wird die Qualifikation nicht live im japanischen Fernsehen gezeigt. Das Rennen überträgt am Sonntag, den 27. Mai 2012, J Sports 3 ab 7:00 Uhr deutscher Zeit. Der Rennstart erfolgt nach offiziellem Zeitplan um 7:30 Uhr. Der normalerweise übliche Live-Blog ist geplant und angedacht, nachdem die letzten beiden Male aber der Live-Stream uns einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, werde ich ihn für dieses Mal nicht offiziell ankündigen. Aber alle guten Dinge sind schließlich drei, weshalb ich sehr hoffe, dass dieses Mal endlich alles gut mit dem Stream geht und man das komplette Rennen pünktlich ab 7 Uhr sehen wird können. Dann natürlich auch mit Live-Blog!

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2 Kommentare

Kimi 19 Mai, 2012 - 21:49

Danke für die tolle Analyse und die Vorschau :)

StefanTegethoff 21 Mai, 2012 - 12:26

Autopolis ist ne tolle Strecke, mag ich sehr gern. Schade, dass die abgesehen von dem einen Sportwagen-Rennen nie den „internationalen Durchbruch“ geschafft hat, aber bei der ungünstigen Lage und Konkurrenz wie Suzuka und Fuji ist das leider auch verständlich…

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