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Formel Eins: Die Sache mit der Kostendeckung

von DonDahlmann
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Die FIA will es ab 2015 mal wieder mit einer Kostendeckelung probieren. Das wird aber aus verschiedenen Gründen nicht klappen.

130351_newAls die Formel Eins in den 2000er Jahren durch die Hersteller geprägt wurde, explodierten die Kosten. BMW leistete sich das Sauber Team und baute parallel neben Hinwil noch ein zweites Hauptquartier auf. Ferrari butterte Millionen in Fahrergehälter, während Honda gleich drei Windkanäle in einem parallelen Dauerbetrieb laufen hatte. Und Toyota sagte man nach, dass deren Budget knapp 500 Millionen Dollar hoch war. In der Wirtschaftskrise 2008 fand das Wettrüsten der Hersteller dann ein Ende. BMW, Honda und Toyota stiegen nacheinander aus und die Teams entließen Personal. Das Budget von McLaren soll 2009 gerade mal 150 statt 250 Millionen betragen haben. Doch mittlerweile nähert sich die Serie den astronomischen Summen.

Motorsport ist teuer, keine Frage. Und das nicht nur in der Formel Eins. Die Entwicklung des neuen LMP1 von Porsche soll den nicht ganz armen Konzern knappe 150 Millionen gekostet haben. Personalkosten nicht mal komplett mit inbegriffen. Aber 150 Millionen sind im Vergleich zu dem, was die Formel Eins jährlich so raus haut, quasi Peanuts. Während Porsche mit der Basis des Chassis vermutlich zwei bis drei Jahre auskommt, baut man in der Formel Eins fast jede Saison ein neues Chassis. Aber was macht die Formel Eins eigentlich so teuer?

Die Unterhaltung der Fabriken kostet logischerweise viel Geld. Bis zu 400 Angestellte wollen bezahlt werden, einige von ihnen sind so wichtig, dass ihre Gehälter in die Millionen gehen. Fast jedes Team hat einen eigenen Windkanal, und selbst der reicht oft nicht. Ferrari und McLaren haben ihre letztjährigen Einsatzwagen im Windkanal von Toyota in Köln erprobt. Einen Großteil der Kosten dürften allerdings die CFD-Entwicklung und die Materialforschung verschlingen. Ersteres wegen der enormen Menge an Rechenpower, die man braucht. Letzteres, weil Forschung immer teuer ist und davon lebt, dass man Fehler macht. Auf jede erfolgreiche neue Erfindung kommen Dutzende von Rückschlägen. Allein die Kosten für die Entwicklung von verformbaren Kohlefasern dürften astronomisch gewesen sein. Und selbst, wenn man nicht forscht – die Patent/Lizenzgebühren für eine Erfindung sind nicht gerade gering.

Die Reisekosten sind nicht mehr vernachlässigbar, bei 19 Rennen plus Tests kommt einiges zusammen. Dazu kommen die Kosten, die durch die Rennen selber entstehen. Zum einen müssen Verschleißteile ersetzt werden, zum anderen sitzen an der Strecke und in der Fabrik ganze Horden von Ingenieuren, die die Daten auslesen und interpretieren. Die Telemetriedaten der Autos werden live per Satellit übertragen, was ebenfalls enorme Kosten verursacht.

Addiert man die Summen, kommt schnell eine zweistellige Millionensumme zusammen. Marussia-Teamchef John Booth bezifferte das Budget seines Teams auf 60 Millionen Dollar. Mit der Summe könnte man für eine gesamte Saison ein privates LMP1-Team in der WEC, ein DTM-Team und vermutlich noch ein NASCAR-Team einsetzen. In der Formel Eins fährt man damit hinterher.

Aber gut, die Serie war noch nie günstig. Renault stopfte Unsummen in die Idee eines Turbomotors. McLaren investierte in den 80ern Millionen, um das erste Kohlefaserchassis zu bauen. Ferrari versenkte über Jahre Geld in die Idee eines halbautomatischen Getriebes und Williams entwickelte eine aktive Aufhängung, die nach einem Jahr verboten wurde. Billig war es also nie, wenn man ganz vorne mit dabei sein wollte.

Doch die Kosten haben wieder Bereiche erreicht, die man als selbstzerstörerisch bezeichnen kann. Bei Red Bull spricht man von 370 Millionen Dollar, die das Team zusammen mit Red Bull Technologies verschlingt. Mercedes soll die 200-Millionen-Dollar-Marke auch hinter sich gelassen haben. Um im Mittelfeld dabei sein zu können, wird man 2014 mindestes 130 Millionen Dollar investieren müssen.

