Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP von Österreich – Einlenken, Ausatmen

Formel Eins: Analyse GP von Österreich – Einlenken, Ausatmen

von DonDahlmann
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Der GP von Österreich brachte eine Menge Spannung und für Mercedes mal wieder jede Menge Ärger. Schuld daran waren die Reifen und das kühle Wetter.

Jenson Button on track.Schon die Startaufstellung versprach einen abwechslungsreichen Grand Prix. Hülkenberg auf P2, Button einen Platz dahinter, dann Räikkönen und weiter hinten Rosberg und Vettel. Dazu gab es sehr kühle Temperaturen und zum ersten Mal wirkte sich aus, dass die Teams ihre Reifen viele Wochen vor einem Rennen festlegen müssen. Am Ende entschieden unter anderem die Entscheidungen der Fahrer, welche Reifensätze sie gerne hätten, das Rennen. Zum ersten Mal zeigte sich aber auch, dass die Ultrasoft eben doch nicht immer die richtige Wahl sind.

Der Start brachte wenig Überraschungen, außer dass Hülkenberg schlecht weg kam und leider einige Plätze zurückfiel. Sein Rennen sollte dann im Laufe des Nachmittags noch miserabler werden und mit einem Ausfall wegen eines defekten Energiespeichers enden. Für eine hochgezogene Augenbraue sorgte allerdings Jenson Button, der seinen McLaren auf P2 platzierte und munter die Angriffe von Kimi Räikkönen abwehren konnte. Zwar ist der Aufwärtstrend von Honda in den letzten Rennen nicht zu übersehen, aber so stark hätte man den McLaren ausgerechnet in Österreich auf den ersten Blick nicht erwartet. Aber den Briten kamen zwei Dinge zugute. Zum einen gibt es zwar drei Geraden am Red Bull Ring, die sind aber nicht sonderlich lang. Das Problem der Honda ist, dass ihnen am Ende von sehr langen Geraden weiterhin der Saft beziehungsweise der Energiespeicher ausgeht. In Österreich sind die Geraden kurz und haben zudem harte Anbremszonen, die den Speicher wieder auffüllen. Das zeigt aber auch: Honda ist nicht mehr weit weg. Die Leistung des Motors stimmt, es hapert nur noch am Energiespeicher.

Dass Button P2 nicht würde halten können, war klar, lag aber vor allem an den Ultrasoft, die bei ihm und Hülkenberg schnell einbrachen. Nach sechs Runden war Sense mit dem Grip, was die Schwäche beider Chassis aufzeigt. Vor allem im Vergleich zu Mercedes, wo Hamilton 21 Runden mit den Ultrasoft fahren konnte.

Genau diese 21 Runden waren aber gleichzeitig ein Problem. Mercedes hatte gesehen, dass Hamilton, der vorne keinen Druck hatte, konstantere Rundenzeiten mit den Ultrasoft fahren konnte, als man geplant hatte. Gleichzeitig sah man, dass auch Vettel mit den Supersoft draußen blieb und zu einer echten Bedrohung in Sachen Strategie wurde. Man verwarf den ursprünglichen Plan einer Zwei-Stopp-Strategie und ließ Hamilton draußen, um den Angriff des Ferrari zu kontern. Und damit kommen wir zum Dilemma von Mercedes, das sich in dieser Übersicht ausdrückt:

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Die Ultrasoft konnte man vergessen, die hielten maximal 15 bis 17 Runden. Die Supersoft sahen etwas besser aus, hielten aber auch nur maximal 25 Runden. Blieben die Soft. Von denen hatte Hamilton einen frischen und einen angefahren Satz. Rosberg hatte aber nur noch einen Satz Soft, dafür aber noch einen frischen Supersoft.

Zunächst versuchte Mercedes, erst einmal Rosberg nach vorne zu holen. Der nahm in Runde 11 den einzigen Satz Soft, den er eh am Wochenende hatte, und fuhr damit die schnellsten Zeiten. Während Hamilton vorne langsamer wurde, reduzierte der Deutsche den Rückstand nachhaltig. Mercedes sah das Dilemma, aber vor allem hatte man immer noch Vettel im Blick, der mit seinen Supersoft gute Rundenzeiten fuhr. Mit den Hamilton zur Verfügung stehenden Reifensätzen, hätte man einen zweiten Stopp nur schwer abdecken können. Also entschloss man sich gegen einen frühen Stopp und ließ Hamilton draußen.

