Home Formula E Formula E: Absage Montreal ePrix & Vorschau Marrakesh ePrix

Formula E: Absage Montreal ePrix & Vorschau Marrakesh ePrix

von StefanTegethoff
0 Kommentare

Mit dem zweiten Saisonevent – und dem zweiten Besuch in Marrakesh – startet die Formula E ins neue Jahr. Seit dem Auftaktrennen in Hong Kong hat sich vor allem abseits der Strecke einiges getan.

Die Weihnachtspause verlief nicht besonders glücklich für die Formula E-Organisatoren um Alejandro Agag. Schuld daran ist vor allem die neue Bürgermeisterin von Montreal, Valérie Plante. Diese hat bereits kurz nach ihrer Wahl im November das Rennen abgesagt, trotz eines weiterhin gültigen Vertrages über die Ausrichtung. Seitens der FE zeigte man sich überrascht und verärgert, verständlich, geht es doch immerhin um einen Doubleheader zum Saisonfinale.

Andererseits ist auch die Sicht der Stadtpolitikerin gut nachvollziehbar. Denn der Sponsor des 2017er-Events, das staatliche Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen Hydro-Québec, hatte vorher bereits seine (finanzielle) Unterstützung angekündigt – Grund: die Besucher- und Zuschauerzahlen des Events (ebenfalls ein Doubleheader und Saisonfinale) waren zu gering. Ergänzende private Sponsorengelder blieben aus.

Und da kommen wir zu einem der Kern-Probleme der Formula E: die Zuschauerzahlen sind nach wie vor gering, sowohl vor Ort als auch weltweit an den Empfangsgeräten aller Art. Die Ausrichtung der Events dagegen ist teuer, gerade weil man sich auf die Fahne geschrieben hat, in den Herzen der großen Städte fahren zu wollen. Aber einen Stadtkurs auf- und abzubauen kostet viel Geld. Und wenn das Event nicht durch Eintrittsgelder refinanziert wird, müssen Sponsoren einspringen, die aber eben auch eine gewisse Reichweite brauchen Hydro-Québec tut aus rationaler Sicht das richtige, indem man (als staatliches Unternehmen)nicht weiter öffentliche Gelder in die FE pumpt, und auch das Risiko des Promoters wurde 2017 von der städtischen Non-Profit Organisation „Montreal, c’est electrique“  getragen.

Bürgermeisterin Plante schlug vor, das Rennen auf den Circuit Gilles Villeneuve, der Formel 1-Kurs auf der Ile Notre-Dame im Sankt-Lorenz-Strom zu verlegen. Demk Markenkern der Formula E, die Rennen in die Städte zu den Menschen zu tragen, hätte das auch noch entsprochen, denn die Insel liegt im Fluss etwa gegenüber dem Stadtzentrum. Aber – und wahrscheinlich erwuchs daraus der Widerwillen der FE-Organisatoren gegen diese Lösung – es wäre ein völlig ungeeigneter Kurs für die aktuellen Formula E-Boliden. Der Kurs selbst ist mit knapp 4,4 km etwa doppelt so lang wie eine typische FE-Strecke, vor allem aber ist die Gerade von der Haarnadel zur Zielschikane mit fast 1,2 km so lang, dass sich die vergleichsweise langsamen FE-Autos dort völlig verlieren würden, was sowohl vor Ort als auch im TV sehr ungünstig wirken würde. Eine Kurzanbindung, wie viele andere permanente Kurse, kann der Circuit Gilles Villeneuve auch nicht aufbieten.

