Home LMSALMS WEC/ALMS: Vorschau 12h von Sebring – Teil II (GTE & LMP2)

WEC/ALMS: Vorschau 12h von Sebring – Teil II (GTE & LMP2)

von StefanTegethoff
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Die Rüttelpiste auf dem Flughafen von Sebring ist nicht nur für die Prototypen, sondern auch für die GTs mit Le Mans-Ambitionen der erste große Test der Saison.

Nach der eingehenden Betrachtung der LMP1 sollen nun die anderen Klassen im Focus stehen. In diesen werden keine offiziellen Weltmeisterschaften ausgetragen, sondern nur „World Cups“ – ein Detail, das den begeisterten Fan allerdings eher wenig stören sollte, denn die Meisterschaften, welchen Namen sie nun auch immer tragen, sollten allemal spannend werden. Zwar schwächelt die ALMS etwas, was die Prototypen-Klassen angeht (nach Sebring werden hier allerdings noch einige zusätzliche Entries erwartet), doch die GT-Klasse braucht sich nicht hinter denen der WEC zu verstecken und wird wie in den letzten Jahren für sehr viel Action und Spannung sorgen.

Die WEC leidet dagegen ein wenig unter der Trennung der Gran Turismos in eine Pro- und eine Am-Klasse, die zwar einerseits Sinn macht (weil sie Privatiers ein eigenes Spielfeld für „Gebrauchtwagen“ gibt), andererseits jedoch das GT-Feld schwächer erscheinen lässt als es ist, während in der ALMS alle miteinander kämpfen. Allerdings hat ein Amateur-Team wie Robertson Racing im Vorjahr in Le Mans ein Klassen-Podium einfahren können, während das in der ALMS ausgeschlossen war – was vielleicht zum finanziell bedingten Ausstieg des sympathischen Teams beigetragen hat.

ALMS – GT

Zwei Stammteams hat die ALMS über den Winter verloren – das bereits angesprochenen Robertson Racing und, was noch viel schlimmer ist, das Ferrari-Topteam Risi Competizione, das zumindest in Sebring nicht starten wird, über den Rest der Saison jedoch noch nicht entschieden hat.

Ferrari wird darum in der ALMS nur durch Extreme Speed Motorsport vertreten. Dieses Team zeigte allerdings gegen Ende der letzten Saison aufsteigende Form, sodass ihnen 2012 vielleicht endlich der Durchbruch gelingen könnte, wobei die Besetzung der #01 mit Teamchef Scott Sharp und Johannes van Overbeek stärker einzuschätzen ist.

Doch die Konkurrenz für diese zwei Ferraris ist gewaltig: Rahal/Letterman/Lanigan bringt weiterhin zwei BMW M3 an den Start. Durch die Konzentration des Werks-Engagements auf die DTM gab es allerdings Verschiebungen im Fahrerkader für die Saison, sodass Jonathan Summerton, der vor Jahren ein Rennen in der F3 Euro-Serie gewann, als neuer dritter Mann für Sebring nachrutscht.

Corvette Racing hat im letzten Jahr den Anschluss an die GTE-Spitze gefunden und in Le Mans gewonnen – 2012 gehört das Werksteam zu den Titelfavoriten in der ALMS. Die zwei C6-ZR1 sind über den Winter weiterentwickelt worden, was vor allem an der gewachsenen Breite erkennbar ist. Bei den Fahrern ist Grand Am-Pilot Jordan Taylor für die Ausdauerrennen neu dabei, Antonio Garcia ersetzt Olivier Beretta, der AF Corse wechselt, als Stammfahrer.

Porsche sollte dieses Jahr wieder stärker sein als im Vorjahr, denn alle ALMS-Teams sind mit dem neuesten Modell am Start – wie die Corvette ist auch der 997 in die Breite gewachsen und verfügt außerdem über eine neue Führung der Ansaugluft. Flying Lizard mit Bergmeister/Long (und für Sebring noch Marco Holzer)sollte damit zu den Top-Favoriten gehören, der zweite Wagen um Teamchef Seth Neiman ist eher für Mittelfeldplätze gut. Aber auch das Falken Tires-Team um Werksfahrer Wolf Henzler hat im Vorjahr viel getestet und einen großen Schritt nach vorn gemacht. Paul Miller Racing hat bisher wenig Zählbares erreicht, ist aber mit Sascha Maassen und Rob Bell an der Seite von Bryce Miller für Sebring auch gut besetzt.

