Home Formel EinsF1 Formel Eins – Analyse GP von Belgien 2014 – Jetzt wird es interessant

Formel Eins – Analyse GP von Belgien 2014 – Jetzt wird es interessant

von DonDahlmann
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Den Start in die zweite Saisonhälfte hatte sich Mercedes deutlich anders vorgestellt. Die Fans wird es freuen, denn in den Kampf zwischen Hamilton und Rosberg greift nun vielleicht auch noch Daniel Ricciardo ein.

F1_Race_Spa_2014_-0027Toto Wolff war nach dem Rennen sprachlos. Vor lauter Wut über ein völlig aus dem Ruder gelaufenes Rennen fehlten ihm in den ersten Interviews einfach die Worte, seinen Ärger fernsehgerecht ausdrücken zu können. Aus Sicht von Mercedes war das Rennen ein einzige Katastrophe. In der Tat hatte die Attacke von Nico Rosberg jede Menge Folgen und das nicht nur für dieses Rennen. Deswegen war das Grinsen in den Gesichtern von Red Bull nach dem Rennen auch so breit, deswegen hat Ricciardo plötzlich Chancen auf den WM-Titel.

Wie angespannt die Lage bei Mercedes ist, kann man allein an einem Satz von Toto Wolff nach dem Rennen ablesen. Es habe im Debriefing nach dem Rennen „… very heated discussion amongst ourselves“ gegeben, was vermutlich eine sanfte Umschreibung für Streit ist, der gerade im Team tobt.

F1_Race_Spa_2014_-0022Die Kollision ging klar auf die Kappe von Rosberg. Weder hatte er die Rennlinie, noch hatte er eine Chance sich vorbeizudrücken. Ein solches Manöver, wie Rosberg es versuchte, klappt in Les Combes sowieso meistens nicht, weil die Strecke zu eng ist. Alonso und Vettel probierten es im Rennen auch, zogen aber klugerweise zurück. Rosberg hätte, vor allem in der zweiten Runde des Rennens, einfach vom Gas gehen müssen, aber er wollte, wie Mercedes nach dem Rennen sagte, nicht nachgeben, um klar zu machen, dass er sich nicht besiegen lassen wollte. Rosberg entschuldigte sich im offiziellen Statement zwar bei seinem Team, aber nicht bei Hamilton, und bezeichnete den Vorfall als Rennunfall. Das ist sicher auch richtig, denn absichtlich ist er seinem Teamkollegen nicht an den Reifen gefahren, aber auf der anderen Seite ist ein solcher Rennunfall in der zweiten Runde völlig überflüssig. Wäre an der Stelle von Rosberg vielleicht Maldonado gewesen, wäre das Urteil der meisten Fans vermutlich sonnenklar ausgefallen.

Die kleine Berührung änderte das Rennen komplett und hatte auch Auswirkungen auf die WM. Zwar liegt Daniel Ricciardo immer noch 56 Punkte hinter beiden Mercedes-Piloten, aber man darf nicht vergessen, dass es in Abu Dhabi 50 Punkte für einen Sieg gibt. Es klingt weiter unwahrscheinlich, dass Ricciardo wirklich eine Chance auf die WM bekommt, doch ein wenig erinnert die Situation an jene bei McLaren im Jahre 2007, als Kimi Räikkönen am Ende den Titel gewinnen konnte, weil bei McLaren die Teamstrukturen komplett zusammenbrachen.

Ferrari hatte damals allerdings in den letzten Rennen auch einen sehr starken Wagen, mit dem der Finne Siege einfahren konnte, während es für McLaren in Sachen Entwicklung nicht wirklich weiter ging. Ein Grund dafür war sicher auch der Streit zwischen Alonso und Hamilton, der dazu führte, dass Ron Dennis die beiden Einsatzteams komplett trennen musste.

Mercedes dürfte durch die Performance von Red Bull in Spa einigermaßen gewarnt sein, denn die Weltmeister der letzten Jahre fuhren in Spa mit einem „Low-Downforce“-Paket, das es ihnen erlaubte, deutlich schneller zu sein, als man erwartete. Red Bull opferte den zweiten Sektor, um im ersten und dritten Sektor zumindest nicht langsamer zu sein. Das Setup hatte ein gewisses Risiko, aber das zahlte sich im Rennen aufgrund der Umstände dann wieder aus. Auf den Geraden fiel es auch den Williams schwer, an den Red Bull vorbei zu kommen, im zweiten Sektor reichte der Abtrieb dann aber auch, um die Konkurrenz hinter sich zu halten. Damit ist auch klar, dass die Red Bull in Monza ebenfalls gut unterwegs sein werden.

