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Formel Eins: Analyse GP Bahrain 2012

von DonDahlmann
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Es war ein spannendes Rennen in Bahrain, in dem es auch mal wieder einen schönen Kampf um die Spitze gab. Aber ist Red Bull wirklich zurück?

In meiner Vorschau hatte den RB8 noch als „mittelgroße Baustelle“ bezeichnet. Tatsächlich sind die Umbauarbeiten am Wagen in den letzten Rennen sehr groß gewesen, und in Bahrain brachte man ein weiteres Update mit. Offenbar hat genau dieses Update den erhofften Sprung nach vorne gebracht, wie man in der Qualifikation sehen konnte. Aber noch etwas anderes wurde klar: Der Red Bull braucht, so sieht es zumindest im Moment aus, hohe Temperaturen und die Fahrt an der Spitze, damit er seine Vorteile ausspielen kann. Vettel konnte sich vorne nicht nach Belieben absetzen, hatte aber den Vorteil, dass er auch nur selten Druck machen musste. Webber steckte zeitweise im Verkehr, war aber auch im Rennen etwas langsamer, als Vettel. Doch die eigentliche Überraschung im Rennen waren die Lotus. Räikkönen hätte das Rennen gewinnen können.

Bahrain zeigte auch, dass die Formel Eins unberechenbar ist. Red Bull ist wieder an der Spitze, Lotus war sogar etwas schneller, dann folgte Mercedes und erst danach die eigentlich so starken McLaren. Bisher hatten wir in jedem Rennen ein anderes Team, dass den Sieg einfahren konnte, was offenbar auch daran liegt, dass verschiedene Strecken, Temperaturen, Reifenmischungen und Windrichtungen, ein anderes Team einen Vorteil verschafft. Auf dem recht heißen Asphalt in Bahrain schien Red Bull die richtige Mischung zu haben. Im Mittelsektor spielte der RB8 seinen Vorteil aus, auch wenn man auf der folgenden Gerade wegen der schlechten Höchstgeschwindigkeit einen Teil davon wieder verlor. Das Gesamtpaket bei Vettel passte, allerdings war man im Renntrimm nicht zu jedem Zeitpunkt das schnellste. Was beim RB8 passte waren: Abtrieb, Reifenverschleiss und Strategie. Ob das aber auf jeder Strecke wiederholbar ist?

Lotus überraschte dagegen fast noch mehr, als Red Bull das tat, die man vor dem Rennen eher um P4 oder P5 herum gesehen hatte. Das die Lotus gut gehen, konnte man in den ersten vier Rennen schon sehen. Grosjean schmiss einige gute Ergebnisse weg, Räikkönen musste zunächst seinen „Rost“ etwas abschütteln. In China versemmelte man die Strategie, aber in Bahrain passte es dann. Es war beeindruckend, wie Räikkönen von P11 innerhalb des ersten Drittel des Rennen auf P3 vorfuhr. Am Start holte er 4 Plätze, den Rest schnupfte er bis Runde 15 auf. Nach dem Rennen meinte er, dass diese Aufholjagd am Ende auch einer der Gründe war, warum er Vettel nicht mehr einholen konnte. Zwischenzeitlich hatte der Finne knapp 9 Sekunden Rückstand auf den Deutschen, die er dann aber wieder zufahren konnte. Auch wenn Vettel in der Phase des Rennens etwas ruhiger unterwegs war, sind die Zahlen schon beeindruckend. Wäre Räikkönen von P4 los gefahren, das Rennen hätte vermutlich anders ausgesehen. Auf der anderen Seite: Weil der Finne in Q2 ausschied, hatte er noch genügend neue Reife in der Box, die wiederum einen ernormen Vorteil brachten.

