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WEC: Bahrain 2015 – Drama, baby!

von DonDahlmann
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Es war ein spannender und würdiger Abschluss einer tollen Saison. Mehrfach wechselte der Fahrertitel zwischen den überraschend starken Audi und den Porsche hin und her.

ND5_9241.JPGBesser hätte die WEC die Saison 2015 nicht beenden können. Spannende und harte Positionskämpfe an der Spitze, technische Probleme bei Audi und Porsche – lange war es unklar, wer denn jetzt am Ende die Nase vorne haben würde. Wie üblich setzten sich in den ersten Runden die beiden aus der ersten Reihe gestarteten Porsche an die Spitze. Audi blieb zwar dran und ließ sich nicht abschütteln, kam den beiden Porsche aber auch nicht näher. Nach einer knappen halben Stunde begann allerdings das große Zittern bei Porsche. Bei der #17 (Hartley, Webber, Bernhard), die in der WM nur fünf Punkte vor dem Audi #7 (Fässler, Lotterer, Treluyer) liegt, ging plötzlich nichts mehr. In Führung liegend rollte der 919 plötzlich nur noch langsam um den Kurs und rettete sich gerade so an die Box. Hektik brach aus, das Problem lag im Heck. Offenbar empfing der Motor nicht mehr die Befehle des Gaspedals, so zumindest die Aussage von Porsche. Die #17 fiel schnell zurück, konnte aber nach 8:43 min wieder auf die Strecke fahren. Zu diesem Zeitpunkt hatten beide Audis den Druck erhöht.

Nach den Boxenstopps und einer Stunde Rennzeit lagen plötzlich beide Audi vorne. Der zweite Porsche konnte das Tempo nicht mitgehen und lag 14 Sekunden zurück. Der #17 fehlten insgesamt vier Runden auf die Spitze und es war klar, dass Porsche in ernsten Schwierigkeiten steckte. Denn würde es bei diesem Ergebnis bleiben, hätte die #17 auf jeden Fall einen der beiden Toyota noch einholen müssen. Hektisch wurde gerechnet, ob man die Japaner würde einholen können, aber die waren in Bahrain schneller unterwegs als in den Rennen zuvor. Die #17 drehte eine schnelle Runde nach der anderen, aber würde das reichen? Eine Lösung für Porsche bestand noch darin, die #18 am Schluss aus dem Rennen zu nehmen. Unsportlich, aber machbar, denn so hätte die #17 nur einen Toyota schnappen müssen. So oder so: Bei einem Sieg der #7 hätte die #17 auf jeden Fall P4 erreichen müssen. Es sei denn, die #18 würde den Sieg holen, aber danach sah es in den ersten Stunden nicht aus. Bei Audi stieg die Laune, die Zuschauer wunderten sich, warum die #18 so langsam unterwegs war.

Car #7 / AUDI SPORT TEAM JOEST (DEU) / Audi R18 e-tron quattro Hybrid / Marcel Fassler (CHE) / Andre Lotterer (DEU) / Benoit Treluyer (FRA)- 6 Hours of Bahrain at Bahrain International Circuit - Sakhir - BahrainNach etwas mehr als zwei Stunden erkannte man, dass hinter der zurückhaltenden Fahrt der #18 eine Strategie steckte. Zum einen hielt man beide Audi im Blickfeld, zum anderen sparte man bei der #18 Sprit. Das Ziel war, am Ende einen Stopp weniger auf der Uhr zu haben. Dafür hätten beide Audi einen Vorsprung von rund 1:20 min bis zu 1:30 min herausfahren müssen, also eine knappe Runde. Aber soweit ließ die #18 sich nie zurückfallen. Gleichzeitig hatte die #17 den Abstand auf die beiden Toyota schon auf zwei Runden reduziert. Dennoch war zu diesem Zeitpunkt die #7 in der WM vorne.

