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NASCAR: Analyse Atlanta 2012

von KristianStooss
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Nach zuletzt zwei sehr guten Rennen in Michigan und Bristol bot Atlanta dagegen wieder das leidlich gewohnte Bild der Saison 2012: Keine abweichenden Faktoren im Vergleich zum letzten Jahr ließen nicht zuletzt dank Goodyear einen zähen Mittelteil entstehen, der Kampf um den Sieg zwischen Hamlin, Gordon und Truex war dann aber durchaus spannend.

Denny Hamlin holte sich in einem über weite Strecken zähen Atlanta-Rennen seinen zweiten Sieg in Folge und belegt damit vorerst die Spitze der noch nicht finalen Chase-Setz-Tabelle. Vier Saisonsiege konnte Hamlin 2012 bisher insgesamt einfahren, was ihn kurz vor den Playoffs nun zum nächsten ernsthaften Kandidaten für den diesjährigen Sprint-Cup-Titel beförderte. Dabei war die Fahrt in die Victory-Lane für den Gibbs-Piloten nicht gerade selbstverständlich, denn beim vorletzten Restart setzte sich erstmals Martin Truex Jr in Führung und läutete damit einen sehr spannenden letzten Stint ein, dessen Länge aber sowas von knapp an der Grenze eines Fuelruns lag. Beginnen wollen wir aber wie üblich vorne:

Recht schnell zeigte sich, dass Goodyear die wohl härtesten Reifen mitgebracht hatte, welche man im Lager finden konnte. Die Autos waren das ganze Rennen über nur am Rutschen und dabei spielte es keine Rolle, auf welcher der unzähligen Linien gefahren wurde. Auch mit sinkenden Asphalttemperaturen nach dem Sonnenuntergang verschwand das Übersteuern bei den meisten Teams nicht. Einige Fahrer berichteten auch von der spitzenmäßigen Kombination aus Übersteuern am Kurveneingang und Untersteuern am Kurvenausgang, was man ja nun überhaupt nicht gebrauchen kann.

Der Einheitslieferant hat sich meiner Meinung nach mal wieder nicht mit Ruhm bekleckert, was den Einfluss auf die Spannung des Rennens anbelangt. Das ist aber auch kein Wunder, da Goodyear nach dem Indianapolis-Debakel nur noch darauf aus ist, einen haltbaren Reifen an die Strecke zu bringen, um weitere PR-Desaster zu verhindern. Immerhin muss man sagen, dass ihnen das mittlerweile zu gut gelingt. In Schwierigkeiten kommt Goodyear häufig nur, wenn eine Neuasphaltierung oder Konfigurationsarbeiten eine Strecke signifikant verändert haben und das bringt dann Spannung und Dynamik in die Rennen, wie wir in Michigan und Bristol zuletzt sehen konnten. Nach ein bis zwei Ausgaben sind die Parameter aber wieder ausreichend bekannt und die (ungewollten) Ausschläge im Gripniveau meistens ausgebügelt.

Für das Rennen in Atlanta bedeutete das viele Green-Flag-Runs ohne Unterbrechung, die ersten zwei Drittel des Abends wurde so zum Beispiel lediglich zwei Mal neutralisiert: Die erste Caution löste Aric Almirola (32.) mit einem rauchenden Wagen aus, was in Runde 39 jedoch ohnehin zum Ende des ersten Fuelruns geschah und deshalb wenig Einfluss auf die Strategie der Teams nahm. An der Spitze hatten sich unterdessen die beiden Gibbs-Toyotas von Denny Hamlin und Kyle Busch vor Jeff Gordon festgesetzt. Zusätzlich gesellten sich Kevin Harvick und Jimmie Johnson zur Spitzengruppe.

Es folgte eine lange Grünphase, bis es der NASCAR in Runde 130 zu bunt wurde und die Offiziellen zwar nicht den unsichtbaren Obama, dafür aber immerhin Phantom-Debris fanden. Bei Restart begann der Tag von Kevin Harvick (5.), welcher die nächsten etwas mehr als 100 Umläufe bestimmte und endlich mal wieder mit einer soliden Vorstellung überzeugen konnte. Zu einem Sieg sollte es für Harvick zwar am Ende nicht reichen, doch immerhin konnte er das Rennen in den Top5 beenden. Ob er nun im letzten Fuelrun Benzin sparen musste oder einfach im letzten Renndrittel das Handling seines Autos verlor, konnte ich leider nicht ermitteln.

