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NASCAR: Analyse Charlotte (Coca-Cola 600) Mai 2012

von KristianStooss
3 Kommentare

Die NASCAR brachte am Sonntag ebenfalls einen Dreifachsieger hervor, denn Kasey Kahne gewann nach 2006 und 2008 sein drittes Coca-Cola 600 und ließ den Saisonknoten endlich platzen. Das Rennen selbst war nicht von der ansehnlichen Sorte und mit nur fünf Cautions zudem die zeitlich kürzeste Ausgabe, die jemals über eine volle Distanz gefahren wurde.

Sollte dem 600-Meilen-Rennen jemals der Hauptsponsor davonlaufen, könnte man das Distanz-Monster auch „The Patriotic 600“ oder das „Support our Troops 600“ nennen, denn am Memorial Day gab es wieder eine ganze Menge Militär zu bestaunen. Da wurde schon mal mit mehreren Panzer-Haubitzen gleichzeitig mitten im Infield des 1,5-Meilen-Intermediate-Ovals geschossen und der Flyover bot einen ausgewachsenen B-52-Bomber feil. Nur einen? Vermutlich muss die Air Force sparen, da man schon eine Menge Geld für das Cockpit von Aric Almirola verbraten hat. Leider durfte Jeff Hammond nach seiner Panzertour von Kansas an diesem Wochenende in Charlotte nicht so groß beim Spektakel mitmischen. Naja, ok, schon groß, aber irgendwie anders als erwartet:

FOX hatte „Mr. Anabolika“ doch direkt auf den größten HD-Bildschirm der Welt verfrachtet, auf welchem er natürlich wieder in bester Posermanier überzeugen konnte. Später, als es ihm bei den Spottern dann zu langweilig wurde, zeigte Hammond uns noch gemeinsam mit dem NASCAR-Offiziellen Robin Pemberton die Race- & Timing-Control der Serie ganz oben im Tower. Dieses Segment empfand ich schon als ziemlich interessant, denn es war u. a. mal nett zu sehen, wie viele Monitore den „Men in charge“ zur Verfügung stehen, um Debris auf der Strecke auszumachen. Und das taten sie am Sonntagabend auch:

Vier der nur fünf Gelbphasen waren wegen Debris ausgelöst worden und man kann eigentlich nur froh sein, dass die NASCAR wenigstens ab und an das Feld mal wieder zusammengetrieben hat. Trotzdem verblieben bei diesem zähen Riemen am Ende nur klägliche neun Fahrzeuge in der Führungsrunde. Das Coca-Cola 600 war an diesem Wochenende wohl das schwächste der drei großen Rennen neben dem Indianapolis 500 und dem Grand Prix von Monaco. Mit 3h51min14s blieb man sogar noch mehr als sechs Minuten unter dem bisherigen Zeitrekord für eine volle Distanz von 1999 (3h57min50), was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 155.687 mph entsprach.

Als Hauptdarsteller des Rennens entpuppten sich vor allem die fünf stärkeren Lap-Leader Greg Biffle (204), der spätere Sieger Kasey Kahne (95), Kyle Busch (55) sowie Marcos Ambrose (20) und Denny Hamlin (13). Polesitter Aric Almirola (3) war seinen guten Startplatz hingegen recht schnell los und konnte im Verlauf nicht mehr mit der Spitze des Feldes mithalten. Insofern ist Rang 16 am Ende jetzt gar nicht mal so schlecht für ihn gewesen. Auch Teamkollege Marcos Ambrose (32.) konnte das Handling vom Rennstart nicht mit in die Nacht nehmen und wurde später durch einen Schaden an der Radnabe weit zurückgeworfen. Dieses Rennen dürfte man sich bei Richard Petty Motorsports wohl ganz anders vorgestellt haben.

Nachdem die Petty-Fahrzeuge von der Spitze verschwunden waren, setzte sich Greg Biffle in Front des Feldes, wo er sich zunächst boxenstoppbereinigt bis zur zweiten Gelbphase in Runde 135 halten konnte. Hier übernahm dann ganz kurz Jeff Gordon, welcher sich in einem ersten Gamble gegen einen Aufenthalt bei seiner Pitcrew entschied. Beim Restart wurde er aber sofort von Kyle Busch gefressen, dessen Mannschaft die #18 an Biffles Ford vorbei bringen konnte. Buschs Führung hielt dann ihrerseits bis kurz vor Halbzeit, bevor Greg Biffle nach Caution #4 gut zwei Fuelruns dominierte.

Im dritten Rennviertel drehte dann Kasey Kahne auf und konnte in Runde 280 die Führung übernehmen, nachdem das Handling der #16 von Biffle langsam aber sicher mit der beginnenden Dunkelheit abhanden kam. Während der folgenden 40 Umläufe wechselten die beiden Piloten im Zuge weiterer – an diesem Abend sehr zahlreicher – Green-Flag-Pitstops dann noch einmal durch.

Die letzte Caution in Runde 318 brachte dann endlich kurz etwas Pfeffer ins Spiel: Da quasi gerade erst Boxenstopps absolviert wurden und später sowieso noch einmal getankt werden musste, um das Benzinfenster von knapp 50 Umläufen nicht zuzuwerfen, verzichteten Denny Hamlin und Dale Earnhardt Jr auf neue Reifen. Damit gewannen sie weitere Track-Position, obwohl sie sich ohnehin schon den ganzen Tag in den Top5 bzw. Top10 aufgehalten hatten. Vermutlich waren beide Teams auf die beliebte Clean-Air scharf, welche die Spitzenposition serienmäßig mit sich bringt.