Das Pendel schwang kurz vor dem Ende der zweiten Stunde wieder zugunsten der Porsche. Bei der #8 brach am Ende der Gegengerade die rechte Bremsscheibe und zerstörte dabei die Antriebswelle gleich mit. Und damit auch die Hoffnungen, dass man den Fahrertitel aus eigener Kraft hätte holen können. Die #8 konnte zwar wieder rausfahren, verlor aber vier Runden und lag hoffnungslos zurück. Selbst wenn die #7 nun das Rennen gewinnen und selbst wenn die #17 nicht an den Toyota vorbeikommen würde, hätte Porsche immer noch die #18 aus dem Rennen nehmen können. Die #17 wäre somit auf P4 und die Fahrer-WM gesichert.

Car #18 / PORSCHE TEAM (DEU) / Porsche 919 Hybrid Hybrid / Romain Dumas (FRA) / Neel Jani (CHE) / Marc Lieb (DEU)- 6 Hours of Bahrain at Bahrain International Circuit - Sakhir - BahrainDie andere Variante: Die #18 gewinnt das Rennen. Nach einer kurzen FCY, weil man die Strecke säubern musste, blies Porsche dann zum Angriff. Man hatte genug Sprit gespart, also steigerte man die Rundenzeiten bei der #18. Es entwickelte sich ein sehenswerter Kampf um die Spitze, der hart, aber immer fair ausgefochten wurde. Nach zähem Ringen konnte sich die #18 an die Spitze setzen und mit guten Rundenzeiten ein paar Sekunden absetzen. Die Entscheidung fiel dann, als man bei Audi gebrauchte Reifen aufziehen musste, während der Porsche mit nagelneuen Michelins unterwegs war. In der Zeit setzte sich die #18 uneinholbar ab.

Damit war die Entscheidung aber immer noch nicht gefallen, denn 90 Minuten vor Schluss rollte die #17 erneut langsam um die Strecke. Fast stand der Wagen, dann gelang es Mark Webber, die Elektronik neu zu starten und an die Box zu rollen. Wieder hektische Arbeit, dieses Mal betraf es wohl eines der Hybridsysteme. Nach ein paar Minuten ging der Wagen wieder auf die Strecke, aber der Titel hing an einem seidenen Faden. Noch mindestens einmal musste Webber den Wagen auf der Strecke resetten, um weiter zu kommen. Die Frage war: Würde die #17 die Zielflagge sehen? Denn nur dann würde der Wagen gewertet. Würde die #17 500 Meter vor dem Zielstrich stehen bleiben, würde der Titel doch an Audi gehen.

WEC_Bahrain_2015_16Doch dieses Mal blieb Mark Webber, Brandon Hartley und Timo Bernhard das Glück hold. Man schleppte das Auto um die Strecke, teilweise fuhr man zehn Sekunden langsamer, aber es reichte, um ins Ziel zu kommen. Besonders Webber zeigte sich extrem erleichtert. Man mag es kaum glauben, aber die FIA WEC-Fahrerweltmeisterschaft ist der erste Titel, den er seit 1996 (!) gewinnen konnte (Formula Ford).

Immerhin vier Siege konnte die #17 in diesem Jahr erringen, was auch daran lag, dass die #18 sehr viel Pech hatte. Aber Hartley, Bernhard und Webber waren meist auf Augenhöhe mit den Teamkollegen, in der Quali war man oft schneller. Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass die #17 im ersten Rennen komplett ausgefallen ist, erkennt man, wie gut die drei in diesem Jahr unterwegs waren.

Für Toyota lief es wie üblich nicht so doll. Man war zwar etwas besser unterwegs, aber wie immer in dieser Saison weit hinter Audi und Porsche. Vor dem Hintergrund des Rücktritts von Alex Wurz war es am Ende aber schön zu sehen, dass der Österreicher in seinem letzten Rennen noch auf P3 fahren konnte.

