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NASCAR: Analyse Talladega Oktober 2014

von KristianStooss
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Brad Keselowski stieg als Gewinner aus seinem leicht verbeulten Penske-Ford und damit hinein in die Eliminator-Round. Ausgerechnet sein „bester“ Freund Matt Kenseth schob ihn in die Victory-Lane. Kyle Busch, Jimmie Johnson und Dale Earnhardt Jr. gingen hingegen leer aus, während Kasey Kahne das Hendrick-Debakel komplettierte.

VictoryLane101914Drei Fahrer wagten in Talladega das Abenteuer, von vornherein auf einen Sieg angewiesen zu sein und das sind auf einem Restrictor-Plate-Oval dann natürlich denkbar schlechte Voraussetzungen. Wie gewohnt sorgten ein Big-One, zwei Little-Ones, zweimal Debris auf der Strecke und ein Michael-Waltrip-Daytona-Gedächtnis-Move für insgesamt sechs Cautions, denen mehr als ein Chaser zum Opfer fiel. In der ersten Rennhälfte blieb es allerdings vergleichsweise ruhig, so beeinträchtigte das erste Scharmützel zwar die Aerodynamiken von Jamie McMurray sowie Joey Logano etwas und hinterließ auch ausgerechnet Brad Keselowski mit einer Delle in der Beifahrertür. Es entstand aber kein Schaden, den man nicht mit Walzblech, ein paar Schrauben und einem Akkubohrer wieder hinkriegen konnte – NASCAR-Racing eben.

Insgesamt zeigte sich, dass extrem viel Bewegung im Feld war. So gab es unzählige Three-, Four- und sogar Five-Wide-Manöver, die den Zuschauern die Nackenhaare zu Berge stehen ließen. Dale Earnhardt Jr. zackte schon mal mitten im Pulk wild von einer Linie zur anderen, und dass es nicht mehr Big-Ones gab, grenzt schon fast an ein Wunder. Ein eher für die Zuschauerzahlen bedrohliches Single-File-Racing an der Perlenschnur gab es dagegen nur ganz am Anfang des Rennens für wenige Runden zu sehen.

Dem größten Unfall fiel auch direkt ein Chaser zum Opfer, denn in Runde 104 kurz nach Rennhalbzeit ondulierte Kyle Busch sich sein Auto wirklich nachhaltig. Die Kiste fuhr absolut nicht mehr geradeaus und musste in liebevoller Kleinarbeit wieder fahrtüchtig geschraubt zu werden. Doch auch neue Front- und Heckpartien sowie frische Aufhängungen halfen nichts und so verabschiedete sich Busch in Talladega als erster von vier Teilnehmern aus dem Chase.

In der zweiten Rennhälfte erwartete man eher, dass Jimmie Johnson oder Dale Earnhardt Jr. am Ende den notwendigen Sieg eintüten würden, obwohl auch Brad Keselowski durchgehend vorne bei der Musik war. Johnson konnte das nachfolgende Feld quasi nach Belieben dominieren und setzte immer wieder hervorragende Blocks über zwei Spuren, um die Meute hinter sich zu halten. Junior kam somit auch erst recht spät zu seinen 31 Führungsrunden, während Johnson mit 84 Umläufen an der Spitze sogar einen Bonuspunkt holte. Keselowski (12) dagegen war zur Stelle, als es darauf ankam, nämlich in den letzten Runden.

Bis dahin blieb es auch Caution-technisch eher ruhig, lediglich zwei Debris-Gelbphasen und ein Michael-Waltrip-Gedächtnis-Pirouetten drehender Kyle Larson auf dem Apron nach einem Green-Flag-Pitstop boten etwas Zeit zum Durchatmen. Das Finale trug man über zwei Green-White-Checkered-Verlängerungen aus und machte dem Namen auch direkt alle Ehre. GWC #1 sah sofort auf der Gegengeraden einen größeren Unfall zwischen Greg Biffle und Dale Earnhardt Jr., in den auch Paul Menard, David Gilliland und Michael Annett verwickelt wurden. Für Junior war an dieser Stelle als zweiter Chase-Kandidat Schicht im Schacht.

