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ELMS: Vorschau auf das Saisonfinale – 4h von Estoril

von StefanTegethoff
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Eine starke Saison der European Le Mans Series neigt sich dem Ende zu, noch ein letztes Rennen über die gewohnte Distanz von vier Stunden ist zu bestreiten. Austragungsort des Finales ist der Circuito do Estoril nahe Lissabon; Portugal ist immer wieder ein gern gesehenes Ziel für ein Oktober-Saisonfinale in Europa. Die Meisterschaft in der LMP3-Klasse ist bereits entschieden, in der LMP2 ist sie allerdings noch offen, hier darf sich Thiriet by TDS keine Blöße geben, um den Titel gegen G-Drive abzusichern. Die GTE-Kategorie ist beinahe zugunsten von JMW Motorsport entschieden, doch zumindest für ein spannendes Rennen sind die GT-Boliden immer gut.

ELMS_Race_Estoril_2014_-0009Der Circuito do Estoril war von 1984 bis 1996 auch der Austragungsort der Formel 1-Grands Prix von Portugal, Ayrton Senna konnte dort seinen ersten Grand Prix-Sieg einfahren. Die schnellen ersten zwei Kurven der Ursprungsfassung sind einer deutlich langsameren Kurve 1 gewichen, die in heutiger Form aber die beste Überholmöglichkeit der Strecke darstellt. Das sollte bei den Sportwagen nicht anders sein. Bereits 1994 war eine hakelige Bergauf-Schikane als Alternative zu einer schnellen Passage mit wenig Auslauf gebaut worden, in der auch bereits der eine oder andere Zweikampf ausgetragen wurde. Diese Kurve ist neben der schnellen und langgezogenen 180°-Rechtskurve zum Ende der Runde eine der prägenden Passagen des Kurses in Estoril.

Die ELMS fuhr dort bereits 2011 ein 6h-Rennen, in neuer Form seit 2014 stets das Saisonfinale. Im kommenden Jahr wechselt man jedoch zurück an die Algarve nach Portimao, wo eine modernere, aber ebenfalls sehr schöne Rennstrecke zur Verfügung steht. Für die LMP2-Klasse brachte Estoril bei den bisherigen drei Gelegenheiten stets spannende, teils dramatische Finalläufe, im Vorjahr wurde die Meisterschaft nur um zwei Punkte zugunsten von Greaves Motorsport entschieden; auch ein Sieg von TDS by Thiriet reichte nicht, um Greaves, die Zweite wurden, den Titel zu nehmen.

LMP2: Thiriet by TDS und Jota im Meisterschaftskampf

TDS by Thiriet, das französische Team um Pierre Thiriet, Sohn eines Tiefkühlwaren-Fabrikanten, ist seit Jahren eines der stärksten (und vor allem konstantesten) Teams in der LMP2-Klasse. 2011 beim Einstieg in die Serie wurden sie Meisterschaftsdritte, 2012 folgte direkt der Titel, allerdings in der verkürzten Saison mit nur drei Läufen, als die Le Mans Series am Abgrund stand. Nach dem Relaunch folgten für Thiriet by TDS zweite Plätze in den Jahren 2013 und 2015, nur 2014 sah es schlechter aus, als sie als erstes Team das neue Ligier JS P2-Coupé in Meisterschaftsläufen testeten. Auch in Le Mans waren sie oft stark, aber es reichte auch dort nur für zweite Klassenränge 2012 und 2014.

elms-spa-2In diesem Jahr stehen die Chancen bestens, zum zweiten Mal Meister der European Le Mans Series zu werden, und dabei erstmals in einer vollwertigen Saison. Mit 92 Punkten haben Pierre Thiriet und Mathias Beche sowohl in der Team- als auch in der Fahrerwertung 14 Zähler Vorsprung auf Simon Dolan, Harry Tincknell und Giedo van der Garde, die ebenfalls seit Jahren starken Konkurrenten aus Grobritannien, die in diesem Jahr unter dem G-Drive Racing-Label antreten. Die haben zwar – noch unter dem Namen Jota Sport – schon einmal in Le Mans gewonnen (2014), dafür aber noch gar keinen Titel in der ELMS geholt: 2013 wurden sie Dritte, 2014 Zweite, 2015 wieder Dritte.

Zwei der verdientesten LMP2-Teams der letzten fünf Jahre kämpfen somit in Estoril um den Titel. Pierre Thiriet und Mathias Beche werden dabei wieder einmal von Ryo Hirakawa unterstützt, der jedoch nicht die ganze Saison bestreiten konnte und daher in der Fahrerwertung hinter seinen Teamgefährten und der Konkurrenz zurückliegt. Zwei Siege konnte Thiriet by TDS mit Hirakawa einfahren, einen weiteren in Le Castellet mit seinem Ersatzmann Mike Conway. Jota dagegen konnte nur beim Auftaktrennen in Silverstone siegen. Zuletzt reichte es nur zu zwei fünften Rängen, in Spa wirbelten Safety Car-Phasen die Strategie des zur Rennmitte führenden Teams durcheinander.

elms-spa-3So hat nun Thiriet by TDS, die in Spa Dritte wurden, die Meisterschaft selbst in der Hand, die Konkurrenz ist auf deren Fehler angewiesen. 14 Punkte Unterschied verlangen dabei schon einen gravierenden Fehler, bei Sieg von G-Drive würde Thiriet by TDS immer noch ein dritter Rang zur Meisterschaft reichen. Der eine Zusatzpunkt für die Pole würde in dieser Konstellation keine Rolle spielen, in anderen aber durchaus. Bei Gleichstand ist Thriet by TDS mit 3:1 Siegen Champion.