Für Audi war der Verlust der Fahrer-WM natürlich enttäuschend. Im letzten Jahr verlor man gegen Toyota, in diesem Jahr war man trotz hoher Investitionen in der laufenden Saison den Porsche meist unterlegen. Zwar konnte man die ersten beiden Rennen gewinnen, aber ab Le Mans hatte Porsche die Nase vorne. Ausschlaggebend war aber, dass man in den Rennen nach Le Mans chancenlos war. In Bahrain war man zwar schneller, verlor das Rennen gegen Porsche aber dennoch über den Speed und den Verbrauch.

Für 2016 strebt man daher eine komplette Erneuerung des R18 an. Ein neuer Motor, ein neues Energiespeichersystem, eventuell ein zweites Hybridsystem und der Aufstieg in die 8 MJ-Klassen sollen das Blatt wenden. Ähnliches plant man bei Toyota. Man kann sich also jetzt schon auf das nächste Jahr freuen. Eine genaue Analyse der Saison 2015 folgt in den nächsten Wochen.

LMP2

Car #47 / KCMG (HKG) / Oreca 05 - Nissan / Matthew Howson (GBR) / Richard Bradley (GBR) / Nick Tandy (GBR)- 6 Hours of Bahrain at Bahrain International Circuit - Sakhir - BahrainIn der LMP2 ging es auch in Bahrain zwischen KCMG und der #26 von G-Drive wieder hoch her. Die beiden Teams, nach dem Vorfall von Fuji in inniger Feindschaft verbunden, lieferten sich über die gesamte Distanz einen harten Kampf um die Spitze. Es war schon vor dem Rennen klar, dass die #26 mit Rusinov, Canal, Bird den Titel holen würde, da sie mit 25 Punkten vorne lag. Selbst wenn die #26 ausgefallen wäre und KCMG hätte gewinnen können, wäre der Titel an G-Drive gegangen, weil diese bei Punktgleichheit einen Sieg mehr auf dem Konto hatten. Dennoch gab man sich natürlich keine Blöße und es wurde hart, aber dieses Mal fair, gefightet. Und das über die gesamte Renndistanz. Die Entscheidung fiel erst in der letzten Stunde, als man sich bei KCMG dazu entschloss, bei Nick Tandy auf Reifenwechsel zu verzichten. Eine fatale Fehlentscheidung, die #26 hatte frische Reifen aufgezogen. Le Mans-Sieger Tandy kämpfte mit stumpfen Waffen und musste Sam Bird ziehen lassen.

Auf P3 landete der zweite G-Drive mit Yacaman, Derani, Gonzales, die ein ruhiges Rennen fuhren. Dahinter kamen die Sieger aus Shanghai, das Signatech-Team, auf P4. Die hatten lange mit um die Führung kämpfen können, fielen aber am Ende dann doch zurück. Den bemerkenswertesten Auftritt legte das Sard/Morand-Team hin. Mitte des Rennens verlor Pierre Ragues beim Anbremsen am Ende der langen Gerade das Auto und schlug mit der rechten Front in die Leitplanke ein. Der Einschlag war heftig, der Wagen hob sogar kurz das Heck. Aber erstaunlicherweise war das Auto kaum beschädigt und konnte nach einem kurzen Aufenthalt an der Box das Rennen sogar auf P7 beenden.

Gar nicht gut lief es für ESM, da bei beiden Autos die linke hintere Radaufhängung kollabierte. Das war schon erstaunlich und lässt die Vermutung zu, dass man bei ESM offenbar die Aufhängungsteile bis an die Grenze ihrer Laufzeit nutzt. Überhaupt war die erste Saison von ESM eine einzige Enttäuschung. Trotz des guten Ligier-Chassis fuhr das Team mit dem HPD-Motor nur hinterher und war nie in der Lage, die Zeiten an der Spitze zu gehen.

