Home LMSELMS ELMS: Vorschau Saisonauftakt in Silverstone

ELMS: Vorschau Saisonauftakt in Silverstone

von StefanTegethoff
0 Kommentare

ELMS_Race_Imola_2014_-0000Beim anstehenden Sportwagen-Doppelschlag in Silverstone tritt die ELMS im Rahmenprogramm der WEC auf. Nach dem gemeinsamen Test in Le Castellet vor zwei Wochen starten damit beide Serien in die neue Saison. Die WEC-Vorschau wird es hier morgen zu lesen geben; heute soll die European Le Mans Series im Vordergrund stehen.

Auch die hat wie in den beiden vergangenen Jahren wieder ein qualitativ und quantitativ ordentliches Feld aufzubieten: 31 Fahrzeuge sind für das Auftaktrennen gemeldet, darunter fünf der neuen LMP3-Boliden. Die Top-Klasse stellt wie gewohnt die LMP2 dar, die Le Mans-Prototypen mit geringerer Leistung (im Vergleich zur LMP1), die auf Privatteams ausgerichtet ist; entsprechend müssen Chassis und Motor von den Herstellern für einen gekappten Preis angeboten werden, was seit einigen Jahren sehr gut funktioniert.

Ein Blick in die Zukunft

FIA und ACO planen, in Abstimmung mit den Herstellern, dass ab 2017 nur noch vier verschiedene Chassis zugelassen werden und dass es nur noch einen Motor für die Klasse geben soll. Grund ist, dass ein Hersteller eine gewisse Anzahl an Chassis auf dem – relativ kleinen – Markt verkaufen muss, um bei der Kostendeckelung keinen Verlust zu machen. Diese Problematik wird dadurch verstärkt, dass einige Teams (Strakka-Dome und SMP) eigene Chassis konstruiert haben bzw. haben konstruieren lassen, wodurch sie die Kostengrenze umgehen können.

Das Feedback war gemischt, aber die Regel wird wohl kommen; der Zeitplan ist auch knapp gehalten, schon dieses Jahr sollen die vier Hersteller und der Motorenlieferant ausgewählt werden. Die aktuell am stärksten vertretenen Chassis-Lieferanten Oreca und Onroak rechnen sich natürlich gute Chancen aus, darüber hinaus wird es spannend.

Die Teams 2015

LMP2

Die beiden oben genannten Chassis-Hersteller – Oreca und Onroak – stellen auch zum Saisonstart 2015 in Silverstone fast das komplette LMP2-Feld, zumal die Eigenkonstruktionen des russischen SMP-Teams noch nicht rennfertig sind (sie haben aber kürzlich ihren ersten Test absolviert). Was die Motoren angeht, ist die ELMS-LMP2 auch ohne Regeländerung schon eine Einheitsserie: Alle Teams treten in diesem Jahr mit dem Nissan-Aggregat an.

Pierre Thiriet (FRA) / Ludovic Badey (FRA) / Tristan Gommendy (FRA) driving the #46 LMP2 (ELMS) Thiriet By TDS Racing (FRA) Ligier JS P2 Qualifying practice 2Die Oreca-Fraktion ist mit sieben Fahrzeugen die zahlmäßig stärkste. Nur Thiriet by TDS setzt unter diesen jedoch auf das neue Coupé mit der Kennung Oreca 05 – sie sind von Onroak/Ligier zur Konkurrenz gewechselt. Die neuen geschlossenen LMP2-Boliden haben sich im Vorjahr als sehr schnell und arm an Kinderkrankheiten erwiesen – unbesiegbar waren sie jedoch auch nicht. Das Thiriet-Team mit dem gewohnten Trio Thiriet / Badey / Gommendy sollte wieder zu den Titelfavoriten gehören, auch beim offiziellen Test in Le Castellet fuhr man schnelle Zeiten.

Alle anderen Oreca-Teams treten mit dem alten Modell an, zu erkennen am fehlenden Dach. Der Oreca 03 hat inzwischen auch einige Jahre auf dem Buckel, wurde aber immer wieder weiterentwickelt und sollte nach wie vor einigermaßen konkurrenzfähig sein. Die frischere Variante, den 03R, bringen die aus der Asian Le Mans Series herübergewechselte Mannschaft von Eurasia Motorsport und das dauerhaft glücklose irische Team von Murphy Prototypes nach Silverstone. Der einmalige ELMS_Race_Imola_2014_-0010GP2-Rennsieger Nathanael Berthon hat letztes Jahr im Murphy-Oreca gute Leistungen gezeigt (bspw. Pole in Le Castellet) und wurde darum zurückgeholt; parallel versucht er jedoch weiter sein Glück in der GP2. Murphy konnte in Le Castellet vor zwei Wochen die schnellste Runde aller ELMS-LMP2s drehen.

