Home Formel EinsF1 Liberty Media kauft die F1-Rechte – Was wird mit Bernie Ecclestone?

Liberty Media kauft die F1-Rechte – Was wird mit Bernie Ecclestone?

von DonDahlmann
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Nun ist es offiziell: Liberty Media kauft die Rechte an der Formel Eins und wird deren neuer Inhaber. Die Zukunft von Bernie Ecclestone wurde ebenfalls entschieden.

f1-logoDer Deal zeichnete sich seit August ab, nun ist es offiziell. Der bisherige Rechteinhaber der Formel Eins, die CVC, hat seine Anteile an Liberty Global verkauft. Laut einer Pressemitteilung zahlt Liberty Media in mehreren Tranchen 1,1 Milliarden Dollar an die CVC für derer 35% stimmberechtigter Anteile bei Delta-Topco. 138 Millionen Dollar werden in Aktienform von Liberty Media an die CVC übergeben. Dazu kommen 351 Millionen Dollar in austauschbaren Schuldverschreibungen der Formel Eins, die in Liberty Media-Aktien umgeschrieben werden. Liberty Media wird ebenfalls die bestehenden Schulden der Formel Eins-Gruppe in Höhe von 4,1 Milliarden Dollar übernehmen. Diese Schulden stammen teilweise noch aus der Übernahme der CVC aus dem Jahr 2006 und werden nun weiter gereicht. Weiter Infos finden sich im Investor Deck. (pdf, 2 MB)

Um den Deal zu verstehen, muss man die Organisationsstruktur der Formel Eins kennen. Die sieht ungefähr so aus. (Bild ist von 2008, aktuelle Anteilseigner siehe unten)
f1besitz

Wichtig sind dabei nur zwei Firmen: Die Delta-Topco, die am oberen Ende steht, und die FOM, die ganz unten zu finden ist. Die Delta-Topco ist jene Firma, die die F1 durch die Beteiligungen an den anderen aufgeführten Unternehmen kontrolliert. Die Anteilseigner der Delta-Topco sind Stand Februar diesen Jahres diese. (Ganzes pdf hier)

CVC Fund34.6%
Waddell & Reed20.7%
Lehman Brothers Group12.2%
Bambino Holdings8.4%
Bernie Ecclestone 5,3%
Norges4.4%
JP Morgan 3.1%
Retirement Fond Texas3.0%
Blackrock 2.9%
FIA1.0%
Diverse3.5%

(Erläuterung: Waddell & Reed ist eine Investment-Firma aus den USA, die Anteile von der CVC gekauft haben. Lehman Brothers sind die rauchenden Reste der Pleite gegangenen Investment-Bank. Bambino Trust ist der Familien-Trust von Ecclestone, der aber seinen beiden Töchtern gehört. Norges ist ein norwegischer Staatsfond.)

Liberty Media kauft nun bis zum ersten Quartal 2017 die stimmberechtigten Anteile der CVC, die anderen Anteilseigner werden ausgezahlt (bar und in Aktien). Die Delta-Topco wird dann in die Liberty Media integriert, die sich am Ende der gesamten Prozedur dann in Formula 1 Group umbenennt. Da die Liberty Media an der Börse in New York gehandelt wird (NASDAQ), folgt daraus logischerweise, dass die Formel Eins am Tag der Umfirmierung zum ersten Mal in ihrer Geschichte an die Börse geht.

Was passiert mit Bernie Ecclestone?
F1_Race_Monza_2016_06 Nichts. Bernie bleibt CEO der Formula One Group (nicht zu verwechseln mit der neuen „Formula 1 Group“ von Liberty Media, das sind zwei unterschiedliche Firmen), die vor allem die FOM kontrolliert. Dabei ist wichtig, dass Ecclestone nicht an der neuen F1G beteiligt ist oder (zumindest Stand jetzt) in einer leitenden Position sitzt. Er ist nur in der FOG. Doch hier hat er die zentrale Position in der Formel Eins inne, denn in der FOG/FOM laufen alle wichtigen Fäden zusammen. Alle wichtigen Deals in der Formel Eins laufen über die FOM, nicht über die Delta-Topco. Dazu gehören:

– Concorde Agreement mit den Teams
– Verkauf der TV-Rechte
– Verkauf der Sponsoren-Rechte an den Strecken
– Verträge mit den Streckenbetreibern und Promotern
– Handling der gesamten Logistik

