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FIA WEC: Analyse Fuji

von Flo aus N
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Die WEC trug am Sonntag ihren Lauf auf dem Fuji Speedway aus. Die Vorzeichen waren in den meisten Klassen relativ eindeutig, zumindest unter trockenen Bedingungen. Da es trocken blieb, haben sich die Prognosen auch größtenteils erfüllt, wobei ein, zwei Ergebnisse doch noch anders hätten ausfallen können.

2014-6-Heures-de-Fuji-6-hours-rw4-6693_vIch möchte daher gleich mit der Klasse starten, auf welche dies am ehesten zutrifft, nämlich der LMP2. Hier entwickelte sich im Laufe des Rennens ein sehr enger Zweikampf zwischen dem Ligier-Nissan von Canal/Pla/Rusinov und dem Oreca-Nissan von KCMG mit der Besatzung Imperatori/Mowsom/Bradley. Dieser Zweikampf war über das gesamte Rennen hinweg durch ein Hase-vs.-Igel-Rennen geprägt. Die Jungs von KCMG wussten, dass sie den auf eine Runde schnelleren Ligier über den reinen Speed in der Regel nicht schlagen konnten. Also änderten sie ihre Taktik dahingehend, dass man zwar pro Runde einen geringen Zeitverlust in Kauf nahm, dafür aber Sprit sparen konnte und die Stints um über drei Runden länger ausfahren konnte als der Ligier von G-Drive / Oak-Racing. Dazu fuhr man mit einem flacheren Heckflügel, um ebenfalls etwas Sprit zu sparen. Dies erlaubte es dem Team, gegen Ende einen ganzen Stopp weniger einzulegen als der G-Drive Ligier. Am Ende hat es aber nicht ganz gereicht, denn man hatte im Ziel fünf Sekunden Rückstand auf den Ligier. Eigentlich würde man meinen, es hätte so oder so nicht gereicht – dem ist hier aber nicht so. Jene fünf Sekunden hat das Auto schon ziemlich am Anfang des Rennens verloren, als man in eine Kollision mit dem Porsche von Felbermayr verwickelt war und dort gute zehn Sekunden einbüßte. Dieser Unfall ging meines Erachtens auch noch auf die Kappe von KCMG, denn Mowson wollte sich beim Anbremsen der Haarnadel nach der R100 außen am Porsche vorbeidrücken und verschätzte sich dabei etwas. Der Porsche hielt seine Linie und erwischte folglich den Oreca hinten links leicht. Dies hatte keine bleibenden Schäden zur Folge aber einen Dreher, welcher den LMP2 gute zehn Sekunden gekostet hat. Diese zehn Sekunden haben am Ende genau den Unterschied gemacht. Ein bitterer zweiter Platz also für das Team, welches in der Lage gewesen wäre, das Rennen zu gewinnen.


Die anderen Starter in der LMP2 hatten kaum eine Chance über das Rennen mitzuhalten. Platz 3 ging an die Gaststarter Oak-Nissan mit Keiko Ihara am Steuer, welche bereits drei Runden Rückstand auf die ersten beiden hatten. Die beiden SMP liefen auf den letzten Plätzen mit vier bzw. sieben Runden Rückstand ein, wobei die #37 noch eine Stopp-and-Go-Strafe zu Beginn des Rennen absolvieren musste, da man das Limit von drei Motoren für die WEC-Saison in Fuji bereits überschritten hat. Zur Info: Die LMP2-Motoren sind laut Reglement verpflichtet eine gewisse Anzahl an Stunden (~40 Stunden) zu halten, um die Kosten für die Teams zu deckeln. Aus den Rennzeiten und Trainingszeiten ergibt sich somit für die gesamte WEC-Saison ein zugelassenes Kontingent von drei Motoren pro Team. Überschreitet man dies, gibt es für das einsetzende Team eine Strafe zu Beginn des Rennens.

