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Formel Eins: Analyse GP von Bahrain 2014 – Team Kampf

von DonDahlmann
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Der GP von Bahrain war das beste Rennen der Formel Eins seit Langem. Die fantastischen Zweikämpfe über das gesamte Rennen überdeckten die Tatsache, dass Mercedes einen massiven Vorsprung hat.

F1_Rennen_Bahrain_2014_2014_00017Man weiß nach so einem Rennen gar nicht, wo man anfangen soll. Beim Zweikampf zwischen Hamilton und Rosberg? Oder dem zwischen den beiden Force-India-Piloten? Oder dass Ricciardo Weltmeister Vettel im Rennen geschlagen hat? Oder dass Ferrari im Nirvana steckt? Es ist fast unmöglich, ein solches Rennen in einer Gesamtheit zu analysieren, zu viel war auf der Strecke los. Aber die letzten zehn Runden des Rennens gaben einen guten Eindruck davon, wie es im Moment in der Formel Eins aussieht. Und wie groß der Vorsprung von Mercedes tatsächlich ist.

Vom Start weg entwickelten sich fantastische Teamduelle. Hamilton setzte sich etwas überraschend am Start gegen Rosberg durch, weil er etwas besser von der Linie kam und das, obwohl er von der schmutzigen Seite starten musste. Hinter den beiden Mercedes, die sich schnell absetzen konnte, etablierten sich weiter Teamduelle. Beide Williams, beide Force India, beide Ferrari und, zunächst etwas weiter hinten, beide Red Bull lagen eng zusammen und offenbar gab es keinerlei Team-Order, mal abgesehen von der verständlichen Ansage, dass man sich nicht ins Auto fahren sollte. Was die Piloten da zeigten, war absolute Weltklasse. Kaum eine Runde, kaum eine Kurve, um die nicht gekämpft wurde. Es war ein Fest für jeden Rennfan. Und das von der ersten bis zur letzten Runde.

Interessant war zu beobachten, wie sich die Leistungsspitzen der Teams während des Rennens veränderten. Zu Beginn waren die Williams überraschend schnell. Massa legte einen sensationellen Start hin und katapultierte sich auf P3. Ihm gelang es sogar, zwei Runden die beiden Mercedes in Sichtweite zu halten, bevor er abreißen lassen musste. Für die ersten Runden sah es auch so aus, als ob sich beide Williams bequem hinter den Mercedes würden einrichten können, doch während des Rennens offenbarte sich die Schwäche des Wagens: Reifenverschleiß. Williams musste als einziges Topteam auf eine 3-Stopp-Strategie setzen, was sie am Ende, auch wegen der für sie ungünstigen SC-Phase, ein besseres Ergebnis im Rennen kostete. Auffallend war auch, dass die Williams in den letzten zehn Runden trotz frischer Reifen nicht mehr an beiden Red Bull vorbei kommen konnten, obwohl man zuvor im Rennen deutlich schneller war. Kann mit dem Spritverbrauch zusammenhängen, kann auch aber auch daran liegen, dass die Williams im Verkehr Probleme mit der Aerodynamik haben. Aber auf der Geraden hätten sie eigentlich schneller als die Red Bull sein müssen.

Immer in Reichweite oder davor waren die Force India. Es ist schon erstaunlich, was das kleine Team von Vijay Mallya leistet. In allen Rennen war man schnell und konnte gute Positionen einfahren, sodass man jetzt auf P2 in der Team-WM liegt. Das wird sicher über die Saison nicht so bleiben, aber dennoch ist es eine herausragende Leistung. Das gilt auch für beide Fahrer. Hülkenberg war an diesem Wochenende wieder schnell, musste sich aber Sergio Perez geschlagen geben, der ein fantastisches Rennen hinlegte. Immer schnell, kompromisslos bei den Überholmanövern und fehlerlos. Der dritte Platz ist die gerechte Belohnung für diese Leistung.

Im Rennen gab es sehr viele Verschiebungen, nicht nur wegen der Überholmanöver. Schnell stellte sich heraus, dass derjenige, der früher an der Box war, einen erheblichen Vorteil hatte. Bottas kam, nachdem er wegen abbauender Reifen viel Zeit verloren hatte, als Erster aus der Spitzengruppe zum Stopp und fand sich nach der ersten Runde der Wechsel auf P3 wieder. Grund: Neue Reifen brachten rund zwei Sekunden pro Runde. Beim Stopp der beiden Mercedes konnte man Ähnliches beobachten. Hamilton kam als erster, Rosberg eine Runde später. Rosberg nahm zudem die härtere Mischung und verlor in zwei Runden rund 5,5 Sekunden.