F1_Race_Spa_2014_-0002Natürlich hat Mercedes weiterhin einen Performance-Vorteil, aber so groß war er in Spa nicht. Auch wenn Rosberg am Ende 2,4 Sekunden pro Runde schneller als Ricciardo fuhr, da darf man einige Faktoren nicht außer acht lassen. Rosberg hatte weiche Reifen, während der Australier auf alten „Medium“ unterwegs war. Er fuhr zwar schnelle Runden, schonte dabei aber nach Kräften seine Reifen. Rechnet man das alles zusammen, kommen vielleicht 0,7 Sekunden raus. Nicht wenig, im Rennen reicht das normalerweise, wenn man von vorne fahren kann.

Mercedes hatte im Rennen eine schwierige Situation zu bewältigen. Durch den Schaden am Frontflügel konnte sich Rosberg nicht wie gewohnt vorne absetzen, gleichzeitig musste man ihn früher als gedacht an die Box holen. Damit fiel er früher und weiter ins Feld zurück als geplant. Ein zweiter Fehler von Rosberg führte zu einem Bremsplatten, was ihn erneut früher an die Box kommen ließ, weil die Vibrationen im Grenzbereich lagen. Erneut musste sich Rosberg durch das Feld kämpfen, was gegen die starken McLaren und Ferrari nicht leicht war. Die Zeit, die Rosberg am Ende zum Sieg fehlte, verlor er genau in der Mitte des Rennens. Ein winziger Fehler in der zweiten Runde führte also zu einem Rennen, das für Mercedes komplett aus dem Ruder lief.

Ricciardo konnte das Rennen von der Spitze aus kontrollieren. Er übernahm P1 in Runde acht, als Rosberg an die Box kam, und behielt sie bis zum Schluss. Im Rennen gab es keinen Fahrer, der richtig an ihn heran kommen konnte. Räikkönen fehlte der Speed, auch wenn Ferrari mit einer etwas anderen Strategie versuchte, den Finnen nach vorne zu bekommen. Bottas hätte eine Gefahr werden können, wenn Williams sich nicht wieder für eine eher konservative Strategie entschieden hätte. Das Augenmerk der Williams-Strategen lag aber auch auf Räikkönen und nicht auf den Red Bull, die schneller unterwegs waren.

F1_Race_Spa_2014_-0008Überraschend war auch, wie eng Ferrari und McLaren zusammenlagen. Räikkönen konnte sich im ersten Drittel den Vorsprung herausfahren, der ihm am Ende P4 sicherte. Alonso, Button, Vettel und Magnussen lieferten sich dafür fast während des gesamten Rennens sehr schöne Zweikämpfe, was allerdings auch Zeit kostete. Am Ende ging es dann sehr hoch her, vor allem als Magnussen Alonso auf der Kemmel-Geraden auf das Gras abdrängte. Die Rennleitung bestrafte den McLaren-Piloten zurecht mit einer 20-Sekunden-Zeitstrafe, Magnussen verlor so seinen sechsten Platz.

14 Tage hat Mercedes jetzt Zeit, wieder Ruhe ins Team zu bekommen. Aber vermutlich ist das nicht mehr zu schaffen. Die Probleme und Streitigkeiten im Team sind so groß, dass sie sich nicht mehr beheben lassen. Zumindest nicht mehr in der laufenden Saison. Man überlegt, nun die „Wir lassen die Fahrer kämpfen“-Politik nicht weiterzuführen. Vermutlich wird man eine Regelung finden, in der derjenige bevorzugt wird, der im Rennen vorne liegt. Die Strategie des dahinter Liegenden richtet sich also am besser platzierten Kollegen aus. Ob das die Situation im Team nachhaltig ändert, darf bezweifelt werden.

Was sonst so war:

Force India war in Spa überraschend schlecht und langsam. Eine richtige Erklärung gab es vom Team nicht, offenbar hatte man sich beim Setup verhauen. Allerdings – auch in Kanada sah der Force India nicht so gut aus, kann also gut sein, dass die Highspeed-Strecken dem Wagen einfach nicht liegen.

Lotus verlor erneut beide Autos durch technische Probleme. Wie man hört, wird Lotus 2015 mit Mercedes-Motoren an den Start gehen. Aber der Renault kann das Problem eigentlich nicht sein, wie man am Red Bull sieht.

McLaren bestätigt die positiven Entwicklungen, die man schon vor der Sommerpause gesehen hat. Offenbar ist man nun in der Lage, Ferrari anzugreifen.

– Etwas untergegangen ist, dass Daniil Kyvat mal wieder ein paar Punkte einfahren konnte. Saubere Leistung.

