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NASCAR: Analyse Atlanta 2013

von KristianStooss
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Kyle Busch sicherte sich in Atlanta seinen vierten Saisonsieg und damit sein Ticket für den Chase, nachdem er ein unauffälliges Rennen gefahren ist. Unterdessen lief es für Brad Keselowski gar nicht gut und die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir in den Playoffs ausgerechnet auf den amtierenden Meister verzichten müssen.

NASCAR_NSCS_ATL_9113_Kyle_Busch_Victory_LaneWieso bekomme ich eigentlich immer die langweiligen Rennen, wenn die anderen US-Serien sich vorne und hinten in die Karre fahren? Während die NASCAR-Trucks ein sehr turbulentes Finish mit extrem unfairen Manövern und ohrfeigenden Ehefrauen erlebte, lieferten die IndyCars in Baltimore mal wieder ihre Slapstick-Version der Double-File-Restarts ab. Der Sprint Cup spulte in Atlanta stattdessen einen relativ gesitteten 500-Meiler ab, mit Ausnahme der einen oder anderen Begegnung „with a vengeance“. Den Sieg holte sich ein sehr unauffälliger Kyle Busch, der sich bei seiner Boxencrew für diesen Erfolg bedanken kann und sogar muss. Immerhin zeigten sich vorher noch einige andere Fahrer sehr gut aufgelegt, doch sie wurden allesamt vom Pech verfolgt, wovon besonders Brad Keselowski und Clint Bowyer ein Liedchen singen können.

Dies gilt auch für Polesitter Ricky Stenhouse Jr., der sofort zeigte, dass er im Qualifying nur ganz vorne stand, weil er eine andere Linie als seine Mitstreiter wählte. Schon in Turn 1 wurde er von Juan Pablo Montoya kassiert und kam so auf keine einzige Führungsrunde. Bis zur Competition-Caution in Umlauf 25 verlor er mehr oder weniger eine Position pro Runde, konnte aber am Ende immerhin Platz 16 nach Hause fahren. Vorne geriet Montoya sofort unter Druck von Carl Edwards, der sich jedoch nicht gegen den Kolumbianer durchsetzen konnte. Dies schaffte im Verlauf des ersten Abschnitts dann Joey Logano, der zur Stelle war, als Edwards Wagen auf dem Long-Run nachließ. Die #22 übernahm zur angekündigten Unterbrechung – wegen eines Regenschauers zwischen Nationwide- und Cup-Rennen – die Spitze.

Die Gelbphase wurde von den Teams konservativ angegangen und so zog man überall vier neue Reifen auf. Da die Crew von Joey Logano etwas langsamer arbeitete als der Rest, konnte Juan Pablo Montoya wieder in Führung gehen. Weil Jeff Gordon auf der Außenbahn das Timing verpennte, kamen die Wagen hinter ihm in Bedrängnis. Matt Kenseth schob Gordon an, während Joey Logano gefolgt von Dale Earnhardt Jr. einen Weg durch die Mitte suchte. Der Ziehharmonika-Effekt sorgte für einen Stau, in dem Kasey Kahne und Jimmie Johnson ihrem Teamkollegen Junior aufs Heck fuhren. Grandiose Vorstellung aller vier Hendrick-Piloten, die hier schon sehr früh negative Schlagzeilen machten. Andererseits: Wo sollten die auch hin? Platz war da nicht mehr. Zudem war Kenseth mit seinem Schubser auch nicht ganz unschuldig am Resultat.

Ebenfalls verwickelt wurden Mark Martin und Jeff Burton, die sich gemeinsam mit Jimmie Johnson in der Boxengasse ihre Wagen wieder herrichten ließen. Ganz böse erwischte es Kasey Kahne, der mit einem beschädigten Kühler die Garage aufsuchen musste. Rang 36 war für ihn am Ende des Abends das höchste der Gefühle. Burton sollte später in die neunte und letzte Gelbphase verwickelt werden und nicht über Platz 34 hinaus kommen. Martin landete mit drei Runden Rückstand auf Rang 25, einige Plätze vor Johnson (28.).

