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Formel Eins: Vorschau GP von Belgien 2014

von DonDahlmann
2 Kommentare

Die Formel Eins kehrt aus ihrer Sommerpause zurück und startet direkt mit dem Klassiker in Spa. Während des Urlaubs ist nicht viel passiert, aber zwei kleine Sensationen gibt es doch.

F1_Race_Ungarn_2014_-0019Die größte Überraschung ist vermutlich, dass WEC-Champion, Le Mans Sieger und Audi-Werkspilot André Lotterer für ein Wochenende Kamui Kobayashi im Caterham ersetzt. Die Verpflichtung des WEC-Piloten kommt mehr als überraschend. Zwar ist Lotterer für Colin Kolles, dem das Team ja nun mehr oder weniger gehört, schon mehrfach an den Start gegangen und Kolles pflegt wiederum gute Kontakte zu Audi, deren Wagen er ja in Eigenregie schon in Le Mans eingesetzt hat. Die große, alles überragende Frage ist aber: Warum Lotterer? Warum jetzt? Warum überhaupt?

André Lotterer hatte schon mal vor knapp 13 Jahren einen Vertrag als Testfahrer bei Jaguar, zum Einsatz kam er aber nie. Er feiert also jetzt sein Debüt in der Formel Eins und das mit 32 Jahren. Einem Alter, in dem andere aufhören. Natürlich wünscht sich jeder Pilot, dass er wenigstens ein Mal im Leben an einem Formel-Eins-Rennen teilnehmen kann. Ich vermute mal, dass ein nicht kleiner Teil der Leser „Hell, yes!“ rufen würden, wenn sie morgen das Angebot bekommen würden, in einem Caterham ein Formel-Eins-Rennen fahren zu können. Aber im Fall von Lotterer bilden sich dann doch ein paar Fragezeichen.

Da wäre zum Beispiel die Frage, warum sich ein WEC-Weltmeister Caterham antut. Das Team, dass in diesem Jahr am schlechtesten dasteht. Dazu kommen noch ganz andere Probleme. Auch wenn Lotterer Erfahrung aus der Super Formula mitbringt, die Formel Eins ist dann doch eine ganz andere Hausnummer. Mehr Leistung, mehr komplizierte Technik, mehr Probleme mit den Reifen, eine Abstimmung, die selbst erfahrene Piloten in den Wahnsinn treibt. Ein F1-Wagen hat deutlich weniger Seiten- und Nickbewegungen, komplett andere Bremsen, ein anderes Einlenkverhalten und so weiter. Die Liste der Unterschiede ist sehr, sehr lang.

Ein Freitagseinsatz, so zum Spaß, könnte man sicher verstehen. Aber einen Renneinsatz? Ich meine damit nicht, dass Lotterer keine Chance haben wird, aber für ein Rennen ist der Aufwand doch schon sehr hoch. Vor allem für einen 32jährigen, der vermutlich keine große Chance auf eine weitere Karriere in der Serie haben wird.

Auch ist es überraschend, dass Audi es einem sehr wichtigen Werkspiloten erlaubt, für ein Team an den Start zu gehen, dass Renault-Motoren fährt. Wie man weiß, ist Dr. Ullrich zudem kein Freund davon, seine Werkspiloten noch woanders an den Start gehen zu lassen. Dazu kommt, dass Lotterer in der WEC um die WM kämpft. Desto mehr überrascht in diesem Zusammenhang die Freigabe.

Kein Wunder, dass die Gerüchtemaschine in der F1 sofort hohl dreht. Ein Testeinsatz für einen möglichen Einstieg von Audi in der Formel Eins sei das. Audi wolle womöglich Caterham übernehmen, um sich den Startplatz und die Einnahmen zu sichern. (Jedes neue Team muss ja zwei Jahre warten, bis es an TV-Gelder usw. kommt.)

Aber vielleicht ist es auch einfach so: Kolles hatte eine nette PR-Idee, Lotterer hat Dr. Ullrich bekniet, und der hat es letztlich abgesegnet. Als kleines „Danke“ für die geleistete Arbeit.

