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NASCAR: Analyse Darlington 2015 – Das nächtliche Cautionfest

von KristianStooss
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Nach viereinhalb Stunden stand um Mitternacht Ortszeit das längste Southern 500 seit 1974 in den NASCAR-Büchern, das Throwback-Thema wurde also bis zur letzten Konsequenz durchgesetzt. Als Hauptgrund offenbarte sich die Rekordanzahl von 18 Cautions, die fast allesamt dem experimentellen Aerokit geschuldet waren.

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Es zog sich ein wenig in Darlington, South Carolina, und gegen sechs Uhr am Montagmorgen waren wir europäischen Zuschauer dann um mindestens eine Erfahrung reicher: Um ein Southern 500 zu gewinnen, muss man in bester NASCAR-Langstrecken-Tradition einfach nur im entscheidenden Moment zu Stelle sein. Brad Keselowski wird sich geärgert haben, dass nach 196 von 367 möglichen Führungsrunden nur der zweite Platz für ihn blieb. Als strahlender Sieger präsentierte sich dagegen Carl Edwards, der zuvor in diesem Rennen wirklich alle Höhen und Tiefen durchleiden musste. Die Crew der #19 brachte ihren Schützling beim letzten Boxenstopp in Runde 357 aber wieder ganz nach vorne und zwar ausgerechnet an der Stelle, an welcher er zuvor in der Anfangsphase sogar eine komplette Runde verloren hatte. Über die letzten zehn Runden nach dem Restart ließ „Cousin Carl“ dann nichts mehr anbrennen und belohnte sich anschließend mit dem bekannten Rückwärtssalto.

Zwar zeigte sich Carl Edwards bereits in der Anfangsphase für zwei Umläufe ganz vorne, geriet dann aber nach einem missglückten Strategie-Call in Rundenrückstand. Crew-Chief Darian Grubb leistete sich einen seiner seltenen Ausfälle und behielt die #19 auf der Strecke, obwohl die Konkurrenz geschlossen an die Box kam. Warum diese Entscheidung getroffen wurde, nachdem der extrem hohe Reifenverschleiß direkt zu Rennbeginn deutlich wurde, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Später beschwerten sich die Teams sogar bei der NASCAR, als die Offiziellen die Maximalbegrenzung von zwölf Reifensätzen pro Mannschaft nicht aufheben wollten. Immerhin gab Edwards nicht auf und hievte sich in Gelbphase #11 mit dem Lucky-Dog zurück in die Führungsrunde. Als Schlüssel zum Sieg entpuppte sich seine Boxencrew, die in gewohnter Joe-Gibbs-Zaubermanier einen Fabel-Stopp ablieferte, als es darauf ankam.

Insgesamt präsentierte sich das Southern 500 in sehr turbulenter Weise und brachte uns eine Rekordanzahl von 18 Cautions, die das Rennen künstlich auf vier Stunden und 28 Minuten verlängerten. Damit wird diese Ausgabe als die längste seit 1974 in die Geschichte eingehen. Die Hauptursache dafür darf getrost beim experimentellen Low-Downforce-Aerokit gesucht und gefunden werden, das die Autos zu einem sehr diffizilen Handling verleitete. Die Fahrer zeigten sich beim zweiten Einsatz dieser Variante zwar größtenteils hoch erfreut darüber, doch gerade auf der schwierigen Strecke in Darlington ging einigen Piloten dann scheinbar doch viel schneller das Talent aus als üblich. Größtenteils waren die Hinterbänkler betroffen.

Nicht weniger als 15 Gelbphasen wurden nämlich nach Unfällen ausgerufen, an denen häufig mehr als ein Wagen beteiligt war. Zwölf Fahrer fielen daher entweder komplett aus oder gerieten in heftigen Rundenrückstand. Opfer der vielen Dreher wurden Cole Whitt (43.), Danica Patrick (42.), Chase Elliott (41.), David Ragan (40.), Michael Annett (39.), Ricky Stenhouse Jr. (38.), TJ Bell (37.), Brett Moffitt (36.), Trevor Bayne (35.), JJ Yeley (34.), Justin Allgaier (33.) und Mike Bliss (32.). Die sonst weiter hinten platzierten Piloten, die bis zum Schluss schadlos blieben, konnten ein paar bessere Ergebnisse als gewohnt nach Hause fahren, allen voran Landon Cassill (20.), Alex Bowman (24.) und Matt DiBenedetto (25.).

An der Entscheidung waren allerdings andere Fahrer beteiligt und so zog sich am Ende der Top-10 auch eine klare Linie durch das Feld, zumindest was die Anzahl der Führungsrunden betraf. Außerhalb der Top-7, die allesamt mindestens einmal an der Spitze zu finden waren, gelang das nur Kyle Larson (10.), Kasey Kahne (12.), Tony Stewart (15.) und als Ausnahme David Gilliland (27.) beim Cycle-Through während der Green-Flag-Pitstops. Wirklich gute Überholmöglichkeiten konnte das Aeropaket nämlich nicht verschaffen und so zeigte sich erneut die Wichtigkeit von Clean-Air und Track-Position. Die erwähnten Top-7 hinter Edwards und Keselowski waren schließlich Denny Hamlin (3.), Joey Logano (4.), Kevin Harvick (5.), Kurt Busch (6.) und Kyle Busch (7.) vor Dale Earnhardt Jr. (8.) und Martin Truex Jr. (9.). Die Piloten dieser Top-7 hätten an diesem Abend auch ohne weiteres anstelle von Edwards in der Victory-Lane stehen können.

Dadurch, dass Carl Edwards bereits sein zweites Saisonrennen gewinnen konnte, rückte kein neuer Fahrer in den Chase auf. Die letzte Chance, sich für die Entscheidungsphase der Meisterschaft zu qualifizieren, bietet sich den Kontrahenten am nächsten Wochenende in Richmond. Dort werden neben den elf Rennsiegern noch mindestens vier Piloten über die Punkte einziehen, plus ein zusätzlicher Platz entweder für einen neuen Victory-Lane-Besucher oder den fünften Punktekandidaten. Einen genauen Blick mit den entsprechenden Rechenbeispielen könnt ihr für die Richmond-Vorschau erwarten. Nur so viel noch: Kyle Busch hat nach Darlington übrigens einen uneinholbaren Vorsprung auf Platz 31 und wird damit sicher im Chase dabei sein.

Das gesamte Rennergebnis kann bei Jayski inklusive weiterer Statistiken noch einmal nachgeschaut werden. Es folgen wie gewohnt die Fahrerwertung und die Owner-Punkte.

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