Nach gefühlten drei Stunden konnte das Rennen dann endlich fortgesetzt werden und alle Fahrer schienen im Gegensatz zu den IndyCar-Piloten in Baltimore ihre Lektion gelernt haben, denn bis zum Beginn des letzten Renndrittels blieb es nun vergleichsweise ruhig auf der Strecke. Diese Spanne ist somit auch recht schnell zusammengefasst: Zunächst übernahm direkt beim Restart Carl Edwards die Führung, während Juan Pablo Montoya sukzessive zurückfiel, weil sich die Abstimmung seines Wagens in der einbrechenden Dunkelheit als nicht mehr kompatibel mit den veränderten Gripverhältnissen erwies. Mit Platz 7 holte Montoya sich anschließend aber immerhin ein weiteres Top-10-Resultat ab.

Paul Menard löste in den Runden 59 und 77 zwei Debris-Cautions aus, weil sich an seinem Wagen zuerst ein Teil des rechten Hinterreifens und später schließlich die ganze Lauffläche löste. Der entsprechende Radkasten war durch einen Fender-Rub in Mitleidenschaft gezogen worden, den Menards #27 sich bei einem Kontakt mit Denny Hamlin und der Außermauer kurz zuvor einfing. Auch Hamlin ging nicht ganz unbeschadet aus der Situation hervor und musste in der Caution sein Hinterteil – also das seines Autos – liften lassen. Dabei bewegte er sich außerhalb seines Pitstalls, während noch an der #11 gearbeitet wurde. Eine Durchfahrtsstrafe während der nachfolgenden Grünphase war die Folge. Mehr zu diesen beiden Steithähnen folgt später…

An der Spitze wechselten sich in dieser Phase einige Fahrer ab: Zur ersten Debris-Caution kam Jeff Gordon wieder ins Spiel, der sich die Führung an der Box sicherte und bis zur zweiten Trümmerteil-Gelbphase nicht wieder abgab. Dort arbeitete wiederum die Crew von Carl Edwards schneller und brachte ihren Fahrer an die Spitze. Unterdessen bewegte sich Joey Logano außerhalb der Hauptstrategie, um eine Vibration – vermutlich hervorgerufen durch ein loses Rad – beheben zu lassen. Dies spülte Logano in Runde 124 an die Spitze, wo er sich in der Folge mit Clint Bowyer abwechselte. In Umlauf 194 hauchte der experimentelle Toyota-Motor der #15 jedoch in Führung liegend sein Leben aus. Bei Michael Waltrip Racing entschied man sich zu diesem kalkulierbaren Wagnis, da Bowyer ja eh schon fest für den Chase qualifiziert ist und man Neuerungen für die wichtige Phase der Meisterschaft testen wollte.

Joey Logano konnte durch diese willkommene Unterbrechung wieder auf dieselbe Strategie wie der Rest des Feldes wechseln, jedoch in der Boxengasse seine Führung nicht gegen Carl Edwards und Jeff Gordon behaupten, weil er beim Herausbeschleunigen einen weiten Schlenker um die Mannschaft von Kurt Busch fahren musste. Der anschließende Restart brachte recht schnell die beiden alten Bekannten namens Denny Hamlin und Paul Menard wieder zusammen. Menard erinnerte sich an sein Sandwich zwischen Hamlin und der Mauer und schickte die #11 in Runde 207 in Turn 4 kurzerhand in einen Dreher. Für Hamlin war das Rennen gelaufen und Platz 28 das Endresultat des verkorksten Abends. Apropos alte Bekannte: Auch Gordon und Edwards lieferten sich einige knappe Aktionen, fuhren sich aber wenigstens nicht gegenseitig in die Karre und sprachen sich nach dem Rennen aus.

