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Formel Eins: Analyse GP Ungarn 2013

von DonDahlmann
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GP Ungarn 2013

Der Grand Prix von Ungarn brachte vor allem die Erkenntnis, dass Mercedes auf dem Weg ist, in der Weltmeisterschaft noch ein Wörtchen mitzureden. Der Titel ist durchaus in Reichweite.

GP Ungarn 2013Das vermutlich heißeste Rennen des Jahres, die Reifen der Marke „Soft“, konstanter Druck in der Frühphase des Rennens – und doch kann Mercedes das Rennen gewinnen. Red Bull genießt mit Sebastian Vettel zwar noch einen großen Vorsprung in der WM, aber die Sache könnte noch enger werden, als es den Österreichern lieb ist. Und auch Lotus rückt Red Bull dank der neuen Pirelli auf die Pelle. Großer Verlierer des Wochenendes ist jedoch Ferrari, die mal wieder kein Bein auf den Boden bekommen haben und im Entwicklungswettkampf der vier führenden Teams offenbar unterlegen sind.

Es war schnell klar, dass sich das Rennen über zwei Dinge entschieden wird: Strategie und Reifenverschleiß. Und in beiden Punkten sah sich Red Bull eigentlich im Vorteil. Am Freitag schimpfte Lewis Hamilton noch über einen schlecht liegenden Mercedes, nach seiner Pole spielte er die Siegchancen runter und hoffte auf ein Podium. Doch offensichtlich war das eher Theater. Denn Lewis konnte in Ungarn von Anfang an die Pace bestimmen und er musste auch nicht mehr oder weniger auf seine Reifen aufpassen, als das Vettel tat. Die beiden kamen nach dem ersten Stint mit nur einer Runde Abstand in die Box, um die „Soft“ gegen die „Medium“ zu tauschen. Dabei war der frühere Stopp von Hamilton am Ende sogar die bessere Strategie, denn er konnte auf seiner Outlap Vettel klar distanzieren. Helmut Marko sprach nach dem Rennen von einer schlechten Inlap, die Vettel gefahren sei, Vettel wiederum erklärte, dass die Reifen in den letzten zwei Runden des Stint einfach komplett eingebrochen seien.

Für Vettel bedeutete dieser Zeitverlust allerdings, dass er das Rennen schon nach dem ersten Stopp verloren hatte. Während Hamilton vor dem auf „Medium“ gestarteten Jenson Button raus kam, landete Vettel hinter dem Briten und verlor dort sehr viel Zeit. Knapp acht Sekunden werden es über die Runden gewesen sein, die der Deutsche einbüßte, wobei man Button keinen Vorwurf machen kann. Der fuhr sein Rennen und kämpfte um seine Position.

Für Vettel bedeutete dies ein weiteres Problem, wie sich allerdings erst später im Rennen rausstellen sollte. Lotus hatte Räikkönen nach einem langen ersten Stint auf eine 2-Stopp-Strategie gesetzt, die der Finne mustergültig umsetzen konnte. Ein wenig abseits der Kameras und nur sichtbar, wenn man den Zeitenmonitor verfolgte, fuhr er sehr schnelle und sehr konstante Rundenzeiten. Sein Abstand zu Hamilton war wegen seiner schlechten Quali schon kurz nach dem Start zu groß, das Ziel hieß also P2. Lotus stellte die Strategie just in dem Moment um, in dem man sah, dass Vettel sehr viel Zeit hinter dem McLaren verlor. Eine strategische Meisterleistung, aber auch eine grandiose Fahrt von Kimi, der seinen Reifen im letzten Stint (32 Runden) genau die richtige Leistung abverlangte. In der letzten Runde, so der Finne, brachen die Medium dann ein, was man auch am tänzelnden Heck des Wagens sehen konnte.

