Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP der USA 2016 – Red Bull rückt näher

Formel Eins: Analyse GP der USA 2016 – Red Bull rückt näher

von DonDahlmann
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Der GP der USA wird nicht gerade als Klassiker der Saison 2016 bezeichnet werden. Dabei war die Anfangsphase aufregend und sehr spannend. Doch dann stellte Verstappen seinen Wagen ab.

2016 United States Grand Prix, SundayUm Weltmeister zu werden, muss man auch Glück haben. Das gilt ganz besonders für eine so lange Saison wie in diesem Jahr. Bisher kann sich Nico Rosberg über mangelndes Glück nicht beklagen. Seine Motoren und Getriebe halten bisher alle durch, seine Starts sind zumindest ok und er ist, abgesehen von Spanien, in keine Zwischenfälle verwickelt. Und auch in den USA war ihm das Glück hold. Während der Startphase entschied er sich, nicht die Innenseite abzudecken, und verlor deswegen gegen Daniel Ricciardo, der auf den Supersoft etwas besseren Grip am Ausgang der Kurve hatte. Aber sein Rennen war deswegen noch nicht verloren.

Es war klar, dass Rosberg an diesem Wochenende den amtierenden Weltmeister kaum würde schlagen können. Von Freitag an war Hamilton schneller als der Deutsche. Interessanterweise lagen seine Reserven allesamt im ersten Sektor. Hier lag die Basis für die besseren Rundenzeiten. In Sektor 2 (lange Gerade) und Sektor 3 lagen beide ziemlich gleichauf. Obwohl sich Sektor 1 und 3 recht ähnlich sind, hatte der Brite im ersten diesen Vorteil. Das mag an der Abstimmung gelegen haben, an der Art, wie beide die Reifen aufwärmen, oder an der Wahl der Linien durch die Esses. Jedenfalls war Hamilton hier für den Deutschen nicht zu schlagen. Von daher wird Rosberg schon früh am Wochenende erkannt haben, dass der GP der USA für ihn nicht den erhofften Sieg bringen wird.

Als sich Rosberg nach dem Start auf P3 wiederfand, wusste man bei Mercedes, dass es schwer werden würde, P2 zu erreichen. Im Renntrimm war der Red Bull nur minimal langsamer, dazu hatte man bei den Österreichern die Strategie zwischen Ricciardo und Verstappen geteilt, indem man den Australier als einzigen der Spitzengruppe auf Supersoft setzte. Allerdings war mit der Strategie von Anfang an klar, dass man am Start beide Mercedes würde überholen müssen. Aber Hamilton konnte in der ersten Runde den Vorsprung halten und kontrollierte diesen dann so, dass Ricciardo nicht in DRS-Reichweite kam.

f1_usa_race_2016_19Red Bull entschloss sich dann zu einem weiteren Angriff, indem man Ricciardo schon Runde 8 an die Box holte. Damit wollte man einerseits einen Undercut auf Hamilton starten, andererseits einem Undercut seitens Rosberg entgegenwirken. Mercedes wartete zunächst ab, doch dann holte Red Bull überraschenderweise auch Verstappen, der auf Soft gestartet war, an die Box. Jetzt musste Mercedes reagieren, denn es bestand die Gefahr eines Undercuts gegen Rosberg. Und die Deutschen entschieden sich für eine risikoreiche Strategie, indem sie Rosberg auf die Medium setzten, obwohl sie gesehen hatten, dass Verstappen und Ricciardo auf Soft unterwegs waren.

Die Idee dahinter: Rosberg sollte in einem langem zweiten Stint erstens den Abstand zu Ricciardo möglichst gering halten, um – zweitens – nach einem Stopp des Australiers ein paar Sekunden rausholen zu können. Wichtig dafür war, dass Rosberg mit leichterem Auto in der Mitte des Rennens noch genug Leben in seinen Reifen hatte. Klar war, dass Red Bull Ricciardo nach dem zweiten Stopp auf Medium setzen musste, sonst hätte man eine Drei-Stopp-Strategie nehmen müssen, die definitiv zu langsam gewesen wäre. Dass Mercedes Hamilton gleichzeitig auf Soft gesetzt hatte, zeigte auch, dass man sich bei den Deutschen nicht allzu sicher über die Strategie war. Der Wechsel auf die Medium bei Rosberg sicherte Hamilton auf jeden Fall den Sieg.