Unterdessen war übrigens Joey Logano schon wieder an Carl Edwards vorbeigezogen und die beiden Kontrahenten an der Spitze versuchten sich während der Caution an einer alternativen Strategie: Sie blieben im Gegensatz zum Rest des Feldes auf der Strecke! Brad Keselowski und Kevin Harvick wurden am schnellsten abgefertigt und konnten mit ihren neuen Reifen über das Führungsduo herfallen. Es war schon fast erschreckend, wie schnell Logano und vor allem Edwards von den hungrigen Wölfen aufgefressen wurden.

Den folgenden Green-Flag-Run von Runde 213 bis 289 bestimmten die beiden Piloten von Penske Racing und gerade Brad Keselowski konnte einen Sieg im Kampf um die Chase-Qualifikation sehr gut gebrauchen. Leider schlug auch bei ihm der Fehlerteufel zu, als er in Umlauf 245 erst einen, dann einen weiteren Zylinder und 50 Runden später den kompletten Motor verlor. Mehr als Platz 35 konnte der amtierende Meister nicht retten und befindet sich damit nun punktetechnisch in einer sehr ernsten Situation. Vorne richtete sich zwischenzeitlich Joey Logano häuslich ein und führte die Meute boxenstoppbereinigt bis zum Beginn der entscheidenden Phase in Umlauf 289 von 325 an.

An dieser Stelle kam es zu einer schnellen Serie von drei Cautions jeweils in Turn 4, in deren Rahmen die Vorentscheidung um den Sieg fiel. Gelbphase #7 von 9 löste Jimmie Johnson aus, der aus Versehen und in wenig professioneller Manier Jeff Burton abräumte, welcher seinerseits gerade auf dem Weg zur Boxengasse war. Dort konnten dann unter gelber Flagge immerhin alle Piloten ihr Benzinfenster schließen, während es an der Spitze zu einer Überraschung kam: Kyle Busch übernahm die Führung, nachdem er lange nur unauffällig in den Top5/10 unterwegs war. Seine Mannschaft lieferte den schnellsten Pitstop ab, während Joey Logano zwei Ränge verlor und hinter Ryan Newman zurückfiel.

Beim Restart bekam Kurt Busch einen wahnsinnigen Run auf das Feld und fuhr innerhalb einer halben Runde von Platz 9 auf die 2 nach vorne. Das sah schon echt genial aus, was der ältere Busch-Bruder da ablieferte. Dann folgten die Cautions #8 und #9 recht schnell aufeinander: Zuerst drehte sich Brian Vickers, danach erwischte es erneut Jeff Burton, der seinen Chevrolet nach einem Reifenplatzer in der Mauer versenkte und dabei ausgerechnet Austin Dillon mit aus dem Rennen nahm.

Die letzten 21 Runden bestimmte Kyle Busch an der Spitze nach Belieben und fuhr sich zwischen grüner und karierter Flagge einen ausreichenden Vorsprung von einer Dreiviertelsekunde heraus. Hinter ihm schnappten Joey Logano und Martin Truex Jr. noch den Bruder Kurt Busch, welcher vor Ryan Newman ins Ziel fuhr. Die Top 10 komplettierten Jeff Gordon, Juan Pablo Montoya, Dale Earnhardt Jr., Kevin Harvick und Brian Vickers.

Da ich bei der Zusammenfassung jetzt ziemlich weit ausgeholt habe, lasse ich Steffen auch im Hinblick auf die verbleibenden Chase-Szenarien für das letzte Rennen der Regular-Season in Richmond den Vortritt. Er wird euch dann am Freitag etwas ausführlicher erklären, warum es für Brad Keselowski nun ganz schwer wird, während Jeff Gordon Morgenluft wittert und warum neben Jimmie Johnson, Clint Bowyer und Matt Kenseth nun auch Kevin Harvick, Carl Edwards, Kyle Busch sowie Kasey Kahne – zumindest über die Wildcards – für die Playoffs qualifiziert sind.

Wer nicht bis Freitag auf die Folter gespannt werden möchte, der darf auch gerne am Donnerstag in unseren wöchentlichen Podcast reinhören, bei dem wir sicherlich auf die unterschiedlichen Szenarien eingehen werden.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

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