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NASCAR: Analyse Michigan August 2013

von KristianStooss
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Michigan offenbarte sich als Taktik-Klassiker, bei dem es am Ende auf den richtigen Benzinverbrauch ankam. Viele Piloten mauserten sich im Verlauf des Rennens zu Siegkandidaten, doch nach 200 Runden stand dann wieder der Polesitter Joey Logano ganz vorne und fuhr in die Victory-Lane – auch weil andere Hochkaräter patzten.

289369Mit seinem ersten Saisonsieg brachte sich Joey Logano recht überraschend für die Chase-Qualifikation in Stellung. Bei den Wildcards hat er nun ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und um die Top 10 herum bewegen sich ja auch schon einige andere Fahrer mit nur einem einzigen Jahreserfolg. Das Endergebnis von Michigan sorgte somit nicht gerade für Klärung auf den Playoff-Positionen, denn Platz 8 und 15 trennen immer noch nur 31 Punkte. Unterdessen bekommen die Piloten von Hendrick Motorsports – mit Ausnahme von Jimmie Johnson – so langsam schlechte Karten, weil der Top-Rennstall der NASCAR am Wochenende ähnlich wie bei der ersten Michigan-Ausgabe im diesem Jahr ein Volldebakel ablieferte. Einzig Kasey Kahne konnte zum Schluss konstant in die Top 10 vordringen.

Der Tag startete erst einmal unglaublich zäh und Jeff Gluck traf es mit seinem Tweet wohl am besten: Der besagte sinngemäß, das Rennen fühle sich an, als ob jemand nach den ersten Kilometern einer längeren gemeinsamen Autofahrt schon zum ersten Mal aufs Klo müsse. Selten so gelacht! In den ersten 17 Runden brachten es die Sprint-Cup-Asse direkt mal auf drei Cautions. Zuerst drehte sich Clint Bowyer in Turn 4, danach crashte David Reutimann in Turn 2. Umlauf 14 brachte anschließend einen Dreher von Tony Stewarts Ersatzmann Austin Dillon, welcher dabei noch den unbeteiligten JJ Yeley abräumte.

Als endlich etwas Ruhe ins Rennen kam, zeigten Jimmie Johnson, Kurt Busch und auch Michigan-Spezi Dale Earnhardt Jr. an der Spitze ihr Können. Nun begann jedoch die Hendrick-Farce mit einem Motorschaden bei Jimmie Johnson. Die #48 war schon recht früh einmal an der Box, um ein Problem am Motor checken zu lassen. Nach einem erneuten Aufenthalt bei der Pitcrew drohte aber das Chevrolet-Aggregat mit einem Generalstreik und so musste Johnson seinen Wagen mit nur noch sieben Zylindern in der Garage abstellen. Ganz so schlimm ist dies für den fünfmaligen Meister aber nicht, denn immerhin hat er bereits sein Chase-Ticket für dieses Jahr gelöst.

Auch für seinen Teamkollegen Dale Earnhardt Jr. lief es in der Folge nicht besser: Am Sonntag erwiesen sich die Goodyear-Reifen wieder einmal nicht als sonderlich belastbar. Es stellt sich hier die Frage, ob die Pneus des Einheitsherstellers wie im Juni-Rennen mit den hohen Geschwindigkeiten zu kämpfen hatten oder ob die Teams mit sehr optimistischen Sturzwerten an den Start gegangen waren. Jedenfalls erwischte es in Runde 136 Juniors rechten Vorderreifen in Turn 2, was ihn direkt in die Mauer beförderte. Für seine Chase-Ambitionen war dies sicherlich ein erheblicher Dämpfer, auch wenn er weiterhin mit einem Polster von 20 Punkten auf den Cut die siebte Platzierung in der Meisterschaft inne hat. Earnhardt darf sich solche Ausfälle wie in Watkins Glen oder Michigan aber nicht noch einmal leisten.

Zu diesem Zeitpunkt begann die entscheidende Phase des Rennens, die Joey Logano nach dem Restart der Earnhardt-Caution in Führung sah. Dort hielt er sich auch über die nächste Gelbphase in Runde 150 hinweg, welche Bobby Labonte durch seinen Dreher in Turn 4 auslöste. Für das Schließen des Benzinfensters war es allerdings an dieser Stelle noch zu früh, da die Teams mit maximal 40 Umläufen für einen Fuelrun rechneten. Als Kyle Busch nur wenige Runden später schließlich Caution #8 von 9 auslöste, war der Restverbrauch bis zur Zielflagge in realistische Reichweite gerückt. Bis auf Brad Keselowski, Mark Martin, David Ragan und Aric Almirola holten sich alle Piloten an der Spitze ihren finalen Splash ab. Hinter dem Quartett sortierten sich Joey Logano und Kevin Harvick ein. Damit war der Benzinkrimi quasi eröffnet.

