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BTCC: Analyse Brand Hatch 2016 – Shedden again!

von Sebastian Focks
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Obwohl BMW-Pilot Sam Tordoff in den letzten Wochen der Meisterschaft lange wie der sicherste Kandidat auf den BTCC-Titel 2016 ausgesehen hatte und auch als Meisterschaftsführender zum Saisonfinale nach Brands Hatch gereist war, triumphierte letzten Endes doch Vorjahresmeister Gordon Shedden. Der Schotte in Diensten von Dynamics-Honda verteidigte damit seinen Titel, den er sich ein Jahr zuvor an gleicher Stelle geholt hatte, und sicherte sich seine insgesamt dritte BTCC-Meisterschaft .

Es war mal wieder dramatisch, eng und nicht arm an Überraschungen dieses BTCC-Finale 2016. Rein rechnerisch hatten vor den letzten drei Saisonrennen auf dem altehrwürdigen GP Circuit von Brands Hatch noch ganze acht Fahrer Chancen auf den Titel. Neben Tabellenführer Tordoff und Verfolger Shedden gehörten dazu deren jeweilige Teamkollegen Matt Neal (Honda) und Rob Collard (BMW) sowie Mat Jackson und Andrew Jordan (beide Ford) und Colin Turkington und Jason Plato (beide Subaru).

Dennoch waren sich die meisten Beobachter sicher, dass die Titelentscheidung letzten Endes zwischen Tordoff, Shedden und Neal fallen würde. Den anderen Kontrahenten ließen sich allerhöchstens rechnerische Chancen einräumen. Aber die BTCC wäre nicht unsere geliebte BTCC, wenn sie nicht immer mal wieder mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten würde und man sich höchsten sicher sein kann, dass in dieser Serie nichts wirklich sicher ist. Dazu aber später mehr. Schauen wir erst mal, wie die beiden Titelkontrahenten Sam Tordoff und Gordon Shedden bis zum Showdown im letzten Lauf den Renntag verbracht haben.

tordoff-2In der schwierigen, bei wechselnden Wetterbedingungen und von einer langen Unterbrechung wegen eines Überschlags von Árón Smith geprägten Qualifying-Session am Samstag schaffte es Sam Tordoff, seinen mit vollem Zusatzballast beladenen BMW 125i nur auf Startplatz 10 zu wuchten. Das war freilich nicht die optimalste Ausgangslage, um in Sachen Meisterschaft den Sack möglichst früh zuzumachen.

shedden6Insbesondere auch deshalb, weil Gordon Shedden als sein dichtester Verfolger drei Plätze vor Tordoff in den ersten Lauf starten konnte – das alles mit nur leicht weniger Zusatzgewicht an Bord. Und während Tordoff im ersten Lauf auf demselben Platz die Ziellinie überquerte, von dem er losgefahren war, schaffte es Shedden, zwei Positionen gutzumachen und Fünfter zu werden.

Der Vorsprung in der Meisterschaft war nach Lauf 1 somit von elf auf sechs Punkte geschmolzen. Doppelt ärgerlich: Auch Shedden-Teamkollege Matt Neal landete mit P7 vor Tordoff und machte ebenfalls weiteren Boden in der Meisterschaft gut.

Vom hohen Zusatzgewicht befreit stürmten Shedden und Tordoff dann im zweiten Lauf weiter nach vorne. Shedden überholte zunächst Josh Cook und anschließend im Windschatten Jason Platos Rob Austin und war nunmehr Dritter. Zwar lag er bis zum Rennende sogar hinter den beiden führenden Subaru in Schlagdistanz zum Sieg, konnte aber keine weitere Position mehr gutmachen.

tordoff_01Sam Tordoff gelang es dank eines guten Starts, bis auf den fünften Platz vorzufahren, wobei er aber auch vom in den letzten Runden langsam werdenden Rob Austin profitierte. Platz fünf gegenüber Platz drei von Shedden bedeutete, dass der Vorsprung von Tordoff  vor dem letzten Lauf der Saison auf gerade einmal zwei Pünktchen zusammengeschmolzen war. Aber nicht nur Shedden und Tordoff hatten wie oben schon angedeutet in diesem letzten Rennen Chancen auf den Titel.