Hier kommen die weiteren Teams ins Spiel, zehn LMP2-Boliden sind insgesamt gemeldet. Zu den stärksten darunter zählt sicherlich der Dragonspeed-Oreca; das US-Team mit den Piloten Nicolas Lapierre, Ben Hanley und Henrik Hedman siegte nach drei Safety Car-Phasen und zwei weiteren Gelbphasen in Spa. Theoretische Meisterschaftschancen hat noch das SMP Racing-Team mit 24 Zählern Rückstand auf Thriet by TDS, doch für einen Titelgewinn des noch sieglosen russischen Teams bedürfte es bei 26 noch zu holenden Punkten schon eines mittelgroßen Wunders.

elms-spa-10Podiumsplätz von SMP und Dragonspeed (beispielsweise) könnten bei einem Sieg von G-Drive allerdings die Meisterschaft für Thriet noch in Gefahr bringen. Greaves Motorsport hatte nur eine durchwachsene Saison, ebenso Eurasia Motorsport. An guten Tagen (oder mit etwas Glück) können aber auch sie um Podiumsplätze mitfahren und sich so in den Titelkampf einmischen. Bei allem Wunsch nach Spannung wäre jedoch ein Titelgewinn für Thiriet by TDS in diesem Jahr nach starken Leistungen hochverdient.

LMP3: Brundle & Co. sind Champions

Hochverdient ist auch die Meisterschaft von United Autosports und dem Team in Auto #2, bestehend aus Alex Brundle, Mike Guasch und Christian England. Rang 2 in Spa-Francorchamps reichte für das starke Fahrertrio nach drei Siegen zum Saisonauftakt bereits aus, um den Titelgewinn klarzumachen. Graff Racing mit Trouillet / Guibbert / Petit zementierte mit zwei Siegen in den beiden vergangenen Rennen (Paul Ricard und Spa) den zweiten Rang, Duqueine Engineering könnte jedoch noch aufholen, der Rückstand beträgt 18 Punkte, wie in der LMP2 bedürfte es dafür aber auch eines schlechten Ergebnisses für Graff bei einem Sieg oder Rang 2 für Halliday und Lunardi im Duqueine-Auto.

elms-spa-4Die LMP2 hat sich als Prototypen-Einstiegsklasse bewährt. Die Klasse bietet spannende Rennen und es haben bereits mehrere Teams angekündigt, im kommenden Jahr in die LMP2 aufsteigen zu wollen, darunter RLR Msport (Ligier) und Villorba Corse, die eines der ersten Dallara-Kundenteams werden. Le Mans ist selbstverständlich das Ziel; ob die Teams dafür bereits reif sind, wird sich dann im kommenden Jahr zeigen.

GTE: JMW nach Le Mans?

Noch nicht entschieden ist der Titelkampf in der LMP2, aber 20 Punkte Abstand sind noch mehr als TDS by Thiriet in der LMP2 hat. Das führende Team ist JMW Motorsport, die mit einiger Wut im Bauch in die Saison gestartet sind, da sie trotz jahrelanger Treue keinen Startplatz für die 24h von Le Mans erhalten haben. Der Spielraum des ACO für Wahl-Einladungen nach Le Mans ist enger geworden, insbesondere weil das gesamte WEC-Feld automatisch dabei ist. Trotzdem konnten sich Jim McWhirter und Team schon mit einiger Berechtigung wundern, warum gerade sie es nur auf die Reservebank geschafft hatten. Das beste Gegenmittel ist jedoch, sich einen automatischen Startplatz zu verdienen und hierzu ist das britische Team auf dem besten Wege.

elms-spa-1Drei Siege in den letzten drei Rennen haben Andrea Bertolini, Robert Smith und Rory Butcher in beiden Wertungen in Führung katapultiert, nachdem es im Regen von Imola nur zu Rang 2 gereicht hatte. In Silverstone ist ihnen gar der Heimsieg aberkannt worden, weil das Auto nicht regelkonform war – die Abweichung war zwar keine, die einen Vorteil gebracht hätte, aber Regel ist Regel. Die engsten Verfolger sind Andrew Howard, Darren Turner und Alex MacDowall im Beechdean-Aston Martin, die allerdings abgesehen vom geerbten Sieg in Silverstone nur dritte, vierte und fünfte Plätze einfahren konnten. Zum Titelgewinn bedürfte es eines erneuten Sieges bei einem letzten Platz oder Ausfall für JMW, denn bei acht Teilnehmern in der Klasse würde selbst ein Erreichen des Ziels als Vorletzter den Titel für die Briten sichern.

Andere Teams können sich noch um den Rennsieg in Estoril bemühen, der Titel ist jedoch außer Reichweite. Henzler / Hedlung / Renauer im Proton-Porsche sind das einzige weitere Team, das in der Saison ein Rennen gewinnen konnte (Imola), während Vater und Sohn Talkanitsa mit drei Podiumsplätzen das zweitbeste Ferrari-Team hinter JMW sind; die beiden Weißrussen werden in Estoril wieder vom starken Allessandro Pier Guidi unterstützt. Leider nicht dabei ist Porsche-Youngster Matteo Cairoli, der bei seinen beiden Gastauftritten am Red Bull Ring und in Spa im zweiten Proton-Auto überzeugen konnte und den wir hoffentlich nächstes Jahr in Vollzeit in der ELMS sehen.

Wann und wo zu sehen?

Am Sonntag um 14:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit wird der Finallauf der ELMS 2016 gestartet, das Rennen geht über vier Stunden. MotorsTV überträgt ab 14:10 Uhr durchgehend live. Für alle, die den rar gewordenen Spartensender nicht empfangen können, gibt es den offiziellen Livestream, zu dem es – wie auch zum Live-Timing – einen Link auf der Webseite der ELMS geben wird.

(Bilder: ELMS Media)

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