GWC #2 entschied schließlich Brad Keselowski für sich, indem er einen gewagten Block gegen Ryan Newman setzte und danach die Spitze ähnlich wie Johnson zuvor verteidigen konnte. Dabei half ihm ausgerechnet sein neuer „bester“ Freund Matt Kenseth! Talladega ist halt keine Strecke zum Begleichen alter Rechnungen und außerdem wollte Kenseth ja auch heil in die nächste Runde einziehen. Über den Block gegen Newman kann man streiten, doch ich denke, dass er in dieser Situation durchaus ok war. Zudem haben sich die beiden Fahrzeuge zu keinem Zeitpunkt wirklich berührt.

Nachdem Keselowski ja nun mit seinem sechsten Saisonsieg den Einzug in die Eliminator-Round feiern durfte, wollen wir die fehlenden zwei Pechvögel nicht vergessen, für die nach Talladega die Jagd auf die Meisterschaft beendet ist. Jimmie Johnson hatte laut eigener Aussage keine Freunde und wurde in den beiden Verlängerungen gnadenlos nach hinten durchgereicht. Platz 24 (!) reichte im Rennen natürlich nicht für ein Weiterkommen und ist schon ziemlich enttäuschend für den eigentlichen Dominator der zweiten Rennhälfte. Platz vier in dieser Liste belegte Kasey Kahne, womit Hendrick Motorsports auf einen Schlag drei von vier Piloten im Chase verlor. Das ist ein herber Rückschlag für das so ambitionierte Team, das damit deutlich unter den Erwartungen liegt – am meisten wohl unter den eigenen.

Über den Erwartungen präsentierten sich dagegen die kleinen Teams und jene Fahrer, die man sonst nicht so auf dem Radar hat: Danica Patrick kämpfte sich durchs Feld nach vorne und absolvierte sieben Führungsrunden, leider ließ sie sich später ähnlich wie Johnson abkochen. Landon Cassill holte einen starken vierten Platz in der #40, knapp gefolgt von Travis Kvapil in der #33 auf Rang sechs.

Das gesamte Rennergebnis kann hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal nachgeschaut werden. Es folgen wie gewohnt die Fahrerwertung und die Owner-Punkte, in denen man deutlich sehen kann, wie knapp es punktetechnisch für einige Kandidaten wirklich war. An der Eliminator-Round nehmen nun übrigens Joey Logano, Kevin Harvick, Brad Keselowski, Ryan Newman, Denny Hamlin, Matt Kenseth, Carl Edwards und Jeff Gordon teil.

Nachdem wir über das Rennen gesprochen haben, müssen wir uns noch kurz dem neuen Qualifying-Format widmen, denn die Reaktionen der Fahrer darauf reichten dabei von „unsinnig“ (Dale Earnhardt Jr.) bis „Das dämlichste, was ich je in meinem Leben gesehen habe!“ (Kevin Harvick):

Die Ursache: NASCAR setzte die drei Sessions auf eine Länge von nur fünf Minuten fest, um die entstehenden Wartezeiten auf den erfahrungsgemäß einzigen Pack-Run am Ende des Zeitfensters zu verkürzen. Zusätzlich wurde Session 1 in zwei Gruppen ausgefahren.

Das Ergebnis: Die Teams warteten noch länger, weil niemand den Pulk anführen und den Windbrecher spielen wollte. Einige Piloten schafften es vor Ablauf der Uhr nicht mehr über die Linie und bekamen somit keine 100%ig schnelle Runde auf den Asphalt.

Die Auswirkungen: Etliche Piloten starteten weit hinten ins Rennen und mussten sogar Provisionals ziehen, um sich überhaupt zu qualifizieren. So landete Jeff Gordon mit Mühe und Not auf Platz 43, während Ricky Stenhouse Jr. und Justin Allgaier am Sonntag zuschauen mussten.

Die (möglichen) Lösungen: Drei verschiedene Herangehensweisen bieten sich nun an, wobei ein erneutes Einzelzeitfahren den geringsten Reiz verspricht. Der absolute Kracher wären natürlich zwei 20 Runden lange Duels ähnlich zum Daytona 500. Als kaltverformungstechnisch kostenschonenderen Mittelweg würde ich anbieten, die Piloten in zwei Gruppen einfach ein bis zwei Einführungsrunden und anschließend fünf bis zehn gezeitete Runden im Pack fahren zu lassen.

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