Interessant an der Sache ist, dass Lotus Red Bull mit der Taktik unter Druck setzen konnte. Dass Vettel hinter Kimi ins Ziel kam, lag sicher auch daran, dass er hinter Button feststeckte, aber auf der anderen Seite musste Räikkönen zu Beginn des Rennens mit Alonso kämpfen und konnte seinen Speed auch nicht fahren. Mag sein, dass die Umstände (Strecke, Hitze) auch dazu geführt haben, dass Red Bull nicht wie gewohnt dominieren konnte, aber es könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass die neuen Reifen vielleicht im Moment doch nicht so recht passen. Wenn Lotus auch in Zukunft immer einen Stopp weniger machen kann, dürfte das interessante Rennen geben.

Das Ergebnis für Renault hätte noch besser ausfallen können, wenn Romain Grosjean nicht mal wieder Ärger mit den Kommissaren bekommen hätte. Bei einem Überholmanöver gegen Button zog der Franzose etwas früh rüber und die beiden Fahrzeuge berührten sich. Ein paar Runden später zog in er einem sensationellen Manöver außen in T4 an Massa vorbei. Blöderweise lag die weiße Linie dieses Mal vor der schraffierten Fläche und er war mit beiden Rädern außerhalb der Strecke. Die Folge war eine regelkonforme Durchfahrtsstrafe, die sich aber ein wenig harsch anfühlt. Für die Berührung mit Button brummten ihm die Kommissare dann auch noch eine 20-Sekunden Strafe auf, die sein Ergebnis (P6) aber nicht änderte.

Ferrari hatte mit dem Ausgang des Rennens überhaupt nichts zu tun. In der Quali kam Alonso immerhin auf P5. Das ist jetzt nicht toll, aber auch nicht schlecht. Und wie man bei Mark Webber sehen konnte, kann man daraus was machen, wenn das Auto stimmt. Am Ende kam Alonso auch auf P5 raus, rund 31 Sekunden hinter Hamilton. Man verliert pro Runde also knapp 0,5 Sekunden und das ist einfach zu viel. Ferrari fährt im Nirvana hinter Mercedes, Red Bull und Lotus. Nach hinten muss man sich nicht wirklich verteidigen, nach vorne geht es aber auch nicht. Das Problem für Ferrari ist, dass ihnen die Zeit davon läuft. Zwar kommen noch neun Rennen, aber die liegen wiederum so dich beisammen, dass es schwierig sein wird, parallel die Entwicklung voranzutreiben. Es ist auch nicht so, dass Ferrari grundsätzlich Schwächen zeigen würde. Der Reifenverschleiß ist ok, der Topspeed usw. ebenso. Auch die Fahrer berichten, dass sie mit dem Wagen grundsätzlich zufrieden sind. Der F138 ist einfach grundsätzlich zu langsam und Ferrari gelingt es nicht, die Lücke nach vorne zu schließen.

Da wundert es fast nicht, dass in Ungarn Gerüchte aufgetaucht sind, Alonso könnte zu Red Bull wechseln. Schuld daran war ein Gespräch von Luis Garcia, dem Manager von Alonso, mit Christian Horner. Helmut Marko ließ es sich nicht nehmen, etwas Feuer unter der Sache zu machen, aber man sollte darauf nichts geben. Alonso hat bei Ferrari einen Vertrag bis Ende 2016, der eng an den Sponsorvertrag mit Santander gekoppelt ist. Red Bull wird sich Alonso auch nicht antun wollen. Hintergrund des Gespräches dürfte viel mehr Carlos Sainz jr. gewesen sein, der ebenfalls von Gracia vertreten wird.

McLaren zeigte sich in Ungarn etwas verbessert. Perez schaffte es recht locker in Q3, im Rennen lagen beide Wagen aufgrund der Zwei-Stopp-Strategie recht gut im Rennen. Für einen Moment sah es sogar so aus, als könne Button aufs Podium fahren, aber dann war der MP4/28 dann doch zu lahm und wurde von der Konkurrenz aufgeschnupft. Perez und Button kamen beide in die Punkte, was insofern wichtig war, weil Force India am Wochenende patzte.