F1_GP_Germany_2014_15Die andere Überraschung ist, dass der noch 16jährige Max Verstappen im nächsten Jahr bei Toro Rosso an den Start gehen wird. 2015 ist er dann 17, aber damit immer noch zu jung, um einen Führerschein zu machen. Oder legal zu heiraten. Oder Alkohol zu kaufen. Verstappen ist sicher, ähnlich wie Kevin Magnussen, ein sehr großes Talent. In der F3 Euro hat er, nach einem etwas zähen Start, eine imposante Siegesserie hingelegt. Aber von der F3 Euro direkt in einen Formel Eins? Das Beispiel Kyvat könnte man anführen, aber der hatte eine Saison in den sehr schnellen WSbR 3.5 Liter hinter sich, ebenso wie Magnussen. Ich bin mir nicht mal sicher, wie das mit der Super Lizenz ist, aber bei Kimi Räikkönen ging es damals auch, aufgrund seiner Siege und einer Ausnahmegenehmigung der FIA. Was Red Bull mit Sicherheit vorab geprüft hat. Verstappen ist aber durchaus so einer, dem ich zutraue, in der F1 sehr schnell Fuß zu fassen. Talent hat er mehr als genug.

Ansonsten war es recht ruhig über den Sommer, in unseren Halbzeitbilanzen (Teil 1, Teil 2, Teil 3) haben wird die bisherige Saison ja ausführlich zusammengefasst und einen Überblick über die kommende zweite Saisonhälfte gegeben. Im Grunde kann man die restlichen neun Rennen (wenn denn Russland stattfindet) mit zwei Fragen belegen:

1. Wer wird Weltmeister?
Wie im dritten Teil der Halbzeitanalyse angekündigt, rechne ich mit einem epischen Zweikampf zwischen Hamilton und Rosberg. Wenn es weiter so ausgeglichen bleibt, auch was die technischen Probleme angeht, dürfte die Auseinandersetzung nicht weniger dramatisch werden als jene zwischen Lauda/Prost und Senna/Prost.

2. Wer ist die Nummer 2 hinter Mercedes?
Hier wird die Entscheidung zwischen Red Bull und Williams fallen, wobei die Österreicher sicher die Favoriten sind. Aber man sollte Williams nicht unterschätzen. Spa und Monza sind zwei Strecken, auf denen der Williams sehr gut gehen sollte. In Singapur, Japan und Brasilien wird Red Bull besser sein. Russland, USA und Abu Dhabi sind „to close to call“, jedenfalls vom jetzigen Standpunkt aus gesehen. Und Ferrari? Das Team scheint sich nicht nach vorne zu bewegen. Es gab vor der Sommerpause leichte Fortschritte in der Qualifikation, aber dafür keine im Rennen. Force India und McLaren sind nicht so weit weg.

Das Rennen in Spa bedeutet aber auch, dass alle Teams mit jede Menge neuer Teile anrücken. Während der „Sommerpause“, in der alle im „Urlaub“ waren, hat man wie jedes Jahr mit Hochdruck gearbeitet. Bestes Beispiel dafür ist ausgerechnet Caterham. Deren auffällige Keilnase gehört der Vergangenheit an, Bilder gab es aber bis Mittwochabend noch keine. Um die Keilnase zu verändern, muss Caterham auch den Rest des Wagens anpassen. Da die Aerodynamik erheblich durch die Front bestimmt wird, muss man beim CT05 so ziemlich alles umbauen: Frontflügel, Unterboden, Seitenkästen, Heck. Was man halt so macht, wenn man im Urlaub ist.

Auch die anderen Teams werden erheblich nachgerüstet haben. Es gibt nur noch zwei Rennen in Europa, danach geht es auf die Asien-Tour. Dafür müssen die Autos früher verladen werden, es bleibt also weniger Zeit für die Anpassung neuer Teile. Da Monza eine Strecke ist, auf der man alles abschraubt, was irgendwie im Wind steht, ist Spa ein Kurs, auf dem man auch mit einem Setup fahren kann, das mehr Abtrieb liefert, und ein sehr wichtiger Test, vor allem für die Rennen in Japan und Austin.

Die vielen neuen Updates können auch die vor allem zwischen Ferrari, Force India, McLaren und Toro Rosso teilweise sehr engen Zeitabstände verändern. Ursache müssen dafür nicht mal alleine die Updates sein. Die veränderte Aerodynamik kann dazu führen, dass man auch das Setup verändern muss, was wiederum nicht immer im ersten Wurf gelingt.

