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VLN: Die Sache mit dem Tempolimit

von DonDahlmann
5 Kommentare

Der Ärger um das Tempolimit auf der Nordschleife ist groß, die Auseinandersetzungen deswegen nehmen absurde Formen an. Sogar die Fahrer streiten sich untereinander darüber, was die richtige Lösung ist.

Die GT3 ist eine Formel, die weltweit unterwegs ist. GT3s fahren in den Steilkurven von Daytona, in Mid-Ohio, Road Atlanta oder Road America. Man kann sie Spa, in Bathurst, in Suzuka, in Zolder oder auch auf der Strecke von Oulton Park sehen. Und auf keiner dieser Strecken haben die GT3 Probleme. Man muss es klar sagen: Die Probleme der GT3 gibt es nur auf der Nordschleife. Nicht die GT3 haben ein Sicherheitsproblem, die Nordschleife ist nicht mehr für die GT3 geeignet. Jedenfalls nicht in der Form, in der sie im Moment dort unterwegs sind.

Nur zur Erinnerung: Die schnellste jemals gefahrene Rundenzeit liegt bei 6.11min. Die GT3 fahren inkl. der VLN-Strecke auf der GP-Schleife bei freier Strecke um die 7.50min. Zieht man die 70 Sekunden für die GP-Strecke ab, dann liegen die GT3 bei 6.40min. Das ist zu schnell. Es gibt einen Grund, warum auf der Nordschleife seit Jahrzehnten keine Formel Eins und keine LMP1/Gruppe C mehr fahren dürfen und den kann man im übrigen auch auf der Webseite des Nürburgrings nachlesen. Dort gibt es eine Extraseite für den legendären Rundenrekord und da steht:

„Im Rennen dominiert er ebenfalls mit einer Zeit von 6:25,91 Minuten bis es zu einem spektakulären Unfall im Streckenabschnitt Pflanzgarten kommt. Der Porsche bekommt beim Sprung Unterluft und wird regelrecht zum Geschoß. Stefan Bellof blieb unversehrt und schrieb wenig später schon wieder Autogramme für seine Fans.“

Jede Strecke hat Grenzen, die ihr die Physik vorschreibt. Niemand würde auf die Idee kommen, mit einem Dragster über die Döttinger Höhe zu fahren. Und doch verstehen es offenbar viele Fans der Nordschleife nicht, dass die GT3, so wie sie jetzt sind, nicht mehr auf die Nordschleife passen.

Jürgen Alzen schrieb die Woche auf seiner Webseite:

„Hier am Ring, wo noch der letzte Rest puristischen Motorsports ausgetragen wurde, beerdigt man eine der geilsten Rennserien der Welt selbst! Das ist der DMSB generierte Nordschleifen Suizid! (…)
So hart es klingt, leider gehören Verletzte und gelegentlich auch Tote zum Bild des Sports und nicht nur zu dem des Motorsports.
Akzeptieren, oder lassen!
Motorsport is dangerous, kennt Ihr diesen Spruch überhaupt noch?“

Ich finde derartige Äußerungen schwierig, um es mal vorsichtig auszudrücken. Sollen wir alle wieder zurück in die 60er Jahre, wo man Ende einer Saison die Toten nicht mal mehr mit beiden Händen abzählen konnte? Ich bin ehrlich gesagt froh, dass diese Zeiten vorbei sind. Motorsport ist und bleibt auch so gefährlich. Das haben wir 2014 beim Unfall von Jules Bianchi erlebt, der im übrigen immer noch im Koma liegt. Das haben 2013 erlebt, als Alan Simonsen in Le Mans tödlich verunglückte. Das haben wir 2010 erlebt, als Marcel Tiemann in Imola fast sein Leben verlor und auf der Nordschleife Leo Löwenstein in seinem Aston Martin tödlich verunglückte.

Unfälle gehören zum Berufsrisiko eines Rennfahrers, aber es ist auch gut, wenn man alles dafür tut, dass dieses Risiko minimiert wird. Man kann über alles diskutieren, was mich aber wirklich extrem nervt sind die „…weiter so, ihr Schlappschwänze…“-Kommentare einiger Fans. Es sitzen immer noch Menschen hinter dem Steuer der Autos, Menschen mit Familien. Sie gehen bewusst ein Risiko ein. Weil es ihnen Spaß macht, weil es ihr Beruf ist. Aber sich hinzustellen und zu sagen, es seien „Weicheier“, nur weil einige Fahrer ehrlich sagen, dass es so mit der GT3 auf der Nordschleife nicht weitergehen kann, ist reine Dummheit. Man würde ja auch keinem Dachdecker, der bei Windstärke 9 nicht mehr arbeiten möchte, zurufen, dass er ein Feigling ist.

