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Formel 1 Analyse: Comeback in Abu Dhabi

von Vorsicht
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Jede Serie hat einmal ein Ende. In Abu Dhabi riss Lewis Hamiltons Pechsträhne – auch, weil Sebastian Vettel erstmals seit mehr als einem Jahr nicht ins Ziel kam.

Dabei ist es durchaus möglich, dass Hamilton auch ohne das Pech des Deoppelweltmeisters in auf dem Yas Marina Circuit die oberste Stufe des Siegertreppchens erklommen hätte. Schon im Training zeigten die McLaren, dass die Kombination aus teils schnellem, teils winkligem, aber aerodynamisch nicht wahnsinnig anspruchsvollem Tilkodrom und hohen Temperaturen ihrem aktuellen Paket offenbar entgegenkommt. In der Qualifikation konnte Vettel die Riege der beiden britischen Ex-Weltmeister zwar noch einmal distanzieren, bei McLaren war allerdings trotzdem schon am Samstag so etwas wie Zuversicht zu vernehmen. Bei Ferrari fuhr Fernando Alonso mit einer fahrerischen Extraleistung auf Rang zwei – während Felipe Massa einmal mehr Schwächen zeigte.

Hamiltons Erleichterung war bei der Siegerehrung und den Interviews danach geradezu greifbar – nach zahlreichen, teil selbstverschuldeten Problemen in den vergangenen Rennen lieferte der Weltmeister von 2008 endlich wieder eine makellose Leistung ab, und belohnte seine Arbeit mit dem Sieg. Dass er auch Jenson Button diesmal in Qualifying und Rennen im Griff hatte, wird ihm sicher zusätzliche Genugtuung bieten. Allerdings: Auch Button hätte im Rennen weider vorne landen können. Der zweite McLaren Pilot kämpfte allerdings seit der Frühphase des Rennens mit seinem KERS, das sich immer wieder abschaltete – was nicht nur bei der Beschleunigung sondern auch beim Bremsen für Probleme sorgt. Immerhin: Seine Leistung, den Wagen auf Rang drei nach Hause zu fahren, sorgte bei McLaren für Anerkennung. Außerdem kann sich Button damit trösten, dass er nun in der WM nicht mehr von Hamilton eingeholt werden kann.

Ein Wochenende zum Vergessen erlebte dagegen die Weltmeister-Truppe von Red Bull. Sebastian Vettel fuhr zwar in den ersten beiden Kurven in gewohnter Manier dem Feld auf und davon – danach verlor allerdings sein linker Hinterreifen plötzlich rapide an Luft, und der Champion drehte sich in eines der wenigen Kiesbetten, die der Kurs in Abu Dhabi zu bieten hat. Von dort konnte er sich zwar noch aus eigener Kraft befreien – beim Weg zurück an die Box gaben dann aber flatternde Reifenteile dem Wagen den Rest.

Was genau Auslöser des Reifenplatzers war, ist immer noch nicht ganz klar. Kurzfristig war darüber spekuliert worden, dass vielleicht ein scharfer Curb den empfindlichen Gummi aufgeschlitzt haben könnte – Wiederholungen zeigen aber, dass Konkurrenten diesen ohne Beschädigung wesentlich handfester in Angriff genommen hatten. Spekulation bei der BBC: Ein falsch montierter Teil des Unterbodens könnte am Reifen gerieben haben. Die Reaktion der Red Bull Mechaniker auf Nachfrage lässt es für Möglich halten, dass diese Spekulation nicht ganz in Leere trifft.

Marc Webber hatte einmal mehr ein ziemlich maues Rennen. Trotz der aggressiven Strategie, einmal öfter zu stoppen, und die harten Reifen erst in der letzten Runde aufzuziehen, konnte er das Podium schließlich nicht gefährden. Was auch immer die Probleme des Australiers in dieser Saison verursachen mag (man spricht davon, dass er mit den Pirelli-Reifen nicht klar kommt) – er muss dringend daran arbeiten.

Auch bei Ferrari setzt sich die Zwei-Klassen Gesellschaft fort: Fernando Alonso, in letzter Zeit wieder merklich mit Vergnügen unterwegs, fuhr ein tolles Rennen, das laut eigener Aussage nur aus Qualifying-Runden bestand. Auch Lewis Hamilton zollte der Leistung des Spaniers in den Interviews nach dem Rennen einigen Respekt.

Felipe Massa verlor sich dagegen ein paar Plätze weiter hinten. Der Brasilianer war nur einmal etwas länger im Bild der TV-Kameras: Als er sich im letzten Renndrittel von der Strecke drehte, und den vierten Platz endgültig an Marc Webber verlor. Immerhin ist es dem Brasilianer aber gelungen, seinen Qualifying-Rückstand auf Alonso deutlich einzudampfen. Bei Ferrari scheint man wohl darauf zu hoffen, dass im kommenden Jahr auch die Rennform zurückkehrt. Auch, wenn Gerüchte immer wieder davon sprechen, dass der Verbleib Massas auch für die kommende Saison noch nicht völlig gesichert ist.

