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IndyCar: Aufatmen in Alabama

von Vorsicht
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Die Erleichterung war greifbar: Nach dem Langweile von St. Petersburg bewies die IndyCar Series, dass mit dem neuen Auto gute Rennen möglich sind.

Endlich Spannung! Und das mit dem neuen Auto, und auf einem Motorrad- und Sportwagen-Kurs, der bisher eher für Prozessionen als für Zweikämpfe verschrieben war! In der Freude über die gute Show ging das Rennergebnis fast unter – schade für Will Power, der nach Pech im Qualifying eine schnelle und fehlerfreie Fahrt hinlegte, und sich verdient den Sieg in Alabama holte. Und für den zweitplatzierten Scott Dixon, der ohne Boxen-Pech genauso verdient gewonnen hätte – und nach Jahren im Schatten Dario Franchittis vielleicht einem zweiten IndyCar-Frühling entgegensieht. Überhaupt mangelte es in Alabama nicht an Helden: Auch Sebastien Bourdais wusste etwa mit Rang neun im schwachbrüstigen Dragon-Lotus massiv zu beeindrucken. 

Und das, obwohl sich am Barber Motorsport Park der vom Auftaktrennen bekannte Trend bestätigte: An der Spitze des Feldes kämpfen auch 2012 Penske und Ganassi um die Siege. Auf den ersten vier Plätzen landeten auch diesmal Piloten dieser beiden Mannschaften. Spannend könnte es aber auch bei andauernder Dominanz bleiben: Denn momentan sieht es aus, als würde die Charakteristik des neuen Wagens teamintern zu einer größeren Streuung führen. Während Will Power und Helio Castroneves bei Penske um die Spitze mitfahren, hat Ryan Briscoe bisher noch recht wenig gezeigt. Bei Ganassi fuhr Scott Dixon in beiden Rennen um den Sieg – und Dario Franchitti kämpfte derweil im Mittelfeld um die Punkteränge.

Besonders der Schotte scheint derzeit massive Probleme mit dem neuen Auto zu haben. Angeblich liegt das vor allem daran, dass Rechtbremser Franchitti mit einem Wagen testen musste,  in dem das Bremspedal auf der linken Seite angebracht war – und in dem die Pedalanordnung auch sonst nicht zu seiner Bremstechnik passte. Mittlerweile hat Dallara das System zwar für seine Wünsche angepasst, offenbar fehlt ihm nun aber die wertvolle Testerfahrung. Mit dem Resultat, dass der regierende Meister noch nicht sein volles Potenzial ausschöpfen kann: Zahlreiche Beschwerden über Konkurrenten, die neue Blocking-Regel und die Gesamtsituation zeugen aktuell von einer gewissen Frustration.

Auch in Ganassis B-Team scheint die Hackordnung klar – Graham Rahal hatten seinen Teamkollegen Charlie Kimball auch vor dessen Rennausfall klar im Griff. Denkbar allerdings in dem Fall, dass das nicht so sehr am neuen Auto als am beträchtlichen Talentunterschied zwischen den beiden Fahrern liegt.

Beeindruckend dafür einmal mehr die Leistung von Simon Pagenaud, der trotz einer vollen Saison bei den Champ Cars als „Rookie“ geführt wird, und wohl schon jetzt ein echter Anwärter auf den Titel in dieser Kategorie ist. Im Gegensatz zu Rubens Barrichello. Der Brasilianer fuhr in Alabama auf den achten Rang, und seine aggressive Körpersprache im Rennwagen zeigte vor allem gegen Ende des Rennens, dass er sich in der neuen Rennserie immer besser zurechtzufinden beginnt. Trotz null Rennen in US-Serie wird er aber im Vergleich zu Pagenaud nicht als „Rookie“ geführt.

Pech für Andretti Autosport: Trotz guter Leistungen der Piloten fand man sich diesmal nicht in der Nähe der (imaginären) Podestplätze wieder.

James Hinchcliffe überraschte auf der fahrerisch anspruchsvollen Strecke mit Platz zwei in der Qualifikation, und fuhr den Großteil des Rennens in der absoluten Spitzengruppe mit. Ausgerechnet beim letzten Restart verpasste er aber den Anschluss, und wurde gleich von mehreren Konkurrenten überholt. Mit Platz sechs rettete er aber immerhin noch gute Punkte.

Gegenteilige Probleme hatten Ryan Huter-Reay und ganz besonders Marco Andretti, die zwar zahlreiche Zweikämpfe im Mittelfeld gewannen, aber letztlich nicht den Speed für die Top 10 hatten.

Das ist unschön für die beiden. Aber nicht so schlimm für die Zuseher. Denn wie erhofft machte NBC Sports einen wesentlich besseren Job als „ESPN on ABC“, und hatte auch die (zahlreichen) Duelle außerhalb der Spitzengruppe im Bild. Gerüchte besagen, dass die IndyCar Series nach der schlechten Regieleistung in St. Petersburg reagiert hat, und nun den ehemaligen Rennleiter Brian Barnhard in den TV-Truck schickt, um dort den Regisseuren in wenig auf die Sprünge zu helfen.

Ob das nun stimmt oder nicht – der Kontrast zwischen NBC Sports und ABC hätte nicht klarer sein können. Während vor einer Woche ein poliertes, aber ziemlich langweiliges „Pflichtprogramm“ auf dem Plan stand, zeigte NBC Sports diesmal, dass alle Beteiligten mit Interesse dabei sind.

Kleine Probleme wie Robin Millers schlecht getimter „Gridwalk“ während der Invocation („Looks like everyone is praying… What the hell? Why is Dario back here, he is not in a Lotus. He is praying!… it is too late to pray!“) störten dabei nicht. Im Gegenteil: Einmal mehr zeigte sich, dass es darauf ankommt, Begeisterung zu vermitteln – und nicht darauf, ein scheinbar perfektes, aber letztlich seelenloses Produkt abzuliefern.

Mehr Begeisterung als Perfektion – das könnte auch das Motto von Lotus sein. Die Motor-Underdogs durften sich in Alabama zwar über Sebastien Bourdais‘ neunten Platz freuen. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bis zum Indy 500 noch ordentlich Arbeit zu erledigen ist. Nach Alex Taglianis Motorproblemen in der ersten Rennrunde hat man nun offenbar keine weiteren Ersatzmotoren zur Verfügung . Sogar einen Ovaltest auf dem Indianapolis Speedway in dieser Woche mussten die Lotus-Teams nun absagen. Offenbar hat man Angst, dass man im Falle eines Defektes oder Unfalls in zwei Wochen in Long Beach ohne Triebwerk dastehen könnte.

In der Meisterschaft führt auch nach Alabama noch Helio Castroneves, nur zwei Punkte dahinter lauert Scott Dixon darauf, den Brasilianer zu überholen. Will Power katapultiert sich mit dem Sieg auf Rang drei in der Fahrerwertung. Dahinter sind James Hinchcliffe und „Rookie“ Simon Pagenaud platziert.

Weiter geht es in zwei Wochen mit dem Klassiker in Long Beach. Man darf gespannt sein, wie sich die Serie auf dem winkligen Stadtkurs so machen wird. Eine ausführliche Vorschau folgt in der kommenden Woche.

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