Lotus hatte aber dennoch die Möglichkeit zu gewinnen. Vor dem letzten Stopp war Räikkönen deutlich schneller und man hatte einen neuen Satz „Medium“ Reifen. Man hätte ihn eine Runde früher reinholen sollen, da man im Moment des Stopp locker im Performance-Fenster der Reifen lag. Kann sein, dass man das wollte, und Red Bull dann reagiert hat und Vettel ebenfalls reinholte, das wurde im TV nicht genau aufgeschlüsselt. Hätte Räikkönen seinen Stopp alleine erledigt, hätte es vielleicht gepasst. Es zeigte sich aber auch: Red Bull war in der bequemen Lage reagieren zu können, Reifen-seitig stand man nicht unter Druck. In Sachen Sprit schon eher, aber ich vermute mal, dass es Lotus am Ende auch so ging, da Räikkönen nicht mehr pushte, was ja nicht wirklich seine Art ist. Es ist aber deutlich zu sehen, dass Kimi Räikkönen wieder da ist, wo er 2009 aufgehört hat. Die Eingewöhnungszeit in die neue Formel Eins war erstaunlich kurz.

Was ein neuer Reifensatz, den man sich gespart hat, bringen kann, zeigte Nico Rosberg. Nach einem schlechten Start fand er sich auf P8 wieder und steckte mitten im Getümmel zwischen den McLaren und Ferrari. Dort blieb er auch bis zum letzten Stint, wo er auf neue Reifen setzen konnte, und sich so freifahren konnte. Begünstig wurde dies aber auch durch die Probleme von Hamilton bei seinen Boxenstopps.

Und dann waren da noch die beiden Manöver von Rosberg gegen Hamilton und Alonso. Bei letzterem war das Abdrängen hart, aber im Rahmen dessen, was geht. Bei Hamilton bin ich mir da nicht so sicher. Der Brite war schon neben dem Mercedes, als Rosberg scharf rüber zog. Vielleicht hat der Deutsche ihn nicht gesehen, oder soweit neben sich vermutet, vielleicht war es Absicht. Eine Bestrafung kassierte der Sieger aus China aber nicht.

Bei McLaren ging am Wochenende erstaunlich wenig zusammen. Schon am Freitag baute man den Wagen mehrfach um und versuchte verschiedene Setups, beide Fahrer beklagten sich über zu wenig Grip und schnell abbauende Hinterreifen. Das setzte sich im Rennen fort. Button war einer der ersten, die den Reigen der Stopps eröffneten, im Rennen selber ging es auch eher nach hinten, als vorne. Die Pace der Red Bull und der Lotus konnte man jedenfalls nicht mal ansatzweise gehen, was auch damit zusammenhing, dass McLaren, Ferrari und Rosberg in einem schönen Paket zusammenhingen, in dem niemand frei fahren konnte. Während Button sich in China aus einem Paket lösen könnte, blieb er in Bahrain einfach stecken. Hamilton hatte zweimal Pech an der Box, aber auch ohne den klemmenden Schlagschrauber wäre er kaum weiter vorne gewesen. Beide Fahrer zeigten sich nach dem Rennen auch mittelmäßig frustriert und ratlos, wobei Button noch doppelt Pech hatte und in der vorletzten Runde mit einem defekten Motor ausfiel. Der Ausfall kann in der WM noch teuer werden.

Mercedes erging es nicht viel besser. Die schlechte Startposition von Schumacher war eine Sache, dass Schumacher aber den kompletten ersten Stint hinter Maldonado auf P16 verbringen durfte, war dann schon etwas überraschend. Er kämpfte sich dann auf P11 nach vorne und hatte ein wenig Glück, dass am Ende Button ausfiel. Nach dem Rennen meinte Schumacher, dass die Reifen ein Problem sein. 80% des Feldes stünde vor und nach dem Rennen vor einem Rätsel, dass könne nun auch nicht sein. Pirelli möge doch die Mischungen ändern, damit die Reifen in einem breiteren Fenster arbeiten würden. Kann man so sehen, auf der anderen Seite ist die Herausfordung für alle gleich, daher hat auch niemand Vorteile, wie man deutlich sehen kann.