Unterdessen hatte Joey Logano (18.) ein Erlebnis der besonderen Art frei nach dem Motto „Wenn es schon blöd läuft, dann aber bitte auch richtig!“ Der Wildcard-Anwärter fing sich zum Start des Wochenendes eine Lebensmittelvergiftung ein, was das Team sogar dazu veranlasste, einen Ersatzfahrer in Person von Michael McDowell zu benennen, der auf dem War-Wagon der #20 seinen möglichen Einsatz erwartete. Logano biss jedoch die Zähne zusammen und setzte sich nicht nur gegen die Erkrankung zur Wehr, sondern strotze zu allem Überfluss auch noch einer defekten Helmkühlung. Wahrlich bemerkenswert…

Der bereits angesprochene zähe Mittelteil endete schließlich in Runde 241 mit einer leichten Mauerberührung von Juan Pablo Montoya (21.), was die NASCAR erneut dazu veranlasste, den Fans eine Möglichkeit zum Nachfüllen ihrer Getränke zu bescheren. Hierzu gibt es eigentlich nur zwei Dinge zu sagen: Von Montoya war mal wieder überhaupt nichts zu sehen, sein Ergebnis bestätigte die verbesserungswürdige Performance von Earnhardt-Ganassi Racing. Zudem war auch bei dieser die Caution klar erkennbar, dass sie einzig und alleine dazu diente, etwas mehr Dynamik ins Rennen zu bringen. Immerhin befanden sich zwischenzeitlich nur noch knapp 10 Fahrzeuge in der Führungsrunde, was diese Maßnahme irgendwie doch berechtigte.

Ab dem Restart in Runde 247 übernahm dann Denny Hamlin erneut das Ruder und gab die Führung auch wie zuvor erwähnt bis zur vorletzten Gelbphase nicht mehr ab. Die nächste Caution folgte allerdings schon nach knapp 20 Umläufen, weil sich ausgerechnet der Motor von Carl Edwards (36.) in Schall und Rauch auflöste, was ihn wertvolle Punkte kostete. Für den leidgeprüften Ford-Piloten ist das sicherlich ein herber Rückschlag in Sachen Chase-Qualifikation, auf die genauen Auswirkungen werde ich aber zum Ende dieses Artikels eingehen.

Die Caution kam etwas ungelegen, da man bei noch 60 zu fahrenden Runden einen weiteren Tankstopp oder mehrere Gelbphasen benötigen würde. Vorsichtshalber fingen einige Fahrer schon mal mit dem Spritsparen an, wobei aber zumindest die Rechnung des Crew-Chiefs von Kevin Harvick dann weniger optimistisch stimmte – man war nämlich ca. acht Runden short!

Beim Restart in Runde 269 ging es jedoch nicht lange gut, denn Sam Hornish Jr (11.) kam Jimmie Johnson (34.) in die Quere, wobei zusätzlich auch noch Ryan Newman (35.) mit ins Verderben gerissen wurde. Während Hornish seinen Weg zu einem recht ordentlichen Resultat fortsetzen konnte, mussten Johnson und Newman die Segel streichen. Das war besonders für Newman äußerst bitte, da er nun ähnlich wie Edwards auf einen weiteren Saisonsieg angewiesen ist, um noch den Chase erreichen zu können. Johnson verfügte in Atlanta dagegen über ein klares Shortrun-Auto, weshalb er immer pünktlich zur Halbzeit eines Fuelruns nach hinten durchgereicht wurde. Das machte die #48 zum einen nicht zu einem Siegkandidaten und zum anderen war Johnson ohnehin schon für die Playoffs qualifiziert, wodurch ihn dann aufgrund der möglichen Bonuspunkte eh nur eine Fahrt in die Victory-Lane interessierte.

Die Benzinstrategie wurde 49 Runden vor Schluss unter Gelb noch einmal richtig durcheinander gewürfelt, da sich bis auf Denny Hamlin, Martin Truex Jr, Kyle Busch und Matt Kenseth alle Fahrer für einen zusätzlichen und rettenden Boxenstopp entschieden. Ich kann nicht so richtig verstehen, wie man zu diesem Zeitpunkt bei den vier Teams denken konnte, das Rennen so beenden zu können. Nach dem Restart in Runde 279 setzte sich Martin Truex Jr an Denny Hamlin vorbei, nachdem er dies bereits kurz vor dem Ausbruch der Caution-Flut 15 Umläufe zuvor nur versucht hatte. Im Camp von Truex war man sich unterdessen ziemlich sicher, dass der Sprit reichen würde, wenn man unter Grün noch etwas sparsamer mit dem Gaspedal umginge.

Herausfinden werden wir das leider nie, da sich Jamie McMurray (24.) nur fünf Runden vor Schluss in die Mauer verabschiedete und noch eine letzte Gelbphase auslöste. An diesem Punkt ging jeder dann noch einmal tanken, weil zum einen die erste Green-White-Checkered-Verlängerung ausgerufen wurde und zum anderen noch zwei weitere davon drohten. Die Boxencrew von Denny Hamlin arbeitete hier am schnellsten und brachte die #11 wieder vor die #56 von Truex. Die finalen zwei Umläufe ließ Hamlin dann nichts mehr anbrennen und konnte sich sogar noch gegen ein Dive-Bomb-Manöver von Jeff Gordon (2.) wehren, der beim Restart seinerseits zunächst Martin Truex Jr (4.) einkassieren konnte. Letzterer musste sich sogar noch Brad Keselowski (3.) geschlagen geben, der irgendwie aus dem Nichts auftauchte. Fünfter wurde wie erwähnt Kevin Harvick.

