Home LMSALMS Analyse: IndyCar Grand Prix of Long Beach & ALMS

Analyse: IndyCar Grand Prix of Long Beach & ALMS

von Vorsicht
1 Kommentare

Nach einem packenden Start schlief das IndyCar Rennen im ersten Drittel etwas ein – dank unterschiedlicher Sprit-Strategien war dann aber doch wieder für Spannung gesorgt.

INDYCAR/LAT USA

Man möchte ja niemandem etwas schlechtes wünschen. Aber das eine oder andere Motorenproblem für die Chevrolet-Piloten könnte auch im weiteren Saisonverlauf der IndyCar Series Wunder in Sachen Spannung wirken. Nachdem beim Testen ein Fehler festgestellt wurde, mussten vor Long Beach alle Chevy-Fahrer ihre Triebwerke austauschen. Das straft die IndyCar seit Beginn dieser Saison mit einer Rückversetzung um zehn Startplätze. Die Folge: Statt von der Pole startete der Trainingsschnellste, Ryan Briscoe von Rang elf. Direkt hinter ihm Will Power und Ryan Hunter-Reay, die unter normalen Umständen ebenfalls von ganz vorne in Rennen gegangen wären. Grund zur Hoffnung auf Überholmanöver gab es also schon vor dem Start, zumal im Spitzenfeld nun zehn Piloten mit den etwas schwächeren Honda Aggregaten platziert waren.

Das Rennen

Startreihe eins teilte sich nun eine denkbar überraschende (und bis in die Haarspitzen motivierte) Paarung: Der in dieser Saison bisher unglücklich agierende Dario Franchitti stand auf der Pole. Neben ihm ging Rookie Josef Newgarden aus dem Team von Sarah Fisher Racing ins Rennen. Der kündigte schon vor dem Rennen an, Franchitti gleich in der ersten Kurve mit einem Überholversuch außenherum überraschen zu wollen, und machte dieses Vorhaben auch gleich beim Start wahr.

Franchitti zeigte sich von dieser Überraschung nicht sehr begeistert, und drückte Newgarden relativ humorlos nach außen. Dort stand leider eine Reifenmauer – und Newgardens Rennen war schon nach wenigen Metern wieder vorbei.

Die Rennleitung nahm die Kollision als „normalen Rennunfall“ war, und setzte keine weiteren Schritte. Newgarden sah es in einem ersten Interview ähnlich, und entschuldigte sich bei seinem Team für sein optimistisches Vorgehen. Wenn man der Zeitlupe glauben darf, war er im Interview etwas bescheiden. Sieht es dort doch eher so aus, als würde ihn Franchitti am Hinterrad treffen, und damit in die Mauer schieben.

Gewiss keine Absicht, und auch nicht strafwürdig. Aber etwas verblüffend ist es schon, dass sich Franchitti beim Start so aggressiv verteidigte, denn wenig darauf ließ sich der Schotte ohne große Gegenwehr von Justin Wilson, Simon Pagenaud, Takuma Sato und seinem Teamkollegen Scott Dixon überholen. Der Grund: Die Strategen an der Ganassi-Box hatten beschlossen, diesmal bereits in Runde zwei mit dem Spritsparen zu beginnen.

In Runde 20 ging dann Sato in Führung, als Pagenaud und Wilson zu Beginn der ersten Gelbphase in die Boxen fuhren.

Nur zwei Runden später folgte der Restart, das Rennen bleib allerdings nicht lange unter grün. Denn im Zweikampf kamen sich Graham Rahal und Marco Andretti dermaßen in die Quere, dass Andretti über die Hinterräder des Ganassi-Piloten aufstieg, sich fast überschlug, und in Folge das Rennen in den Reifenstapeln beendete. Auch für Rahal war mit der Kollision das Rennen vorbei.

Auch dieser Unfall blieb für die Fahrer ohne disziplinäre Folgen, und auch diesmal ist die Entscheidung der Rennleitung verständlich: Denn eine eindeutige Schuld ist keinem der beiden zuzuweisen. Was man dagegen schon sagen könnte, ist, dass sich beide ziemlich ungeschickt verhalten haben: Andretti versuchte Rahal in einem Überrschaugsmanöver in der Bremszone zu überrumpeln – und Rahal zuckte just in diesem Moment ziemlich abrupt nach innen.