Rosberg hatte nach seinem schlechten Start ebenfalls das Problem, dass er in Zweikämpfen steckte. Vom Reifenverschleiss ging es aber bei beiden Wagen, was immerhin ein gutes Zeichen ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass P5 auch das Maximum darstellte, was erreichen konnte. Vielleicht wäre Webber noch ein Ziel gewesen, aber Lotus und Vettel waren nicht zu erreichen. Das McLaren und Mercedes in Bahrain offenbar mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten, ist eine weitere, interessante Randnotiz.

Ferrari war im ersten Renndrittel erstaunlich stark, auch Massa fuhr ein sehr gutes Rennen und holte endlich Punkte. Aber wie erwartet ging es auch nicht wirklich nach vorne. Es dürfte die Italiener gefreut haben, dass man im Rennen auf Augenhöhe mit den McLaren lag, aber das dürfte nicht der kompletten Wahrheit entsprechen. Ferrari wird nächste Woche in Mugello vermutlich zum ersten Mal das neue Heck testen, dass man den F2012 schrauben möchte. Einige Bestandteile davon testet man schon seit China am Auto. Man wird sehen, ob das den entscheidenden Schritt nach vorne bringt. Ferrari muss allerdings eine knappe Sekunde finden und die anderen schlafen in Sachen Updates auch nicht. Vielleicht macht Ferrari einen Schritt, der dann verpufft, vielleicht schliessen sie auf. Immerhin – der F2012 ist konstant in seiner Mittelmäßigkeit, was man ja auch als positives Zeichen werten kann.

Force India schob mit einer interessanten 2-Stopp-Strategie Paul di Resta auf P6, was sehr wichtige Punkte im engen Mittelfeld bedeuten, zumal Williams am Wochenende auch etwas unsortiert aussah. Während des gesamten Wochenendes wirkte di Resta schneller als Hülkenberg, dessen Startegie im Rennen nicht funktionierte. Man muss den Schotten mal wieder loben, denn einfach war es mit Sicherheit nicht, den Force India so zu bewegen, dass die Reifen lange ihre Performance behielten. Jedenfalls war am schneller als Williams, die zudem zwei Ausfälle zu beklagen hatten. Bei Maldonado kollabierte nach einem unverschuldeten Reifenplatzer und dazu gehöhrigem Dreher die Aufhängung hinten rechts, Senna beklagte sich am Ende über starke Vibrationen beim Bremsen, weswegen man ihn sicherheitshalber aus dem Rennen nahm.

Sehr unzufrieden dürfte man bei Toro Rosso sein. Daniel Ricciardo, der von P6 los fuhr, verlor in der ersten Runde 10 Plätze und damit war das Rennen und die vielleicht angedachte 2-Stopp-Strategie auch hinüber. Es ließ sich nicht genau aufschlüsseln, warum der Australier soweit zurückfiel, aber beim Stopp in Runde 7 wechselte man den Frontflügel, was auf einen leichten Kontakt schließen lässt.

Sauber blieb im Rennen blass. Auch die Schweizer hatten vor dem Rennen mit Problemen gerechnet, obwohl der Wagen eigentlich schonend mit den Reifen umgeht. Aber die schlechten Startplätze bedeuteten mal wieder, dass man im Mittelfeld feststeckte, und dort kann sich Sauber nicht befreien. Man versuchte es mal wieder damit, den Reifenwechsel lange rauszuzögern, was aber weder Perez noch Kobayashi half. Die Strategie, mit dem Stopp länger zu warten, weil die Lücken im Feld größer werden, funktioniert in diesem Jahr nicht. Das Mittelfeld zwischen Platz 5 und 15 bleibt eng zusammen (in Bahrain waren es 35 Sekunden zwischen Rosberg und Vergne auf P14) und je länger man draussen bleibt, desto mehr Zeit verliert man auf den alten Reifen, was einen noch weiter ins Mittelfeld runterdrückt.