Die Gefahr ist, dass die Serie sich bis zur Implosion weiter aufbläht. Was passiert, wenn kleinere Teams wie Marussia, Caterham, Sauber oder Force India aufgeben müssen? Wie schwer sind die Konsequenzen, wenn das Kartenhaus bei Lotus zusammenfällt? Die FIA hat vorsorglich schon mal darauf hingewiesen, dass ja offiziell zwei zusätzliche Teams noch starten dürften. Doch wer soll sich da bewerben? Porsche hat zwei Jahre benötigt, um in Weissach die Strukturen für den WEC-Einsatz zu schaffen.

Also muss und soll gespart werden, doch die Sparmaßnahmen umzusetzen dürfte schwer werden. Die FIA überlegt im Moment unter anderem folgendes:

– Reduzierung der Angestellten
– Reduzierung der Zeit im Windkanal
– Reduzierung der Zeit für die CFD-Entwicklung
– Verbot weiterer Materialien
– Einsatz weiterer Einheitsteile

Die Verwendung bestimmter Materialien lässt sich leicht umsetzen, das wird seit einigen Jahren schon im Motorbau betrieben und überwacht. Auch könnte man Einheitsteile leichter einsetzen, zum Beispiel bei den Bremsen, KERS usw. Doch das würde wiederum dem Geist der Formel Eins widersprechen und interessierte Hersteller erst recht vergraulen.

Alle anderen genannten Punkte sind schwierig bis gar nicht umzusetzen. Die FIA bemüht sich, die CFD-Entwicklung über die Anzahl der genutzten Teraflops (grob gesagt die Rechenoperationen eines Computers) zu beschränken, was Experten schon die Stirn runzeln lässt, weil keiner weiß, wie das passieren soll. Die anderen Punkte lassen sich leicht umgehen.

Zahl der Angestellten:
Ein Sponsor gründet eine Firma, sagen wir mal für „Zukunftstechnologien“ und stellt die notwendigen Leute an.

Zeit im Windkanal, Zeit für CFD
Viele Teams haben entweder einen Hersteller als Sponsor (Infinity z.B.) oder könnten sich einen suchen. Warum nicht die laufende Entwicklung (oder zumindest Teile davon) zu einem Hersteller auslagern? Logo auf dem Fahrzeug gegen Nutzung von Windkanal und CFD. Die FIA kann kaum kontrollieren, was die Hersteller nach Feierabend in ihren Windkanälen so testen.

Wie gut das jetzt schon funktioniert, kann man an der „Sommerpause“ sehen. Eigentlich sind die Fabriken dicht, eigentlich darf nicht gearbeitet werden. 2013 kam Red Bull aus der Sommerpause und fuhr plötzlich alles in Grund und Boden, Lotus hat ein B-Chassis und alle anderen jede Menge neue Teile. Anders gesagt: In Zeiten von Cloud-Computern kann niemand kontrollieren, ob ein Team seinem Ingenieur nicht eine komplette Workstation nach Hause liefert. Und Fahrer wie Fernando Alonso haben den eigenen Simulator samt Livedaten-Uplink zu Ferrari im Keller stehen. Die Sommerpause ist eher ein Witz.

Sicherlich wird die FIA versuchen, die Kostenreduktion mit drakonischen Strafen zu belegen. Gut vorstellbar, dass ein Team aus der WM fliegt, wenn sie gegen die Regeln verstoßen. Aber der Nachweis wird schwer zu erbringen sein. Selbst Experten bezweifeln, dass sich die Kosten überprüfen lassen. Dafür müsste die FIA Einblick in alle Bücher nehmen. Und da möchte ich mal Ferrari erleben, wenn die FIA-Fahndung vor der Tür steht und die gesamte Buchhaltung überprüfen will.

Die steigenden Kosten sind in vielen Serien ein Problem. Einige Serien behelfen sich mit strikten Einheitsregeln, darunter die NASCAR, die V8 Supercars, die DTM, die WTCC, die BTCC und die WRC. Andere Serien sind dazu übergegangen, verschiedene Klassen einzuführen, wie zum Beispiel die WEC, wo man selbst die LMP1 im Grunde noch einmal unterteilt hat in „Privat“ und „Werke“. Beides scheint keine Lösung für die Formel Eins zu sein.

Was wären Eure Ideen für eine Kostenreduktion?

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5 Kommentare

Art Vandelay 6 Januar, 2014 - 10:51

Würde Bernie und der CVC bestimmt nicht gefallen, aber ich wäre für weniger Rennen. 16 oder 17 Rennen pro Saison würden mir absolut reichen. Ich empfand die letzte Saison schon als zu lang. Die Teams sollten auf keinen Fall ein 2. Team eröffnen müssen, so wie das zB Sauber für den Fall von mehr als 20 Rennen pro Saison angekündigt hat.

