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Formel Eins: Halbzeitanalyse 2014 Teil 2

von DonDahlmann
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Teil 2 unserer Halbzeitanalyse der Formel-Eins-Saison 2014 befasst sich mit in die Spitzengruppe und wir schauen, welche Überraschungen sich ergeben habe.

Force India
jm1420jy189Dass es dem Team immer wieder gelingt, sehr gute Autos zu bauen, sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Das Budget von Force India ist nicht so üppig, wie man vielleicht denkt, es ist in dem Fall niedriger als das von McLaren. Um so erstaunlicher ist es dann doch, dass die Inder mit dem gleichen Motor noch vor den Briten liegen. Es ist zwar im Moment nur ein Punkt, aber dennoch bemerkenswert. Force India profitiert sicher vom Mercedes-Motor und von einem sehr gut aufgelegten Nico Hülkenberg, aber man darf auch nicht die Strategen im Team vergessen. Nicht wenige Punkte konnte man sammeln, weil man eine andere, meist sehr mutige Strategie gewählt hat und beide Fahrer sie umsetzen konnten. Vijay Mallya hat sein Team fest im vorderen Mittelfeld etabliert und er ist mittlerweile auch erfahren genug, um zu wissen, dass man vor allem im letzten Drittel einer Saison noch entscheidende Punkte holen kann. Dementsprechend werden auch noch im Herbst etliche Updates für den Wagen kommen.

Über Hülkenberg muss nicht mehr viele Worte verlieren. Kleine Fehler wie in Ungarn, als er fast Perez abschoss, passieren ihm sehr selten, ansonsten ist er auch mit einem unterlegenen Auto so schnell, dass er auch einen Fernando Alonso Respekt abringt. Sergio Perez hat schon anerkannt, dass Hülkenberg der vermutlich stärkste Teamkollege ist, den er bisher hatte. Zwar gelingt ihm in der Quali der eine oder andere Erfolg, aber im Rennen fehlt ihm die Konstanz und auch der Speed des Deutschen. Eigentlich hätte er mit dem Force India in diesem Jahr mehr erreichen müssen.

Williams
F1_GP_Germany_2014_08Die Aufsteiger des Jahres sind sicherlich Williams. Man hatte das Team ja schon fast wieder abgeschrieben, aber dank eines üppigen Sponsorvertrages mit Martini, dem Mercedes-Motor und der Verpflichtung von Pat Symonds und Rob Smedley hat man sich wieder nach vorne arbeiten können. Auch das Felippe Massa zum Team gefunden hat, war sicher hilfreich, der Brasilianer hat viel Know-How von Ferrari mitgebracht. Allerdings hat Williams in diesem Jahr eine große Schwäche: die Strategie. Verständlich, dass man zu Beginn der Saison noch darauf bedacht war, möglichst viele Punkte zu sammeln, statt auf eine riskante Strategie zu setzen. Aber auf der anderen Seite hat man so vielleicht auch schon einen Sieg weggeworfen (Spanien). Die Calls sind teilweise nicht nachzuvollziehen, manchmal liegt man meilenweit daneben (Massa in Ungarn). Auf der anderen Seite ist bei Williams so noch Luft nach oben. In Ungarn hatte man ein großes Updatepaket auf dem Auto, von dem man sich vor allem in der zweiten Saisonhälfte viel verspricht. Klar ist, dass sie auf einigen Strecken mit Red Bull mindestens auf Augenhöhe sind und Ferrari hinter sich gelassen haben.

Massa ist ein wenig der Unglücksrabe im Team. Die 55 Punkte (!), die ihm auf Bottas in der Meisterschaft fehlen, geben ein falsches Bild wieder. Er ist schnell, hat aber eben viel Pech. Entweder mit der Technik oder mit der Strategie. Bottas wiederum hat nach dem letzten Jahr genau die Entwicklung hingelegt, die man sich von einem Rookie wünscht. Er ist gereift und er ist schneller geworden. Fehler macht er keine, er ist schnell und er zeigt den nötigen Biss. Nicht wenige halten ihn für einen kommenden Top-3-Fahrer.