Zwei alte Orecas (die des ehem. ADR Delta-Teams) bringt Ibanez Racing in knalligem Gelb an den Start. Besitzer und Fahrer José Ibanez hat jahrelange Erfahrung in CN-Klasse-Boliden (Speed Euroseries, VdeV) und versucht sich nun auf dem nächsten Level. Der Plan war, für nächstes Jahr eigene Autos unter dem alten Wolf-Banner zu bauen; möglicherweise liegen diese Pläne dank der geplanten Regeländerungen nun auf Eis, oder aber Ibanez bewirbt sich um einen der vier Plätze für die Chassis-Produktion ab 2017. Zwar war Ibanez bei den Tests ganz ordentlich unterwegs, die Fahrerbesetzungen der beiden Wagen scheinen jedoch zu schwach bzw. zu unerfahren, um in der ersten Saison in der LMP2 wirklich etwas auszurichten.

SMP Racing, die eigentlich ihr Eigenbau-Coupé an den Start bringen wollten, müssen vorläufig auch noch auf ihre alten Orecas zurückgreifen. Noch dazu hat das Team auch seinen Namen gewechselt und tritt nun unter dem Namen AF Corse an; die Italiener haben das russische Team schon in der Vergangenheit technisch unterstützt. Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die schon einmal für Probleme zu sorgen drohten, könnten der Grund für den Namenswechsel sein, denn SMP ist eine russische Bank. Die Kombo Aleshin / Ladygin / Ladygin war beim Test in Le Castellet im alten Oreca gut unterwegs, während Mediani / Minassian / Markozov im neuen Coupé keine einzige Runde drehten. In der LMP2 überzeugte SMP bisher weniger als in den GT-Klassen – ob das mit den alten (und später mit den neuen) Autos dieses Jahr anders wird, bleibt abzuwarten.

ELMS_Race_Imola_2014_-0003Onroak hat drei der neuen Ligier-Coupés an WEC-Teilnehmer geliefert, in der ELMS werden wir jedoch nur eines der gefälligen Autos sehen, und zwar im Giftgrün von Krohn Racing. Beim offiziellen Test in Le Castellet ist das US-Team um Unternehmer Tracy Krohn überhaupt erst am zweiten Tag zum Fahren gekommen und schloss mit wenig überzeugenden Zeiten ab. Das zweite Onroak-Team ist Pegasus Racing mit dem alten offenen Morgan-Chassis, von denen man aber wohl auch nicht zu viel erwarten darf.

Dritter Chassis-Hersteller im Bunde ist Gibson, bisher bekannt unter dem Namen Zytek. Nachdem die Automobil-Abteilung Zytek Automotive durch die Continental AG übernommen wurde, wurde die Rennsport-Sparte auf den Namen des Gründers Bill Gibson umfirmiert, der volle Titel lautet Gibson Technology. Das eingesetzte Chassis Gibson 015S ist eine weiterentwickelte Version des letztjährigen Z11SN, seine Wurzeln hat das Fahrzeug wiederum im Ginetta-Zytek 07S aus dem Jahr 2007.

ELMS_Race_Imola_2014_-0013Dass das kein Nachteil ist, zeigte sich im Vorjahr, als das Jota Sport-Team um Simon Dolan die 24h von Le Mans gewann und den ELMS-Titel nur knapp verpasste – nicht zu vergessen ist dabei der heftige Unfall von Simon Dolan beim Auftaktrennen in Silverstone, der einen sicheren Sieg kostete. Trotz des Alters des offenen Fahrzeugs im Vergleich zu den frischen Coupés einiger Konkurrenten zählt Jota wieder zu den Top-Favoriten auf den Titel. Mit der Nissan-Absage für die ersten zwei WEC-Läufe wurde zudem Harry Tincknell wieder frei, der nun neben seinem LMP1-Engagement die volle WEC-Saison mit Simon Dolan für Jota bestreiten wird. Audi-Leihgabe Felipe Albuquerque ist in Silverstone und bei den Rennen nach Le Mans wieder dritter Mann, für das WEC-Gastspiel in Spa und Silverstone muss noch ein Ersatz gefunden werden. Beim Test in Le Castellet gehörte Jota zu den Top-Teams.