F1_Rennen_Bahrain_2014_2014_00004Im Rennen entwickelte sich dann ein interessanter Kampf zwischen den Teams von Williams und Force India, die sich nichts schenkten. In Sachen Rundenzeiten und Speed war man absolut gleich, allerdings hatten die Inder einen leichten Vorteil beim Reifenverschleiß. Dahinter lagen zunächst Jenson Button und beide Ferrari. Von McLaren und Ferrari gibt es leider nicht viel Positives zu berichten. McLaren ist das langsamste Team mit Mercedes-Motoren und hat massive Probleme beim Abtrieb. Um den fehlenden Abtrieb in den Kurven zu kompensieren, fährt man mit mehr Flügel, was wiederum die Höchstgeschwindigkeit beeinträchtigt. Button war auf einer 2-Stopp-Strategie, hatte am Ende aber die harte Mischung aufgezogen, was ihn massiv behinderte. Dazu kamen Probleme mit der Kupplung, die am Schluss den Ausfall verursachten. Von Magnussen war am gesamten Wochenende nichts zu sehen, im Rennen blieb er unauffällig und fiel mit einem Getriebeschaden aus.

Bei Ferrari dürfte die Stimmung so langsam auf dem Tiefpunkt sein. Luca di Montezemolo machte einen seiner seltenen Besuche am Renntag und verließ die Box schon nach ein paar Runden. Weder Alonso, noch Räikkönen hatten im Rennen eine Chance gegen Force India und Williams. Mit Red Bull konnte man zur Mitte des Rennens noch mithalten, gegen Ende waren die Weltmeister aber deutlich stärker als die Italiener. Alonso und Räikkönen zuckten nach dem Rennen beide unisono mit den Schultern. Das Auto, bekannten beide, sei ok gewesen. Halt zu langsam, mehr habe man nicht machen können. Es stellt sich nach und nach heraus, dass es wohl der Motor ist, der Ferrari Sorgen macht. Man hatte immer darauf gepocht, dass es die Zuverlässigkeit sei, die die Rennen entscheiden würde (Vergleiche hierzu unser Interview mit Ferrari Motoren-Chef Mattia Bonotti (MP3-Direktlink!), aber dabei hat man offenbar etwas zu viel Vorsicht walten lassen. Zwar scheint der Ferrari verglichen mit dem Renault immer noch etwas mehr Leistung zu haben, aber 30 bis 40 PS werden es wohl sein, die fehlen. Wie gut das Chassis ist, lässt sich nicht sagen, aber man hat hier sicher auch Nachteile.

F1 Grand Prix of Bahrain - RaceRed Bull sah im Rennen zunächst schwach aus. Nach einem guten Start von Vettel und Ricciardo blieb man zunächst hinter den Ferrari stecken, die man dann aber nach hartem Kampf auf der Strecke überholen konnte. Auffällig war, dass beide Red Bull gegen Ende des Rennens schneller wurden. Man konnte die Ferrari distanzieren und auch noch einen Force India schnappen. Daniel Ricciardo gelang dabei ein besseres Rennen als Vettel. Zur Mitte des Rennens war er schneller und Vettel ließ ihn auch ziehen. In den letzten zehn Runden war er erneut schneller und passierte Vettel auf der Start/Zielgeraden. Er konnte sich absetzen und hätte fast noch Sergio Perez eingeholt. Bisher ist das ganz schön beeindruckend, was Ricciardo diese Saison geleistet hat.

Genau in dem Moment, in dem sich das Rennen etwas entspannte, räumte Pastor Maldonado den Sauber von Guiterrez ab. Maldonado kam aus der Box und fuhr dem Mexikaner, der einfach seine Rennlinie fuhr, einfach ins Auto. Nach dem Rennen meinte der Lotus-Pilot tatsächlich folgendes: „Esteban seemed to be off his line coming into T1 – maybe he missed his braking point – and I was in the corner with nowhere to go.“ Die FIA bestrafte ihn mit einer 10Sekunden Stopp ’n‘ Go im Rennen, drei Strafpunkten und einer Rückversetzung um fünf Plätze am Start in China. Da stellt sich die Frage: Warum bekommt Ricciardo eine Bestrafung von zehn Plätzen für den Fehler seiner Boxencrew und Maldonado nur fünf Plätze, wenn er einen Sauber aufs Dach legt und den Fahrer gefährdet.

