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NASCAR: Analyse Homestead Saisonfinale 2011

von KristianStooss
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„WOW!“ Mehr braucht man im Prinzip nicht zu dieser knappen Entscheidung sagen, denn Tony Stewart und Carl Edwards standen nach den 36 Saisonrennen am Ende des Jahres wieder bei Null. Die fünf Siege im Chase brachten Stewart letztendlich als Tiebreaker den Gewinn des Cup-Titels 2011, doch dieser Triumph war mehrfach gefährdet.

Letztendlich ist es auf dem Homestead-Miami Speedway genau so gekommen, wie es die nahezu günstigsten Szenarien in puncto Spannung vorschlugen. Tony Stewart und Carl Edwards beendeten das Rennen auf den Plätzen 1 und 2, der direkte Kampf um den Sieg entschied die Meisterschaft. Besser hätte es nur werden können, wenn die beiden Fahrer in der letzten Runde Seite an Seite aus Turn 4 gekommen wären. Doch auch so barg das Resultat einige Brisanz, denn aufgrund der Einlaufreihenfolge waren Stewart und Edwards in den Punkten plötzlich gleichauf. Da fährt man 36 Rennen und kommt am Jahresende wieder nach Florida zurück, nur um erneut bei Null zu stehen. Tony Stewart gewann zwar durch den besseren Tiebreaker die Cup-Trophäe, doch seinem Erfolgsdrang wurden zuvor einige Getriebeteile in den Weg geworfen:

Nach vier Runden sah es bereits aus, als wäre das Rennen des späteren Meisters schon verloren. Ein faustgroßes Loch klaffte am Kühlergrill des Chevrolet mit der #14, vermutlich verursacht durch ein Trümmerteil, welches beim Getriebeschaden von Kurt Busch auf der Strecke zurückgeblieben war. Nun war es für die Crew von Tony Stewart an der Zeit, entsprechend zu handeln und den Einsatzwagen auf dem 1,5-Meilen-Intermediate-Oval aerodynamisch konkurrenzfähig zu belassen. Glücklicherweise kam weniger Runden später eine Caution wegen eines kurzen Schauers heraus, was Smoke eine Reparatur ohne Rundenverlust ermöglichte. Anstatt auf Platz 8, welchen er sich von seiner Startposition innerhalb der ersten 13 Umläufe erkämpft hatte, musste Stewart das Rennen nun von Rang 40 aufrollen und was dann geschah, war geradezu magisch.

In Erwartung des kommenden Spektakels war der US-Proxy für den RaceBuddy auch schneller installiert als dem NASCAR-Region-Coding-Verwalter lieb war. Ich verfolgte nun fast die komplette erste Rennhälfte bis zum erneuten und diesmal stärker einsetzenden Regen aus der Onboard-Kamera von Tony Stewart. Smoke legte eine Hammer-Vorstellung auf den Asphalt und überholte in den ersten sieben Runden nach der Grünen Flagge gleich mal 13 Autos. Three-Wide im Hinterfeld war keine Seltenheit und wenn die obere und untere Spur schon zeitgleich durch die Konkurrenz besetzt war, ging es halt in der Mitte an den Autos vorbei. Zeitweise hatte man echt den Eindruck, die anderen Wagen würden lediglich unter Caution-Tempo rollen.

Seine Aufholjagd wurde jedoch kurze Zeit später durch eine weitere Caution gebremst. In Runde 34 bekam die Crew von Stewart dabei aber noch einmal die Gelegenheit, die Reparaturarbeiten am Chevy zu überprüfen und das Grilltape entsprechend anzubringen. Auf Platz 27 nahm der Verfolger des jederzeit (Boxenstopp-bereinigt) Führenden Carl Edwards dann die Fahrt wieder auf. Zur dritten Gelbphase in Umlauf 83 hatte Smoke die Top10 geknackt und arbeitete sich bis zum Beginn von Caution #4 in Runde 108 noch in die Top5 vor. Dann kam jedoch der erwähnte Regen, welcher die Fahraktivitäten für etwas mehr als eine Stunde unterbrach und den Beteiligen eine Menge bezüglich der Wahnsinns-Fahrt von Tony Stewart zum Rätseln gab.

NASCAR bekam die Strecke zum Glück relativ problemlos wieder trocken, sodass es in Runde 117 nun unter Flutlicht wieder ans Eingemachte gehen konnte. Es folgte eine knapp 50 Umläufe lange Phase mit drei weiteren Cautions, in welcher sich Stewart und ein nur rechtsseitig neu bereifter Kevin Harvick um die Führung stritten. Die letzte dieser genannten Gelbphasen sah Jeff Burton und Dale Earnhardt Jr in Front des Feldes, welche sich den Boxenstopp gespart hatten. Währenddessen wechselten Smoke und Carl Edwards nur jeweils zwei Pneus, wobei Stewarts Crew ein wenig schlampte und aufgrund einer im Schlagschrauber feststeckenden Mutter acht Plätze für die #14 verlor. Ein Four-Wide während des Restarts später klebte Stewart aber wieder an Edwards Allerwertestem und machte sich direkt mit einem kleinen freundschaftlichen Schubser bemerkbar.

Nach einer Ermahnung seitens NASCAR ging das Rennen in die entscheidende Phase, denn es waren noch zwei Boxenstopps zu absolvieren und die lange Grünphase von Runde 161 bis 213 ließ zunächst vermuten, dass dies alles unter Grün passieren würde. Tony Stewarts Crew-Chief Darian Grubb heckte ein riskantes Pokerspiel aus und wollte damit wohl auf Nummer sicher gehen, um bei den Besuchen der eigenen Crew nicht noch mehr Zeit liegen zu lassen, als zuvor schon geschehen. Grubb schickte Smoke also außer Sequenz und wies seinen Schützling und Boss in Personalunion zum Sparen von Benzin an.

