Home Formel EinsF1 Shell Formel Eins: Wie bleiben F1-Motoren sauber?

Shell Formel Eins: Wie bleiben F1-Motoren sauber?

von DonDahlmann
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Erster Teil des wegen Arbeit und Krankheit etwas verspäteten Singapur Rückblicks, der sich vor allem mit der Technik beschäftigt.

Bekanntermaßen hat jeder F1-Fahrer pro Saison acht Motoren zur Verfügung. Bei den 19 Rennen in einer Saison müssen die Motoren also einiges aushalten können. Das Rennen an sich ist dabei nicht mal das Problem, doch wegen des Testverbots, ist man vor allem Freitags viel unterwegs. Dazu kommt, dass die Motoren auch in unterschiedlichen Klimazonen unterschiedlich belastet werden. Hitze ist, wie jeder weiß, eher Gift für die Aggregate, und das Klima in Singapur macht die Sache nicht besser. Auch wenn die Trainingssessions und das Rennen am Abend stattfinden – wegen des tropischen Klima herrschen auch nach 20 Uhr noch 32 Grad bei schlappen 80% Luftfeuchtigkeit. Die feuchte Luft bedeutet, dass die Motoren weniger als sonst gekühlt werden. Auch wenn das Profil der Strecke wegen des niedrigen Vollgasanteil die Maschinen nicht so stark belastet, sind die Sorgenfalten der Techniker schon etwas größer. Luigi Fraboni, Motorchef von Ferrari, gibt zu dem an, dass der Leistungsverlust in Singapur mehr als 5% beträgt.

Ich hatte in diesem Jahr schon mehrfach die Gelegenheit zu sehen, wie groß der Aufwand ist, den Ferrari und Shell betreiben, um die Motoren zu verbessern und gesund zu halten. Während man beim Sprit sehr enge Vorgaben hat (99% der verwendeten Komponenten müssen mit dem herkömmlichen Sprit für die Strasse identisch sein) sieht die Sache beim ja nun auch nicht gerade unwichtigen Motoröl etwas anders aus. Hier kann jedes Team machen, was es will. Einzige Vorgabe der FIA: Man darf nicht unterschiedliche Öle an einem Wochenende nutzen.

Jetzt könnte man meinen, dass Shell für jedes Rennen ein anderes Motoröl produziert, damit man immer die ideale Leistung abrufen kann. Doch so einfach ist das nicht. Ferrari hat sehr genaue Vorgaben, welches Anforderungsprofil man von einem Öl hat und dieses Profil erarbeitet man meist zu Beginn einer Saison auf den Prüfstständen. Es gibt wohl die Variante, dass Shell im Laufe einer Saison mit einer Neuerung um die Ecke kommt, doch bis diese dann auch den Weg in den Motor findet, dauert das relativ lange. Zum einem gilt auch in der F1 das Credo „Never change a running system.“ Bedeutet: Wenn man Komponenten nutzt, mit denen man zufrieden ist, ändert man nichts. Die Gefahr, dass ein neues Öl auch Probleme mit der Standfestigkeit mit bringen könnte, sind einfach zu groß. Überhaupt gilt bei Ferrari das Motto: Nichts ändern, wenn es nicht mehr Leistung bringt. Und auch nur dann, wenn die Tests auf den Prüfständen wirklich positiv verlaufen sind. Man fährt also im Grunde immer mit dem gleichen Öl.

Und das muss deutlich mehr aushalten, als andere Öle. Nur ein paar Beispiele:

– Drehzahlen von 17.000 U/min
– Höhere Verdichtung im Zylinder, damit höhere Belastung der Kolbenringe usw.
– Höhere Temperaturen
– Höherer Verschleiss

Dazu kommt, dass das Öl in verschiedenen Motoren eingesetzt werden muss. Ein brandneuer Motor stellt andere Anforderungen als einer, der schon 1000 km auf dem Buckel hat.

Shell schleppt zu jedem Rennen ein eigenes, kleines Labor an die Strecke. Bei den Europarennen ist das Labor in den Trucks integriert, bei den Rennen in Übersee wird das Labor in einem Container als Teil der Boxenausstattung des Ferrari-Team transportiert. Im Labor arbeiten zwei Personen, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als den Sprit und das Öl zu kontrollieren. Nach jeder Session wird eine Probe genommen und analysiert. Das sieht dann ungefähr so aus:

Auf dem Zettel kann verschiedene Dinge sehen: Welcher Motor es ist, welche Laufleistung er hat und welche Bestandteile im Öl gefunden wurden. Weichen einige Ergebnisse von den Erwartungen ab, kann Shell Ferrari empfehlen, den Motor zu wechseln.