WEC – GTE-Pro

Zwar sind nur fünf Autos für diese Klasse gemeldet, doch strotzen diese allesamt vor starken Piloten. Fehlt Risi als starkes Ferrari-Einsatzteam in der ALMS, so sind die F458 hier in der Überzahl. Zwei der italienischen Sportwagen, die in ihrem Debütjahr schon erstaunlich erfolgreich waren, werden vom Quasi-Werksteam AF Corse eingesetzt. Fisichella/Bruni/Vilander ist dabei eine bewährte Besetzung die eine gute Chance auf den Titel haben sollte. Der zweite Ferrari ist mit Neuzugängen besetzt: Andrea Bertolini ist mit Michael Martels mehrfach FIA GT-Weltmeister geworden und wird nun versuchen, zusammen mit Ex-Corvette-Mann Beretta in der WEC den GT-Titel zu holen.

Den dritten Ferrari bringt das immer noch recht junge Luxury Racing-Team an den Start. Denen schien es im Debütjahr noch an Erfahrung, Rhythmus oder wasauchimmer zu fehlen, jedoch langte es bisher noch nicht zu den Ergebnissen, die man sich nun von Makowiecki/Melo/Vernay erhofft. Zwar ist Frédéric Makowiecki „nur“ als Gold-Fahrer eingestuft, weil er bisher wenig große Titel geholt hat, doch ist er als stärkster Fahrer des Trios und einer der stärksten im GTE-Feld einzuordnen. Außerdem ist Luxury für 2012 eine Partnerschaft mit Henri Pescarolos Team eingegangen, wobei es wohl eher um organisatorische und logistische Unterstützung geht. Der dadurch hinzugekommene grüne Streifen auf den Autos macht jedoch die Unterscheidung von den AF Corse-Ferraris schwer…

Anders als der F458 ist der Aston Martin Vantage V8 seit 2008 auf den Rennstrecken dieser Welt ohne nennenswerten Erfolg unterwegs. Der Focus von AMR/Prodrive lag in den letzten Jahren auf dem nun gescheiterten LMP1-Projekt, doch nun besinnt man sich in Gaydon wieder auf die eigentliche Stärke. Der Vantage wurde über den Winter wieder einmal weiterentwickelt und nun erstmals werksseitig eingesetzt, mit dem Stammpiloten Mücke/Fernandez/Turner. Wie stark der Wagen sein wird und vor allem, ob man von Anfang an bei der Musik sein wird, bleibt abzuwarten…

Auf jeden Fall von Anfang an stark dürfte dagegen der ebenfalls einsame Felbermayr Proton-Porsche sein. Mit dem neuesten Modell und dem Werksfahrer-Trio Lieb/Lietz/Pilet wäre alles andere als ein Podium eine Enttäuschung – sowohl in Sebring gegen die versammelte GT-Konkurrenz aus ALMS und WEC als auch in der Gesamtwertung der WM. Doch leicht wird es gegen die Ferrari nicht werden; unter den WEC-Teams ist für mich der AF Corse-Ferrari um Giancarlo Fisichella der Favorit.

WEC – GTE-Am

Das Konzept der GTE-Am funktioniert: die Klasse ist in der WEC und in Le Mans besser besetzt als die Profi-Kategorie. Nur ein Gold- oder Platin-Fahrer darf für jedes Auto gemeldet sein und so nimmt natürlich die Zahl der eher unbekannten Gentleman Driver zu, die ich an dieser Stelle auch nicht alle durchgehen kann.

Auch in der GTE-Am sind drei Ferrari F458 am Start, allerdings nach Vorjahres-Spezifikation ohne Performance-Updates. Amerikanische Prägung kommt mit der AF Corse-Waltrip-Kooperation um den NASCAR-Star Michael Waltrip sowie mit dem etablierten Privatier Tracy Krohn und seiner Mannschaft ins Feld, beide dürften ihn Sebring viele Sympathien genießen und auch zu den Spitzenteams der Klasse gehören. Der dritte Ferrari kommt von Luxury Racing, die Dominik Farnbacher als Top-Fahrer aufgenommen haben, dessen Familienteam mangels Hankook-Geldern nicht mehr dabei ist.

Vorjahresmeister Larbre Competition stockt von einer auf zwei Corvettes auf – auch die dürften (nicht nur) in Sebring zu den Fan Favourites gehören. Zu Bornhauser/Canal stößt Ex-Peugeot-Pilot Pedro Lamy neu hinzu, der in GT-Fahrzeugen bisher wenig Erfolg hatte und auch im Peugeot zuletzt ab und an schwächelte. Ob er noch einmal zu neuer Stärke findet, muss sich erst zeigen.