Der zweite Gibson-Kunde ist Greaves Motorsport, die seit Jahren in der LMP2 etabliert sind, aber an ihre Titel von 2011 (24h von Le Mans und ELMS) nicht wieder so recht anknüpfen konnten. Man hat sich den schwedischen Ex-F1-Testfahrer und Ex-Champcar-Piloten Björn Wirdheim zurückgeholt, der bereits 2013 einige Rennen für das Team bestritt und zuletzt zweimal Meisterschafts-Zweiter in der GT300-Kateorie hart umkämpften Super GT-Serie wurde. Ihn unterstützen Gary Hirsch und Jon Lancaster, die beide bereits eine Le Mans-Teilnahme (und -Zielankunft) in der LMP2 aufzuweisen haben.

ELMS_Race_Estoril_2014_-0009SMP und Krohn Racing treten als einzige LMP2-Teams auf Michelin-Reifen an. Im vergangenen Jahr haben sich die Dunlops in dieser Klasse stärker gezeigt, was sogar dazu führte, dass Champion Signatech Racing nach dem ersten Saisonrennen den Hersteller wechselte. Sebatién Loeb Racing gewann jedoch den letzten Saisonlauf des Vorjahres auf Michelins. SMP und Krohn haben sich nach Vergleichstests im Winter für Michelin entschieden; ob sie in diesem Jahr von Anfang an gleichauf sind mit Dunlop, wird sich in Silverstone zeigen.

Das französische Signatch-Alpine-Team, Meister der beiden letzten Jahre, tritt in diesem Jahr in der WEC an und verzichtet auf die Titelverteidigung in der ELMS. Erfahrungen der vergangenen Jahre sprechen klar für ein Duell zwischen Jota und Thiriet, möglicherweise könnten sich auch Greaves oder Murphy Prototypes einmischen. Auch für Silverstone stehen Jota und Thiriet ganz oben auf der Favoritenliste: Jota gewann 2013 und lag im Vorjahr auf Siegkurs, nach Dolans Unfall gewann das Thiriet-Team.

LMP3

Die LMP3 ist eine ganz neue Klasse, die als Einstieg in den Prototypen-Sport neu geschaffen wurde. Das einzige bislang nach dem neuen Reglement mit scharfer Kostengrenze fertiggestellte Fahrzeug stammt aus dem Hause Ginetta, die in früheren Jahren schon LMP1- und LMP2-Chassis gebaut haben. Weitere Modelle sollen im Laufe des Jahres oder spätestens zur nächsten Saison folgen, eines davon von Onroak unter dem Namen Ligier. Nissan stellt den V8-Einheitsmotor. Wie sich die Klasse im ELMS-Feld schlägt und etabliert, muss man abwarten.

Der große Name hier ist Chris Hoy, sechsfacher Olympiasieger und elffacher Weltmeister im Bahnradsport, wofür er auch zum Ritter geschlagen wurde. Seine neue Ambition ist die Teilnahme an den 24 Stunden von Le Mans; Nissan unterstützt ihn dabei, sodass er nach der British GT im Vorjahr nun hier in der Klasse antritt, in der Nissan die Motoren stellt.

GTE

ELMS_Race_Estoril_2014_-0010Neun Fahrzeuge hat diese Klasse zu bieten, zwei Drittel davon gehören wieder zur gewohnt großen Ferrari-Armada. AF Corse allein setzt wieder drei Fahrzeuge ein, die Besatzungen Griffin / Cameron, Wyatt / Rugolo / Aguas und Mann / Giammaria / Cressoni scheinen recht ausgeglichen und dürften allesamt um Podiumsplätze mitfahren können. Die Fast-Meister des Vorjahres, Griffin / Cameron / Rugolo, wurden auf zwei Fahrzeuge verteilt.

Die anderen drei Ferrari 458 werden von AT Racing (Österreich), Formula Racing (Dänemark) und JMW Motorsport (UK) eingesetzt. Alle drei sind aus dem Vorjahr bekannt; Formula Racing ist jedoch aus der GTC in die GTE „aufgestiegen“; Jan Magnussen ist leider nicht mehr dabei.

Überraschend war im Januar die Ankündigung, dass wir einen BMW Z4 in der GTE sehen werden; dieser wird von Marc VDS eingesetzt, als Fahrer hat man den mehrfachen Tourenwagen-Weltmeister Andy Priaulx gewinnen können. Er wird Harald Hassid und Jesse Krohn unterstützen. Krohn ist ein junger Finne, dessen Formel-Karriere 2010 ins Stocken kam; er wechselte in den Sportwagen-Bereich (2012: ADAC GT Masters, 2013 Porsche Cup Finnland) und wurde 2014 ins BMW Junioren-Programm aufgenommen: Mit vier Klassensiegen in sieben VLN-Läufen wurde er zum BMW-Nachwuchsfahrer des Jahres gekürt und bekommt nun seine große Chance in der ELMS-GTE.