Weil Kyle Busch sich in Runde 174 erneut drehte, bekamen die Pokerspieler eine letzte Gelegenheit, ganz sicher zu gehen. Mark Martin wagte jedoch einen All-in und blieb auf der Strecke. Beim finalen Restart lieferte er sich ein tolles Three-Wide-Duell mit Kevin Harvick und Joey Logano, wobei er seine Führung behalten konnte. Die Rechnung konnte aber nicht hinhauen und so rollte Martin erstaunliche drei Runden vor dem Ende des Rennens ohne Benzin aus. Dass er es bis dahin geschafft hatte, war schon eine erstaunliche Einsparleistung, immerhin hatte er seinen Verbrauch auf 47 Umläufe mit einem Tank gestreckt. Glücklicher, aber verdienter Abstauber war daraufhin natürlich Joey Logano, der sogar noch genügend Sprit für seine Siegerdonuts an Bord der #22 hatte.

Hinter Joey Logano sortierten sich Kevin Harvick und ein erneut stark auffahrender Kurt Busch ein. Busch hatte mit seinen 43 Führungsrunden wieder einmal Chancen auf den ersten Saisonsieg. Die Top 5 komplettierten Paul Menard und Clint Bowyer. Ein Top-10-Ergebnis sicherten sich Marcos Ambrose, Kasey Kahne, Jeff Burton, Greg Biffle und Carl Edwards. Generell fiel dabei auf, dass am Ende diejenigen Piloten vorne landeten, die das unauffälligste Rennen fuhren. Juan Pablo Montoya legte einen soliden Nachmittag auf den Asphalt und wurde Elfter vor Brad Keselowski.

Bei Hendrick Motorsports überraschte übrigens auch Jeff Gordon mit einem unterirdischen Rennen. Er hielt sich zwar aus allem Ärger raus, verlor aber gerade bei den Restarts immer wieder massiv an Boden und landete somit trotz vorheriger Kampfansage nur auf Rang 17. So wird das in diesem Jahr nichts mit dem Chase für den viermaligen NASCAR-Meister. Debakel-Farce²!

Die Aufarbeitung der Punktetabelle überlasse ich meinem Kollegen Steffen für die Bristol-Vorschau am Freitag, da dieser Artikel sich bereits der magischen, selbst gesteckten 1000-Wörter-Grenze nähert und Steffen sicher ohnehin darauf eingehen wird. Daher schauen wir an dieser Stelle noch kurz auf die jüngsten, interessanten Neuigkeiten aus dem Sprint Cup:

– Am Montagabend wurde bestätigt, dass Mark Martin für den Rest der Saison bei Stewart-Haas Racing unterkommen wird, um den verletzten Tony Stewart zu ersetzen. Bis auf Talladega, wo Austin Dillon am Steuer sitzen soll, pilotiert Martin die #14 dann also bis einschließlich Homestead.

– Die Lücke bei Michael Waltrip Racing schließt derweil Brian Vickers, der damit einen prima Einstand für seine beiden folgenden Vollzeitsaisons in der #55 geben kann. Auch hier ergibt sich für Talladega eine Ausnahme: Michael Waltrip bestreitet nicht zuletzt aufgrund von Sponsorenverpflichtungen das letzte Restrictor-Plate-Rennen der Saison in seinem eigenen Team.

Und noch ein großes, echt dickes Gerücht: Kurt Busch soll ein Angebot von Stewart-Haas Racing auf dem Tisch liegen haben, 2014 einen vierten (!) SHR-Chevrolet zu fahren. Mitbesitzer Gene Haas würde den Einsatz von Busch sogar komplett aus eigener Tasche bezahlen – bei kolportierten 20 Millionen US-Dollar pro Saison in einem Top-Team natürlich wahrlich kein Pappenstiel. Ärgern dürfte das Ryan Newman, dem man zuvor gesagt hatte, ein viertes Auto wäre nicht drin.

Unterdessen wird in den USA übrigens auch so langsam meine Idee eines gemeinsamen Einsatzes von Mark Martin und Kyle Larson in der #42 von Earnhardt-Ganassi Racing aufgegriffen.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

Notiz am Rande: Diverse (auch überspitzte) Äußerungen (z.B. „Debakel-Farce²“) sind in meiner Analyse dieses Mal eher als Satire anzusehen. Die Gründe dafür dürften bekannt sein!

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