Die beiden Piloten sehen das allerdings anders, und lieferten sich im Anschluss ein relativ unterhaltsames Duell in dem Medien. Zunächst zeigte fand Andretti im TV-Interview harte Worte, und meinte „I could have been killed“. Graham Rahal war ebenfalls ziemlich verärgert, und schien unter anderem zu implizieren, dass Andretti nur wegen seines Nachnamens in der IndyCar Series unterwegs sei – was natürlich einen etwas ironischen Touch hat, wenn es jemand sagt, der „Rahal“ heißt.

Seine rhetorische Frage „What’s Marco’s last name?“ geriet wiederum bei Großvater Mario Andretti in die falsche Röhre, der Rahal Montagmorgen ärgerliche Twitter-Meldungen schickte, denn „that insult includes me“. Rahals Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Man darf gespannt sein, wie sich die Sache weiter entwickelt. Bei IndyCar CEO Randy Bernard läuten jedenfalls schon die Promotion-Glocken.

Bei allem Humorwert – der Crash hatte auch eine ernsthafte Seite. Denn trotz fieberhafter Arbeit, die genau das verhindern sollte, hob Andrettis Auto bei der Kollision mit Rahal erst recht wieder vom Boden ab. Die INDYCAR hat angekündigt, den Vorfall deswegen noch einmal speziell unter die Lupe nehmen zu wollen.

Es folgte eine längere Gelbphase, die schließlich auch der Führende, Takuma Sato dazu nützte, die Box anzusteuern.

Also in Runde 30 die grüne Flagge geschwenkt wurde, lag kurzzeitig wieder Ryan Briscoe in Führung, der allerdings bald ebenfalls in die Box fuhr, und im folgenden Rennen keine große Rolle mehr spielen sollte. Bis Runde 70 (von insgesamt 85) sah alles nach einem Duell zwischen Pagenaud und Sato aus – die beiden waren mit unterschiedlicher Strategie unterwegs, und gaben sich bei ihren jeweiligen Boxenstopps die Führung gegenseitig in die Hand.

Doch als Pagenaud in Runde 70 noch einmal in die Box fuhr, lag plötzlich Will Power in Führung, der Sato beim letzten Boxenstop-Reigen überholt hatte. So richtig ernst nahm die Position des Australiers aber zu diesem noch niemand, denn Power war zwei Runden von Sato zuletzt in der Box gewesen – und sogar der Japaner musste massiv Sprit sparen, um ohne weiteres Auftanken ins Ziel zu kommen.

Pagenaud dagegen kam auf Position vier wieder ins Rennen zurück, und begann ohne Sprit- und Reifensorgen die Spitzengruppe mit einer entfesselten Fahrt von hinten auszurollen: In Runde 73 schnappte er sich Ruben Barrichello, in Umlauf 79 hatte er dann auch Sato überholt, der zu diesem Zeitpunkt bereits im Sparmodus unterwegs war.

Doch zur allgemeinen Überraschung lag an der Spitze des Feldes immer noch Will Power – und der machte erstaunlicherweise weder Anstalten, die Box anzusteuern, noch besonders spritsparend zu fahren.

Und trotzdem hätte Pagenaud noch fast gewonnen. Denn in der letzten Runde ließ es sich EJ Viso nicht nehmen, Power beim Überrunden mehrere Kurven lang zu blockieren – trotz mehrmaliger Aufrufe seines Teamchefs Jimmy Vasser, doch bitte auf die Seite zu fahren. Mit Müh‘ und Not schaffte es der Australier dann aber doch noch eine Wagenlänge Vorsprung auf Pagenaud ins Ziel zu retten.

Doch während das Rennen vorne schon zu Ende war, ging das Chaos hinten erst richtig los: Zunächst schickte Ryan Hunter-Reay beim Versuch, Takuma Sato zu überholen den auf Rang drei liegenden Japaner in die Reifenstapel. Hunter-Reay meinte nach dem Rennen, er hätte den Eindruck gehabt, Sato wolle den Wagen nur noch ins Ziel retten, und werde seine Position nicht mehr energisch verteidigen. Die Kollision sei aber dennoch seine eigene Schuld, und er werde sich beim Japaner entschuldigen. Faire Worte, die die Rennleitung dennoch nicht daran hinderten, ihm eine 30-Sekunden Strafe zu verpassen, die ihn von rang drei auf Platz sechs zurückwarf.

