Home NASCAR NASCAR: Analyse Talladega Mai 2013

NASCAR: Analyse Talladega Mai 2013

von KristianStooss
6 Kommentare
NASCAR Talladega

Das Wochenende in Talladega stand wettertechnisch unter keinem guten Stern und so musste man in beiden Rennen auch den allerletzten Sonnenstrahl ausnutzen. Am Ende blieben vor allem zwei Erkenntnisse übrig: Auf den Superspeedways können auch die Kleinen mal ganz oben stehen und der teuer entwickelte AirTitan funktioniert genauso gut wie die Jet-Dryer.

314t1leAm Sonntag gab es in mehr oder weniger komprimierter Form all das zu sehen, was zur NASCAR dazugehört: Grillende Rednecks und Mechaniker, Regen, Gewitter und Bemühungen zur Streckentrocknung, Tür-an-Tür-Racing und Big-Ones, einen Überraschungs(doppel)sieger und natürlich Jamie McMurray mit seinem Sohnemann im Mini-Elektrofahrzeug. Insgesamt gut sieben Stunden dauerte der ganze Spaß schließlich, bis ein Sieger feststand, und da ging FOX nicht nur das Material, sondern zwischenzeitlich auch mal die Sendezeit aus. Außerdem konnte endlich auch Martin Truex Jr. ein Interview im TV ergattern, dazu musste er allerdings zunächst die vor dem Hauler grillende Crew von Kyle Busch fotobomben. Im Gegensatz zur Nationwide-Sause vom Vortag konnte das Cup-Rennen immerhin pünktlich gestartet werden. Doch ruhig blieb es nur kurz:

Schon nach 44 von 188 Runden stritten sich Kasey Kahne und Kyle Busch hinter Leader Matt Kenseth um die Führung auf der Außenbahn, wobei die #5 von der #18 umgedreht wurde. Direkt am Kopf des Feldes entstanden hüllte die „Days of Thunder“-Gedächtnis-Rauchwolke natürlich schnell das nachfolgende Feld ein, weshalb insgesamt 16 Fahrzeuge in diesen Big-One verwickelt wurden. Auch wenn lediglich für Kevin Harvick, Kasey Kahne und David Reutimann das Rennen sofort beendet war, holten sich trotzdem so prominente Piloten wie Jeff Gordon, Tony Stewart, Greg Biffle, Jamie McMurray und Martin Truex Jr. frühe Blechschäden ab. Ganz blöd lief es bei der #11 von Joe Gibbs Racing, wo gerade erst Brian Vickers das Steuer vom weiterhin nicht komplett genesenen Denny Hamlin übernommen hatte. Bei den Reparaturarbeiten verlor das Team viele Umläufe.

Danach kam das Rennen in einen Fluss, welcher nur durch Green-Flag-Pitstops unterbrochen und fast durchgängig von Matt Kenseth angeführt wurde. Dies lag wohl nicht zuletzt daran, dass sich das Feld aufgrund der Boxenstoppserie in mehrere kleinere Pakete aufteilte, in denen es etwas gemächlicher zuging. Die große Bedrohung war nach Überquerung der Halbzeitmarke also nicht ein weiterer Big-One, sondern eher der sich bedrohlich verdunkelnde Himmel. In Runde 124 wurde das Getröpfel schließlich so stark, dass man die Wagen unter der roten Flagge in der Pitlane parkte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Intensität des Racings aufgrund des nahenden Regens wieder zugenommen. An der Spitze schob sich Carl Edwards knapp vor dem Ausrufen der Caution an seinem Teamkollegen Ricky Stenhouse Jr. vorbei, was den Fahrer der „Number ninety nine“ nun in freudige Erwartung eines Rennabbruchs versetzte. Dazu sollte es aber nicht kommen, da die NASCAR ja ihr neues AirTitan-System zur Streckentrocknung in das Handgepäck nach Talladega gestopft hatte. Da die Regenwolke sich rasch verzog, ging man mit dem eigens entwickelten Gerät also auf die 2,66 Meilen los – und schaffte es in etwas weniger als zwei Stunden, das Oval in einen rennbereiten Zustand zu versetzen. Da der Nieselregen nie ganz aufhörte, kann man dem AirTitan hier wohl aber (noch) keinen Strick drehen. But wait, there is more!

