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GT1-WM: Analyse Saisonfinale in San Luis

von StefanTegethoff
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Überraschungen, Chaos und eine dicke, fette Antiklimax prägten das letzte Rennwochenende einer Serie, deren Zukunft nach wie vor unsicher ist. Doch wenigstens konnten würdige Champions gekürt werden.

Schon vor dem ersten Rennen des Wochenendes war die Luft raus aus dem eigentlich so spannenden Kampf um den Fahrertitel. Denn bereits im Training am Freitag setzte Stefan Mücke den Aston Martin DBR9 hart genug in die Mauern der anspruchsvollen Strecke am Potrero de los Funes, dass der Wagen nicht wieder für den Rest des Wochenendes fit gemacht werden konnte. Und als dann noch Lukas Luhr beim ersten Besuch auf der Strecke und trotz 35kg Erfolgsballast die Pole holte, war klar, dass er und Michael Krumm sich den Titel nicht nehmen lassen würden. Das ist vielleicht auch nicht die schlechteste Entwicklung, denn ein Titel für Stefan Mücke hätte nach der unsauberen Rache-Aktion in Silverstone, für die er eigentlich eine Sperre verdient gehabt hätte, einen unschönen Beigeschmack gehabt.

Die Überraschung des Wochenendes bahnte sich jedoch hinter dem auf die Pole gefahrenen Nissan-Duo an, und zwar in Form der roten Team China-Corvette, in die der niederländische Teamchef Patrick Selleslagh zwei junge, GT-unerfahrene Landsmänner setzte: Yelmer Buurman, der zuletzt vor allem in der Superleague Formula in Erscheinung trat, und Francesco Pastorelli, der bisher international unbekannte kleine Bruder vom Lamborghini-Piloten Nicky. Frisches Blut und eine gut gehende Corvette vereinten sich zu einer zunächst unschlagbaren Kombination.

Beim Start des Qualifikationsrennens konnte Buurman gar vor dem Nissan in die erste Kurve einlenken. Und da Krumm und Luhr kein unnötiges Risiko eingehen konnten, fuhr Pastorelli den Sieg nach dem Fahrerwechsel nach Hause und sicherte sich auch die Pole für das Hauptrennen am Sonntag. Der Sieg war eine Sensation, und ging doch etwas unter, denn mit einer starken und vor allem intelligenten Performance sicherten sich Michael Krumm und Lucas Luhr die Meisterschaft.

Da mit Mücke und Turner die engsten Verfolger zuschauen mussten, reichten die sechs Zähler für den zweiten Rang, die ohnehin kleinen mathematischen Chancen von Winkelhock/Basseng, Hohenadel/Piccini und Enge/Müller zunichte zu machen. Während Michael Krumm die Ehrenrunde drehte, waren bei Lucas Luhr große Emotionen zu beobachten. Der 32-jährige Deutsche hat zwar schon unzählige wichtige Sportwagen-Rennen (u.a. zweimal Klassensieg in Le Mans) und einige Titel (u.a. ALMS) gewonnen, doch ein FIA-Weltmeistertitel hat doch noch einmal einen besonderen Wert. Auch für den 41-jährigen zweimaligen SuperGT-Champion Krumm dürfte es der größte Erfolg seiner Karriere sein.

Verdient haben sich die beiden und ihr Team diesen Erfolg allemal: vier Siege und fünf weitere Podiumsplätze sind in einer Serie mit Erfolgsballast nicht leicht zu erreichen und zeigen die konstant gute Performance über die Saison hinweg. Gerade in San Luis mit Zusatzgewicht auf Pole und Rang 2 zu fahren, untermauert die Stärke des Duos. Auch hat sich der Nissan GT-R als guter Allrounder bewiesen, der auf allen Streckentypen gut unterwegs sein kann.

Im zweiten Lauf des Wochenendes, dem Championship Race, wollten die beiden vom zweiten Startplatz aus einen Angriff auf den Sieg und die Teamwertung fahren, immerhin war JR Motorsport mit den sechs Zählern vom Samstag nicht mehr weit davon entfernt, auch hier noch dem Young Driver-Team den Titel abzuluchsen, das ja auch auf einen Wagen dezimiert war.

Doch die Attacke wurde früh gestoppt, als nämlich am Start des Hauptrennens Chaos ausbrach: Während die rote Corvette wieder einmal vornweg fuhr, wurde dahinter der Platz für Luhr, Enrique Bernoldi (Sumo Power Nissan) und Dominik Schwager (All-Inkl.com-Lamborghini) zu eng – Bernoldi wurde in der Mitte eingeklemmt, drehte damit unschuldig Luhr um, der wiederum den übrigen Young Driver-Aston Martin. De drehte sich zweimal um die eigene Achse und konnte weiterfahren, während noch zwei weitere Lamborghini in den Crash verwickelt wurden.

Und die Konfusion ging weiter: nach dem doppelten Dreher ans Ende des Feldes zurückgefallen, war Tomas Enge im Young Driver-DBR9 Momente später an der Spitze zu finden. Während der Großteil des Piloten anscheinend von einer Safety Car-Phase ausging, zog er an allen Konkurrenten vorbei – für die Team-Meisterschaft eine entscheidende Situation!

