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NASCAR: Analyse Fontana 2014

von Steffen Nobis
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Was war das für ein Rennen: Johnson musste einen sicher geglaubten Erfolg kurz vor Schluss hergeben und Kyle Busch holte sich im Green-White-Checkered von Position sechs aus doch noch den Sieg vor Rookie Kyle Larson.

Auto Club 400Hält der Reifen oder hält er nicht? Diese Frage stellten sich am vergangenen Sonntag wohl die meisten Piloten beim Auto Club 400, da sich die Reifen im Rennverlauf bei mehreren Fahrern ab der 20. Runde verabschiedeten. Unter den Leidtragenden waren auch viele namenhafte Lenkradkurbler wie Dale Earnhardt Jr., Jimmie Johnson und Kevin Harvick vertreten. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum 18 der 43 angetretenen Piloten von Reifenschäden geplagt wurden. Die Gründe dafür sind vielseitig: Einer der wichtigsten ist sicherlich die letztjährige Reglementanpassung der NASCAR, bei der der Sturz (Camber) für das Heck und die Reifendrücke nicht mehr limitiert wurden. Goodyear gab ab diesem Zeitpunkt nur noch Empfehlungen heraus, an die sich die Teams nicht mehr halten mussten. Wenn ein Team nun das Setup sehr aggressiv angeht und mit hohem Sturz und niedrigen Reifendrücken fährt, dann bringt das zwar mehr Geschwindigkeit aber auch eine höhere Belastung des Reifens.

Doch was passiert da eigentlich so richtig? Je niedriger der Reifendruck ist, desto mehr Gummi reibt wirklich auf der Fahrbahn. Durch die höhere Reibung erhöht sich der Reifenabrieb, der durch einen starken Sturz noch verstärkt wird. Bei einem hohen Sturz (Camber) wird ein bestimmter Teil des Reifens stärker beansprucht als der restliche Teil. Je höher der Sturz ist, desto kleiner wird die stark beanspruchte Fläche, die trotzdem noch die gleiche Arbeit verrichten muss. Wenn man es nun mit dem Camber übertreibt und zudem mit wenig Reifendruck fährt, dann wird der Gummi förmlich herunter geschrubbt. Die höhere Belastung auf den Hinterreifen durch den größeren Heckspoiler und der sehr wellige Belag in Fontana, der die Reifen ständig zusammenstaucht, taten dann ihr übrigens und sorgten für das Reifenmassaker.

Nun, nachdem wir uns den technischen Aspekten gewidmet haben, können wir endlich zum Rennen kommen. Dieses fand ohne Denny Hamlin statt, denn der wurde aufgrund einer Nasen-Nebenhöhlen-Entzündung 20 Minuten vor dem Start aus dem Verkehr gezogen, da diese seine Sicht beeinflusste. Aktuell ist es fraglich, ob er diese Woche in Martinsville antreten kann. Beim Auto Club 400 wurde er kurzfristig von Sam Hornish Jr. ersetzt, der eigentlich als Ersatz für Matt Kenseth gebucht war, da die Frau von Kenseth Nachwuchs erwartete.

Nachdem Great Gonzo von den Muppets den Fahrern das Kommando gegeben hatte, durfte mit Matt Kenseth in Front das Rennen aufgenommen werden. Kenseth konnte seine gute Qualifying-Form allerdings nicht in den Rennmodus übertragen und so gab Brad Keselowski das Tempo vor. Nach 19 Runden sah man zunächst nichts ungewöhnliches, nur ein Reifenplatzer bei Kevin Harvick, der für die erste Caution des Abends sorgte. Keiner ahnte, dass dies der Auftakt zu einer Reifenschlacht werden würde. Während sich Jeff Gordon, nachdem er in aussichtsreicher Position lag, eine Speeding-Penalty abholte, setzte sich Kyle Busch in der Boxengasse zum ersten Mal im Verlauf des Rennens an die Spitze. Doch diese war er dann auch recht schnell wieder los, wie es auch vermehrt im weiteren Rennen zu beobachten sein sollte. Der Toyota von Kyle Busch war auf den ersten drei Runden schnell, brach danach aber ein und konnte den Speed der Führenden nicht mehr mitgehen.