Dirk Adorf, auch keiner, dem man nachsagen kann, dass er ein Weichei ist, hat in einem sehr gut geschriebenen Facebookposting versucht zu erklären, was da bei der Sitzung des DMSB passiert ist und was die Alternativen waren. Die Alternative zum Tempolimit war: keine GT3, keine CUP, keine GT4 usw. auf der Nordschleife beim 24-Stunden-Rennen. Auch wenn das Tempolimit eine nervige Sache ist, ein merkwürdiger Anachronismus zum Motorsport, es ist die einzige Lösung, die man in der Kürze der Zeit vernünftig umsetzen konnte. Und es war nie die Rede davon, das es eine dauerhafte Lösung sein würde. Ich bin auch nicht begeistert davon, verstehe es aber. Mit einem „weiter so…“ ist keinem geholfen.

Davon völlig losgelöst ist allerdings die Frage, ob man die GT3 weiter mit dem Speed auf der Nordschleife fahren lassen kann. Ich stimme Mike Frison in seinem Beitrag in Sachen Hersteller und BoP nicht zu, aber er hat völlig richtig analysiert:

„Meiner Meinung waren die GT3 auf der Nordschleife ein Desaster waiting to happen. 20 Autos in irrer Geschwindigkeit, die um jeden technischen Vorteil untereinander beraubt wurden, jagen im Verkehr um die Strecke. Die Risiken, um sich einen kleinen Vorteil zu verschaffen, werden automatisch größer und die hohe Dichte an Fahrzeugen fordert einen Unfall mit mehreren Beteiligten geradezu heraus. Meiner Meinung nach ist die fatale Nissan Katastrophe diesem viel wahrscheinlicheren Szenario einfach nur zuvorgekommen.“

Veranstalter und DMSB stehen jetzt vor der sehr schwierigen Aufgabe, wie man einerseits mit den GT3 umgehen will, andererseits die Rundenzeiten insgesamt wieder auf die angepeilten 8.30min reduzieren kann. Die Lösung kann meiner Meinung nach nur ein großer Schnitt durch alle betroffenen Klassen sein. Wie dieser Schnitt aussehen wird und ob die Hersteller dann noch Interesse haben, sich am Ring einzubringen, wird eine schwer zu klärende Frage sein, die viel Zeit erfordert. Ich lebe dann lieber mit einer Interimslösung wie dem Tempolimit und habe am Ende eine für hoffentlich alle Seiten befriedigende Lösung, als mit dem Risiko, weitere tödliche Unfälle zu erleben.

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5 Kommentare

Chaos 12 April, 2015 - 12:31

Ich glaube, dass die Leute, die die „Motorsport is Dangerous“ Argumentation in diesem Falle vertreten, einen gefährlichen Weg beschreiten. Machen wir uns noch einmal klar was passiere ist: Ein Fahrzeug ist abgehoben, über die Streckenabsperrung geflogen und hat einen Zuschauer getötet und andere verletzt.
Zunächst bleibt festzuhalten: Es ist hier kein Fahrer ums Leben gekommen. Natürlich kann man leben nicht gegeneinander abwägen. Es geht mir hier um etwas anderes: Die Fahrer steigen immer mit der latenten Gefahr ins Auto, dass Ihnen etwas passieren könnte und sie im unwahrscheinlichen Fall der Fälle leider nicht unverletzt von Rennen zurückkommen. Das ist dann das sogenannte Berufsrisiko. Der Zuschauer fährt mit solchen Gedanken nicht an die Rennstrecke! Auch für seinen Schutz muss alles mögliche getan werden. Hier kommt eventuell auch ein gewisses Fehlverhalten des Zuschauers hinzu, das entbindet die Veranstalter aber keinesfalls von ihrer Pflicht, auch den Zuschauern größtmögliche Sicherheit zu garantieren. Ich muss auch als Veranstalter dafür Sorge tragen, dass sich die Zuschauer nicht selbst. meist sogar unwissentlich, einer erhöhten Gefahr aussetzen, die sicherlich gegeben ist, wenn man sich direkt hinter einem Fangzaun setzt.

Der zweite Aspekt ist der folgende: Nehmen wir an, es wird nach dem Motto weiter so verfahren und dann haben wir innerhalb des nächstens Jahres (was ich nicht hoffe!) den nächsten Toten, was nicht unwahrscheinlich ist. Wie lange gucken sich die Hersteller und Sponsoren das noch an? Für Nissan ist das ganze ein PR-Desaster. Weder Hersteller noch Sponsoren können es sich im 21. Jahrhundert leisten, dass es ihre Namen alle paar Monate in den Zeitungen in Zusammenhang mit Verletzten und Toten auftauchen. Dann gibt es auch ganz schnell kein großes 24h Rennen mehr.