Tatsächlich gelang Rosberg in seinem Stint das Kunststück. Entscheidend im Kampf zwischen ihm und Ricciardo waren dabei die Runden 25 bis 31. Red Bull setzte den Australier schon in Runde 25 auf die Medium, was nach meinem Gefühl etwas zu früh war. Man hätte ihn locker noch drei oder vier weitere Runden draußen lassen können. Der Sieg war zu dem Zeitpunkt eh kaum möglich, Rosberg wäre auf den Medium aber nie auf der Strecke an Ricciardo vorbeigekommen.

Wie erwartet konterte Mercedes den Stopp, indem man Rosberg draußen ließ, der dann schneller wurde. Schaut man sich die Rundenzeiten beider Fahrer an, sieht man, dass Ricciardo gegenüber dem Deutschen kaum gewinnt:

RIC – L25: 1:44.492, 2:01.616, 1:43.366, 1:42.927, 1:43.650, 1:44.113

ROS- L25: 1:44.192, 1:43.217, 1:43.350, 1:44.178, 1:44.425, 1:44.749

Man sieht, dass Rosberg während der In- und Outlap von Ricciardo plötzlich zulegt. Nach dem Stopp des Australiers lag dieser plötzlich 26 Sekunden hinter Rosberg. Die Grenze, um vor dem Red Bull zu bleiben, lag aber bei 22 Sekunden. Anders ausgedrückt wäre Rosberg auch dann vor dem Red Bull geblieben, als die VSC-Phase wegen Verstappen kam. Rosberg reichten drei Runden, um Ricciardo von P2 zu verdrängen. Auch die Reifenwahl für Rosberg war dann klar. Da der Mercedes auf den Medium gut läuft und man die Reifen über lange Strecken fordern kann, gab es keinen Grund, die Soft zu nehmen, obwohl Rosberg noch einen frischen Satz hatte.

2016 United States Grand Prix, FridayDer Boxenstopp in der VSC-Phase machte die Sache für Mercedes natürlich richtig einfach. Tatsächlich wäre es ja eng geworden, wenn Rosberg auf Medium nur knapp vor Ricciardo rausgekommen wäre. Das Risiko, dass der Red Bull auf deutlich wärmeren Reifen den Mercedes geschnappt hätte, war erkennbar. Ob Rosberg danach hätte zurückschlagen können, ist schwer zu sagen. Aber der praktisch freie Boxenstopp ohne Zeitverlust machte die Sache einfach. So konnte Mercedes Rosberg auch auf die sichere Medium-Variante setzen. Wäre die VSC-Phase nicht gekommen, hätte man Rosberg vermutlich bis Runde 35 draußen gelassen, um ihn dann auf die Soft zu setzen.

Ein kleines Rätsel ist das Rennen von Ferrari. Bis zu den ersten Stopps war Räikkönen mit bei der Musik. Er lag auf P4 und machte sogar den Eindruck, als würde er Rosberg unter Druck setzen können. Ferrari war dann gezwungen den frühen Stopp der Red Bull zu kontern, was schon nur so mittel funktionierte. Der zweite Stint von Räikkönen war dann katastrophal. Während Ricciardo, Rosberg und auch Vettel mittlere 1.43er Zeiten fahren konnten, verlor der Finne pro Runde rund 8 Zehntel. Einen Grund für das Problem nannte Ferrari nicht. Nach 16 Runden erlöste man Räikkönen von dem schlechten Satz und zog, zur Überraschung von allen, gebrauchte Supersoft auf. Die Idee dahinter: Der Finne sollte Ricciardo ein- und überholen, um nach dem dritten Stopp eventuell in den letzten Runden auf Soft den Red Bull unter Druck zu setzen. Ob das geklappt hätte? Man darf zumindest skeptisch sein. Ein Problem mit einem Schlagschrauber beendete das Rennen dann leider.