Die Top10 komplettierten Kyle Busch, Dale Earnhardt Jr, Paul Menard, Matt Kenseth und Mark Martin. Für Menard ist Rang 8 natürlich wieder ein starkes Ergebnis, welches auch zeigt, wie gut er sich in den letzten beiden Jahren entwickelt hat. Vom Rest dieser fünf Piloten hat man mit Ausnahme von Busch eigentlich kaum etwas gesehen, vor allem Earnhardt und Martin fuhren ein sehr unauffälliges Rennen. Solche Ergebnisse könnten Junior im Chase dann weit nach vorne bringen.

Sonstige Bemerkungen: Kasey Kahne (23.) hatte im Finale anscheinend Motorenprobleme und verlor insgesamt zwei Runden. Auch Clint Bowyer (27.) hatte keinen guten Abend, denn nachdem er zuvor wegen eines Motorenwechsels vom Ende des Feldes starten musste, ging auch noch die Batterie kaputt. Während man diese an der Box wechselte, verlor Bowyer drei Umläufe. Danica Patrick (29.) schwamm unterdessen irgendwie mit und handelte sich sechs Runden Rückstand ein. Für sie geht es aber nicht um Ergebnisse, sondern um Streckenzeit und dieses Ziel hat sie kurz und knapp erfüllt.

Die Enttäuschung des Tages erlebte ausgerechnet Polesitter Tony Stewart, welcher seine im Qualifying gewonnene Initial-Führung lediglich acht Runden lang beibehalten konnte. Im gesamten Verlauf des Abends wollte das Handling an seinem Chevrolet einfach überhaupt nicht passen, was ihn zunächst in Runde 92 aus der Lead-Lap warf und am Ende nur Rang 22 für Smoke bedeutete. Stewart steht aber immerhin sicher im Chase, wobei wegen seines knappen Vorsprungs von nur 18 Punkten auf Platz 11 noch nicht klar ist, ob er auf seine drei Saisonsiege und damit die erste Wildcard zurückgreifen muss. Letzteres Szenario wäre natürlich schade, weil der Owner-Driver dann auf seine neun Bonuszähler verzichten müsste, welche ihm im Falle einer Qualifikation unter den Top10 zustehen würden.

Insgesamt betrachtet ist die Wildcard-Situation direkt vor dem letzten Rennen der Regular-Season endlich berechenbar geworden – zumindest mathematisch. Die magische Zahl für Richmond lautet dann 48, denn so viele Punkte kann man in einem NASCAR-Event noch maximal auf die Konkurrenz gutmachen. Damit sind die Top9 (+56 Zähler auf den Cut) sowie Tony Stewart (3 Saisonsiege) fest qualifiziert, was noch zwei offene Positionen für den Chase bedeutet. Die 8 Bewerber können dabei in kleine Grüppchen unterteilt werden:

Kasey Kahne hat mit seinen zwei Saisonsiegen die besten Chancen und muss nur um die Playoff-Teilnahme zittern, falls noch jemand Stewart aus den Top10 verdrängt und gleichzeitig einer der direkten Konkurrenten einen zweiten Erfolg einfährt. Platz 10 ist für Kahne (-18) ebenfalls erreichbar, dann würde er im Chase sogar über sechs Bonuspunkte verfügen.

Kyle Busch (-23) und Jeff Gordon (-35) sind in Reichweite der Top10, allerdings müsste Stewart in diesem Szenario schon sehr schlecht abschneiden. Mit einem zweiten Saisonsieg wäre einer der beiden Piloten sicher im Chase, solange nicht der jeweils andere noch die Qualifikation über die Punkte hinbekommt, was dann möglicherweise Stewart und Kahne in die Playoffs bringt.

Carl Edwards (-49) und Paul Menard (-59) haben mehr als 48 Punkte Rückstand auf Platz 10, womit ein Sieg in Richmond ihren letzten Strohhalm darstellt. Dabei benötigen sie allerdings Schützenhilfe, denn weder Busch noch Gordon dürfen Stewart aus den Top10 verdrängen – solange Kahne nicht extrem früh ausfällt.

Marcos Ambrose (-63), Ryan Newman (-72) und Joey Logano (-105) müssen gewinnen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie noch an Gordon oder Busch vorbeiziehen liegt irgendwo zwischen „gering“ und „mathematisch gleich Null“. Auch hier wäre ein Verbleib von Stewart in den Top10 fast Voraussetzung.

Die ganz detaillierten Rechenspiele folgen dann in der Vorschau am Freitag, wobei wir sicherlich auch im Podcast noch genauer darauf eingehen werden. Ob ich allerdings in dieser Woche dabei bin, kann ich noch nicht sagen, da ich zeitlich leider momentan etwas begrenzt aufgestellt bin.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Sir Lewis Hamilton, Mercedes F1 W15, leads Fernando Alonso, Aston Martin AMR24, and Valtteri Bottas, Kick Sauber F1 Team C44 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)
MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Lando Norris, McLaren MCL38, leads Charles Leclerc, Ferrari SF-24, and Oscar Piastri, McLaren MCL38 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)

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