Doch damit nicht genug: In der allerletzten Kurve des Rennens (der engen Haarnadel vor Start und Ziel) drehte Helio Castroneves den erstaunlich gut platzierten Rubens Barrichello beim Kampf um Rang acht um, und fuhr selbst auf der anderen Seite der Strecke in die Mauer. Resultat: Strecke verstopft, kein Durchkommen mehr.

Die Lösung der Rennleitung: Alle Piloten ab Rang acht wurden so bewertet, als hätten sie die Zielflagge nicht gesehen (was ja auch der Wahrheit entspricht). Für alle davon betroffenen Piloten gilt die Reihenfolge der vorletzten Runde: Takuma Sato (in der vorlletzten Runde noch auf Rang drei) bekommt somit als bestes „überrundetes“ Fahrzeug Rang acht, dahinter folgt Barrichello. Castroneves bekam wegen der Kollision ebenfalls eine 30-Sekunden Strafe und landet damit auf Platz 13.

Der Rest

Die Reihenfolge der Motoren schien auch in Long Beach unverändert. Neu ist die Erkenntnis, dass Chevy wohl nicht nur bei der Leistung die Nase vorn hat, sondern auch einen etwas besseren Verbrauch bietet. Lotus war auf den Geraden wieder einmal erschreckend langsam, was bei den Ovalrennen zum einen oder anderen Problem führen könnte.

Auch beim dritten Meisterschaftsrennen macht sich der „Laissez Faire“-Zugang des neuen Rennleiters Beaux Barfield bezahlt. Strafen gab es nur für Vergehen, bei denen sich ein eindeutiges Fehlverhalten feststellen ließ: Hunter-Reay und Castroneves zeigten sich einsichtig, Kritik an der Rennleitung gab es auch diesmal nicht. Auch der Ansatz, bei kleinen Ausrutschern zunächst mit „local yellows“ zu reagieren, und die Boxengasse zu Beginn der Gelbphasen offen zu halten erhöht die Spannung der Rennen und die Sicherheit des Boxenpersonals.

Zumindest einigermaßen positive Nachrichten gibt es diesmal in Sachen Quoten. Die unermüdliche AP-Journalistin Jenna Fryer hat in Erfahrung gebracht, dass das Rennen in Long Beach ein Rating von 0.35 hatte (was in etwa 400.000 Haushalten entspricht). Das ist zwar noch immer erschreckend wenig – im Vergleich zum Lauf in Alabama ist es aber eine beträchtliche Steigerung. Und auch im Vergleich zu Long Beach 2011 handelt es sich um einen Zugewinn von 21 Prozent.

Was folgt

Die Führung in der Meisterschaft hält nach den ersten drei Rennen Will Power (127), gefolgt von seinem Teamkollegen Helio Castroneves (103) und von Simon Pagenaud (100), der außerdem bester Honda-Pilot und bester Rookie ist.

Nur noch ein weiteres Rennen trennt die IndyCar Serie nun von ihrem Saisonhöhepunkt. Das Indy 500 wird zugleich zur großen Bewährungsprobe für die neuen Autos werden. Davor geht es in zwei Wochen auf dem ziemlich schnellen, ziemlich holprigen und meist ziemlich nassen Stadtkurs in Sao Paulo zur Sache. Eine ausführliche Vorschau folgt wie immer in der kommenden Woche.

 

American Le Mans Series

(von Stefan Tegethoff)

Für die American Le Mans Series war das Rennwochenende in Long Beach stark vom Regen geprägt, auch wenn das Rennen selbst trocken blieb. Die Qualifikation musste aufgrund eines starken Regenschauers abgebrochen werden, sodass die Startaufstellung nach den in Sebring gesammelten Meisterschaftspunkten bestimmt wurde; auch die einzige Trainingssession war nass, sodass die Teams keine Chance hatten, ein gutes Trocken-Setup zu erarbeiten, was auch die beiden LMP1-Konkurrenten Dyson und Muscle Milk mit ihren neuen Fahrzeugen betraf.