So wird es also 2018 kein Saisonfinale in Montreal geben, was auch schade ist, weil der Kurs im Vorjahr guten Rennsport und echtes Stadtkurs-Feeling geboten hat. Stattdessen muss man sich um einen neuen Austragungsort für das Saisonfinale bemühen, was sicherlich kein Leichtes ist. Denn auch wenn in den ersten Jahren der Serie immer wieder viele Namen potenziell interessierter Städte kursierten, zeigt sich inzwischen vermehrt, wie schwierig es ist, das Stadtkurs-Konzept tatsächlich umzusetzen. Mal scheitert es am Geld (Montreal), mal an der örtlichen Politik (Berlin-Strausberger Platz, Brüssel, Sao Paulo), etwa weil diese ein Verkehrschaos befürchteten, mal an Bürgern, die sich gegen Störungen durch langwierigen Auf- und Abbau wehren (London). Auch das Rennen in Zürich steht wegen einer Beschwerde eines „Stimmbürgers“, der einen Volksentscheid fordert, noch auf der Kippe.

Titelsponsor gefunden

Apropos Schweiz und Geld, eine gute Nachricht wusste die Formula E diese Woche doch zu vermelden: man hat einen Titelsponsor für die Serie gefunden. Agag bezeichnet es als „historisch“, dass man die erste FIA-sanktionierte Formel-Rennserie sei, die einen Titelsponsor habe – ob das nun gut oder schlecht ist, mag jeder Leser selbst zu urteilen. Für die Serie ist es aber ein wichtiger Erfolg: nach der finanziell schwierigen ersten Saison hat man die Konsolidierung hinbekommen und kann nun mit einem Titelsponsor in das vielleicht für das Schicksal der Serie entscheidende Jahr 2018 gehen, denn ab der kommenden Saison wird man mit neuen Autos, neuer Technik und neuen Herstellern irgendwann den Sprung nach vorn in die erste Reihe schaffen müssen.

Gelingen soll das mit dem Geld des Schweizer Unternehmens ABB (Asea Brown Boveri, nach den zwei Vorgänger-Unternehmen, die 1988 fusionierten), dessen Branche die Energie- und Automatisierungstechnik ist. Man befasst sich mit Elektrifizierung, Stromerzeugung und -übertragung, Robotik und Industrieautomation. Wie man das tut, ist im Einzelfall auch ein Punkt für politische Debatten, denn z.B. wird durch ein aktuelles Staudamm-Projekt in Malaysia (wo die Formula E auch mal antrat) die Ureinwohnerschaft unsanft verdrängt. Auch ist Stromerzeugung aus Wasser und anderen regenerativen Energieträgern nur ein Baustein im ABB-Portfolio, Kohle- und Gas-Kraftwerke stehen ebenso auf der Referenzliste – immerhin kann man hoffen, dass diese mit moderner Automatisierungstechnik einigermaßen effizient laufen.

Einen interessanten Partner hat die Formula E da jedenfalls gefunden im Hinblick auf die eigene Botschaft, die gerne mal Schlagwörter wie „Zero Emission“ beinhaltet und Rennwagen in der Arktis zeigt, um auf die Rolle der Elektromobilität beim Klimaschutz hinzuweisen. Gleichzeitig ist die Partnerschaft aber eben ein Fingerzeig, dass der Klimaschutzeffekt der Elektromobilität eben auch von der Quelle des verbrauchten Stroms abhängt. Aber da man ja auch über die Übertragungen in den Medien weitreichende Kontrolle hat (Eurosport-Mutterkonzern Discovery hält bekanntlich Anteile an der Serie), wird das sicherlich in TV und Stream alles sehr positiv klingen, wie gewohnt.

Lopez für Jani bei Dragon

Durchwachsene Neuigkeiten auch auf der Strecke: WEC-Star und Ex-Porsche-Werksfahrer Neel Jani verlässt das Team Dragon Racing und  die Formula E schon nach einem Event. Seitens Jay Penskes Team hatte man auf eine Partnerschaft mit Porsche gehofft, die aber nach ersten Sondierungen nicht zustande kam. Was im Lichte dessen Janis Aussage zu bedeuten hat, dass man sich „als Resultat unvorhergesehener Veränderungen“ einvernehmlich getrennt habe, ist offen für Interpretationen.