Von Caterham, Marussia und HRT gibt es wenig zu berichten. Kovalainen, der immerhin von P16 gestartet war, musste schon nach einer Runde an die Box, weil ein Reifen hin war. Petrov fiel nicht weiter auf. Man verlor eine Runde auf die Spitze, aber immerhin sahen die Rundenzeiten nicht allzu schlecht aus. Marussia und HRT fuhren jeweils ihr eigenes Rennen.

Nach dem Rennen in Bahrain ist klar, dass nichts klar ist. Vettel hat ebenso wie Red Bull die WM-Führung erobert, aber man ist weit davon entfernt so zu dominieren, wie im letzten Jahr. Das kommende Rennen Spanien wird dem Red Bull wieder liegen, dafür gibt es zu viele schnelle Kurven. Aber alle Teams bringen Updates mit und da es in diesem Jahr vorne um ein bis zwei Zehntel geht, kann man kaum etwas prognostierzen. Allerdings: Wer in Spanien gut aufgestellt ist, wird in Sachen WM gute Chancen haben. Die Rennen folgen nun im 14 Tage Rhythmus bis Ende Juli, da ist wenig Zeit für Neuentwicklungen.

MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Sir Lewis Hamilton, Mercedes F1 W15, leads Fernando Alonso, Aston Martin AMR24, and Valtteri Bottas, Kick Sauber F1 Team C44 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)
MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Lando Norris, McLaren MCL38, leads Charles Leclerc, Ferrari SF-24, and Oscar Piastri, McLaren MCL38 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)

Bilder: Ferrari, Sauber Motorsport AG, McLaren, Mercedes, Force India, Red Bull, Toro Rosso, CaterhamF1, Marussia, LotusF1

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1 Kommentare

nona 23 April, 2012 - 18:44

Der Brite war schon neben dem Mercedes, als Rosberg scharf rüber zog? Das sehen die Stewards aber mal komplett anders, und da die neben den TV-Bildern auch Telemetrie und Kameras zur Verfügung haben, die man im Fernsehen nicht sieht, würde ich mich doch eher auf deren Urteil verlassen (#4 Hamilton, #8 Rosberg):

1. The driver of Car 8 commenced his move to the right after the exit from T3 and moved to the right in a constant and continuous straight line manner, not making any sudden movements (as evidenced by telemetry and video evidence) and;
2. At the time he commenced his move, Car 4 was behind him and no part of his car was alongside Car 8 and;
3. The driver of Car 8 made the move to the right prior to the driver of Car 4 making the same move and;
4. For more than half of the distance travelled by Car 8 in moving in a straight line towards the right hand edge of the track, Car 4 remained behind Car 8 and;
5. Because the delta speed between the two cars was quite significant it was difficult for Car 8 to detect the exact position of Car 4 in relation to his own car;
6. Had a significant portion of Car 4 been alongside that of Car 8 whilst Car 4 still remained within the confines of the track, then the actions of Car 8 may not have been considered legitimate.

Zu diskutieren wäre eher, warum Hamiltons Überholvorgang mit vier Rädern jenseits der Strecke völlig ungeahndet blieb. Beschweren kann er sich über die Aktion jedenfalls nicht (tut er anscheinend auch nicht), im Gegensatz zu Alonso (der es eben nicht vorbei geschafft hat und deswegen „etwas“ säuerlich reagierte).

Re: Reifen, ich denke, man kann die Kritik an Pirelli nicht darauf reduzieren dass die „Herausforderung für alle gleich“ und das deswegen eigentlich kein Problem sei. Wie ich schonmal vor’nem Jahr oder so schrub, als die Unberechenbarkeit der (damals neuen) Pirellis ein Problem zu werden begann: wenn man nicht weiss, wann im Stint einem die Reifenqualität warum und unter welchen Bedingungen plötzlich wegbricht, dann ist das kein Sport, sondern Glücksspiel. Fairer Wettkampf kann unter solchen Voraussetzungen nicht stattfinden.

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