Im folgenden Grün-Stint zeigte sich erstmals Brian Vickers unter den ersten Drei, der zusammen mit Jeff Gordon in der Frühphase des Rennens wohl das schnellste Fahrzeug hatte. Selbst ein Jimmie Johnson hatte auf dieses Tempo (noch) keine Antwort parat. Pünktlich nach 20 Runden unter Grün gingen dann die nächsten Reifen ins Jenseits. Auslöser der zweiten Yellow war dieses Mal Dale Earnhardt Jr., der durch seinen platzenden Pneu geradewegs auf die Mauer zu raste und sich starke Beschädigung an der rechten Seite der #88 abholte. Zusätzlich zu Junior erwischte es auch noch die #4 mit Kevin Harvick, für den es nun schon der zweite Reifenplatzer des Rennens war.

Danach durften wieder einige Runden unter Grün absolviert werden, bevor der Cautionbuzzer erneut betätigt werden musste. Tony Stewart hatte sich auf der Gegengerade gedreht. Zu den Boxenstopps sorgte dann die NASCAR für einige Verwirrung bei den Teams, als man vergaß, die Lichter der Boxeneinfahrt auf Grün umzuschalten. Dadurch entschieden sich einige Teams dazu, draußen zu bleiben und so kein Risiko in Form einer möglichen Strafe einzugehen. So fand sich Brad Keselowski mit wenigen Runden alten Reifen an der Spitze wieder und sollte anschaulich demonstrieren, wie wichtig neue Pneus sind. Innerhalb weniger Runden wurde er bis auf Position 26 zurückgereicht und hatte keine Chance, den Speed der Piloten auf neuen Gummis mitzugehen.

Nach 71 Runden gab es mal keine Gelbphase durch einen Reifenplatzer zu bestaunen, sondern einen Unfall. Bei diesem kam es zum Kontakt zwischen Brian Scott und Aric Almirola, da Almirola aufgrund von Verkehr am Ausgang der vierten Kurve vom Gas gehen musste und er von Scott schlicht und ergreifend übersehen und weggedreht wurde. Zudem gab Almirola nach dem Unfall ein sehr interessantes Interview bei FOX: „He ran right into me. It’s a shame for our team. He’s not even racing this series for points. He’s out there having fun because his daddy gets to pay for it and he wrecked us. That’s frustrating.“ Da erinnert man sich doch sofort an das Truck-Rennen in Martinsville letzten Herbst, bei dem sich Kevin Harvick ähnlich äußerte.

Genug der Erinnerungen, back to racing. Nur wenige Runden unter Grün sollte es anschließend weiter gehen, bis Parker Kligerman sein Fahrzeug an der Mauer blank schliff und damit für die fünfte Caution sorgte. Für Kligerman war das Rennen beendet, denn die #30 wurde bei dem harten Mauerkontakt stark in Mitleidenschaft gezogen. Jeff Gordon zeigte sich anschließend wieder an der Spitze und hatte seine Strafe vom ersten Boxenstopp gut verdaut. Gordon konnte besonders ab der Mitte eines Stints wesentlich schneller fahren als die komplette Konkurrenz, musste dies aber mit einem langsamen Beginn in den ersten Runden bezahlen, was ihm später noch zum Verhängnis werden sollte.

Während Gordon die Spitze vor Johnson behauptete, machte sich bei Dale Earnhardt Jr. der nächste Reifenplatzer breit, der ihm zu einem Stopp unter Grün zwang und die #88 weit zurück warf. Kurz darauf musste Joey Logano sein Rennen beenden, da sein Getriebe den harten Schlägen des Auto Club Speedways nicht mehr standhalten konnte. Wenige Runden später verabschiedete sich zum ersten Mal ein Reifen bei einem Roush-Ford, um genau zu sein bei Greg Biffle. Nur eine Runde später folgte ihm sein Teamkollege Carl Edwards, der sich zusätzlich noch drehte und damit für die nächste Gelbphase sorgte.