Die Inder hatten sich gegen die Änderung der Reifen mit allem gewehrt, was sie hatten. Sie wussten wohl schon, dass die neuen Pirelli dem Wagen nicht gut tun würden. Schon in der Quali blieben beide Piloten blass und schafften nicht den Sprung in Q3. Sutil hatte in seinem Rennen Pech und fiel mit einem Hydraulikproblem aus, allerdings lag er zu diesem Zeitpunkt auch nicht in Punktenähe. Paul di Resta kämpfte sich durchs Rennen, dass man sich am Ende aber einem Williams geschlagen geben musste, sagt schon einiges.

Williams gelang es in Ungarn endlich, den ersten Punkt in diesem Jahr zu holen. Bedanken können sie sich da bei Pastor Maldonado, der mit einem sehr guten Start die Basis für den Erfolg legte. Man sollte das allerdings nicht überbewerten. Die enge Strecke liegt dem Williams besser als das, was man sonst so in der Saison fährt, dazu kam das Glück, dass Rosberg kurz vor Schluss liegen blieb. Aus eigener Kraft hätte Williams den Punkt nicht geholt.

Force India war während des gesamten Wochenendes nicht zu sehen. Q3 war utopisch, die Rundenzeiten auf den Long Runs schlecht. Grund mag die Strecke gewesen sein, der STR mag die schnellen Kurse lieber.

Sauber hatte ebenfalls ein, wie in diesem Jahr schon fast gewohnt, zähes Rennen. In der Quali blieb Guiterrez mal wieder in Q1 hängen, im Rennen fiel der Mexikaner früh aus. Hülkenberg lag zwischenzeitlich auf P10, verlor aber viel Boden, als er wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung in der Box eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt bekam.

Ein Wort noch zu Mark Webber, der von P10 auf P4 fahren konnte. Er startete mit den „Medium“, was sich als gute Entscheidung für den ersten Stint herausstellen sollte. Allerdings, und das habe ich nicht so ganz verstanden, setzte man Webber ebenfalls auf eine Drei-Stopp-Strategie. Entweder kann der Red Bull nicht mehr, oder man hat sich da vertan. Durch das zweimalige Wechseln auf die „Medium“ verlor Webber rund 20 Sekunden an der Box, ob er die auf der Strecke auf verloren hätte, ist zumindest mal eine Frage wert.

Das Rennen war also durchaus interessant, bot packende Zweikämpfe und für Ungarn erstaunlich viele und vor allem sehenswerte Überholmanöver. Leider geht die Serie jetzt in eine vierwöchige Pause, das nächste Rennen ist erst Ende August in Spa. Die Fabriken müssen zwei Wochen geschlossen bleiben, was aber nicht bedeutet, dass keiner arbeiten wird. Vier Wochen sind viel Zeit, um den Wagen zu verbessern.

Vettel führt in der WM mit 38 Punkten vor Räikkönen, Alonso hat 39 Punkte Rückstand und bei Hamilton sind es 48 Zähler. Das bedeutet, dass die WM noch längst nicht entschieden ist. Ein Ausfall von Vettel und die Sache sieht wieder anders aus. Mercedes hat mit Hamilton durchaus auch noch Chancen. Wenn die Performance weiter so stabil ist, Vettel noch einmal ausfällt und es gelingt, immer ein oder zwei Plätze vor Vettel zu liegen, dann könnte es gegen Ende der Saison noch mal knapp werden. Das klingt etwas viel nach „wenn und sollte“, aber ausgeschlossen ist es nicht, dass Red Bull noch mal ins Schwitzen kommt.

In der Sommerpause gibt es von uns wie gewohnt die Halbzeitanalyse, damit es nicht ganz so langweilig wird.

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1 Kommentare

xeniC 29 Juli, 2013 - 07:03

Auch Hamilton kam nach Stop 1 hinter Button raus. #fyi

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