2014-6-Heures-de-Fuji-Adrenal-Media-jr5-7159_hdNicht ganz so eng ging es in der GTE-Pro zu. Hier hat sich schon zu Beginn des Rennens abgezeichnet, dass der Aston Martin das Auto sein wird, das es zu schlagen gilt. Unter normalen Rennbedingungen hätte die #95 mit Stefan Mücke und Darren Turner kaum einer halten können, aber man liest es schon am Konjunktiv meiner Sätze, das dies nicht der Fall war. Grund war eine Startkollision gleich in der ersten Kurve des Rennens, als sich der Aston Martin und der Manthey-Porsche mit Patrick Pilet beim Anbremsen der Haarnadel in die Quere kamen. Ein normaler Rennunfall, welcher aber für beide Autos bleibende Schäden hinterlassen hat, was jeweils einen Reparaturstopp zur Folge hatte. Am Ende landeten beide mit vier bzw. sechs Runden Rückstand als Letzte und Vorletzte in der Klasse. Da der andere Manthey-Porsche mit den kühlen Bedingungen zu kämpfen hatte, konnte dieser die Zeiten der anderen drei verbliebenen Autos nicht mitgehen und so landete man mit einer Runde Rückstand auf P4 in der Klasse. Der Weg war also für die beiden Ferraris von AF Corse frei, welche ich eigentlich nicht ganz so stark eingeschätzt hatte. Aber wie das in der GTE-Pro so ist: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt, wobei dies auch dem Umstand geschuldet ist, dass durch die BoP alle drei Autos hier extrem eng beisammen liegen und schon eine Differenz von 1,5 Zehntel pro Runde über das gesamte Rennen hin gesehen den Unterschied ausmacht. So gewann der Ferrari mit Bruni/Vilander vor dem Schwesterauto mit David Rigon und James Calado, welche knappe 36 Sekunden Vorsprung auf den zweiten Aston Martin mit Darrel O-Young, Fernando Rees und Alex MacDowell hatten. Diese profitierten hierbei stark von der Strecke, welche dem Aston Martin sichtbar entgegen gekommen ist und feierten somit ihren ersten Podiumsrang in dieser Saison.

2014-6-Heures-de-Fuji-6-hours-rw4-9810_vKommen wir nun zu den Klassen, in welchen die Luft relativ schnell raus war. Am engsten ging es hierbei noch in der LMP1 zu. Wie erwartet war Toyota beim Heimspiel kaum zu schlagen und so feierten die Mannen einen Doppelsieg in Fuji. Es gewann das Auto, welches schon über die gesamte Saison einen Ticken schneller war, nämlich die #8 mit Anthony Davidson und Sebastian Buemi, wobei hier Davidson die meiste Arbeit verrichtete. Die #7 folgte dann mit einer satten Runde Vorsprung vor dem besten Porsche, welcher erwartungsgemäß im Renntrim gegen die Toyotas das Nachsehen hatte, aber aufgrund einer alternierenden Strategie zu Beginn die Führung übernehmen konnte. Die #20 mit Mark Webber, welcher den Start fuhr, handelte sich relativ früh einen Plattfuß ein, welcher das Team dazu zwang, hier out of sequence zu gehen und ca. 20 Runden vor den anderen zu stoppen. Durch den kürzeren Stopp konnte man dann die Führung übernehmen, als die anderen zum regulären Service mussten. Aber nach bereits zwei Stunden hatten die Toyotas die Lücke wieder durch reinen Speed zugefahren. Mag der Porsche zwar im Qualy über ein Runde mit den Toyotas mithalten können, so hat man im Racetrim über die Länge eines Stints gesehen heuer keine Chance gegen die blau-weißen Autos aus Köln-Marsdorf. Platz 3 und 4 waren somit das maximal mögliche.