An dieser Stelle kurz der Einschub: Warum die Rennleitung drei Minuten benötigte, die Entscheidung zu treffen, ist unverständlich. Zum einen bewegte sich der Mexikaner nur zögerlich, zum anderen stand das Auto eh so, dass es abgeschleppt werden musste. Aber die Pause führte zu einer interessanten Situation, denn beide Mercedes lagen zu diesem Zeitpunkt in Sachen Spritverbrauch perfekt. Man konnte die letzten zehn Runden also einfach alles geben, was der Benzinsensor hergab. Und das Ergebnis war erstaunlich.

In den letzten zehn Runden fuhren beide Mercedes-Fahrer am Limit, waren in einem sehr engen Zweikampf verhakt und schafften es doch, sage und schreibe 24 Sekunden Vorsprung herauszuholen. Das sind mehr als zwei Sekunden pro Runde. Sicher, Perez war langsam unterwegs, aber auch Ricciardo war nur eine halbe Sekunde schneller. Bleiben 1,5 Sekunden pro Runde. Wenn Mercedes also die Leistung mal freigibt, sieht es für den Rest des Feldes schlecht aus. Würden sie das Tempo im gesamten Rennen anschlagen, könnten sie das gesamte Feld überrunden. Dabei muss man aber feststellen, dass es nicht nur der Mercedes-Motor ist, der diesen Vorsprung schafft. Wäre das der Fall, dann müssten Williams und Force India näher dran sein. Offenbar hat Mercedes auch ein Chassis, das der Konkurrenz überlegen ist.

Aber der Zweikampf zwischen Hamilton und Rosberg gehörte zu den besten, die man in den letzten Jahren sehen konnte. Beide gaben alles, beide blieben fair – besseren Motorsport kann man kaum bieten. Hamilton war dabei nicht mal zwingend schneller, weil Rosberg auf den weichen Reifen setzte. Aber die Versuche von Rosberg konnte der Brite immer wieder kontern. Und an der Stelle muss man sagen: Der Deutsche war etwas einfallslos in Sachen Überholen. Auf der Geraden kam er zwar zweimal vorbei, zweimal konterte Hamilton allerdings wieder in Turn 4. Rosberg selber setzte den Undercut-Move (den Vettel, Perez und andere an der Stelle vollführten) nicht ein einziges Mal. So konnte sich Hamilton immer wieder gut verteidigen und das Rennen verdient gewinnen. Dass Rosberg nach dem Rennen sauer war, konnte man verstehen, aber Hamilton war einfach diesen winzigen Moment besser. Hut ab auch vor Mercedes, die die Fahrer bis zur letzten Runde fahren ließen.

Und hier noch ein Schnelldurchgang der anderen Teams:

Toro Rosso: Waren das gesamte Wochenende nicht sonderlich schnell. Vergne wurde am Start von einem Lotus angerempelt und zog sich dabei einen Reifenschaden zu, Kyvat blieb im Rennen in der Reichweite der Top Ten, war aber nicht schnell genug.

Lotus: Es gibt eine leichte Aufwärtstendenz zu sehen. Zum einen kamen beide Autos ins Ziel, zum anderen kam Grosjean auf P12. Die Rundenzeiten, die er im letzten Drittel zeigte, waren nicht schlechter als die von McLaren oder Ferrari. Wenn sie die Quali-Probleme in den Griff bekommen, kann das dieses Jahr noch was werden.

Sauber: Katastrophales Wochenende. Zu langsam, weil der Ferrari-Motor nicht genug Leistung hat, zu wenig Abtrieb, weil das aerodynamische Konzept nicht passt. Sutil wäre auch ohne die Kollision mit Bianchi nicht weit vorne ins Ziel gekommen.

Marussia: Max Chilton landete auf P13. Die Ausfälle beider McLaren, Sauber und Vergne haben sicher geholfen, aber Marussia war in Bahrain recht gut unterwegs.