Neben dem eigentlichen Kampf um die Meisterschaft schrieb Colin Turkington nämlich die größte Story des Wochenendes. Mit 37 Punkten Rückstand und auf Platz sieben in der Meisterschaft liegend, war der Nordire mit Außenseiterchancen auf den Titel nach Brands Hatch gereist. Dort holte sich Turkington in seinem Subaru in der schwierigen Qualifying-Session aber zunächst einmal die Pole Position gegen Toyota-Pilot Tom Ingram (der zu allem Überfluss auch noch wegen irregulärer Bodenfreiheit disqualifiziert wurde).

turkington2Dieser idealen Ausgangslage ließ Turkington dann am Rennsonntag zwei lupenreine Start-Ziel-Siege folgen, die ihn unmittelbar in Titelreichweite brachten. Den ersten Lauf brachte Turkington ohne viel Zusatzgewicht an Bord ganz souverän vor Überraschungsmann Rob Austin im Toyota und MG-Pilot Jsoh Cook, der in der letzten Kurve der letzten Runde noch Turkingtons Teamkollege Jason Plato überholt hatte, über die Bühne.

Im zweiten Lauf, jetzt mit vollem Ballast an Bord, hatte Turkington dann mehr Arbeit, konnte sich aber erfolgreich gegen Jason Plato und Gordon Shedden, die zuvor an Rob Austin vorbeigegangen waren, wehren. Die beiden Siege sowie der Extrapunkt für die Pole Position brachten Turkington urplötzlich in Titelreichweite.

jordan-3Damit hatten vor dem letzten Lauf der Saison noch drei Piloten Titelchancen. Tordoff führte mit zwei Punkten vor Shedden und zehn Punkten vor Turkington. Alle anderen fünf Meisterschaftsaspiranten hatten derweil ihre Titelchancen verloren. Als erstes traf es Andrew Jordan, der schon im ersten Lauf die Segel streichen musste, als er in den Chevrolet von Hunter Abbott krachte, der zuvor von Matt Neal in Druids rumgedreht worden war.

plato3Jason Plato war nach dem ersten Lauf rechnerisch aus dem Rennen, als ihm Josh Cook wenige Meter vor der Ziellinie Platz drei abnahm. Umso erstaunlicher finde ich übrigens, wie sehr er anschließend seinen Teamkollegen Turkington im zweiten Lauf unter Druck setzen durfte. Zwar waren dessen Titelchancen mehr oder weniger vage, aber angesichts eines jederzeit möglichen Patzers von Tordoff und/oder Shedden durchaus realistisch.

collard3Für Mat Jackson und Rob Collard hatte sich der Kampf um die Meisterschaft nach Rang sieben (Jackson) und zehn (Collard) im zweiten Lauf erledigt. Zuvor hatten beide schon im ersten Lauf ihre Probleme. Collard lag nach einem tollen Start zunächst in den Top Ten und sogar vor seinem Teamkollegen Tordoff, wurde aber dann durch die Neal-Abbott-Jordan-Kollision (s.o.) einige Positionen zurückgeworfen und beschädigte sich auch noch sein Auto. Am Ende wurde er Elfter in Lauf 1.

jacksonmMat Jackson war nach einer schlechten Quali nur von Startplatz 19 ins Rennen gegangen und hatte damit von allen Meisterschaftsapiranten die schlechteste Ausgangslage am Renntag. In Lauf 1 konnte er sich dann bis auf den zwölften Platz verbessern, womit er aber weiter Boden in der Meisterschaft verlor.