Sonst ist es sehr schwer. Heuer hat man ja gesehen, dass auch bisherige Kostensenkungsmaßnahmen wie das Testverbot Probleme an anderer Stelle schaffen können. Insgesamt hat es sich aber glaube ich eher bewährt Dinge zu verbieten, die Geld kosten, als einfach eine unkontrollierbare Kostenobergrenze einzuführen. Ich könnte mir zB ein Einheitskers durchaus vorstellen. Wichtig ist für die Formel 1 nur, dass es dann andere Bereiche gibt in denen der technische Wettkampf stattfinden kann. Vielleicht sollte man versuchen diesen auf Bereiche zu konzentrieren, in denen die Entwicklung nicht ganz so viel Geld kostet.

HistoryFan 6 Januar, 2014 - 12:57

Ich denke das Problem ist doch eher, dass man das Problem gar nicht angehen WILL. Mosley wäre konsequent gewesen, dann hat man ihn ausgebootet. Der Kompromiss war ein freiwilliges Sparabkommen, das von Red Bull zum Beispiel nie eingehalten wurde.

Es gäbe doch zig Möglichkeiten, wie man das unter Kontrolle bringen könnte. Michael Schmidt von Auto, Motor und Sport ist ja davon felsenfest überzeugt, dass eine Budgetobergrenze durchaus zu überwachen wäre.

Ich würde aber zum Beispiel auch vorschreiben, dass die Teams Teile vom Rennwagen zu sehr günstigen Preisen an ein Team verkaufen müssen. Um zu verhindern, dass politische Abhängigkeiten entstehen würde ich sagen, dass ein Team nicht mit kompletten Kundenwagen an den Start gehen darf, sondern der Motor beispielsweise von Renault, das Chassis von Ferrari etc kommen muss, ging ja früher auch. Oder ein Team darf nur dann Kundenchassis einsetzen, wenn man zwei verschiedene Fahrzeuge einsetzt, das also Sauber sich beispielsweise einen Red Bull und einen Ferrari kaufen muss und nicht mit zwei Red Bull starten darf. Die Teams, die ihre eigenen Fahrzeuge bauen, bekommen eine Bonuszahlung.

Ich bin mir auch sicher, dass die Technik-Beschränkung sehr viel Geld kostet. Es ist meines Erachtens schwieriger, mit fast identischer Technik eine Zehntel mehr zu finden als die Gegner, als wenn relativ viel erlaubt ist. Es kostet dann nämlich einfach mehr Geld. Ich würde verschiedene Konzepte zulassen, so kann man sich eventuell relativ günstig einen Vortei erschaffen, in dem man einfach mal ein anderes Konzept ausprobiert. Früher hatte ja ein V12-Motor auch auf manchen Strecken einen Vorteil gegenüber einen V8 und umgekehrt.

Und so gäbe es da viele Varianten, aber das ist eben schlicht nicht gewollt von den großen Teams und die haben das Sagen. Formel-1 ist Kapitalismus in Perfektion.

spookyt 6 Januar, 2014 - 13:42

also wenn man sich serien ansieht, in denen kostendeckelung (artikeltitel?) zu funktionieren scheint, kommt man meiner meinung nach um einheitsteile nicht herum.
wie weit das gehen soll wäre diskussionsgrundlage. als radikalen vorschlag könnte man z.b. das monocoque einfach als einheitsteil gestalten (ohne weitere anbauten, also von crashzelle bis hinter den fahrer). punkt. damit fallen crashtests weg, für alle weiteren anbauten gibt es eine limitierte zahl fixer anbaupunkte (natürlich mehrere, um z.b. verschiedene aufhängungen zu ermöglichen). verkaufen kann man das auch unter dem sicherheitsaspekt, und ein monocoque ist noch kein chassis.
weiterhin: einheitliche bremsanalage, einheitstank, hydraulik, so dinge wie differenzial, antriebswellen usw.
und materialien explizit beschränken – für mich auch im sinne der sportlichkeit.

floehde 6 Januar, 2014 - 18:46

Warum muss man eigentlich jedes Jahr ein neues Reglement haben? Seit 2012 kommt nun 2014 die dritte neue Nase. Dazu die veränderten Spezifikationen beim Kers. Alles sinnlose Kosten und das Racing wird davon auch nicht besser.

floehde 6 Januar, 2014 - 18:48

@ floehde:

vom neuen Motor ab diesem Jahr ganz zu schweigen.

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