Die Safety Car-Phase kam wirklich – allerdings erst einige Momente später. Sie dauerte bis kurz vor Beginn des Boxenstoppfensters. Und kurz darauf trudelte endlich die Entscheidung der Rennleitung ein: Enge bzw. Alex Müller, der mittlerweile das Cockpit übernommen hatte, bekam eine Durchfahrtsstrafe. Zwar waren noch keine Safety Car-Schilder gezeigt worden, doch eine gelbe Flagge zeigte das Überholverbot an.

Für einen Moment schien auch der zweite Titel dem JR Motorsport-Nissan-Team zuzufallen; doch auch Peter Dumbreck musste eine Strafe absitzen, weil Kollege Richard Westbrook den gleichen Fehler gemacht hatte wie Tomas Enge, wenn auch in kleinerem Ausmaß. Und so fanden sich der verbliebende JRM-Nissan und der Young Driver-Aston Martin im Kampf um die letzten ein, zwei Punkte wieder.

In Führung war nach den Strafen und einem Überholmanöver gegen den letzten Lamborghini der DKR-Mannschaft – Überraschung! – wieder die rote Corvette von Buurman/Pastorelli. Und schlussendlich sollte das der entscheidende Faktor für die Meisterschaft sein: weil für einen Großteil der Saison DKR und das Team China nur jeweils eine Corvette eingesetzt hatten, bevor es zu einige Verschiebungen kam, sind diese nicht berechtigt, Punkte für die Teamwertung zu sammeln.

Darum fielen die 25 Punkte für den Sieg dem drittplatzierten Hexis-Aston Martin zu, der zweite Hexis-Wagen auf Rang 5 sammelte weitere 15 (anstatt eigentlich nur 10) Zählern. Damit war die französische Mannschaft wie aus dem Nichts Team-Champion – um drei Punkte vor JR Motorsports und einen mehr vor den Markenkollegen von Young Driver AMR.

In dieser Form hatte sich die Titelentscheidung wohl kaum jemand ausgemalt und auch den Kommentatoren und Teammitgliedern wurden die besonderen Umstände mit den zwei nicht wertungsberechtigten Spitzenreitern erst kurz vor Rennende klar – entsprechend überwältigt war Hexis-Chef Phillipe Dumas nach der Zieldurchfahrt. Auch Hexis hat den Titel allemal verdient, waren sie es doch, die zu Saisonbeginn Konkurrenz wie Zuschauer mit überragenden Boxenstopps überrumpelten, was die tolle Leistung des gesamten Teams zeigt.

Auch die Saison von MarcVDS wurde noch einmal in einer Situation prägnant zusammengefasst, als kurz vor Schluss beide Wagen aneinandergerieten und einer in den Reifenstapeln endete. Auch sonst war von den vier Ford GTs am ganzen Wochenende nicht viel zu sehen, sie schienen mit der Streckencharakteristik überhaupt nicht zurecht zu kommen. Wie für die alten Aston Martins und Corvettes könnte es auch für die GT1-Fords das letzte Rennen gewesen sein – denn MarcVDS steigt bekanntlich aus und ein Käufer wird wohl schwer zu finden sein….

Und damit zum nächsten Thema: Die Zukunft der GT(1)-WM ist derweil weiter ungewiss. Die erhoffte Ankündigung von Stephane Ratel gab es nicht, aber Marcel ten Caat von planetlemans.com twitterte einige Hinweise zum aktuellen Stand der Dinge: noch sei keine Entscheidung gefallen, ob die WM nächstes Jahr mit GT3-Fahrzeugen bestritten oder zumindest aufgefüllt werden. Die SRO stecke noch in schwierigen Verhandlungen und wolle keine möglichen Partner durch vorschnelle Ankündigungen enttäuschen.

Als enttäuschend könnte man dagegen bewerten, dass Ratel die Zukunft der Serie außerhalb Europas sieht: nur 3-4 Rennen sollen zukünftig in der „alten Welt“ ausgetragen werden, diese sollen mit anderen Events verbunden werden, wie etwa in diesem Jahr mit der ADAC GT Masters am Sachsenring. Bestätigt sei der Saisonauftakt 2012 im südfranzösischen Nogaro, wo schon die alte FIA GT einige Male antrat.

Derweil drängt die Zeit, denn die Privatteams, die Ratel braucht, müssen irgendwann Entscheidungen treffen und Sponsoren finden, die ihnen Reisen um die Welt finanzieren. Die aktuelle Deadline endet laut FIA-Dokumenten von der letzten Sitzung des World Motor Sports Council am 30.11.2011, also in etwa drei Wochen.

Also heißt es noch einmal Warten, bis dann Anfang Dezember hoffentlich endlich Klarheit geschaffen werden kann…

MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Sir Lewis Hamilton, Mercedes F1 W15, leads Fernando Alonso, Aston Martin AMR24, and Valtteri Bottas, Kick Sauber F1 Team C44 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)
MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Lando Norris, McLaren MCL38, leads Charles Leclerc, Ferrari SF-24, and Oscar Piastri, McLaren MCL38 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)

(Quelle: GT1)

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