Bernie Ecclestone und Liberty Media haben bestätigt, dass er diesen Posten mindestens die nächsten drei Jahre innehaben wird. Gegenüber Reuters sagte Ecclestone gestern:

„I will continue to do all the things I have previously done, such as negotiate with the circuits, television companies and people like that. The good news is we will have someone on board in Chase [Carey], and he will hopefully be able to push F1 into new territories with social media. As you know I’ve never found a way to make money from social media.“ ⁠⁠⁠⁠

Da Delta-Topco (bzw. die Liberty Media/Formula 1 Group) über die diversen Unterfirmen die Formula One Group kontrolliert, läuft das eingenommene Geld auch direkt zu ihnen. Allerdings verwaltet die FOM, also Bernie Ecclestone, die Einnahmen und verteilt die im Concorde Agreement vereinbarten Summen an die Teams. Die restlichen Einnahmen gehen dann an die Anteilseigner (Delta-Topco).

Bernie Ecclestone bleibt also an der Macht. Allerdings wird seine Macht erodieren. Denn ab 2020 wird sich das bisherige Geschäftssystem der Formel Eins verändern.

Warum ab 2020? Wieso wird Ecclestone weniger Macht haben?
Das aktuelle Concorde Agreement, jener Vertrag, der die Einnahmen der Formel Eins verteilt, gilt bis 2020. So weit reichen auch die meisten Verträge mit den TV-Anstalten, vielen Streckenbesitzern usw. Bis 2020 bekommen die Teams 50% der Einnahmen aus den Sponsoren- und TV-Verträgen. Diese Einnahmen werden nach einem bestimmten Schlüssel verteilt. Vereinfacht gesagt: Erfolgreiche Teams bekommen mehr Geld. Wer Weltmeister wird, bekommt mehr aus dem Topf als jemand, der nur einen Punkt holt. Dieses System wird ab 2020 vermutlich komplett verändert werden.

Da die Liberty Media/Formula 1 Group an der Börse notiert ist, kann man sich vorstellen, dass den Teams nicht stimmberechtigte Anteile an der F1G angeboten werden. So könnten alle Teams den gleichen Anteil erhalten, gleichzeitig könnte man das Bonussystem beibehalten. Die Teams würden insgesamt vermutlich etwas mehr vom Kuchen abbekommen.

Diese Deals laufen dann aber nicht mehr über die FOM (also Bernie), sondern über die F1G, somit hätte man Ecclestone (der 2020 dann aber auch 90 Jahre alt wird) und sein komplexes Firmenkonstrukt elegant ausgebootet. Denn kontrolliert die FOM nicht mehr die Teams über die Einnahmen, kontrolliert sie auch nicht mehr die Formel Eins. Denn Streckenbetreiber und Fernsehstationen machen ihre Deals da, wo die Teams sind.

Anders gesagt: Bernie kann zwar weiter über die FOM bestimmte Verträge schließen (TV usw.), die Teams werden aber mit der F1G reden müssen. Und da ist Bernie nicht vertreten.

Was passiert mit der Formel Eins bis 2020?
Ich gehe nicht davon aus, dass sich bis 2020 viel ändern wird, was schon an den laufenden Verträgen mit allen Beteiligten liegt. Die weltweit zu neu zu verhandeln, ist nicht unmöglich und es macht auch wenig Sinn. Es kann sein, dass die neue F1G etwas mehr Geld in die Übertragungsqualität steckt. Aber grundsätzlich sollte sich vordergründig bei der Show nichts verändern.

Wer ist diese Liberty Media eigentlich?
Das Unternehmen gehört zur Liberty Global, die von John Malone kontrolliert wird. Ein klassischer Selfmade-Milliadär aus den USA. Es gibt ein halbes Dutzend Firmen, die ihm gehören, die meisten sind im Bereich „Medien“ unterwegs. So sind seine Firmen weltweit an mehreren Kabelnetzen beteiligt (in Deutschland Unitymedia). Gleichzeitig hat er Beteiligungen an unterschiedlichen Medienkonzernen, darunter Time Warner, Viacom und News Corp. Die Formel Eins passt also gut in sein Portfolio, denn er kann den Sport über seine Sender und Netze verbreiten.