Ferrari
F1_GP_Germany_2014_10Porca Miseria! Es gehen einem langsam die Superlative für den Zustand bei Ferrari aus. Man dürfte nach Red Bull das größte Budget haben, aber gelingen will einfach nichts. Montezemolo tobte sich die ersten Rennen durch die Presse, aber auch ihm gingen die Synonyme für „Ich ertrage das nicht mehr“ irgendwann aus. Also warf er erst Stefano Domenicali raus und installierte den in F1-Sachen völlig unerfahrenen Marco Mattiacci als Teamchef. Der wiederum schaute sich die Sache drei Monate an und schmiss den Motoren-Chef raus. Dafür beförderte man James Allison, von dem man sich nun Wunderdinge erhofft. Das Problem von Ferrari scheint aber wirklich weniger ein Problem der Aerodynamik, denn des Antriebs zu sein. Im Moment soll sogar der Renault-Motor mehr Leistung haben. Der Grund hierfür liegt wiederum in der Konstruktion des Motors. Man ist davon ausgegangen, dass es 2014 weniger um die Leistung, denn mehr um die Haltbarkeit des Motors geht. Also hat man die Systeme auch so ausgelegt. Tatsächlich hat man, bis auf einen Motorschaden bei Sauber, keine technischen Probleme bei Ferrari gesehen. Auch über das Chassis hört man wenig Klagen. Der Abtrieb stimmt, auch wenn das Heck etwas nervös ist, aber es ist auch gut genug, dass man mit dem Stintlängen rumspielen kann, was immer ein gutes Zeichen ist. Ein weiteres Problem bei Ferrari scheint die Elektronik zu sein. Das elektronische Bremssystem machte zu Beginn der Saison Probleme, das Hybrid-System scheint auch hinter der Konkurrenz hinterher zu hängen. Im Grunde sind es Kleinigkeiten, die Ferrari fehlen, aber in der Summe ergibt das eben den Rückstand. Immerhin ist man in manchen Rennen endlich auf Augenhöhe mit Red Bull. Ist ja auch was.

Die Enttäuschung der Saison ist wohl leider Kimi Räikkönen. Es war klar, dass Alonso ihn in der Quali würde schlagen können, aber im Rennen haben viele Beobachter dann etwas anderes erwartet. Es ist nicht so, dass der Finne eine lustlosen Eindruck macht, aber ein wenig gefrustet wirkt er schon. Es ist nach seinem letzten Jahr bei Lotus nicht so, dass er das Fahren verlernt hat. Auch kommt er mit schwierigen Autos zurecht. Aber irgendwas passt nicht und das merkt man sehr deutlich. Fernando Alonso dagegen muss sich nichts vorwerfen lassen. Immer da, wenn es darauf ankommt, immer schnell, zuverlässig, fehlerlos.

Red Bull
F1_GP_Germany_2014_17Es ist schon erstaunlich – da gewinnt man vier Weltmeisterschaften hintereinander und wenn es dann mal nicht läuft, hat man das Gefühl, dass das Team völlig beleidigt ist. Und alles auf andere schiebt. In diesem Jahr dann auf den Renault-Motor. Der war zumindest zum Start der Saison sicher weit, weit vom Mercedes weg, aber mittlerweile hat man aufgeholt. Ein deutliches Zeichen dafür sind die Topspeed-Messungen. Man sagt dem Red Bull nach, dass er die höhsten Abtriebswerte hat, aber so weit wie in den Jahren zu vor, ist man in Sachen Höchstgeschwindigkeit nicht. Ein schönes Beispiel dafür brachte das Rennen in Kanada, auch wenn die Mercedes da wegen technischer Probleme nicht siegfähig waren. Aber Red Bull schon. Es liegt also nicht nur am Motor, dass man dieses Jahr wohl nicht um die WM fährt, sondern vielleicht auch mal am Chassis und an der Elektronik, die man teilweise ja auch selber entwickelt. Trotz allem hat man ja zwei Siege auf dem Konto, was ja auch nicht so schlecht ist. Und in der zweiten Saisonhälfte kommen all die Strecken, die dem Red Bull normalerweise richtig gut liegen.