Besonders bitter endeten sowohl der Renntag als auch der Kampf um die Meisterschaft für Matt Neal. Der Honda-Pilot war bis zu den Rennen in Silverstone Sam Tordoffs ernstester Verfolger und hatte mit zehn Punkten Rückstand vor Brands Hatch ebenfalls noch sehr gute Chancen auf den Titel. Leider war Matt Neal nach zuvor guter Performance gezwungen, den letzten Lauf des Tages verletzungsbedingt auszulassen. So musste der Dynamics-Pilot zusehen, wie die Meisterschaftsentscheidung ohne ihn fiel.

neal2Zuvor war Matt Neal eine Position hinter Sam Tordoff auf Startplatz elf in den ersten Lauf gegangen, machte aber bereits beim Start einige Positionen gut und konnte das Rennen auf dem guten siebten Platz beenden. Damit machte Neal ebenso wie Teamkollge Shedden zunächst etwas Boden in der Meisterschaft gut. Im zweiten Lauf ging es dann zunächst eine weitere Position gegen Adam Morgans Mercedes nach vorne, womit Neal direkt hinter Shedden lag.

In der vierten Runde hatte Neal dann aber ausgangs Paddock Hill Bend urplötzlich keinen Vortrieb mehr. Zwar gelang es ihm in der Druids Haarnadel, seinen dahin rollenden Honda durch das schnelle Aus- und Anschalten des Master Switch wieder zum Laufen zu bringen, er wurde aber ausgangs der Kurve just als mehr oder weniger stehendes Hindernis breitseits von Ash Suttons MG erwischt und heftig nach links in die Reifenstapel geschickt. Ausfall, Auto ordentlich beschädigt und zu allem Überfluss eine Gehirnerschütterung waren die bittere Bilanz, die eine starke Saison von Matt Neal beendete.

So waren es also wie geschildert noch drei Anwärter auf den Titel, die sich in den letzten Lauf der Saison machten. Die beste Ausgangslage hatte Sam Tordoff, der dank des Reverse Grids hinter Polesitter Mat Jackson und Aiden Moffat aus Reihe zwei ins Rennen startete. Shedden stand derweil auf P5 und Turkington auf P7. Für Tordoff war das Ziel an sich klar: Auf jeden Fall vor den Kontrahenten bleiben und der Titel wäre sicher.

turkingtonDabei drohte deutlich mehr Gefahr von Shedden als von Turkington, denn auch wenn der Subaru-Pilot vorher wirklich brillant gefahren war, mit dem hohen Zusatzgewicht an Bord und den beiden Konkurrenten in der Startaufstellung vor ihm, war er mehr oder weniger auf ein Wunder (bzw. einen Doppelausfall von Tordoff und Shedden) angewiesen, um eine realistische Attacke auf den Titel starten zu können. Am Ende brachte Turkington seinen Subaru dann gar nur auf Platz zwölf ins Ziel, was ihm aber immerhin einen tollen vierten Platz in der Meisterschaft einbrachte.

Bemerkenswert ist dieser vierte Platz vor allem deshalb, weil die Subaru in den ersten Saisonrennen noch völlig unter dem Radar fuhren, in Thruxton wegen spontaner Selbstentzündung sogar gar nicht an den Start gingen und erst in Oulton Park das Laufen Fahren und Siegen lernten. Schafft es das Team BMR, diese Form über den Winter zu bewahren und weiter auszubauen, können sich die Konkurrenten jedenfalls schon mal warm für die Saison 2017 anziehen …

Zurück zum Kampf um die Meisterschaft: Der wurde zwischen Sam Tordoff und Gordon Shedden dann tatsächlich auf der Strecke Auto gegen Auto und Fahrer gegen Fahrer ausgetragen. Währen Tordoff seinen dritten Platz nach dem Start behielt, verlor Shedden zunächst eine Position gegen Jason Plato, konnte diese aber bereits im Verlauf der ersten Runde zurückerobern.

shedden4-1Nachdem Shedden auch noch Josh Cook Cook für P4 überholt hatte, lag er zur Rennmitte direkt hinter Tordoff und versuchte sogleich, die kleine Lücke zum BMW zu schließen. In die Karten spielte ihm dann eine Safety Car-Phase, weil Warren Scott seinen Subaru standesgemäß mal wieder im Kiesbett geparkt hatte (fairerweise muss man sagen, dass er dieses Mal nicht schuld war, sondern von Dan Welch abgeräumt wurde).