Liberty Media ist eine US-Firma. Droht nun eine „Amerikanisierung“ des Sports?
Die 8 Milliarden Dollar, die das Unternehmen gerade für die Formel Eins ausgibt, will man mit Sicherheit wieder reinholen. Und Geld verdienen will man auch. Das bedeutet, dass man die Erlöse der Formel Eins erhöhen muss. Was nicht leicht wird. Schon jetzt sind die Antrittsgebühren für die Serie astronomisch. Da wird man nicht viel mehr rausholen können.

Man wird sicher versuchen, die Formel Eins in den USA bekannter zu machen, was auch kein leichtes Unterfangen ist. Aber hier lauern noch jede Menge Möglichkeiten in Sachen Sponsoren und Merchandising. Dafür müsste die Serie noch etliche Rennen in den USA fahren. Es könnte also sein, das man eine Verlagerung bestimmter Rennen in die USA sehen wird. Dazu zählen einige Rennen in Europa, aber vor allem Rennen in Asien, da die weit außerhalb der Prime Time in den USA laufen.

Als Inhaber der Formel Eins, zuzüglich eines neuen Concorde Agreements, kann der neue Inhaber im Grunde machen, was er will. Zumindest, so lange die FIA, die TV-Stationen und die Streckenbetreiber zustimmen. Möglich wäre, dass die Startzeiten in Europa nach hinten verschoben werden, damit die US-Zuschauer leichter erreichbar sind. Bis hin zu einer kompletten Änderung des Rennformates ist alles denkbar. Aber gleichzeitig auch unwahrscheinlich, denn die F1 hat weltweit knapp 450 Millionen TV-Zuschauer, also Fans. Die will man sicher nicht verlieren.

Ist der Verkauf nun eine gute Sache oder nicht?
Generell: Die Formel Eins benötigt dringend einen Auffrischung in Sachen Geschäftsmodell. Der CVC als bisheriger Inhaber war an Veränderung wenig gelegen, weil die Einnahmeströme stimmten. Als Privat Equity Group hat man eher kurzfristige, stabile Einnahmen im Sinn. Das sieht bei Liberty Media anders aus. Hier geht es darum, ein langfristiges Angebot an Content für Sender und Kabelnetze anzubieten, das beständig Geld abwirft. Das bedeutet einerseits, dass man Änderungen positiv gegenüber steht, andererseits birgt es auch die Gefahr, dass man bei mangelnden Erfolg damit beginnen könnte, überhastete Entscheidungen zu treffen.

Gleichzeitig hat Liberty Media alle Möglichkeiten einer neuen, digitalen Vermarktung. Vorstellbar ist, dass man einen digitalen „F1-Kanal“ im Netz anbietet. Also so etwas, wie der NFL Game Pass. Mit Sicherheit wird man die mediale Vernetzung mehr nutzen, als das bisher der Fall ist.

Kann der Verkauf noch platzen?
Es müssen mehrere Aufsichtsbehörden zustimmen, darunter die EU. Da Liberty Media auch Anteile an der Formula E hält, kann es passieren, dass die EU von der Liberty Media verlangt, diese Anteile abzustoßen. Es spricht allerdings wenig dafür, dass der Deal nicht über die Bühne geht.

Bilder: Red Bull Mediahouse/Getty, FIA. Chart: Alianora La Canta

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2 Kommentare

Joe 8 September, 2016 - 09:46

Hi Don,
vielen Dank für den Artikel und die vielen guten Infos.
Ich hoffe, dass die Formel1 in ein paar Jahren nicht
in Deutschland ins PayTV wandert. Im Frankreich Urlaub
musste ich Formel1 über einen VPN Tunnel nach UK bei BBC auf
dem Laptop schauen, weil man dort Formel1 im TV nur über das
PayTv schauen kann.
— Joe

Walter 9 September, 2016 - 08:24

Von einem fast 90jährigem kann man keine besonders große Innovationskraft mehr erwarten.
Gerade im Bereich der sozialen Medien hat man die letzten Jahre fast komplett verschlafen.
Ich erhoffe mir auch ein wenig mehr „Nascarisierung“ der Formel 1.
Wie man eine gute Show abliefert und die Serie medial aufbereitet, das zeigt die Nascar in den USA und auch viele andere Rennserien in Europa.
Da liegt die Formel teilweise Lichtjahre zurück.
Auch sollten die Teams mal ihr Ego etwas herunter schrauben und mehr an die Fans denken.
Insgesamt kann es also nach dem Verkauf nur besser werden.

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