F1_Race_Spa_2014_-0019– Der Einsatz von André Lotterer ging dagegen komplett in die Hose. Der Deutsche, der einen sehr gut Job machte und in der Quali gleich mal seinen Teamkollegen schlagen konnte, stand nach zwei Runden wegen eines elektronischen Defektes am Streckenrand. Die Enttäuschung war natürlich sehr groß. Dennoch muss man sagen, dass der Einsatz für Lotterer deutlich besser lief, als man erwarten konnte. Seine Zeiten waren sofort gut und mit mehr Erfahrung in einem F1 wäre der Abstand zu Ericsson vermutlich noch größer gewesen. Was auch zeigt, wie gut Lotterer ist. Ob es bei diesem Einsatz bleibt, ist noch nicht geklärt. Theoretisch könnte Lotterer noch ein oder zwei Rennen fahren, die Frage ist, wie viel Geld ihn und seine Sponsoren das kostet.

– Caterham hatte in Spa eine neue Front dabei, die erstaunliche Ähnlichkeiten mit jener von Williams hatte. Einen großen Vorteil konnte man allerdings nicht erkennen, Caterham bleibt das langsamste Team in der Serie. Nach dem Einsatz von Lotterer gibt es Gerüchte, dass weitere „Bezahlfahrer“ im Caterham sitzen werden.

In 14 Tagen steht also das letzte Rennen in Europa auf dem Programm. Monza dürfte wieder einmal sehr interessant werden.


Bilder: Daimler AG, Red Bull, Toro Rosso, Williams F1, Sauber F1, Ferrari, McLaren F1, Force India, Lotus F1, Marussia, Caterham,

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7 Kommentare

Speedwriter33 25 August, 2014 - 09:09

Keine Frage, der Unfall Rosberg vs. Hamilton geht auf Rosbergs Kappe. Die identische Reaktion der Herren Lauda und Wolff nach dem Rennen hat aber ganz klar unterstrichen, wer der Liebling des Teams ist: Hamilton. Geahnt hat man es ja längst, jetzt ist es Gewissheit. Stellt sich Hamilton gegen die Interessen des Teams, können Lauda und Wolff gar nicht genug Entschuldigungen finden. Ein Mal gibt Rosberg nicht nach, und schon führen sich beide auf wie Rumpelstilzchen. Zwei gleichberechtigte Fahrer? Der Belgien-GP hat gezeigt, was für eine Heuchelei das ist. Und das finde ich noch viel schlimmer als eine offene, ehrliche Stallregie.

DonDahlmann 25 August, 2014 - 10:28

In der Tat kann man sich mal fragen, ob Mercedes und vor allem das Duo Wolff/Lauda, die ganze Sache nicht falsch behandeln. Entweder lässt man die Fahrer frei fahren, dann muss man aber damit rechnen, dass so etwas wie gestern passiert. Dann kann man sich ärgern und sagen, dass das nicht nötig gewesen wäre, aber dann darf man auch nicht öffentlich sagen, dass man über Konsequenzen nachdenkt. Womit dann auch klar ist, dass man intern selber große Bauchschmerzen mit der Teamstrategie hat. Im Grunde wäre es der Team-Führung vermutlich lieber, wenn man sich auf die Regel „Wer in der Quali vorne ist, der hat das Vorrecht auf die beste Strategie, der andere muss sich danach richten“ einigen würde. Was jetzt vermutlich auch passieren wird.

littleskill 25 August, 2014 - 10:30

Rosberg hätte defintiv zurückziehen können, aber ich finde es gut, dass er jetzt mal gegengehalten hat. Hamilton fährt sonst auch mit dem Messer zwischen den Zähnen gegen Rosberg.
Dass dabei der Reifen aufgeschlitzt wurde, war natürlich blöd und sicher nicht Rosbergs Ziel. Wäre der Reifen heil geblieben, wäre Hamilton für andere Manöver gewarnt gewesen, so ist das ganze leider sehr aus dem Ruder gelaufen.
Und ich garantiere, dass sich die beiden noch mindestens einmal ganz aus dem Rennen nehmen werden.

Lukas 25 August, 2014 - 11:10

Komisch finde ich, wie überfordert die Mercedes Teamführung wirkt. Man hat klare Entscheidungen bzgl. Teamorder vor sich hergeschoben – das Resultat ist das öffentlich und medial zelebrierte Kuddelmuddel von gestern Nachmittag. Hamilton ist der teurere und wohl auch bessere Fahrer bei Mercedes, dabei leicht kränkbar, impulsiv und sensibel. Doch liegt Rosberg in der WM klar vorne, weil er seinen Teamkollegen aus dem Rennen geworfen hat. Den eigenen WM Leader öffentlich zur Schnecke zu machen, um Hamilton zu besänftigen, scheint mir aber ein Spagat zu sein, der irgendwie völlig in die Hose gegangen ist. Dass Hamilton in seiner Hilflosigkeit versucht die Medien für sich einzuspannen, Interna ausposaunt und Wolf und Lauda dabei nur hilflos zugucken können, trägt noch weiter zum Eindruck von einem ziemlichen Durcheinander in der Teamleitung bei.