Großartige Veränderungen an der Spitze sollte man allerdings nicht erwarten. Mercedes hat in Spa einen Leistungsvorteil, dazu die einmalige Aerodynamik des Autos. Es ist kaum zu erwarten, dass der bisherige Respektabstand von mindestens acht Zehnteln in den letzten vier Wochen geschrumpft ist. Ich rechne eher mit dem Gegenteil. Auch Williams wird von den Mercedes-Motoren profitieren, und die Force India gehen schon traditionell gut in Belgien.

Strategie:

Zunächst das Wetter. Das ist in Spa ja immer so eine Sache. Der Einbruch des Herbsts in Mitteleuropa führt zumindest schon mal zu eher mauen Temperaturen. Maximal 15 Grad sollen es am Wochenende werden, aber das Regenrisiko soll sich in Grenzen (20%) halten. Nun wissen wir aber auch alle, dass Wetterprognosen in den Ardennen eher so im Rhythmus von fünf Minuten ihre Gültigkeit haben, von daher lassen wir uns einfach mal überraschen.

Die kalten Temperaturen dürften allerdings eine interessante Auswirkung auf den Reifenverschleiß haben. Pirelli bringt Medium/Soft nach Belgien (2013: Medium/Hard). Die Medium haben sich als „All-Wetter-Reifen“ erwiesen, die gehen bei allen Temperaturen. Aber die Soft könnten zu einem Problem werden. Die Belastung der Reifen ist zwar wegen Eau Rouge und Blanchimont nicht zu unterschätzen, aber das sind punktuelle Belastungen. Gleichzeitig kühlen die Reifen auf den langen Vollgaspassagen bei dem prognostizierten 15 Grad immer wieder ab. Die Folge: Graining. Es wäre nicht überraschend, wenn die Fahrer zumindest in den Trainingssessions über massives Graining klagen würden. Im Rennen wird sich das aber wieder ändern, vor allem im letzten Drittel. Wenn genug Gummi auf der Strecke liegt, nehmen die Reifen die Belastungen bei niedrigen Temperaturen nicht mehr so übel. In Sachen Setup steht man aber vor dem Problem, was man dann mit den „Medium“ macht, die noch langsamer auf Temperatur kommen.

Traditionell fährt man in Spa sehr hohe Sturzwerte, was bei auftretendem Graining eher ungesund für die Reifen ist. Hohe Abtriebswerte auf den Flanken sind das Resultat. Das dürfte dazu führen, dass man sich eher für zwei Stopps entscheidet. Ein Stopp ist möglich, wenn man es sehr konservativ angeht. Was bedeuten würde, dass man sich bei den Sturzwerten und damit bei der perfekten Temperatur für die Reifen etwas Zeit lässt, dafür die „Soft“ aber sehr lange fahren kann. Es ist davon auszugehen, dass alle auf den „Soft“ starten werden, die in den ersten Runden einfach den besseren Grip bieten. Der Einsatz der „Medium“ ist dann eine Frage der Abstimmung. Ein langer Stint in der Mitte oder man verballert sie im letzten Drittel, dafür dann aber mit allem, was man hat.

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2 Kommentare

ub 21 August, 2014 - 09:11

Daniil Kvyat hat imho kein WSbR 3.5 Formelauto rennmäßig bewegt. Nur 2.0 und GP3. Mich wundert, dass Jos es eigentlich besser wissen müsste. Sein F1-Einstieg war, im Nachhinein betrachtet, wohl zu früh. Und Max macht das selbe…

nona 21 August, 2014 - 17:26

Was aus kurzfristigen Einsatzplänen mit Nachwuchsfahrern wird, steht so’n bisschen immer in den Sternen (Sirotkin wer?). Was im Laufe der Zeit noch aus deren gerade knospenden Talent wird, ebenso. Verstappen hat natürlich auch noch den Namensvorteil, der quasi von Haus aus Schlagzeilen und eine durchaus beträchtliche Fanbase mitbringt. Man darf davon ausgehen, dass das mit eine Rolle gespielt hat. Von daher: abwarten.

In other news: Chilton raus bei Marussia, Rossi rein.

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