So konnte Rosberg locker die Führung übernehmen, aber er konnte sie nicht ausbauen. Nachdem Vettel der Reifen um die Ohren geflogen war, konnte Mercedes aufatmen, weil es zunächst keine direkte Konkurrenz mehr gab. Man entschied sich nach dem Reifenplatzer von Vettel, kein Risiko mehr einzugehen, und wechselte auch Hamilton wieder auf eine Zwei-Stopp-Strategie. Rosberg hätte so oder so noch mal reinkommen müssen, er hatte seine Soft in Runde 11 aufgezogen.

Archivnummer: D306466Die Frage wäre jetzt: Hätte man Hamilton durchfahren lassen können? Die Antwort lautet: Jein. Verstappen und Räikkönen fuhren zwar knapp 50 Runden mit den Soft, waren am Ende aber chancenlos gegen die frischeren Reifen von Hamilton und Rosberg. Die Gefahr, dass Red Bull oder Ferrari einen lange Fahrt von Hamilton kontern würden, war eine Sache, die andere lag darin begründet, dass ein Safety Car das Feld hätte zusammenschieben können.

Die Entscheidungen von Mercedes führten dann aber zu dem Problem in der letzten Runde. Hamilton hatte noch einen Satz gebrauchter Soft, die klar die besseren Reifen bei den Temperaturen waren. Rosberg hatte nur noch einen Satz Supersoft, weil er nur einen Satz Soft vor dem Rennen bestellt hatte. Zwar beschwerte sich Hamilton darüber, dass Rosberg die vermeintlich schnelleren Reifen bekam, doch der Weltmeister sah schnell, dass der gefühlte Nachteil eher sein Vorteil war. Die Supersoft neigten auch bei leichter werdenden Autos zu Graining.

Das Rennen entschied sich durch drei Fehler von Rosberg. Einmal verpasste er den Bremspunkt in Turn 2, sodass sein stabiler Vorsprung von zwei Sekunden auf 0,4 Sekunden schmolz. Nach dem Rennen gab Rosberg an, dass seine Bremsen überhitzt hätten. Zumindest sah man in den TV-Bildern, dass es tatsächlich viel Bremsstaub bei seinem Auto gab, was meist ein Zeichen für überhitzte Bremsen ist. Fehler zwei und drei kamen dann in der letzten Runde. Der Deutsche verbremste sich leicht in Turn 1, sodass Hamilton in sein Getriebe kam. In Turn 2 kam es dann zur Kollision.

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War es die alleinige Schuld von Rosberg? Er hatte die Innenlinie und damit die Kurve. Dort kann man eigentlich nicht außen überholen, weil der zu Überholende beim Herausbeschleunigen die Linie dicht macht. Auf der anderen Seite war Hamilton auf gleicher Höhe und die Regeln besagen halt auch, dass man dem Konkurrenten immer eine Wagenlänge Platz geben muss. Rosberg entschloss sich, eine weite Linie zu wählen, was ok war. Aber nicht soooo weit, wie das Bild oben zeigt. Irgendwann musste Hamilton einlenken – oder stehen bleiben. Toto Wolff war nach der Kollision, die mal wieder wichtige Punkte in der Team-WM kostete, sauer. Er gab beiden Fahrern die Schuld. Rosberg, weil er Hamilton abgedrängt hatte, und Hamilton, weil er sich nicht abdrängen ließ. Die Rennleitung sah den Fehler bei Rosberg und brummte ihm eine 10-Sekunden-Strafe auf, die auf seine P4 keine Auswirkungen hatte.

Ich habe es als Rennunfall gesehen. Rosberg hat sich zu breit gemacht, Hamilton hat dagegengehalten. Passiert. Blöd für Rosberg, dass es mal wieder zu seinen Ungunsten ausging.

F1_Race_Austria_2016_12Red Bull tat sich beim Heimrennen schwer, was etwas überraschend war. Es fehlte doch einiges auf die Mercedes und die Ferrari. Man versuchte es im Rennen mit zwei verschiedenen Strategien. Verstappen setzte man auf eine Ein-Stopp-Strategie, Ricciardo sollte zweimal kommen. Es zeigte sich, wie bei den meisten, die früh stoppten, dass Verstappen die bessere Strategie hatte. Ricciardo mühte sich auf frischen Ultrasoft in den letzten Runden, aber der Stopp hatte ihn zu viel Zeit gekostet. Hätte man den Australier draußen gelassen, wäre er vor Rosberg ins Ziel gekommen.