Vor allem aber die LMPC-Teams schienen am trockenen Renntag darunter zu leiden, auch weil vielen neuen oder wenig erfahrenen Piloten Übungsrunden im Trockenen fehlten. Sich drehende oder sonstwie verunglückende Oreca FLM 09 prägten das Bild der ersten Rennhälfte: gleich in der ersten Runde kam es hinter einem dieser Wagen zu einem Stau mit Auffahrunfall in der Springbrunnen-Passage, der den #55-BMW aus dem Rennen nahm und die #3-Corvette die Motorhaube kostete.

Der #56-BMW mit Hand/Müller sowie der Flying Lizard-Porsche von Long/Bergmeister verloren Zeit durch bei Überrundungen durch Prototypen entstandene Reifenschäden, der BMW jedoch konnte sich wieder auf den zweiten Rang vorarbeiten, den er hinter der Corvette von Milner/Gavin bis zum Ende hielt. Scott Sharp erkämpfte sich gegen die lädierte #3-Corvette den letzten Podiumsrang, Adrian Fernandez konnte sich in den Schlussrunden gegen den besten Porsche von Flying Lizard durchsetzen und einen guten 5. Rang für Aston Martin einfahren.

An der Spitze stritten sich wie erwartet der Muscle Milk-HPD und der Dyson-Lola Mazda um den Sieg. Der HPD war dabei das klar schnellere (oder besser abgestimmte) Auto, auch wenn Lucas Luhr zu Beginn noch hinter dem Lola feststeckte. Rennentscheidend war die einzige Gelbphase zur Rennmitte, in der alle Teams ihren Boxenstopp absolvierten. Das Muscle Milk-Team legte kurz vor Ende der Caution einen zweiten kurzen Tankstopp ein: dadurch musste sich Klaus Graf zwar durchs gesamte Feld kämpfen, das gelang ihm jedoch ohne Zwischenfall und so konnte er sich schon bald Chris Dyson schnappen, der im Gegensatz zu Graf Sprit sparen musste, um den Lola-Mazda ins Ziel zu bringen.

In der Meisterschaft liegen beide nun mit je einem Sieg und einem zweiten Rang gleichauf, ebenso Corvette Racing und Rahal Letterman Lanigan (BMW) in der GT-Kategorie. In der LMP2, in der alle Teams Probleme hatten, siegten Tucker/Bouchut im Level 5-HPD, die damit weiter die Meisterschaft anführen. Das Conquest-Team hält sich jedoch mit 11 Zählern Rückstand in Reichweite. In der LMPC siegten Popow/Dalziel für Titelverteidiger CORE Autosport, die GT Challenge entschieden Faulkner/Le Saffre im Green Hornet-Porsche für sich.

Das nächste Rennen findet Mitte Mai auf dem berühmten Kurs von Laguna Seca statt. Der 6h-Lauf ist für die teilnehmenden ALMS-Teams die Generalprobe für die 24h von Le Mans. Dyson Racing gehört leider nicht mehr zu diesen, denn das Team musste gestern dem ACO absagen: es konnte kein ausreichendes Finanzierungspaket geschnürt werden, sodass sich das Team auf die Titelverteidigung in der ALMS konzentriert.

Das könnte Dir auch gefallen

1 Kommentare

DonDahlmann 17 April, 2012 - 17:46

Also, das war schon bitter für Honda. Die ersten 10 Plätze in der Startaufstellung und dann stehen am Ende sieben Chevy vorne. Wie soll das beim Indy 500 ausehen, wo gerade der Spritverbrauch eine große Rolle spielt. Und zu Lotus: Die waren auf der Geraden rund 10 km/h langsamer, als der Rest der Welt. Riecht auch nach einem Desaster.

Aber das Rennen hat mir gut gefallen. Für Long Beach fand ich es außerordentlich abwechslungsreich, NBC hat auch einen guten Job gemacht, sieht man mal von den vielen Werbepausen gegen Ende des Rennens ab. 10 Runden vor Schluss noch mal einen Break zu machen, fand ich ziemlich unverschämt, zu mal der letzte gerade ein paar Minuten vorher war.

Comments are closed.