Unterdessen setzte Carl Edwards unbeirrt seine Fahrt an der – zwischenzeitlich in der langen Grünphase zurückgewonnenen – Spitze des Feldes fort und blieb bei der konservativen Strategie. Direkt nachdem Stewart den rettenden Pitstop absolviert hatte, welcher ihn bis zur karierten Flagge bringen sollte, kam die achte und letzte Caution des Abends heraus. Diese Gelbphase und ihr Zeitpunkt waren ein echter Glücksgriff für Tony Stewart, da er nun von Platz 15 direkt nach vorne gespült wurde, denn die erneute Regentropfen sorgten für eine längere Parade hinter dem Pacecar, welche die Fahrer in Sequenz zum allerletzten Nachfassen nutzen.

Damit war zum einen klar, dass Homestead kein Benzinkrimi mehr werden sollte und zum anderen lag Stewart wegen der geschickten Taktik plötzlich in „Führung“. Zwar hatte er noch Kyle Busch und Brad Keselowski vor sich, die verzichteten in Erwartung einer weiteren Caution aber zuvor auf einen Boxenstopp und somit noch einmal stoppen mussten. Keselowski schluckte Stewart beim Restart noch in der ersten Runde und führte daraufhin von Umlauf 232 bis einschließlich 267 den Rest des Rennens solo an. Carl Edwards versuchte über die letzten gut 30 Runden zwar noch, Stewart an der Spitze abzufangen, doch auf weniger als 0,8 Sekunden konnte er den Vorsprung zu keinem Zeitpunkt verringern.

Der anschließende Sieg brachte Tony Stewart die Führung in der Meisterschaft aufgrund des Tiebreakers und damit auch den Sprint-Cup-Titel des Jahres 2011 ein. Zwar kamen Carl Edwards und er mit Gleichstand in den Punkten über die Ziellinie, doch Smoke gewann in dieser Saison fünf Rennen, im Gegensatz zu Edwards einzigem Sieg zu Beginn in Las Vegas. Die knappste Meisterschaftsentscheidung in der NASCAR hat damit ihren Weg in die Rekordbücher gefunden. Ich denke, dass wir das realistisch betrachtet spannendst-mögliche Saisonfinale bekommen haben, welches möglich war. Dem 1992er Hooters 500 macht es jedenfalls ganz eindeutig Konkurrenz.

Tony Stewart hat sich den Titel in diesem Mega-Rennen geradezu wirklich und real erarbeitet, indem er den bis zur Halbzeit führenden Kontrahenten Carl Edwards am Ende ausstach und von Platz 40 aus die Spitzenposition eroberte. Ein Meisterschaftsgewinn von Edwards hätte dagegen immer diesen unangenehmen Nachgeschmack gehabt, dass Stewart vielleicht gerade wegen seines Kühlergrillschadens nicht mehr wirklich nach vorne hätte durchbrechen können, um den Ford mit der #99 noch abzufangen. Somit ist Tony Stewart, natürlich auch aufgrund seiner fünf Chase-Siege in zehn Playoff-Rennen ein absolut verdienter und unumstrittener Champion, der gemeinsam mit einem ebenso jederzeit fairen Carl Edwards diese Meisterschaft auskämpfen konnte.

Edwards hatte zwar zuvor lange Zeit die Führung inne, musste aber trotzdem auch mehrmals um den, nach Stewarts Grillschaden zunächst perfekt geglaubten, Titelgewinn fürchten: In der Ford-Armada von Roush-Fenway Racing und Richard Petty Motorsports verabschiedeten sich gleich drei Roush-Yates-Aggregate mit Schall und Rauch, denn neben David Ragan und Marcos Ambrose musste auch Greg Biffle vorzeitig die Segel streichen. Zumindest bei Ragen war aber im Vorfeld bereits klar, dass es sich um eine Testversion des Motors für das nächste Jahr handelte.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung.

Ansonsten verabschiede ich mich mit dieser Analyse bis zum Beginn der 2012er-Speedweeks in Daytona im Februar. Es wird in diesem Jahr vermutlich nur ein kurzes Best-Of analog zur letzten Saison geben, da ich über den Winter meine Diplomarbeit schreiben werde und die Zeit anderweitig sicher gut gebrauchen kann. Vielen Dank für das Interesse am Racingblog und meinen Artikeln, wir hören uns sicher das ein oder andere Mal im Podcast während der Motorsport-freien Zeit, in welchem ich auch das jeweils neueste zur Silly-Season ausbreiten werde!

MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Sir Lewis Hamilton, Mercedes F1 W15, leads Fernando Alonso, Aston Martin AMR24, and Valtteri Bottas, Kick Sauber F1 Team C44 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)
MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Lando Norris, McLaren MCL38, leads Charles Leclerc, Ferrari SF-24, and Oscar Piastri, McLaren MCL38 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)

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4 Kommentare

Flo 23 November, 2011 - 08:50

Dem ist nichts hinzuzufügen.
Danke aber auch an die Klasse Coverage seitens des Racingblogs, sei es mit Previews und/oder Reviews. Danke, danke und danke.

Montoya12 23 November, 2011 - 19:37

Danke Kristian für die schönen Artikel

Bis Daytona 2012

Chaos 23 November, 2011 - 22:03

Auch von mir vielen Dank, war ne klasse Saison mit super Coverage ! :)

DonDahlmann 24 November, 2011 - 15:53

38 Rennen, jeweils mit Vorschau und Analyse! Die Pause hast Du Dir verdient!

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