Die Überraschung des Jahres ist aber sicher Daniel Ricciardo. Der Australier hat sich schon jetzt in die Herzen etlicher Fans gefahren. Nicht nur, weil er schnell ist, sondern weil er ein echter Sympathieträger ist. Offen, ehrlich, ein wenig spitzbübisch und mit dem breitesten Grinsen in der Formel Eins ausgestattet. Er ist eines dieser Naturtalente mit einem unverwüstlichen positiven Charakter. Der Sieg in Kanada war ein wenig Glück, aber der in Ungarn geht voll auf seine Kappe. Seine Überholmanöver waren mutig, entschlossen, aber dabei immer fair. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuschauen.

Spaß hätte Sebastian Vettel auch gerne wieder, aber dieses Jahr läuft es einfach nicht. Er hat, wie britische Journalisten gerne sagen, in diesem Jahr wohl den Wagen von Webber erwischt. Technische Probleme ohne Ende, dazu kommen aber auch schlechte Strategie-Entscheidungen an der Box wie zum Beispiel in Ungarn und Kanada. Vettel hat das Fahren sicherlich nicht verlernt, aber irgendwas passt in diesem Jahr in den Rennen nicht. Es fehlt ein wenig Biss und man hat das Gefühl, dass er selber auf der Suche nach seiner Form und seinem Erfolg ist.

Mercedes
F1GER2014_JK1597098Alle sagen: Der Mercedes-Motor ist es. Die haben einfach 50 PS mehr als der Rest. Hätte man doch in Kanada gesehen, als das gesamte Hybrid-System ausfiel und Rosberg dennoch aufs Podium kam. Sicher, der Motor spielt eine große Rolle. Aber darüber vergisst man ganz, dass das Chassis der eigentliche Sieger ist. Williams und McLaren haben den gleichen Motor, aber sie sind weit von den Ergebnissen des Mercedes entfernt. Ross Brawn hat dem Team, zusammen mit Aldo Costa, das beste Auto der Saison hinterlassen. Der Vorsprung dürfte auch zur Saisonhalbzeit immer noch bei einer guten Sekunde liegen und man hat nicht mal den Eindruck, dass Mercedes im Rennen die volle Leistung abruft. Was das Auto kann, hat Hamilton in Silverstone und Ungarn gezeigt, als er einfach durchs Feld schnitt und alles überholte, was vor ihm auftauchte. Mercedes wird in diesem Jahr nicht zu schlagen sein. Punkt.

Gleichzeitig ist die WM aber nicht langweilig. Wir erleben die vielleicht intensivste Auseinandersetzung in einem Team seit Senna/Prost. Klar, auch der Kampf zwischen Alonso/Hamilton war nicht ohne, aber damals traf ein Rookie auf einen erfahrenen Mann. Jetzt erleben wir zwei erfahrene Piloten, vielleicht sogar auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit. Man kann davon ausgehen, dass, wenn es weiter so läuft, es eine der dramatischsten Weltmeisterschaften werden wird, die man in sehr langer Zeit gesehen hat. Denn hier kämpfen zwei gleichwertige Piloten mit gleichwertigen Material gegeneinander. Ende offen.

Für Mercedes ergibt sich aus dem Kampf allerdings ein kleines Problem, denn in Sachen PR kann die Sache auch ganz schön in die Hose gehen. Wie man schon in Ungarn gesehen hat, als man unnötigerweise Hamilton aufforderte, Rosberg vorbei zu lassen. Das Problem für Mercedes wird in der zweiten Saisonhälfte nicht darin liegen, weiter zu gewinnen. Das Problem wird sein, wie man das Team zusammenhalten kann und wie man nach einem vermutlich epischen und psychologisch kritischen Kampf das Team unbeschadet in die nächste Saison bringen kann.

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[…] war es recht ruhig über den Sommer, in unseren Halbzeitbilanzen (Teil 1, Teil 2, Teil 3) haben wird die bisherige Saison ja ausführlich zusammengefasst und einen Überblick über […]

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