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NASCAR: Analyse Bristol März 2014

von KristianStooss
2 Kommentare

Klopapier, eine Menge Wasser und anschließend eine ziemlich leere Schüssel – für die einen ist es der Gang zur Toilette, für die anderen eher Bristol vom vergangenen Wochenende. Aber Spaß beiseite: Die NASCAR hat am Sonntag ein verdammt gutes Rennen abgeliefert, in welchem die Action auf der Strecke nicht zu kurz kam.

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Schade daran ist nur, dass es quasi niemand mitbekam. Auf den Tribünen waren ähnlich viele Zuschauer zu finden wie Zutaten auf einer Tiefkühlpizza vom Discounter. Wer erinnert sich noch an die Zeiten, als man in Bristol nur über eine Erbschaft an ein Ticket für das Rennen in zwei Jahren kommen konnte? Diese Phase ist spätestens seit dieser Saison Geschichte, wobei aber natürlich schon mit Beginn der Finanzkrise 2008 erste Eintrittskarten unverkauft blieben. Anno 2014 bot sich beim Anblick der Observationsplätze allerdings ein erschreckendes Bild, welches man hoffentlich zu einem großen Teil dem lange im Vorfeld angekündigten schlechten Wetter zuschreiben kann. Vermutlich verzichteten viele Zuschauer lieber darauf, gut 500 Meilen durchs Land zu fahren, um anschließend niemanden beim 500-Meilen-Fahren zuschauen zu können.

Diejenigen, die trotzdem angereist waren, dürften es allerdings nicht bereut haben, denn man bekam viel geboten für sein Geld. Satte neun Stunden dauerte dieser harte NASCAR-Arbeitstag, den Carl Edwards nach 503 Runden siegreich beenden konnte. 503? Gab es etwa ein Green-White-Checkered-Finish? Nein, keineswegs! Jemand war oben auf dem Flaggenstand – kein Scherz – aus Versehen gegen den Caution-Knopf gekommen, weshalb es drei Umläufe vor Schluss noch eine letzte Caution gab. Diese konnte Edwards allerdings nicht mehr gefährden, da noch vor Aufklärung der Ursache erneut Regen vom Himmel fiel. Die Offiziellen nutzten die Gunst der Stunde und beendeten daraufhin das Rennen. Schauen wir uns aber nun mal an, wie „Cousin Carl“ die erste Gelegenheit in diesem Jahr zum berühmten Rückwärtssalto bekam.

Zunächst mussten die Zuschauer gut zwei Stunden Geduld mitbringen, um überhaupt die grüne Flagge zu sehen. Dann zeigte sich erneut die starke Performance der Qualifikations-Asse von Penske Racing, die mit Polesitter Denny Hamlin kurzen Prozess machten. Brad Keselowski und Joey Logano setzten sich an die Spitze und legten eine gute Pace vor, zumindest bis der Überrundungsverkehr am Horizont auftauchte und der stellte sich als äußerst zäh heraus. Jeff Gordon und Matt Kenseth hatten plötzlich keine Mühe mehr, das Führungsduo wieder einzuholen. Wie zuletzt häufiger war es dann aber schlagartig mit der Penske-Herrlichkeit vorbei, in diesem Fall stellte die Competition-Caution in Runde 50 den Trigger dar.

In der Boxengasse übernahm Jimmie Johnson den – an diesem Wochenende nur sprichwörtlichen – Platz an der Sonne, weil er als einziger Pilot ausschließlich zwei Reifen auf der linken Fahrzeugseite wechseln ließ. Nach der Wettbewerbs-Gelbphase wurde es dann etwas turbulent und es kam zu zwei weiteren Cautions, wobei Letztere für einige Verwirrung und eher unfreiwillig für ein Comedy-Programm der FOX-Kommentatoren sorgte. Wie sich später herausstellte, verlor Alex Bowman seine Batterie, die sich im nachfolgenden Verkehr sofort komplett zerlegte. Weil es sich um einen Blei-Vlies-Akku handelte, ähnelten die Strecke, die Fangzäune und viele Autos anschließend den Opfern einer College-Bruderschaft, welche das Klopapier zum Einsatz gebracht hatte. Die Kollegen im TV gingen anschließend so weit, sich während eines Erklärungsversuchs selbst in Klopapier einzurollen.