Eagel-F1 12 April, 2015 - 15:49

Kleine Korrektur, am Slovakia-Ring hatten die GT3 auch Probleme und sind teilweise ordentlich abgehoben. Bin mir nicht sicher ob es anderen Serien dort auch so ging aber am Slovakiaring war es natürlich einfach etwas dagegen zu tun.

noch ein Markus 12 April, 2015 - 21:03

Zitat: „Man muss es klar sagen: die Probleme der GT3 gibt es nur auf der Nordschleife. Nicht die GT3 haben ein Sicherheitsproblem, die Nordschleife ist nicht mehr für die GT3 geeignet. Jedenfalls nicht in der Form, in der sie im Moment dort unterwegs sind.“

genau so ist das. hätten die GT3 ein Sicherheitsproblem wäre der Nissan Fahrer nicht lebend aus dem Wrack herausgekommen.
die Autos sind schlicht zu schnell für die Nordschleife.
es mag natürlich auch auf den Faktor „Erfahrung“ ankommen, aber nach 16 Runden im Serien-PKW und einem DMSB Nordschleifen Permit hat man die ja quasi eingekauft.
also wird es wohl am Auto liegen.

wünschenswert wäre, das die VLN die GT3 Autos wieder ausschließt.
jaja, steinigt mich.

damit könnte dann der ADAC sehen, wie er ein Starterfeld für das 24h Rennen zusammenbekommt.
aber mal ehrlich: der ADAC kümmert sich einen Scheiß um die Nordschleife und das was drumherum passiert oder in den letzten Jahren passiert ist.
das ist übrigens genau so viel wie alle Auto-Hersteller die sich mit immer neuen tollen Nordschleifen Rekorden brüsten.

auf die Regeln der SP Klassen, die zum Teil natürlich nicht viel langsamer sind, hat die VLN Einfluss, auf die Zulassungskriterien der GT3 Wagen nicht wirklich.

wenn die Kremer-Leute die Teilnahme am 24h-Qualirennen absagen wegen der Geschwindigkeitsbegrenzungen finde ich das konsequent und unterstützenswert.
aber statt runzuheulen sollen die doch bitte einen 911er für die V6 aufbauen, da gibt es keine Tempolimits.

ich persönlich finde die GT3 Autos klasse, den Sound der Mercedes SLS V8 oder Bentleys, aber bitte auf Strecken wo die – für Fahrer und Zuschauer – gefahrlos fahren können.
GT Masters, Blancpain Sprint – oder Endurance Series, 24h Series, es gibt genug Betätigungsmöglichkeiten.

wenn der ADAC oder, und vor allem, auch die Hersteller, mit ihren GT3 Autos auf der Nordschleife fahren wollen, dann sollen sie doch bitte mal Geld in die Hand nehmen und in die Sicherheitseinrichtungen investieren. das war bisher genau Null.

ps: Ende der 80er, Anfang der 90er war ich mal bei einem 24h Rennen, da fuhren VW Bus, Mercedes-Taxi und Volvo-Diesel-Kombi rundenlang im halben-Meter Abstand hintereinander her, das war wesentlich spannender wie 20 GT3 die langsamere Autos in der Nacht weg-blinken. nur mal so.

lefthog 12 April, 2015 - 22:47

Also größere Umbauten sind bei der Nordschleife sicher ausgeschlossen.

Letztlich muss man einfach die bittere Pille schlucken und die GT3s verbieten. So war es bereits mit der Formel 1 in den Siebzigern, den Gruppe C Sportwagen in den Achtzigern und auch der DTM in den Neunzigern.

Die Entwicklung der Autos ist der Nordsschleife jedesmal entwachsen. So auch diesmal. Leider hat es immer schwere Unfälle benötigt um zur Einsicht zu gelangen.

Auf der Nordschleife wird sicher weiter Rennen gefahren – dafür ist sie einfach zu schön – nur auf kleinerer Flamme eben.

In dem Sinne kann der Besuch der WTCC auch ein Segen für die VLN sein. Man geht weg von hochgezüchteten GTs und läßt dafür die Tourenwagenklassen wieder in den Vordergrund treten. Sowie vor der Zeit als Zakspeed die Viper damals zum Ring brachte.

Patrick 13 April, 2015 - 08:15

Ich war gestern vor Ort und muss sagen, dass es einfach nur traurig ist, wenn man die Autos mit stotternden Motoren im Speedlimiter den Hügel zum Flugplatz hoch fahren hört.
Keiner kann mir erzählen, dass das den Fahrern Spaß macht. Und die, die Ihren Mund nicht aufmachen, sind alle Werksfahrer. Dirk Adorf hätte sowas vor seiner BMW Zeit sicher nicht unterstützt.
Damit so ein schrecklicher Unfall nicht wieder vorkommt (was man generell wohl nicht garantieren kann) müssen die GT3 einfach angepasst werden (warum nicht 10% Leistungsreduktion??). Bis dahin sollten sie einfach von der Nordschleife verbannt werden, denn in meinen Augen gehen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf einer Rennstrecke gar nicht!

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