Dass Audi in Fuji nicht viel würde bestellen können, war von vornherein klar. Die Strecke mit dem verwinkelten letzten Teil und der ellenlangen Geraden auf Start/Ziel liegt dem R18 in der Highdownforce-Variante einfach überhaupt nicht. Dazu kam, dass am Sonntag die Temperaturen sehr niedrig waren und die Teams Probleme hatten, die Reifen zum Arbeiten zu bekommen. Dies äußerte sich in einem hohen Reifenverschleiß, welcher alle Teams – auch die Audis – dazu zwang, bei jedem Stopp die Reifen zu wechseln. Ein Vorteil über Doppelstints wie in Austin war somit nicht machbar. Zu Beginn hat man bei der #2 trotzdem versucht, die Reifen über zwei Stints zu fahren, man musste dieses Unterfangen aber bereits nach wenigen Runden aufgeben und das Auto zu einem außerplanmäßigen Stopp an die Box holen. Platz 5 für die #1 mit zwei Runden Rückstand und Platz 6 für die #2 mit satten drei Runden Rückstand waren die Folge. Wäre man in der Lage gewesen, die Reifen über zwei Stints zu strecken, so hätte zumindest die #1 noch Chancen gehabt, den Porsche mit der #14 zu schnappen und wichtige Punkte in der Teamwertung zu ergattern, denn im Ziel betrug der Rückstand nur 17 Sekunden. Es hätte also theoretisch gereicht. Theoretisch deswegen, weil der Porsche dank seines Batteriesystems in der Lage war, viel mehr Energie zum Boosten für die lange Gerade zu verwenden, während der Audi hier nur ca. 0,3 MJ verwenden konnte, was ca. 1,5 sek. Dauer sind (Eine genaue Erklärung dazu gibt es in meiner Vorschau). In Verbindung mit deutlich weniger Luftwiderstand haben die Porsche die Audis auf der Geraden förmlich zum Frühstück vernascht. So hatte man über 15 kmh mehr Topspeed und gerade in der Beschleunigungsphase hatten die Audis kaum eine Möglichkeit, auch nur halbwegs mit dem Porsche oder Toyota mitzuhalten. Hier wäre die Variante des R18, mit der man in Le Mans fuhr, wesentlich besser gewesen.

2014-6-Heures-de-Fuji-6-hours-rw4-6658_vIn der GTE-Am werden sich derweil die beiden Aston Martin gedacht haben: „Welches Rennen?“ Da die beiden Autos auf dem gleichen Stand sind wie die Pro-Wagen, hat sich hier der Trend, dass die Strecke dem Auto entgegenkommt, noch mehr bestätigt. Dazu kommen die beiden extrem starken Fahrerpaarungen, welche zum einen zur Folge hatten, dass die Am-Astons nach ca. 1,5 Stunden vor sämtlichen GTE-Pro Autos lagen, und zum anderen, dass man der Konkurrenz am Ende satte drei Runden Rückstand eingeschenkt hatte. Es gewann die #95 mit Poulsen/Heinemeier-Hansson und Nicki Thim vor dem Schwesterauto mit Dalla Lana/Lamy/Nygaard das Rennen. Dafür ging es im Kampf um Platz 3 in der Klasse extrem spannend zu. Da die beiden 991 von Felbermayr und Prospeed auf dem technischen Stand von 2014 sind, während die Ferraris als einzige weitestgehend auf dem 2013er Stand sind, waren diese hierbei einen Ticken schneller unterwegs. Am Ende trennten den Prospeed 991 nur winzige 0,6 sek. von dem Proton-Auto. Diese hätten also auch Platz 3 haben können, hätte man zu Beginn des Rennens etwas nachgegeben, als man mit dem KCMG-Oreca kollidiert ist. Dieser Unfall ist somit ein schönes Beispiel, dass man gerade auf der Langstrecke auch mal zurückstecken soll oder muss, denn wären beide etwas umsichtiger gefahren, wäre es nicht zu diesem kleinen Rempler gekommen und beide hätten je eine Position besser dagestanden, was im Falle des Porsches ein Rang auf dem Podium gewesen wäre und im Falle dse KCMG-Oreca sogar der Klassensieg.

Die Chance, dies besser zu machen, gibt es in 2,5 Wochen, wenn der nächste Lauf in Shanghai auf dem Programm steht.

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