Für Vettel lief es auch nicht besser. Am Ende fehlten ihm 43 Sekunden auf Hamilton – ein ziemlich großer Abstand, auch wenn es der Ex-Weltmeister im letzten Drittel eher ruhig angehen ließ. Nach vorne konnte er nichts ausrichten, von hinten drohte keine Gefahr. Wirklich Chancen auf das Podium hatte er nie.

Fernando Alonso.Während das Rennen vorne nach der VSC-Phase komplett einschlief, war hinten etwas mehr los. Was vor allem an der überraschend starken Performance von Carlos Sainz und Fernando Alonso lag. Sainz hatte den Toro Rosso tatsächlich in Q3 bekommen, was schon mal die erste Überraschung war. Gerade die 1,2 km lange Gerade war jetzt nicht das Revier des 2015er Ferrari-Motors. Aber Toro Rosso hatte ein Setup gefunden, dass einerseits genug Abtrieb einbrachte, sodass man andererseits auf der Geraden den Flügel etwas flacher stellen konnte. Konnte man dann gut sehen, als Massa hinter Sainz lag und auf der Geraden trotz DRS nicht vorbeikam. Die Leistung von Sainz wird auch dadurch deutlich, dass Toro Rosso keine besondere Taktik in Sachen Reifen anwendete. Man fuhr die Soft, auch im letzten Stint, die Stopps waren etwas später als an der Spitze, mehr aber nicht. Das war also echter Speed des Toro Rosso.

Spaß hatte auch Fernando Alonso mit dem McLaren. Auch er schaffte den Sprung in Q3 und fuhr fast das gesamte Rennen auf P7 rum. Als Sainz dann Massa im Williams hinter sich halten konnte, rutschte Alonso langsam an die beiden ran. Interessant an der Geschichte ist, dass McLaren Alonso zweimal auf die Medium setzte. Der McLaren machte bisher nicht den Eindruck, dass er die harten Reifen mag. Zwar kann man die Soft usw. jetzt auch nicht länger fahren als der Rest, aber eine derartig gute Performance auf den Medium hat ansonsten nur Mercedes. Und das lässt aufhorchen.

Dass Alonso dann Spaß hat, wenn er Zweikämpfe gerät, ist bekannt. Man konnte in den USA sehen, wie sein Blutdruck stieg, je näher er an Massa und Sainz kam. Sein Überholmanöver gegen Massa war mutig und etwas robust, aber es zeigte auch die Klasse des Spaniers und warum er weiter zu den besten Fahrern im Feld gehört. Sainz schnappte er sich dann auf der langen Geraden. Dem Honda gelang also etwas, an dem Massa scheiterte. Das sind zumindest gute Zeichen für McLaren.

f1_usa_race_2016_11Am Schluss noch mal ein Blick auf die WM. Hamilton machte in den USA einen ruhigen Eindruck. Allerdings beklagte er nach dem Rennen, dass sein Motor etwas weniger Leistung hatte als der von Rosberg. Gegenüber SkyUK sagte er, dass sein Nachteil über die Distanz des Rennens rund 1,2 bis 1,8 Sekunden betragen hätte. Klingt viel, auf den ersten Blick, sind aber nur ein paar Hunderstel pro Runde. Selbst wenn Rosberg hinter ihm gelegen hätte, er wäre deswegen nicht am Briten vorbeigekommen. Zudem bestritten Wolff und Lauda die Aussagen von Hamilton.

Aber mit der Aussage spielt Hamilton vor allem für die britische Presse weiter die „Ich habe immer technische Probleme, Rosberg nie“-Verschwörungstheorie-Karte. Auf die Frage von Martin Brundle, ob Rosberg den Titel in diesem Jahr verdient habe, sagte er, dass Rosberg seinen Job gemachte hätte, aber eben auch nicht die technischen Probleme hatte wie er. Die psychologischen Spielchen laufen also weiter.

Natürlich wäre es Rosberg lieber gewesen, hätte er das Rennen gewonnen. Das hätte ihn selbst bei einem Ausfall in einem der drei letzten Rennen genug Polster gegeben. Jetzt bedeutet ein Ausfall, dass Hamilton wieder gleichauf oder sogar in Front wäre. Um so wichtiger ist es dann für Rosberg, in Mexico zurückzuschlagen.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse/Getty Images, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

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