Geprüft werden die Öle unter anderem in einem Gaschromatographen. Mittels der Chromatographie kann man erkennen, welche metallischen Bestandteile in einer Probe noch vorhanden sind. Die Ergebnisse muss man unter verschiedenen Gesichtspunkten lesen. So bedeuten erhöhte Werte eines bestimmten Metalls in einem neuen Motor nicht zwingend, dass der Motor beschädigt ist. Da die Teile in einem neuen Motor sich erst einlaufen müssen, sind erhöhte Werte geradezu erwünscht. Findet man andere Metalle in hoher Konzentration allerdings in einem alten Motor, steht ein Wechsel bevor.

Man kann sich vorstellen, wie wichtig die Messungen sind. Ferrari hat in diesem Jahr zwar nichts mit der WM-Entscheidung zu tun, doch das kann nächstes Jahr schon wieder anders sein. Wie wichtig es also ist, auf ein Millionsten Gramm eines bestimmten Metalls zu achten, kann man sich also gut vorstellen. Ein Motorschaden zu falschen Zeit kann einen WM-Titel kosten. Bei Budgets im dreistelligen Millionenbereich lohnt sich der Einsatz also durchaus.

Ein Nebeneffekt der gesamten Forschung ist auch, dass man versucht, den Motor möglichst sauber zu halten. Je sauberer die Einlassventile bleiben, desto besser für den Motor und die Leistung. Ablagerungen sind nicht erwünscht, und da kommt wieder das Benzin ins Spiel. Shell bastelt für Ferrari für fast jedes Rennen (im Rahmen der FIA Vorgaben) einen eigenes Benzin. In Singapur, wo der Benzinverbrauch besonders hoch ist, nutzt man einen anderen Sprit, als in Japan oder Monaco. Fährt man, wie in Monaco, fast eher untertourig, ist die Chance von Ablagerungen hoch. In Monza, wo der Motor eh immer voll ausdreht, ist die Chance niedriger. Ferrari hat verschiedene Spritsorten vergleichen, heraus gekommen ist wohl, dass man mit dem von Shell verwandeten Kraftstoff, weniger Ablagerungen im Motor hat.

Das klingt einerseits logisch, andererseits bin ich von Natur aus skeptisch, also habe ich zwei Kollegen gebeten sich mal ein wenig um zu hören, wie die Konkurrenz die Sache sieht. Beim Thema Motor sind alle Hersteller sehr zugeknöpft. Ferrari behauptet, man habe einen der stärksten Motoren im Feld und vor allem würde man in Sachen Leistungsverlust keine Probleme haben. Im Paddock sieht man den Vorteil durchaus, vor allem in Sachen Leistungsverlust. Der soll bei Ferrari niedriger sein, als bei Renault und Cosworth, während Mercedes da offenbar auf gleicher Höhe ist.

Es ist schon erstaunlich, was für ein Aufwand von allen Seiten in das Thema „Gesundheit des Motors“ gesteckt wird. Allein an diesen Details kann man ermessen, mit welcher Arkibie alle Teams in der F1 arbeiten. Der Motor ist nur ein Teil des Gesamtpaketes, ein ähnlicher Aufwand wird beim Getriebe, den Kühlern, den Bremsen und den verwendeten Flüssigkeiten aufgebracht.

Shell macht das, wie andere Firmen, die in der F1 unterwegs sind (Elf, Mobile etc.) nicht aus reinem Spaß, oder weil man nichts besseres zu tun hat. Im Moment forscht man in England, Deutschland und in Italien gleichzeitig. Eine ganze Horde hochqualifizierter Techniker macht den ganzen Tag nichts anderes, als sich mit dem F1-Motor zu beschäftigten. Das betrifft nicht nur den aktuellen Motor, sondern auch schon den V6 Turbo, der ab 2014 zum Einsatz kommen wird.

Das ein Hersteller wie Shell mehr als nur die Logos auf dem Wagen dafür bekommt, ist auch klar. Durch die Vorgabe der FIA, dass die Komponenten des Sprit mehr oder weniger identisch mit dem „normalen“ Sprit von Zapfsäule sein muss, ist der Technologietransfer zum Straßenwagen gegeben. Tatsächlich scheint das Benzin im Moment einer der wenigen Dinge zu sein, die von der Formel Eins an normale PKW weiter gegeben werden können.

MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Sir Lewis Hamilton, Mercedes F1 W15, leads Fernando Alonso, Aston Martin AMR24, and Valtteri Bottas, Kick Sauber F1 Team C44 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)
MELBOURNE GRAND PRIX CIRCUIT, AUSTRALIA - MARCH 24: Lando Norris, McLaren MCL38, leads Charles Leclerc, Ferrari SF-24, and Oscar Piastri, McLaren MCL38 during the Australian GP at Melbourne Grand Prix Circuit on Sunday March 24, 2024 in Melbourne, Australia. (Photo by Sam Bagnall / LAT Images)

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