Für 2016 kann man Verstärkung in der LMP2 erwarten. Das russische AF (SMP) Team, das in Bahrain mit einem BR01 am Start war, will eventuell in der nächsten komplett in die WEC wechseln. Ebenso plant man mindestens ein Kundenteam auszurüsten. Zumindest für ein Jahr, ab 2017 gelten ja neue Regeln in der LMP2.

GTE Pro

In der Pro gab es nur noch geringe Chancen für das altgediente Ferrari-Duo Bruni/Vilander. Man lag 21,5 Punkte hinter Richard Lietz, der wegen diverser Co-Piloten-Wechsel bei Porsche alleine an der WM-Spitze lag. Da das Feld in der Pro relativ überschaubar ist, musste Lietz seinen Porsche eigentlich nur ins Ziel bringen, was ihm am Ende mit P4 auch gelang. Der Druck lag bei Ferrari, die das Rennen unbedingt gewinnen mussten, wollte man die hauchdünne Chance auf den Titel noch erhalten. Leichter gesagt als getan – denn vorne setzte sich der zweite Porsche mit Pilet/Makowiecki an die Spitze und verwehrte dem AF Corse-Team den Platz an der Sonne. Dazu kam dann noch Pech, als man nach einem Stopp einen Reifen verlor. Der offenbar wie ein Panzer gebaute F458 schaffte es an die Box und sogar noch auf den zweiten Platz im Rennen, aber es reichte halt nicht für die WM.

Auch die Marken-WM ging somit an Porsche und damit Olaf Manthey, der den Einsatz in der WEC ja betreute. Und es wird der letzte große Titel für Manthey sein, denn nach dem Rennen erklärte er seinen Rücktritt vom internationalem GT-Sport. Porsche wird nächstes Jahr nicht in der GTE-Pro antreten, Manthey nutzt die Gelegenheit, so halb in Rente zu gehen. Dafür wird man ihn im nächsten Jahr in der VLN wiedersehen.

Was Porsche macht, ist noch nicht so ganz raus. Offiziell ist bisher nichts, aber der Rückzug von Manthey macht klar, dass man 2016 keinen Werkseinsatz in der GT-Pro sehen wird. Ob man ein „Sabbatical“ eingelegt und 2017 wieder einsteigt, ist nicht klar. Den Einsatz der RSR in der Pro wird wohl das Proton-Team übernehmen, allerdings ohne weitere Werksunterstützung. Das wird dann gegen die neuen Ford GT und Ferrari F488 sehr schwer.

Die Aston Martin waren im Rennen chancenlos, man wartet hier händeringend auf das neue Modell, das man gerade in Bahrain testet.

GTE Am

Car #77 / DEMPSEY-PROTON RACING (DEU) / Porsche 911 RSR / Christian Ried (DEU) / Patrick Long (USA) / Marco Seefried (DEU)- 6 Hours of Bahrain at Bahrain International Circuit - Sakhir - BahrainHier standen die Meister, SMP mit Shytar, Basov, Bertolini, schon vor dem letzten Rennen fest. Auf P2 in der Meisterschaft lag das AF Corse-Team, das ja mit SMP kooperiert. Von daher kann man die Saison als Erfolg für Ferrari betrachten. Im Rennen dominierten aber Lauda, Lamy, Della Lana, die generell eine sehr gute Saison hatten. Man hätte vermutlich auch um den Titel kämpfen können, hätte man nicht ausgerechnet in Le Mans einen Komplettausfall hingelegt. Da die Aufmerksamkeit der Kameras bei der LMP1 lag, sah man von den GTs wenig, daher können wir auch nicht so viel zum Rennen sagen.

Das war es dann mit einer wirklich sehr guten Saison der WEC in diesem Jahr. Weiter geht es mit der Bekanntgabe der Le Mans-Starter Anfang Februar, der offizielle Test steht dann wie immer Mitte März in Paul Ricard auf dem Programm.

Bilder: FIA WEC, Porsche AG

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