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ALMS: Vorschau Mosport

von StefanTegethoff
5 Kommentare

Die ALMS tritt mit einem leicht gewachsenen Feld ihren jährlichen Ausflug nach Kanada an – zum großartigen Mosport International Raceway. Aber auch hinter den Kulissen geht es turbulent zu…

Viel tut sich im Moment hinter den Kulissen, die großen aktuellen Probleme der ALMS sind bekannt und offensichtlich: zum einen ist das jetzt schon kleine Prototypen-Feld der ehemals für diesen Sport so wichtigen Serie unwürdig, vor allem aber wird die WEC im nächsten Jahr weitere Teams, vermutlich auch einige der GT-Werksteams, auf die internationale Bühne locken. Es könnte das Ende der ALMS sein, wie wir sie jetzt kennen. Gerüchtelt wird in alle möglichen Richtungen: zurück zu einer LMP-Klasse wie 2010, die Addition einer Delta Wing-Klasse irgendwann später, Verzicht auf Prototypen zugunsten einer reinen GT-Serie, Reglements-Öffnung für mehr GT-Fahrzeugtypen, Verbindung mit dem ACO beibehalten oder kappen… wir werden abwarten müssen, wohin die Reise geht.

Vielleicht lässt sich damit auch die etwas kryptische Pressemitteilung von Lotus vergangene Woche erklären, die besagte, das neue Team Lotus Sport USA würde den Evora GT „in IMSA“ einsetzen. IMSA, das ist die „International Motor Sports Association“, die aktuell der Dachverband ist, unter dessen Fittichen die ALMS läuft – ob die Wortwahl von Lotus, IMSA statt ALMS, nun aber Bezug zur Zukunft der Serie hat, oder nur eine etwas seltsame Formulierung, das weiß ich nicht.

Wir kommen zum aktuellen sportlichen Geschehen, bleiben aber zunächst bei der IMSA: die wollte BMW und Porsche nach dem Lime Rock-Rennen mit neuen Balance of Performance-Einstufungen „bestrafen“: die seit saisonbeginn dominierenden BMW M3 GT sollten einen um 0,4mm kleinere Luftmengenbegrenzer bekommen, die Porsches die 15kg wieder zuladen, die man ihnen nach Sebring erlassen hat (fragt mich nicht nach der Logik dahinter…). Jedenfalls gab es wohl Probleme mit der Zustellung des Bulletins an die betroffenen Teams und so wird die Neueinstufung auf Mid-Ohio verschoben.

Damit behält BMW seine Favoritenrolle für Mosport, vor allem Dirk Müller und Joey Hand, die bisher alle drei Läufe gewannen. Entsprechend führen die beiden die Fahrerwertung deutlich an, ebenso wie RLL-BMW die Teamwertung. Man wird abwarten müssen, wie nah die Corvettes auf dieser Strecke dran sind. In Lime Rock ließ sich das schlecht beurteilen, da beide früh in einen Unfall verwickelt wurden.

Nimmt man die Porsche-Kurven in Le Mans als Referenz für Mosport mit seinen vielen langen und schnellen Kurven (gleich mehr dazu), dürften auch die Ferrari F458 ein starkes Wochenende vor sich haben. Allerdings fehlt denen auf der Geraden etwas Tospeed. Dennoch sollte man Risi mit Melo/Vilander zu den Podiumskandidaten zählen, ebenso wie den Flying Lizard-Porsche von Bergmeister/Long. Der Falken Tire-Porsche ist zwar in Lime Rock stärker gewesen als vor der langen Pause, doch wenn nicht wieder viele Konkurrenten früh ausfallen, dürfte er diesmal nicht ganz so weit vorn landen.

Wieder dabei ist der Panoz Abruzzi, an dem seit dem Debüt in Sebring auch weiter gebastelt wurde. Trotzdem werden sich Ian James und der aus der GT3-EM, wo er für Schubert Motorsport antritt, bekannte Edward Sandström wohl eher mit den Robertsons und den beiden Jaguar RSR um die hinteren Plätze streiten.

Auch bei den Prototypen gibt es ein Comeback: Autocon Racing, die in den letzten Jahren immer wieder ALMS-Rennen bestritten haben und sich 2010 sogar eine Einladung nach Le Mans verdienten, sind zurück. Fahrer sind Tony Burgess und Chris McMurry, das Chassis ist immer noch der gleiche alte Lola B06/10, aber der Motor ist neu: ein AER-Aggregat, das wie die beiden Dyson-Fahrzeuge mit einem Isobutanol-Benzin-Gemisch angetrieben wird. Isobutanol, von BP testweise in der ALMS eingesetzt, ist ein Biokraftstoff der zweiten Generation, wird nicht aus Nahrungsmittel-Pflanzen hergestellt und hat bessere Kraftstoffeigenschaften als Ethanol.