Zu guter Letzt sind auch noch zwei weitere Porsche 911 am Start, auch in der Vorjahresspezifikation, die sich 2011 nicht mehr als so stark herausstellte, doch mit etwas Glück und Konstanz könnten die zwei Teams trotzdem für Podien gut sein. Das ist einerseits das altbekannte Felbermayr Proton mit dem üblichen zweiten Wagen für Teamchef Christian Ried. Der zweite Porsche ist jedoch ein willkommener Rückkehrer: das britische James Watt Automotive-Team als JWA-Avila. Mit Markus Palttala und dem ALMS/Le Mans-Veteranen Bill Binnie haben die Briten auch zwei nicht zu unterschätzende Silber-Fahrer am Start. Einen Unsicherheitsfaktor gibt es jedoch: das Team ist als einziges überhaupt auf Pirelli-Reifen unterwegs.

Fazit: Die BMWs, Werks-Corvettes, der #51 AF Corse-Ferrari und der Pro-Porsche von Felbermayr Proton – diese sechs Autos werden den Klassensieg und mindestens 2/3 des (leider ja nur virtuellen) GT-Gesamt-Podiums unter sich ausmachen.

LMP2

Auch in der „kleinen“ Prototypen-Klasse hat die Kostenbegrenzung und Ausrichtung auf Privatiers sich ausgezahlt, die LMP2-Ränge sind besser gefüllt denn je. Auch Vielfalt ist einigermaßen gegeben, allerdings hat sich im Vorjahr der Zytek-getunte Nissan-V8 als das Top-Aggregat herausgestellt, sodass einige Teams über den Winter auf dieses umgestiegen sind. Fünf verschiedene Chassis sind vertreten und drei verschiedene Motoren. Reifen werden allerdings für diese Klasse nach dem Michelin-Rückzug nur noch von Dunlop geliefert.

Von der Fahrerseite her sind die zwei Teams am stärksten einzuschätzen, die neben dem vorgeschriebenen Silber- (oder Bronze-)Fahrer zwei Platin-Piloten am Steuer haben. Das ist einerseits das amerikanischen Starworks-Teams mit Ryan Dalziel und Peugeot-Flüchtling Stéphane Sarrazin (und Silber-Fahrer Vicente Potolicchio) in einem HPD ARX-03b. Aber auch Pecom Racing, das von Lola-Judd auf Oreca-Nissan umgestiegen ist, hat mit Pierre Kaffer und Soheil Ayari neben dem Ex-Rallye-Piloten Perez-Companc (Silber) zwei Piloten der höchsten Stufe.

Der Oreca-Nissan war im Vorjahr die schnellste Kombination, hatte jedoch durch die Saison mit Haltbarkeitsproblemen in verschiedenen Bereichen des Wagens (v.a. Elektrik, Getriebe, Servolenkung) zu kämpfen. Sollten diese Probleme über den Winter behoben worden sein, ist mit den Oreca-Teams auf jeden Fall zu rechnen. Neben Pecom sind das Neuzugang ADR/Delta mit Martin/Kerr/Graves, die alle schonmal in Nachwuchs-Formelserien für Teamchef Alan Docking gefahren sind, und Signatech-Nissan mit Franck Mailleux, Oliver Lombard und dem nächsten GT Academy-Absolventen Jordan Tresson und. Lombard ist ein junger Mann mit viel Potential: nach dem Motorsport-Einstieg über die Formel BMW und Formula Le Mans debütierte er letztes Jahr für Greaves in Le Mans und trug zu deren Sieg bei den 24h und in der LMS bei.

Die drei brandneuen Lolas sind mit ihren bunten Fahrer-Lineups schwierig einzuordnen. Gulf Racing Middle East hat zwei der B12/80-Coupés erworben und mit Nissan-Motoren ausgerüstet. Für das Team starten in einem der zwei Wagen die einzige Frau der Starterfeldes, die Japanerin Keiko Ihara, der Gulf UK-Chef Frédéric Fatien und Ex-F1-Pilot Stefan Johansson. Das stark deutsch angehauchte „Lotus“-Team mit der Mannschaft von Colin Kolles als Einsatzteam, mit umbenanntem BMW Judd-Motor und den Piloten Thomas Holzer (zuletzt GT Masters), Mirco Schultis (2011 FLM-Champion) und Luca Moro dürfte auch in der stark besetzten Klasse zumindest anfangs auch bestenfalls um das Mittelfeld mitkämpfen.

Le Mans- und LMS-Sieger Greaves setzt dieses Jahr neben dem in der ELMS einen zweiten Zytek in der WEC ein – die Besetzung ist mit den drei FLM/LMPC-Piloten Zugel/Gonzalez/Julian allerdings nicht die stärkste, wobei Gonzalez im Vorjahr einiges an Talent offenbarte und den Titel in der Klasse holte.