Auf den weiteren Punkterängen landeten in Teamformation die beiden Mercedes und Force India-Piloten, wobei sowohl Rosberg als auch Adrian Sutil die Hausordnung wieder herstellen konnten, und deutlich vor ihren beiden Teamkollegen landeten. Fairerweise sei gesagt: Schumacher und di Resta waren auch mit anderen, vermutlich schlechteren Strategien unterwegs.

Ein ähnliches Bild gab es bei Sauber, wo Kamui Kobayashi erstmals seit einigen Rennen wieder die Oberhand über Sergio Perez erlangen konnte – allerdings unter Mithilfe von Perez‘ KERS, das Mitte des Rennens den Geist aufgegeben hatte. Trotzdem muss man beiden Piloten ein Lob aussprechen: Nach Boxenstopps in der ersten Runden des Rennens kämpften sie sich im Rahmen der Möglichkeiten, die der Sauber im Moment bietet auf die bestmöglichen Positionen nach vorn.

Was man für Williams und Renault nicht behaupten kann. Einzig Rubens Barrichello auf Rang 12 konnte nach Qualifying-Problemen vom letzten Startplatz aus ein anständiges Rennen liefern. Teamkollege Pastor Maldonado dagegen erreichte nur im Wettbewerb und die meisten Durchfahrtsstrafen den ersten Rang, und hat sich gewiss mit dem dauernden Ignorieren der blauen Flaggen keine neuen Freunde im Paddock gemacht. Bei Renault scheint es immer noch etwas unklar, ob die mangelnde Performance den Fahrern oder dem Auto anzulasten ist – vermutlich handelt es sich um eine Kombination aus beidem.

Bei Toro Rosso zeigte diesmal Sebastien Buemi ein gutes Rennen – schied dann aber nach flotter und überholstarker Fahrt in den Punkterängen mit Hydraulikproblemen aus. Jaime Alguersuari war diesmal weniger toll in Forum und beendete das Rennen auf Rang 15. Beides bitter im Kampf um den begehrten Rang sieben der Team-Weltmeisterschaft, wo Sauber nun wieder einen Punkt Vorsprung hat.

Bei den Hinterbänklern zeigt Lotus (bzw. Caterham) wieder einige Fortschritte, Heikki Kovalainen war nach dem Startgetümmel einige Runden lang im Mittelfeld unterwegs. Virgin und HRT kämpfen derweil um den letzten Platz.

Ein Wort zur Strecke: Nach dem Rennen gab es auch diesmal wieder Kritik wegen der mangelnden Überholmanöver. Dem würde ich mich diesmal aber nicht anschließen. Einige Duelle auf den langen Geraden haben gezeigt, dass die Kombination aus KERS DRS und Pirelli-Reifen in Abu Dhabi, anders als etwas in Valencia, das Überholen durchaus ermöglicht. Die im vergangenen Winter überlegten Änderungen am Streckenlayout wären vielleicht trotzdem eine gute Idee – könnten aber nun vielleicht weniger Chancen auf Umsetzung haben.

Fotos: Mercedes GP, HRT, Team Lotus, McLaren, Red Bull, Renault

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3 Kommentare

Toastie 16 November, 2011 - 13:03

Zum letzten Absatz: Ist nicht DRS statt KERS gemeint? Das hat mMn den Unterschied zu den bisherigen Rennen in Abu Dhabi gemacht und für Überholmanöver inkl. Konter auf der 2. Geraden gesorgt. Alonso hätte sich wohl schon 2010 DRS gewünscht.
Wie es schon jemand im Chat schrieb, für 2011 war dieses Rennen durchaus ganz ordentlich, für Abu Dhabi-Verhältnisse ein epischer Klassiker. ;)

Vorsicht 16 November, 2011 - 15:37

Völlig richtig – bin ich dem Buchstabensalat doch nochmal zum Opfer gefallen… Danke!

nona 16 November, 2011 - 16:42

„Falsch montiertes Teil am Unterboden“ dürfte mit weitem Abstand zu den absurdest möglichen Erklärungen für Vettels Reifenschaden gehören, gleich nach „böser Voodoozauber“ und „Vogelschlag am Rad“ – nicht nur das sowas nicht passiert (was soll denn da bitte wie wo montiert sein?), es wäre auch schon spätestens auf dem Weg in die Startaufstellung aufgefallen. Das ist nichtmal mehr Spekulation von der BBC, sondern blosse Kompetenzvorgaukelung (gibt’s ja öfters bei denen).

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