Autocon wird sich wohl mit dem Dyson-Oryx-Lola und den LMPC-Orecas um den dritten Gesamtrang streiten, die Zuverlässigkeit des alten Autos ist problematisch. An der Spitze des Feldes allerdings wird sich der Dyson-Lola von Chris Dyson und Guy Smith mit dem Lola-Aston Martin von Klaus Graf und Lucas Luhr messen – in der letztjährigen Konfiguration hätte ich dem Aston Martin auf der Strecke einen Vorteil eingeräumt, aber mit der Beschränkung auf 2011er-Niveau (es ist ja ein „grandfathered car“, wie es angloamerikanisch so schön heißt, also nach dem alten Reglement) bin ich mir da nicht sicher.

Denn mit dem Geld, das Humaid Al-Masaood ins Dyson-Team gebracht hat, konnten die nun ihre Autos voll auf den Mazda-Motor umrüsten. Der Lola war ursprünglich ein LMP2-Fahrzeug, wurde dann 2010 auf das Mix-Reglement mit gemeinsamer LMP1/2 umgerüstet und tritt 2011 mit neuem Motor in der LMP1 an. Aber erst jetzt konnten neue Teile von Lola beschafft und beispielsweise der Radstand verlängert werden. Auch das wird helfen, die sowieso schon große Tabellenführung gegen das MuscleMilk Team zu halten. Zwischen diesen beiden Wagen mit ihren starken Fahrerduos erwartet uns in Mosport ein spannendes Duell.

Das einzige LMP2-Team, Scott Tuckers Level 5, hat wieder abgesagt und wird nur bei den beiden letzten Saisonrennen antreten – dort dann aber mit zwei brandneuen Autos aus der Schmiede von Nick Wirth. Der hat nämlich derweil den HPD ARX-01g gebastelt, eine weitere Version des so erfolgreichen Wagens. Das g-Modell wird aber vor allem auch innerhalb der neuen Kostenobergrenze zu erwerben sein und damit keinen Performance-Beschränkungen unterliegen.

Zur Strecke: Mosport, nahe Toronto gelegen, ist eine grandiose – wenn leider auch sehr gefährliche – Strecke. Für mich persönlich gehört sie zu den Top Five auf diesem Planeten. Es ist eine Aneinanderreihung von rasant schnellen und langgezogenen Kurven, flüssig zu fahren wie kaum eine andere Rennstrecke, und vor allem ist die Streckenführung komplett unverändert. Von den zehn Kurven haben sieben einen Radius von 90m (was mit Stowe Corner in Silverstone zu vergleichen wäre) oder mehr. Hinzu kommen Höhenunterschiede, die einige der Kurven noch herausfordernder machen.

Das trifft etwa auf Clayton Corner zu: man wird mit über 200 km/h aus der ersten Kurve, einer schnellen Rechts, herauskatapultiert, steuert auf eine Kuppe zu, hinter der es beinahe mit Vollgas in eine Bergab-Links mit 150m Radius geht. Nach der etwas langsameren, aber sich öffnenden Quebec Corner folgt eine weitere Kuppe mit anschließender Linkskurve, die herausfordernder ist, als es auf dem Streckendiagramm aussieht. Nach der Senke geht es in die Doppelrechts „Moss Corner“, die langsamste Stelle der Strecke. Deren Einfahrt ist deutlich schneller als der zweite Teil, was das Anbremsen zu einer Herausforderung macht.

Dann geht es hinaus auf die Mario Andretti Straightaway, die alles andere als gerade ist und sich auch den Berg hinauf schlängelt, bevor man mit an die 300 km/h in die erste Kurve der Esses einlenkt: wie Turn 2 eine Fast-Vollgas-Rechts, an die sich eine Links und eine weitere Rechts anschließen, die jeweils etwas enger werden als die vorangegangene Kurve. Und schon ist man nach knapp vier Kilometern und – wenn man in einem LMP1 sitzt – unter 1’10 min zurück auf der nur 300 Meter kurzen Start/Ziel-Geraden. Hier gibt es eine Runde mit Allan McNish zu sehen.

Der flüssige Charakter macht natürlich das Überholen sehr schwierig, denn es gibt keinen harten Bremspunkt am Ende einer Geraden. Moss Corner ist zwar recht langsam, doch da sie direkt auf eine etwas flottere Rechts folgt, findet auch hier kein überhol-freundliches Bremsmanöver statt. Dementsprechend gehen Zweikämpfe in den GT-Klassen hier selten ohne zumindest leichten Kontakt aus. Die ALMS-Rennleitung hat aber in den vergangenen Jahren immer dafür gesorgt, dass es dabei einigermaßen vernünftig zuging und der Lackaustausch keine Tourenwagen-artigen Züge annahm.

Das ist umso wichtiger, weil Mosport immer noch eine äußerst gefährliche Strecke ist. Bekanntlich kam hier vor 26 Jahren Manfred Winkelhock bei einem Sportwagen-Rennen zu Tode, als er in der zweiten Kurve verunfallte; und auch in den letzten Jahren gab es immer wieder schwere Unfälle, auch wenn seit den 80ern natürlich Sicherheits-Updates vorgenommen wurden. Groß sind die Auslaufzonen aber nicht und beispielsweise in Turn 2 immer noch komplett mit Gras anstelle von Kies oder gar Asphalt.