Caterham: Die waren in der Quali nicht so schlecht und sind näher an Q2 dran als sonst. Im Rennen lief es aber nicht. Kobayashi kam sogar noch hinter Maldonado ins Ziel, obwohl der eine 10Sekunden Stopp ’n‘ Go hatte.

Es war ein fantastisches Rennen, auch weil Mercedes seine Fahrer den Sieg ausfechten ließ. Es zeigte sich, dass die neue Formel Eins funktionieren kann. Von Spritsparen merkte man nichts, die Fahrer gaben einfach Gas, wenn sie konnten. Die Momente, in denen sie sparen müssen, scheinen selten zu sein und haben bei weitem nicht die Auswirkungen auf die Rundenzeiten, wie man sie befürchtete hatte. Vor dem Rennen hatte Luca di Montezemolo eine improvisierte Pressekonferenz gegeben, in dem er die jetztige F1 als „Taxifahrten“ beschimpfte. Was nach dem Rennen in Malaysia auch durchaus nachvollziehbar ist. Aber in Bahrain zeigte die Formel Eins, dass sie auch anders kann.

Das kam gerade richtig, denn Sonntag hatten Red Bull und Ferrari bei Jean Todt interveniert. Vor allem Red Bull drängt auf Änderungen, die Jean Todt aber mit den Worten „Wir sind hier doch nicht in einer Bananenrepublik, wo jeder die Regeln ändern kann“ abschmetterte. Luca di Montezemolo schlug vor, dass man den Tankinhalt um 10kg vergrößern müsse, dann würde das „Taxifahren“ aufhören. (Vernutlich, weil sein Ferrari-Motor zu durstig ist). Ron Dennis fasste auf skyUK die Klagen von Ferrari und Red Bull am Ende mit einfachen Worten zusammen: „Alle haben die gleichen Voraussetzungen, hört auf zu weinen.“

Die Woche wird noch in Bahrain getestet. Toro Rosso, Caterham, Force India und Red Bull werden an verschiedenen Tagen unterwegs sein. Nächstes Rennen ist in 14 Tagen in China.


Bilder: Red Bull/Getty, MercedesAMG F1, Daimler AG, Ferrari F1, Lotus F1, McLaren F1, Sahara Force India, Sauber Motorsport AG, Toro Rosso/Getty, Williams Racing, Marussia F1, Caterham F1

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3 Kommentare

lefthog 7 April, 2014 - 13:35

Naja. Durch das Safety Car werden alle genug Sprit gespart haben. Da konnte sicher jeder Vollgas geben.
Für meinen Geschmack war die Full Course Yellow mindestens eine Runde zu lang (siehe 12h Sebring).
Die Force Indias hatten am Ende glaube ich die ältesten Reifen zusammen mit Button und den Ferraris weiter hinten. Die Mercedes hatten die frischesten. Daher ist der Vergleich des Speeds in den letzten zehn Runden etwas hinfällig.

Klar ist aber, dass Mercedes am stärksten ist. Und je nach Streckencharakteristik und Wetterbedingungen folgen entweder Red Bull oder eines der anderen Mercedes motorisierten Teams Williams/Force India/McLaren.

Micha 8 April, 2014 - 12:51

Eventuell sollte man die F1 mit dem Untertitel „Sponsored by Mercedes Benz“ versehen ;) Offensichtliche wir die F1 in 2014 nur noch zur Zirkusnummer und die Fans sollen das Inszenierte Racing auch noch bejubeln …
Und Herr Lauda bei seinen RTL Aussagen – köstlich! Er ist für mich auch nur noch eine Marionette seiner selbst und versucht den Leuten doch am liebsten den (Online) Mund zuverbieten … was er Glücklicherweise nicht Schaft ;)

PS: was soll eigentlich das Bremslicht an den F1 Fahrzeugen – LOL

DonDahlmann 8 April, 2014 - 13:21

@ Micha:

Die „Bremslichter“ wurden in diesem Jahr angeschafft, damit es in Abremszonen nicht zu Auffahrunfällen kommt. Um Sprit zu sparen, gehen viele Fahrer schon weit vor der Kurve vom Gas, was den Wagen logischerweise abbremst. Wenn dahinter noch jemand voll auf dem Gaspedal steht, kann es schnell zu solchen Unfallen kommen. Das blinkende rote Licht signalisiert dem Kollegen, dass das Fahrzeug vor ihm an einer Stelle langsamer wird, an der man noch nicht mit einem Bremsvorgang rechnet.

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