Die BMW haben bekanntermaßen Probleme, ihre Reifen nach einer Safety Car-Phase schnell wieder auf Temperatur zu bringen – in Brands Hatch wurde dies durch die niedrigen Außen- und Asphaltemperaturen zusätzlich erschwert. So blies Shedden nach dem Restart gleich zur Attacke und trieb Tordoffs BMW Stoßstange an Stoßstange vor sich her.

sheddentordoff2Und bereits zum Ende der ersten Runde nach dem Restart setzte Shedden eine kluge Attacke in vor Clarks, die Tordoff zunächst außen zu verteidigen versuchte, aber nichts dagegen unternehmen konnte, sodass der deutlich besser liegende Honda in Clearways innen vorbeistoßen konnte. P3 für Shedden und P4 für Tordoff bedeutete, dass beide nun punktgleich waren, was aber angesichts von vier Siegen für Shedden und zwei für Tordoff den Titel für den Schotten bedeutete.

Tordoff verlor dann wenige Runden später auch noch eine weitere Position an Adam Morgan im Mercedes, während Shedden sich anschickte, die führenden Mat Jackson und Aiden Moffat zu attackieren, um in Sachen Meisterschaft auf Nummer sicher zu gehen.

Gegen Rennende wurde es dann aber noch mal spannend, als der weich bereifte Morgan seinerseits Shedden unter Druck setzte. Wäre Shedden auf den vierten Platz zurückgefallen, wäre er wieder punktgleich mit Tordoff gewesen und hätte zu allem Überfluss wieder unmittelbar vor dem BMW und damit in Reichweite einer möglichen direkten Attacke gelegen.

shedden8Eine Safety Car-Phase kurz vor Schluss wegen des im Kiesbett gestrandeten Dan Welch (ironischerweise an genau derselben Stelle, an der er zuvor Warren Scott in den Kies geschickt hatte) brachte die Meisterschaft dann zu einem Ein-Runden-Showdown. Shedden behielt nach dem Restart aber einen kühlen Kopf, ließ sich nicht von Adam Morgan aus der Ruhe bringen und brachte den dritten Platz und damit seine dritte Meisterschaft mit zwei Punkten Vorsprung sicher ins Ziel.

jacksonm4Den letzten Sieg des Jahres holte sich derweil Mat Jackson vor dem sehr gut fahrenden Aiden Moffat. Da Colin Turkington im selben Rennen nur Zwölfter wurde, sicherte sich Jackson damit sogar noch den dritten Platz in der Meisterschaft. Schade für Turk, aber wie bereits erwähnt, dürfte 2017 ein Subaru-Jahr werden.

Dadurch, dass Matt Neal den letzten Lauf auslassen musste, gelang es Rob Collard derweil mit P9, sich noch den fünften Platz in der Meisterschaft zu sichern. Der finale Meisterschaftsstand der BTCC-Saison 2016 kann hier abgerufen werden. Und hier geht es zu den Ergebnissen aller drei Läufe aus Brands Hatch.

shedden16Was ist noch zu sagen? Verdienter Titel für Shedden? Ja klar, denn auch wenn Shedden weniger dominant war, als man es von ihm in seiner ersten Meisterschaftssaison 2012 kannte, zahlt sich Konstanz letzten Endes doch am meisten aus. Tordoff hätte man den Titel sicherlich auch gegönnt und angesichts der tollen Saisonleistung wäre er kein minder würdiger Champion gewesen. Aber die Meisterschaft wurde fair und ganz so wie man es sich wünscht, auf der Strecke entschieden.

sutton-1Kleiner Trost für BMW bzw. das West Surrey Team: Die Titel in der Hersteller- und der Teamwertung konnte man sich immerhin sichern. Der Independent-Titel geht zum insgesamt dritten Mal an Andrew Jordan, der sich knapp vor Teamkollege Mat Jackson platzieren konnte. Die Jack Sears Trophy für den besten Rookie geht an Ashley Sutton, der im MG einen tollen Einstand zeigte und sich gegen Michael Epps im Toyota durchsetzen konnte.

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