Ein gelegentlicher Podiums-Kandidat könnte OAK Racing mit seinem nun „Morgan“ genannten LMP2-Modell sein. Mit Olivier Pla ist ein Top-LMP-Pilot in diesem Auto und der Wagen wurde auch über den Winter auf den neuesten Stand gebracht. OAK hat es in den letzten Jahren nicht geschafft, wirklich zu überzeugen, doch mit etwas Glück könnte das 2012 anders sein.

Einen Morgan-Judd setzt in der ALMS auch Conquest Racing für die Martin Plowman und Francesco Dracone (beide wenig erfolgreiche Ex-IndyCar-Piloten) sowie den dänischen Programmierer David Heinemeier Hansson ein – ein Trio, das sich auch in der LMP2 erst noch beweisen muss und es zumindest in Sebring sehr schwer haben wird. Ähnliches gilt wohl für Timothy Pappas und sein Black Swan Racing Team, dessen (Vorjahres-)Lola-HPD für Pappas/Fogarty/ Curtis erst spät an der Strecke aufschlug und mit Zusatz-Ballast beladen ist, da er nicht dem neuen Reglement entspricht.

Die Favoritenrolle unter den ALMS-Teams dürfte jedoch aufgrund des Erfahrungsvorsprungs Level 5 Racing zukommen – doch das Team um Scott Tucker hat mit Luis Diaz, Ryan Hunter-Reay, Joao Barbosa und Christophe Bouchut wohl auch mehr Fahrtalent aufzuweisen.

Fazit: Starworks, Pecom und Signatech sind meine Favoriten, aber die Balance of Performance bei den Motoren und vor allem die Haltbarkeit werden eine große Rolle spielen. Podiumsplätze könnten für alle Teams drin sein. Level 5 ist der klare Favorit unter den ALMS-Teams und sollte in Sebring auch um das Gesamt-LMP2-Podium ein Wörtchen mitreden können.

Die ALMS-Challenge-Klassen

Dass die LMPC-Klasse mehr als nur ein Feldfüller ist und tatsächlich auch eine Ein- und Aufstiegsmöglichkeit bietet, zeigen etwa Level 5 Racing und die Fahrerbesetzung von Greaves Motorsport in der WEC. Dennoch haben die Organisatoren von WEC und ALMS im vergangenen Herbst über ihren Start in Sebring gestritten. Doch die ALMS braucht die Challenge-Teams dringend, um für den Rest der Saison ein quantitativ brauchbares Feld zusammen zu bekommen (ohne wären es unter 20 Autos) und so sind je neun Oreca-Chevrolets und Cup-Porsche am Start.

Die LMPC-Orecas werden es in diesem Jahr mit Sicherheit nicht mehr schaffen, vor den besten LMP2-Boliden ins Ziel zu kommen. Letztere sind zuverlässiger und schneller geworden. Namhafte Neuzugänge sind Muscle Milk Racing, die ihr Engagement in diese Klasse ausweiten, RSR, deren Jaguar-Programm endgültig für gescheitert erklärt wurde, und Dempsey Racing, die – wie man so hört – im Laufe der Saison auch einen LMP2 einsetzen wollen. Mit zum Beispiel Bruno Junqueira, Raphael Matos, Colin Braun und EJ Viso sind einige prominente Namen vertreten, die Mehrzahl der Piloten kommt jedoch auch aus dem Bereich „Gentleman Driver“ und ist schwer einzuschätzen. Müsste ich einen Favoriten-Team benennen, wäre dies CORE Autosports mit seinen zwei Autos, da diese schon letztes Jahr Team- und Fahrer-Titel gewannen und Erfahrung auch in dieser Klasse einiges ausmachen sollte. Zudem gehören die Fahrer-Trios noch zu den vermeintlich stärkeren (u.a. Viso und Brown).

Das Top-Team der letzten Jahre, Black Swan Racing, hat die GTC hinter sich gelassen und ist in die LMP2 aufgestiegen. Mit dem Schwesterteam Green Hornet sollte man jedoch in dieser Klasse rechnen – vor allem dank Damien Faulkner und Sebastiaan Bleekemolen. Die stärkste Konkurrenz dürfte von Alex Job Racing (deren GTE-Lotus in Sebring leider noch fehlt) kommen, auf deren zwei Porsche u.a. Leh Keen, Bill Sweedler, Townsend Bell und Dion von Moltke sitzen. Zu guter Letzt würde ich noch den MOMO-gesponsorten NGT-Wagen mit Sean Edwards an Bord zum Favoriten-Kreis hinzuzählen. Doch auch in dieser Klasse kann viel passieren…

(Bildquelle: Ferrari)

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