Verstappen fuhr ein wenig beachtetes, aber mal wieder sehr gutes Rennen. Er hatte die meiste Zeit Kimi Räikkönen im Genick, aber der Finne kam wie schon in Spanien nicht am Niederländer vorbei. Das lag allerdings auch ein bisschen daran, dass Räikkönen auf gebrauchten Soft unterwegs war und damit auch noch aufholen musste. Zwar klemmte er Verstappen in den letzten Runden im Heck, aber es fehlte dem Ferrari der Grip und die Power, um am Red Bull vorbeizukommen. Die Kollision der Mercedes spülte den Ferrari dann auf P3, was gleichzeitig dafür sorgte, dass Räikkönen nun punktgleich mit Vettel ist.

F1 - AUSTRIA GRAND PRIX 2016Und dann war dann noch das Rennen des Pascal Wehrlein, der dem Manor-Team zum ersten Punkt in diesem Jahr verhalf. Schon in der Quali fiel Wehrlein sehr positiv auf, indem er den Manor auf Platz 12 bugsierte. Eine erstaunliche Leistung für Team und Fahrer, die scheinbar in Österreich die Abstimmung des Autos besonders gut hinbekommen hatten. Im Rennen lief es für Wehrlein nicht wesentlich schlechter. Allerdings war die Strategie des Teams auch gut. Den ersten Stint legte Wehrlein bis Runde 13 auf den Ultrasoft zurück, nahm noch mal die gleichen Reifen und wechselte in Runde 23 auf Soft. Klar mit dem Ziel durchzufahren, während man davon ausging, dass die Haas, Renault und Toro Rosso noch mal würden wechseln müssen.

Das SC spielte allen in die Hände, die ab Runde 21 durchfahren wollte, so auch Wehrlein. Es führte das Feld zusammen und er konnte die Reifen schonen. In den letzten Runden lag der Manor auf P11, knapp hinter Bottas. Und zwar richtig knapp, der Abstand betrug rund eine halbe Sekunde. Weil der Williams aber auf der Geraden so schnell ist, kam der Deutsche nicht vorbei. Den Punkt „schenkte“ ihm dann in der vorletzten Runde Sergio Perez, der mit Bremsversagen in Turn 3 abflog. Aber dennoch, der Punkt ist hart erkämpft und da ist Fortuna eben manchmal gnädig. Sein zehnter Platz dürfte ihn auf die Liste einiger Teamchefs gesetzt haben.

Aber neben der Erkenntnis, dass da ein sehr guter Nachwuchsfahrer heranwächst, ist es auch mal wieder schön, eines der Underdog-Teams in den Punkten zu sehen.

Was sonst so war:

  • Ein wenig ging es unter, aber auch Grosjean gelang ein sehr gutes Rennen. Nach langer Pause (GP von Russland) konnte HaasF1 mal wieder Punkte einsammeln. Der siebte Platz war Lohn für ein starkes Rennen von Grosjean und basierte auch auf der Taktik, einfach durchzufahren. Guiterrez scheiterte hinter Wehrlein (0,6 Sek) knapp an P10.
  • Sauber machte in Österreich teilweise einen guten Eindruck. Vor allem in der ersten Rennhälfte zeigte man sich sogar im Kampf um P10, weil Nasr mit Soft gestartet war und diese Reifen 43 Runden lang fuhr. Die britischen Medien vermelden mittlerweile, dass Sauber wohl auch auf Geld gestoßen ist. Angeblich hat man einen neuen Investor. Jedenfalls will Sauber demnächst zum ersten Mal in diesem Jahr (!) ein Update am Auto an die Strecke bringen.
  • Gutes Rennen auch von Sainz, der auf P8 kam. Er hatte eine ähnliche Strategie wie Wehrlein mit seinen Stopps in Runde 9 und Runde 28.
  • Williams sah am Wochenende schlecht aus. Vor zwei Jahren konnte man Mercedes noch die Show stehlen, in diesem Jahr ging nichts. Rob Smedley schätzte die Situation von Williams in diesem Jahr als „unbefriedigend“ ein. Mit dem Auto kommt man jedenfalls nicht mehr weiter und der Abstand auf Red Bull in der Team-WM ist auch schon fast zu groß.
  • Richtig frustriert wird man bei Force India sein. Hülkenberg fiel aus, Perez lag auf P8, als seine Bremsen den Geist aufgaben. Am Ende stehen trotz P2 in der Startaufstellung keine Punkte auf dem Zettel. Hätte besser laufen müssen.

Nächste Woche geht es schon weiter, dann steht Silverstone auf dem Programm.

Red Bull Ring, Spielberg, Austria. Saturday 02 July 2016. World Copyright: Andy Hone/LAT Photographic ref: Digital Image _ONZ5409

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

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