Sein Ersatz wird José Maria Lopez sein, der aus dem Vorjahr bereits FE-Erfahrung hat, aber nach der Saison trotz zweier Podien von DS Virgin geschasst wurde, da er nicht genug Punkte holte (er verpasste aber auch den New York-Doubleheader aufgrund seines Toyota-Engagements in der WEC). Die zweite Chance hat Lopez sicherlich verdient, auch wenn seine Debütsaison durchwachsen war. Dragon Racing scheint diese Saison allerdings nicht mehr so stark zu sein wie in früheren Jahren, wenn man die Resultate aus Hong Kong zugrunde legt, wo auch Stammfahrer Jerome d’Ambrosio nur einen 15. Platz verbuchen konnte.

Der große Rookie-Test

Am Sonntag, dem Tag nach dem ePrix, bekommt in Marrakesch eine ganze Reihe weiterer Piloten die Möglichkeit, den aktuellen Formula E-Boliden auszuprobieren und sich bei den Teams zu beweisen. Denn dann findet in Marrakesch ein Rookie-Test statt, für den 20 Piloten gemeldet sind, die bisher noch kein FE-Rennen bestritten haben. Die Liste kann sich durchaus sehen lassen: dabei sind neben bekannten DTM- und GT-Piloten wie Gary Paffett, Bruno Spengler, Frederic Makowiecki und Nico Müller auch frische F3-Absolventen wie Joel Eriksson und Maximilian Günther. Mit Paul di Resta ist auch ein Ex-F-Pilot am Start. Hier die volle Liste:

Andretti Formula E: Bruno Spengler / Colton Herta
Audi Sport Abt Schaeffler: Nyck de Vries / Nico Müller
Dragon: Maximilian Günther / Andrea Caldarelli
DS Virgin Racing: Antonio Giovinazzi  / Joel Eriksson
Mahindra Racing: Daniel Juncadella / Sam Dejonghe
NIO Formula E Team: Harry Tincknell / Alexandre Imperatori
Panasonic Jaguar Racing: Pietro Fittipaldi  / Paul di Resta
Renault e.dams: Mitsunori Takaboshi / Alexander Albon
Techeetah: James Rossiter / Frédéric Makowiecki
Venturi Formula E Team: Michael Benyahia / Gary Paffett

Der Marrakesh ePrix

Erst einmal findet aber der ePrix statt, wie die meisten Events in der Saison als einzelnes Rennen am Samstag. Wie im Vorjahr wird auf dem „Circuit International Automobile Moulay El Hassan“ am südlichen Stadtrand gefahren. Die Strecke verläuft teilweise über öffentliche Straßen, beinhaltet aber auch permanente Rundkurs-Passagen auf. Da diese langgezogene bogenförmige Kurven aufweisen gegenüber den typischen engen Ecken und Haarnadeln eines Stadtkurses, hat die Bahn einen zweigeteilten Charakter. Das macht sie aber auch interessant.

Im Vorjahr konnte Felix Rosenqvist erstmals sein Talent aufscheinen lassen, hatte aber das Energiemanagement noch nicht so gut im Griff, weshalb in Sebastien Buemi im Laufe des Rennens ein- und überholte. In dieser Saison sind die Favoriten schwer auszumachen, denn das Bild in Hong Kong war ungewohnt, aber auch durch Strafen verzerrt. Renault scheint jedenfalls als Dominator abgelöst. Aber um zu sehen, wer nun wirklich dauerhaft um die Spitze kämpfen kann, gilt es noch ein oder zwei Rennen abzuwarten. Als Meisterschaftsführender kommt jedenfalls Sam Bird (DS Virgin) nach Marokko, gefolgt von Jean-Eric Vergne  (Techeetah) und Felix Rosenqvist (Mahindra).

Start des Rennens, das über 33 Runden absolviert wird, ist nachmittags um 17 Uhr mitteleuropäischer Zeit, Eurosport zeigt ab 16 Uhr Vorberichte und eine Zusammenfassung der Qualifikation.

(Bilder: Formula E Media)

Das könnte Dir auch gefallen