Kurz bevor man die Fahrer wieder auf die Reise schicken wollte, um die letzten knapp 60 Runden unter die Räder zu nehmen, bildete sich direkt vor dem Superspeedway eine lokale Gewitterzelle und die hatte es in sich. Die Streckenverantwortlichen ordneten sogar eine Evakuierung der Tribünen an. Auch wenn diese Zelle vergleichsweise klein war, so ging doch eine Menge Regen nieder und noch so eine größere Wartezeit hätte das Finale in die Nähe des Sonnenuntergangs verschoben, wobei es in Talladega keine Flutlichtanlange gibt. Enter the AirTitan: Da NASCAR im Vorfeld prahlte, man würde eine Strecke dieser Größe mit dem neuen System in gut einer halben Stunde abtrocknen können, ging die ganze Arbeit von vorne los. Man benötigte erneut – na? Genau: knapp zwei Stunden! Damit ist der AirTitan offiziell vergleichbar schnell in der Streckentrocknung wie die überreifen Jetdryer und man hat wieder ein paar Millionen sinnvoll investiert.

Ich gehe stark davon aus, dass ohne den Zwang des AirTitan-Einsatzes schon während des Abregnens der Gewitterzelle Carl Edwards als Sieger in den Büchern notiert worden wäre. NASCAR wollte sich etwas beweisen und hat dabei den Spott einiger Beobachter auf sich gezogen. Grundsätzlich sind solche Neuerungen ja absolut begrüßenswert und ich habe mich ehrlich auf das System gefreut, aber hier wurde beim Hype schon echt peinlich übertrieben. Hoffentlich bietet der AirTitan noch etwas Potenzial für Verbesserungen, funktioniert in Kooperation mit viel Sonne besser als die Jetdryer oder ist zumindest umweltfreundlicher als Letztere. Aber unter diesen Umständen wird mal wohl noch einmal zurück ans Reißbrett gehen müssen. Mich wundert nur, dass nicht noch mehr kritische Stimmen zu hören waren. Ach ja, für sowas gibt es dann ja Geldstrafen, ich vergaß!

Als nach knapp vier Stunden Unterbrechung endlich ein Restart möglich war, ging es zunächst darum, die Distanz möglichst schnell abzuspülen, um das Rennen noch vor Einbruch der Dunkelheit zu beenden. So rissen sich dann bis gut zehn Runden vor Schluss alle am Riemen und gondelten Single-File in mehreren Gruppen hintereinander an der Bande entlang. Als Michael McDowell ein Reifen platzte, war das Finale perfekt vorbereitet, da im Zuge dieser Caution alle Wagen wieder zusammengeführt wurden. Mit „10 to go“ schickte man das Feld zur grünen Flagge und man konnte an den Lichtern des Pacecars erkennen, wie bedrohlich dunkel es bereits war.

Nun waren alle guten Manieren vergessen und nach nicht mal drei Umläufen war das Feld Three-Wide, was bei viel Bewegung nicht gutgehen konnte. Die Kettenreaktion und den zweiten Big-One löste Ricky Stenhouse Jr. aus, der oben neben JJ Yeley eine vierte Spur eröffnen wollte. Weil diese Situation erneut an der Spitze stattfand, fielen wieder einige Wagen der trudelnden #36 zum Opfer. Yeley traf zuerst Marcos Ambrose und Kurt Busch, wobei Letzterer sich überschlug und auf der Motorhaube / in der Frontscheibe von Ryan Newman landete. Ebenfalls involviert waren unter anderem ein weiteres Mal Jeff Gordon und Jamie McMurray sowie außerdem Clint Bowyer, Danica Patrick und Michael Waltrip.

Viel Aufräumarbeiten und wenig Licht veranlassten NASCAR dazu, die Anzahl der Green-White-Checkered-Verlängerungen von vorne herein auf eine zu begrenzen, welche zudem direkt anstand. Den letzten Restart nahmen Matt Kenseth und Carl Edwards vor Jimmie Johnson und Regan Smith in Angriff. Dahinter sortierten sich Ricky Stenhouse Jr., Aric Almirola, Dale Earnhardt Jr., Scott Speed und Brad Keselowski ein. Platz 10 und 11 belegten die beiden Front Row Motorsports Fords von David Ragan und David Gilliland, auf welche es nun besonders zu achten gilt. Die #34 und #38 legten nämlich ein wahres „David gegen Goliath“-Meisterstück auf den Asphalt.