Und nun ratet doch mal, wie lange es bis zu nächsten Caution dauerte? Na, schon eine Zahl im Kopf? Genau, sage und schreibe 20, ich sage es gerne noch einmal, ganze 20 Runden schaffte man bis zum nächsten Reifenplatzer und damit zur nächsten Gelbphase. Erneut war es der linke Hinterreifen am Fahrzeug von Kevin Harvick, der damit die Rangliste für die meisten Reifenschäden in diesem Rennen anführte. Bonuspunkte gab es dafür leider nicht. Nach erneuten 20 Runden unter Grün erwischte es dann noch ein paar Rookies in Sachen platte Reifen: Martin Truex Jr., David Gilliland und Josh Wise durften dieses Mal Bekanntschaft mit zu wenig Luft im Pneu machen. Natürlich beschwor man damit auch die nun schon achte Caution herauf.

Inzwischen waren wir bei 25 Runden vor Schluss angekommen und man durfte sich die Frage stellen, ob man es bis zum Finale unter grüner Flagge schafft. Kurze Antwort: Nein! Bereits nach zehn Umläufen versagte beim dritten Roush-Ford von Ricky Stenhouse Jr. der nächste Reifen, der die #17 in einen Dreher schickte. Überraschenderweise gab es dieses Mal keine Caution. Obwohl die NASCAR sonst für jedes M&M auf der Strecke Gelb wirft, hatte man wohl inzwischen selber genug von der gelben Fahne. So raste das Feld auf die karierte Flagge zu und Jimmie Johnson konnte in Führung liegend den Sieg schon förmlich riechen, doch auch er sollte sieben Runden vor Schluss noch ein Opfer des Reifenmonsters werden und musste seine Führung an Jeff Gordon abgeben und sich bei seiner Crew einen Satz neue Gummis holen.

Nun war Jeff Gordon derjenige, der den Sieg fast spüren konnte. Doch zwei Runden vor Schluss machte ihm Clint Bowyer einen Strich durch die Rechnung. Die #15 erlitt ebenfalls einen platten linken Hinterreifen und drehte sich ab, was zur finalen Caution führte und für ein Green-White-Checkered-Finale sorgte. Nun wurden die Taktiker auf den Plan gerufen, die für sehr interessante letzte zwei Runden sorgen sollten. Landon Cassill entschied sich dazu, komplett auf neue Reifen zu verzichten, um sich wichtige „Trackposition“ und damit die Führung zu holen. Andere Teams schoben sich durch das Aufschrauben von nur zwei neuen Pneus nach vorn (z.B. Stewart und Kurt Busch) und wieder andere Mannschaften gingen auf Nummer sicher und holten sich vier neue Reifen (z.B. Kyle Busch, Gordon und Larson).

Dies sorgte für einen turbulenten Restart, bei dem sich Stewart und Kurt zunächst leicht vom Rest des Feldes lösen konnten. Doch die extrem gut gestarteten und mit vier neuen Gummis ausgestatteten Kyles (Busch und Larson) schoben sich schnell Richtung Spitze und ließen die beiden Stewart-Haas-Piloten hinter sich. So sicherte sich Kyle Busch den Sieg in einem auf drei schnelle Runden ausgelegtem Toyota vor dem erneut sehr starken Rookie Kyle Larson, der am Tag zuvor noch das Nationwide-Rennen hier für sich entscheiden konnte. Hinter ihm zeigte Stewart-Haas Racing in Form von Kurt Busch und Tony Stewart, dass die Taktik mit nur zwei neuen Reifen voll aufgegangen war, denn vor der Caution waren beide noch im Niemandsand des Feldes. Zwischen den beiden Fahrern schob sich noch Matt Kenseth, der sich recht unauffällig durchs Rennen schlich. Jeff Gordon hingegen kam nur auf Position 13 ins Ziel und unterstrich seine Schwäche bei Restarts.

Was bei den ganzen Reifenschäden unterging, ist das packende Racing im gesamten Rennen. Durch die vielen Unterbrechungen wurde das Feld immer wieder ordentlich zusammengestaucht und sorgte ab dem Fallen der grünen Flagge für Kämpfe mit bis zu fünf Fahrzeugen nebeneinander. Für Spannung war das ganze Rennen über gesorgt und – im Gegensatz zu einigen anderen Rennabenden – das Einschalten beim Auto Club 400 hatte sich wirklich gelohnt. Da sich dieser Artikel aber nun schon fast auf die Länge eines Romans zieht, verweise ich nun nur noch auf das Ergebnis des Rennens und die Punktestände der Fahrer- und Ownerwertung. Diese Woche geht es weiter mit dem STP 500 auf dem Martinsville Speedway.

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