Ein Gefahrenherd beim Rennsport mit mehreren Klassen sind ja bekanntlich die Überrundungen bei den unterschiedlichen Geschwindigkeiten und ein Parade-Negativbeispiel dafür lieferte Jonny Cocker im letzten Jahr ab: beim Versuch, einen LPMC-Prototypen zu überrunden, scherte er auf der Gerade mit seinem LMP1-Lola aus, schickte damit allerdings einen GTC-Porsche heftig in die Streckenbegrenzung, an dem er sich bereits vorbei glaubte. Das Rennen musste abgebrochen werden, weil die Leitplanken auf die Schnelle nicht wieder repariert werden konnten.

Ich hoffe sehr, dass uns solche Bilder in diesem Jahr erspart bleiben und das Rennen ohne größere Unfälle abläuft. Darüber würde ich es begrüßen, wenn die neuen Besitzer des Mosport Int’l Raceway in den kommenden Jahren etwas in die Sicherheit der Strecke investieren, um sie auf einem Stand zu halten, bei dem Serien dieses Kalibers ohne negativen Beigeschmack dort antreten können.

Mosport hatte zuletzt Don Panoz, dem Gründer der ALMS, gehört. Vor einigen Monaten verkaufte er die Strecke überraschend an eine Gruppe namens Candian Motorsports Ventures (CMV), bestehend aus den Geschäftsmännern Alan Boughton und Carlo Fidani sowie dem ehemaligen Corvertte-Stammpiloten Ron Fellows. Diese drei sind an Panoz herangetreten mit einem Kaufangebot und hätte, so erklärte ALMS-Chef Scott Atherton in einem Radio Le Mans-Interview, eine Vision für die Zukunft der Strecke präsentiert, was Panoz zum Verkauf veranlasste.

Das 2h 45min lange Rennen starten am Sonntagabend um 21:05 Uhr deutscher Zeit. MotorsTV überträgt live, wer den Sender nicht empfängt, kann den internationalen Stream auf americanlemans.com nutzen, der auch die Quali live zeigt. Dort gibt es auch den Race Hub mit Links zu allen weiteren wichtigen Infos und Services.

(Foto: ALMS)

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5 Kommentare

xeniC 22 Juli, 2011 - 22:24

Bläst der Panoz eigentlich dem Vordermann in den Auspuff mit seinem Auspuff oder sollen das, auf dem Bild, Luftführungsrohre sein? ^^

StefanTegethoff 23 Juli, 2011 - 03:32

@ xeniC:

Das dürften die Lufteinlässe für den Frontmotor sein. Sieht ja beim BMW ganz ähnlich aus, nur ists da hinter dem Kühlergrill unauffälliger ;-) Siehe z.B. hier: http://www.bimmertoday.de/wp-content/uploads/m3-gt2-asien-01.jpg

Anthony 23 Juli, 2011 - 07:53

BMW has dominated because of two reasons, the F458 is a brand new car with the same typical problems that happen to new cars. Electrical issues that popped up at Sebring, returned at Le Mans and has hampered the GT3 cars to some degree as well. Suspension problems with the GT2 and GT3 cars are all things that will be solved as the season progresses.

Panoz might be better, but its still fighting the #04 Ford GT, the Falken Tire Porsche, both Jags and the leading Extreme Speed Ferrari for a Top 10 position and not a Top 5 position either.

I don’t think accidents will be an issue despite the speeds at the track there are only a few incidents. I was disappointed last year because Bruni was catching Jorg before the Red Flag came out and the race was called. Unlike Kaffer not being able to get around the Corvette in 2009 at the end of the race, I know Toni or Jamie can get around anybody in the paddock.

The Risi Ferrari should be a favorite not only for podium but class victory, Risi’s record around Mosport is outstanding. Three victories and Two second place finished in the last five years. The F458 is a better handling car, than even the BMW at this point of its development and despite it being down a power a bit, that didn’t seem to bother it at Le Mans and not nearly as edgy as the BMW was at Le Mans as they clearly removed lots of rear downforce to have top speed on the straights. I doubt they’ll be doing that at Mosport with only one really long straight and several fast corners.

Nice blog

tbz 23 Juli, 2011 - 09:34

warm welcome anthony ;)

xeniC 23 Juli, 2011 - 09:52

StefanTegethoff schrieb:

@ xeniC:
Das dürften die Lufteinlässe für den Frontmotor sein. Sieht ja beim BMW ganz ähnlich aus, nur ists da hinter dem Kühlergrill unauffälliger ;-) Siehe z.B. hier: http://www.bimmertoday.de/wp-content/uploads/m3-gt2-asien-01.jpg

Da siehts freundlicher aus. Man könnte auch meinen, der Panoz ist ein getarnter Panzer xD

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