Die beiden Piloten des unterfinanzierten Teams pushten sich gemeinsam an der gesamten Konkurrenz vorbei in Richtung Spitze, wo gerade Carl Edwards den lange führenden Matt Kenseth in den Wind gehängt hatte. Weil die Front-Row-Fords mit einem ziemlichen Überschuss an Geschwindigkeit durchbrachen, konnte auch Edwards nichts mehr unternehmen. Die #99 bekam sogar noch jeweils einen Streifschuss der beiden Teamkollegen auf dem Weg zur karierten Flagge. Schließlich gewann David Ragan vor David Gilliland sein zweites Sprint-Cup-Rennen nach Daytona im Juli 2011. Carl Edwards, Michael Waltrip und Jimmie Johnson komplettierten die Top5, was für diese Teams immer noch ein tolles Resultat ist.

Regan Smith, Martin Truex Jr., Matt Kenseth, Scott Speed und Aric Almirola können sich über ihr Top10-Ergebnis ebenso wenig beklagen, wenn man mal davon absieht, dass Kenseth 142 der letztlich 192 Runden in Führung lag. Für Smith und vor allem Speed ging aber ein langer langer Tag sehr sehr erfolgreich zu Ende. Bleibt also nur noch zu hoffen, dass es am nächsten Wochenende in Darlington trocken bleibt.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

Am Ende möchte ich noch ein großes Dankeschön an Motorvision TV richten, die sich auch von sieben Stunden Übertragung und Satellitenstrecke nicht abschrecken lassen haben und bis zum bitteren/frohen Ende auf Sendung geblieben sind!

NASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR TalladegaNASCAR Talladega

Das könnte Dir auch gefallen

6 Kommentare

Phil 7 Mai, 2013 - 14:57

Schöne Zusammenfassung, danke dafür!
Bin immer noch verwundert wie schnell die vier Stunden Pause doch rumgingen. Muss am Chat gelegen haben… :-)

CMP 7 Mai, 2013 - 15:13

NASCAR sagte lediglich, dass die halbe Stunde ein Zielwert ist, aber man noch lange nicht dort angekommen sei, da der Air Titan in einem frühen Stadium ist.

Ansonsten guter Artikel.

Deutscher Auto Blogger Digest vom 07.05.2013 › "Auto .. geil" 8 Mai, 2013 - 04:44

[…] RacingblogNASCAR: Analyse Talladega Mai 2013Das Wochenende in Talladega stand wettertechnisch unter keinem guten Stern und so musste man in beiden Rennen a… […]

Paytv h3 8 Mai, 2013 - 23:18

Guter Artikel!
Auch von mir ein Dankeschön an Motorvision TV. Auch wenn ich ab 22:30 Uhr alles als Aufzeichnung am Montag gesehen hab, vergingen die 4 Stunden verdammt schnell und der darauffolgende Rest des Rennens natürlich noch schneller. Lange kein so dramatisches Rennen mit allem drum und dran gesehen.

MarcB 9 Mai, 2013 - 18:24

Auch von mir ein Kompliment für den guten Artikel.

Eine Bitte gäbe es aber dann doch an die Kommentatoren bei MotorvisionTV:

Setzt doch mal ein Wiki auf und schreibt da rein was ein „Lucky Dog“ ist.
Ich habe ja Verständnis dafür, das man auch neue Zuschauer mit Infos versorgen möchte, langsam macht das aber keinen Spaß mehr, sich ständig den gleichen Zermon anzuhören.

Die Sendezeit könnte man dann mit Hintergrundinfos zur NASCAR, Teams und Fahrern füllen. Wer gerade vorne ist, das sehe ich selbst.

Markus Rintsch 22 Mai, 2013 - 10:42

Ein tolles Foto, Jamie McMurray mit seinem Sohn im Mini-Elektrofahrzeug. Dies könnte meinem Kind auch gefallen. Da wir in der Großstadt wohnen, haben wir nicht mal ein Auto, sondern fahren nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln und für den Urlaub holen wir uns einen PKW bei der Autovermietung.

Comments are closed.