Zwei Porsche 911 sind am Start: Proton Competition (Ried / Bachler) gehört zu den alteingesessenen Mannschaften, hatte jedoch in den letzten Jahren in der GTE-Klasse wenig Erfolg, was auch daran liegt, dass die privat eingesetzten Porsche 911 regelmäßig nicht mit den Ferraris mithalten konnten, die zuletzt viermal in Folge den Klassen-Titel geholt haben. Gulf Racing UK setzt den zweiten Porsche für Michael Wainwright / Adam Carroll / Phil Keen ein. Auch Carrolls Karriere im Monoposto-Bereich war 2011 zum Erlahmen gekommen, doch letztes Jahr konnte er in der British GT wieder Fuß fassen; beim diesjährigen Saisonauftakt der Serie in Oulton Park konnte er (in einem Ferrari) einen zweiten Rang im ersten Lauf einfahren.

Die jeweiligen Titelgewinner der Vorjahre, Ram Racing und SMP, haben der Serie bzw. der Klasse jeweils mit Aufstiegsambitionen den Rücken gekehrt. Somit ist die Klasse auch 2015 wieder offen. AF Corse ist der konservative Sieg-Tipp, MarcVDS und unter Umständen auch die Porsche-Teams könnten für Überraschungen sorgen.

GTC

Weiterhin bietet die ELMS auch GT3-Autos ein Zuhause; in diesem Jahr ist die Klasse jedoch auf sechs Fahrzeuge geschrumpft. Auch hier sind darunter drei AF Corse-Ferraris. Marco Cioci und Stuart Hall gehören zu den Piloten.

Massive Motorsport aus Dänemark bringt einen Aston Martin mit u.a. Casper Elgaard und Kristian Poulsen an den Start, Gulf Racing UK einen Lamborghini Gallardo mit Team-Finanzier Roald Goethe. TDS Racing aus Spanien steuert auch hier einen BMW Z4 bei.

In den beiden vergangenen Jahren hat SMP Racing den GTC-Titel auf Ferrari geholt, tritt aber nicht mehr an. Überhaupt sind alle Renn-Klassensieger der Saison 2014 entweder nicht mehr am Start oder in eine andere Klasse aufgestiegen. Das spricht jedenfalls dafür, dass die GTC-Klasse ihren Zweck erfüllt, neue Teams anzulocken, einen Einstieg zu bieten und sie dann – auch durch die Einladung zum 24h-Rennen für den Meister – an Le Mans und die Serie zu binden. Andererseits ist die Klasse damit auch dieses Jahr wieder offen für neue Sieger.

Die Rennen 2015

ELMS_Race_Estoril_2014_-0002Der Kalender bleibt unverändert, es wird auf fünf geschichtsträchtigen europäischen Kursen gefahren, zu denen man nicht mehr viele Worte verlieren muss: Silverstone, Imola, Spielberg, Le Castellet und Estoril. Die Rennen sind wie im Vorjahr jeweils vierstündig.

Silverstone bildet wieder den Auftakt. Ich persönlich bin ein Fan der neuen Streckenführung, ich findet, der „Arena“-Teil hat die Strecke aufgewertet und macht bei Sportwagen-Rennen ebenso viel Spaß wie bei der Formel 1. Die beiden Haarnadeln im neuen Teil bieten eine gute Möglichkeit für Attacken und Konter, ebenso die anschließende Wellington Straight. Über die legendäre Passage Copse-Maggots-Becketts-Chapel-Hangar Straight-Stowe brauche ich nun wirklich keinem Motorsport-Fan etwas zu erzählen: drei Kilometer voller schneller, spektakulärer Kurven, die Fahrer, Autos und Reifen fordern.

Das ELMS-Auftaktrennen startet am Samstag um 15:30 deutscher Zeit und geht über vier Stunden. MotorsTV überträgt live, ebenso wird es hier einen Livestream geben. Ein Live Timing ist üblicherweise auf der Webseite der Serie abrufbar, wenn die Sessions laufen. Die vollständige Entry List gibt es hier einzusehen.

(Fotos: ELMS Media)

Das könnte Dir auch gefallen