Natürlich konnten sich Hamlin und Earnhardt beim Restart auf ihren alten Gummis die Konkurrenz nicht lange vom Leib halten. Kasey Kahne schoss schon zwei Runden später wieder an der #11 vorbei. Die angekündigten Boxenstopps unter Grüner Flagge brachten die beiden Strategieabweichler dann zurück auf den Kurs des Gesamtfeldes, welches Kahne unangefochten bis zu seinem ersten Saisonsieg anführen konnte. Nach einem schwierigen Start ins Jahr konnte Kahne über mehrere Rennen Top10-Ergebnisse sowie viel Momentum ansammeln, um endlich den Knoten zum Platzen zu bringen. Vielleicht wird es ja doch noch was mit dem Chase, denn ihm fehlen jetzt nur noch 42 Punkte.

Wow, so schnell habe ich in letzter Zeit kaum ein Rennen der NASCAR zusammengefasst! Das bestätigt im Grunde genommen nur die Bewertung „zäher Riemen“, auch wenn das Coca-Cola 600 im Zuge dessen wenigstens vergleichsweise kurz blieb. Selbst eine wohlwollende Bezeichnung als „Strategiekrimi“ konnte nie ernsthaft in Betracht gezogen werden, da es lediglich die beiden kleinen Ausreißer von Gordon sowie Hamlin/Earnhardt zu verbuchen gab. Aufgrund der mangelnden Gelbphasen mussten sich die alternativen Sequenzen dann zwangsläufig wieder vereinigen.

Nach wie vor steht mein Fazit, dass ein zu leichtes Handling der Wagen – vermutlich aufgrund der Holzreifen von Goodyear – für die eher schlechteren Rennen der letzten Wochen verantwortlich zu machen ist. Die Pneus des Einheitsherstellers halten im Schnitt einfach zu lange und bauen im Laufe eines Runs nicht mehr so massiv an Grip ab, wie noch vor einiger Zeit. Vermutlich geht Goodyear nach so einigen Debakeln der Vorjahre lieber auf Nummer sicher, allerdings hilft das natürlich keinesfalls der Rennaction.

An dieser Stelle wollen wir aber noch kurz auf die Ergebnisse anderer Piloten schauen:

– Hinter Kahne platzierten sich Denny Hamlin, Kyle Busch, Greg Biffle sowie Brad Keselowski in den Top5, womit man wohl von einem gerechten und verdienten Endergebnis sprechen kann. Einzig Keselowski hatte mit Widrigkeiten zu kämpfen, da er früh im Rennen zu schnell in der Boxengasse erwischt und ans Ende des Feldes zurückversetzt wurde. Später geriet er dann ebenfalls in der Pitlane noch mit Tony Stewart aneinander, den er dabei – wohl eher ausversehen – umdrehte. Stewart sah übrigens nie Land im Coca-Cola 600 und wurde nur als 25. mit drei Runden Rückstand gewertet!

– In die Top10 konnten Dale Earnhardt Jr, Jeff Gordon, Kevin Harvick, Carl Edwards und Matt Kenseth vordringen. Harvick absolvierte übrigens mal wieder ein ziemlich unauffälliges Rennen und dass er nicht in den Top5 ins Ziel fuhr war schon unglücklich, nachdem er sich fast den gesamten Abend dort aufgehalten hatte.

Jimmie Johnson verbaute sich ein fast sicheres Top5-Ergebnis selbst, als er beim letzten Green-Flag-Pitstop zu früh aufs Gas ging und seinem Gasman eine Reise an der Tankkanne durch die Boxengasse bot. Die folgende klare Durchfahrtstrafe warf Johnson eine Runde zurück, wodurch der das Rennen lediglich als Elfter beenden konnte. Immerhin hatte er noch Glück, weil ohnehin fast das gesamte Feld bis Rang 9 schon überrundet war. Damit konnten alle Fahrer von Hendrick Motorsports in den Top11 abschließen, was ja auch kein schlechtes Mannschaftsergebnis darstellt.

Danica Patrick sammelte in Charlotte vor allem Erfahrung: So konnte sie ihr drittes Sprint-Cup-Rennen zwar beenden, allerdings handelte Patrick sich dabei fünf Runden Rückstand ein und landete quasi direkt vor den Ausfällen als „Letzte“ auf Platz 30. Ihr Wagen steht trotzdem weiterhin recht sicher in den Top35 der Owner-Wertung, denn auf Rang 34 mit 53 Punkten Vorsprung vor dem Teilzeitteam der Wood Brothers und den ganzen Start-&-Park-Teams fährt es sich doch recht komfortabel.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

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3 Kommentare

Yankee 29 Mai, 2012 - 12:01

Hehehe, bei Jeff Hammonds HD-Bildschirm-Auftritt habe ich echt zur richtigen Sekunde auf den Auslöser gedrückt. Freut mich, dass du es verwendet hast und es so gut passt. :D Toller Artikel zu einem eher einschläferenden Rennen. Vielen Dank!

Chaos 29 Mai, 2012 - 12:32

Dieses Jeff Hammonf Bild ist echt super :D schade, dass er ab dem übernächstem Rennen weg ist, aber da kommt ja adäquater Ersatz :)

Schnauzwarth 31 Mai, 2012 - 16:09

Das ist immer das Beste wenn man versucht bei Danica etwas positives rauszuholen…Erfahrung XD Kann zwar IndyCar fahren, gehört aber definitiv nicht zu den Besten und Nascar, naja ob das jemals was wird, mal gucken wie viele Jahre sie brauchen wird um konstant Top 20 zu fahren, aber am interessantesten ist ja ihre Idee evtl, mal Indy und das 600 zusammen zu fahren XD

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