Jimmie Johnson hielt sich in der Folge immerhin bis Runde 97 in Führung, wurde dann aber von Matt Kenseth kassiert, der ebenfalls über ein sensationelles Auto verfügte, wie sich später noch zeigen sollte. Für Johnson kam es direkt im Anschluss noch viel schlimmer, als sich der alte und nicht gewechselte rechte Vorderreifen auflöste. Zum Glück für den sechsmaligen Meister wird ausgerechnet in Bristol und ausgerechnet im rechten Vorderreifen ein Inner-Liner eingesetzt. Nichtsdestotrotz verlor Johnson drei Runden bei seinem anschließenden Aufenthalt in der Boxengasse. Als größtes Drama entpuppte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings der erneut einsetzende Regen, der das Rennen für satte drei Stunden und 19 Minuten unterbrach. Besonders gemein: Nach einer längeren Wartezeit hatte man das Oval schon trocken, die Fahrer waren wieder in den Autos, doch erneut begann es zu regnen und das Spiel ging von vorne los.

Als es endlich weiterging, war es Mitternacht deutscher Zeit und Matt Kenseth nahm die grüne Flagge als Erster unter die Räder. Doch unter Flutlicht fand sich plötzlich mit kühlerer Strecke eine Menge Grip auf dem Beton und das passte Kenseth gar nicht. Zunächst verlor er die Führung schnell an Kurt Busch und wurde anschließend zu allem Überfluss auch noch von Timmy Hill über den Haufen gefahren, nachdem Danica Patrick und Cole Whitt sich ins Gehege kamen. Mit einem ondulierten Auto und nach einer improvisierten Reparatur im NASCAR-Style war Kenseth eigentlich aus der Entscheidung draußen, arbeitete sich jedoch nach der Halbzeit wieder an die Spitze nach vorne.

Weil es ja eine zweite Regenpause gab, musste natürlich auch eine weitere Competition-Caution her. Diese war für Runde 188 angesetzt und sah Jamie McMurray als Führenden in der Boxengasse, der noch unter grüner Flagge die Führung von Kurt Busch eroberte. Es folgte eine längere Grünphase bis Umlauf 277, in welcher sich Clint Bowyer, Kyle Busch und anschließend Kasey Kahne die Spitzenplatzierung untereinander abjagten. Alles in allem war dies eine sehr spektakuläre Phase, da alle Fahrer auf dem Weg zur Rennhalbzeit natürlich die bestmögliche Platzierung für einen durchaus realistischen Rennabbruch im Falle von erneutem Regen sichern wollten.

Als kein Niederschlag mehr drohte und die Hälfte der Renndistanz gepackt war, ging Matt Kenseth mit seiner – wie erwähnt – ondulierten Mühle in Front und setzte sich dort fest. Unglücklicherweise schlug das Schicksal bei Kenseth ein weiteres Mal zu und verbiss sich in seinem Reifen. Nach einige Mauerkontakten entpuppte sich Platz 13 als das Höchste der Gefühle. Irgendwie schien keiner der Piloten in Führung sonderlich viel Unterstützung durch Fortuna zu erhalten, da auch Kenseths Nachfolger Kevin Harvick 50 Runden vor Schluss mit einem Motorschaden auf seiner eigenen Ölspur sehr hart in die Außenmauer abbog. Dahinter rutschte auch noch Brad Keselowski in das Heck von Jamie McMurray, was für Ersteren eine Zielankunft ohne Motorhaube bedeutete – NASCAR eben.

Nun aber endgültig zur Klärung der Frage, wie denn nun Carl Edwards in die Victory-Lane gelangen konnte: Kurz vor dem Pech von Kevin Harvick löste Martin Truex Jr. mit einem Reifenschaden die drittletzte Caution aus und bot dem Rest des Feldes daraufhin eine Gelegenheit zum Nachfassen. Unter anderem blieben jedoch die Ford-Piloten Carl Edwards, Ricky Stenhouse Jr. und Aric Almirola an dieser Stelle draußen, was sich im Nachhinein als sichere Top-3-Strategie entpuppen sollte. Edwards verbrachte die letzten 75 Runden in Führung und konnte auch von den sehr stark auffahrenden Markenkollegen Stenhouse Jr. und Almirola nicht mehr eingeholt werden.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Es folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

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2 Kommentare

lefthog 19 März, 2014 - 14:28

Durch die beiden Regen beeinflussten Rennen in Daytona und jetzt in Bristol sehe ich schon eine weitere Regeländerung von der NASCAR kommen:

Es gibt Punkte in Zwischensprints. Und das nicht zu knapp.

Ein NASCAR Rennen ist imo oft eine ziemliche Kilometerfresserei. Aber das in Daytona und jetzt auch in Bristol war doch ziemlich gut anzuschauen. Jeweils eben nach der Regenunterbrechung bis Rennhalbzeit.

Hamilton 19 März, 2014 - 17:58

Wäre doch gar nicht so schlecht, würde das Rennen interessanter machen, da früher Action drin wäre.

Aber übertreiben würde ich das ganze nicht max 1-3 Zwischensprints.

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