Stefan 25 August, 2014 - 13:19

Die „Aufregung“ um diesen Zwischenfall fand ich etwas lächerlich. Da sollte man doch als Team etwas souveräner mit umgehen – wenn zwei Fahrer um die WM fahren, dann kann das einfach passieren.
Rosberg hat diese Saison bereits mehrfach Kollisionen verhindert, weil er nachgegeben hat. Hat er dieses Mal nicht gemacht, was ich richtig fand. Aus seiner Sicht vergrößern sich seine Chancen mit jedem Rennen, in dem Hamilton nicht in die Punkte kommt. Das sollte dieser eigentlich wissen und von daher seinem Teamkollegen lieber etwas mehr Platz lassen.
Ich gehe mal davon aus, dass das dieses Jahr nicht die letzte „Begegnung“ auf der Strecke gewesen war.

Art Vandelay 25 August, 2014 - 13:50

Ich habe hierzu eine etwas andere Meinung, als die meisten hier. Ich denke nicht, dass das Team MGP etwas falsch gemacht hat. Man hat bei MGP offenbar gesagt, kämpft gegen einander, aber fährt euch nicht gegenseitig ins Auto! Meiner Ansicht nach die einzig richtige Strategie, wenn man so einen Vorsprung hat und diesen Sport vor allem aus Marketinggründen betreibt. Man hat darauf vertraut, dass man 2 Fahrer hat, die die nötige Erfahrung und gegenseitigen Respekt haben damit man das riskieren kann. Und auch wenn die Formel 1 Historie bzgl. Stallduelle etwas anderes lehrt, man hatte meiner Ansicht nach schon genug Gründe um davon auszugehen. Hamilton und Rosberg fahren ja nicht erst seit gestern in der Formel 1.
Nun ist es schief gegangen und zwar ganz klar weil ein Pilot das in ihm gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt hat. Daher verstehe ich den Ärger von Lauda und Wolf. Die Kalkulation des Teams ist traurigerweise nicht aufgegangen. Man hat sich von einem Piloten offenbar zu viel erwartet. Das schlimme an dem Manöver ist vor allem seine Unüberlegtheit. Man wird daraus seine Schlüsse ziehen und das ist insbesondere für uns Fans schade.

Ben 25 August, 2014 - 18:33

Wir alle wollen tollen Motorsport sehen. Und das versuchte Überholmonöver von Rosberg ohne DRS war meiner Meinung nach sehenswert (hat nur leider nicht funktioniert). Wenn er so viel schneller war und es am Ende der Kemmel straight nicht versucht hätte, wäre er dem WM Tietel nicht würdig. Wer nicht wagt der nicht gewinnt! Rosberg hat für mich ein klares Statement abgegeben, dass jetzt Schluss ist mit dem devoten Teamplayer ist, der Hamilton jedes Manöver reiten lässt und letztlich doch zurücksteckt. Ich finde der Fahrstil von Hamilton, der dem anderen Piloten die Entscheidung überlässt ob es knallt oder nicht, geht gar nicht und hatte mal einen Schuss vor den Bug verdient. Der Niceguy Rosberg hat nicht zuückgezogen -Skandal! Rosberg hat, leider auf Kosten des Teams, Profil gezeigt. Seine chirurgisch präzise Absicht war es sicher nicht auf Kosten seines Frontflügels Hamiltons Reifen aufzuschlitzen -es war lediglich pures racing, sonst nichts. 2 Piloten im Zweikampf und nicht die Marketingshow eines globalen Konzerns nach Drehbuch. Viel Wind um nichts! Hartes Manöver, aber er hats zumindest versucht, es ist schief gegangen, aber das kann bei jedem Überholmanöver passieren, das ist Racing! Also am besten garnicht mehr überholen. Hamilton hätte es auch versucht, wenn er hinten gewesen wäre. Wär es gut gegangen: „Oh Hamilton der Renngott“! Hamilton darf Diva spielen und Rosberg hat zu spuren.

Ich denke in jedem Betrieb gibt es eine Großschnautze die im Grunde nichts besser kann als die anderen Kollegen, es aber immer schafft sich top in Szene zu setzen. Aber wehe du ziehst mal ein Ding wie Mister Supermann ab und es geht schief, dann bist du dran.

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