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ILMC/ALMS: Vorschau Petit Le Mans

von StefanTegethoff
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Nachdem das LMS-Saisonfinale in Estoril am vergangenen Wochenende mangels Fernsehbildern völlig unterging, steht nun mit der Kombination aus Saisonfinale der ALMS und vorletztem ILMC-Lauf das letzte echte Highlight der Sportwagen-Saison an.

Das Petit Le Mans bildet mit den 12h von Sebring die Eck- und Höhepunkte der ALMS-Saison, die beiden Events sind außerdem die am besten besuchten. Im letzten Jahr sollen es am Wochenende über 124.000 Zuschauer gewesen sein, mehr als je zuvor bei diesem Rennen, mit dem Don Panoz 1998 den Le Mans-Sport wieder zurück in die USA brachte und den Grundstein für die ALMS legte. Das diesjährige Feld, das tatsächlich die Unterbringungsmöglichkeiten der Strecke sprengt, dürfte auch wieder für ein volles Haus sorgen. An der Spitze duellieren sich wieder einmal Audi und Peugeot, aber auch die 25 GTE-Fahrzeuge dürften beim Rennen in die Dunkelheit auf der grandiosen Road Atlanta in den Hügeln von Georgia für viel Spektakel sorgen.

Der Zuschauerrekord zeigt natürlich auch, wie wichtig das Rennen für die ALMS ist – doch nach wie vor ist weder entschieden, wie die ALMS im nächsten Jahr aussehen wird (Gerüchte besagen, dass Überbleibsel aus der LMS das LMP1-Feld in der ALMS verstärken könnten), noch ist der Kalender der Sportwagen-WM bekannt, die ja auch in den USA antreten möchte. Aber es wird wohl eher darauf hinauslaufen, dass das Petit Le Mans nicht Teil der WEC wird.

Im Vorjahr war es anfangs eng zwischen beiden Herstellern, bis dann Lotterer einen Ausrutscher mit Folgen hatte und Capello ein kurioses Problem mit seinem Helm hatte, sodass Peugeot gewann. Auch im Jahr davor waren es die Franzosen, die zum Zeitpunkt des Regen-bedingten Abbruchs vorn lagen. 2008 gewann zuletzt Audi, nachdem Pirro, Capello und McNish, die mit zwei Runden Rückstand gestartet waren, sich in einer spektakulären Schlussphase den Sieg holten.

Und auch in diesem Jahr sollte es wieder eng werden, das lassen zumindest die Zeiten der Tests vermuten, in denen mal Audi, mal Peugeot vorn lag, die Abstände aber meist nicht allzu groß waren. Größere technische Updates scheint es kaum zu geben, für Detailanalysen verweise ich auf Mulsanne’s Corner. Von der Streckencharakteristik her sollte keiner der beiden einen besonderen Vorteil haben; wenn keine unvorhergesehenen Ereignisse oder Unfälle dazwischen kommen, wird es lange eng bleiben.

Bernhard/Fässler/Dumas werden die #1 pilotieren, Kristensen/McNish/Capello die #2, bei Peugeot sind die Werks-Autos mit Davidson (dessen Schulter wieder heil ist)/Bourdais/Pagenaud und Montagny/Sarrazin/Wurz besetzt. Aber auch im Oreca-Peugeot werden sich mit Minassian und Gené zwei Werkspiloten mit Nicolas Lapierre abwechseln, da Loic Duval Pflichten in der SuperGT hat und Olivier Panis seinen Rücktritt vom Le Mans-Rennsport verkündet hat.

Soweit die Diesel-Fraktion; wie in Laguna Seca werden wieder zwei Lola-Aston Martin am Start sein, wobei diesmal auch Greg Pickett mal wieder ins Lenkrad greift, nachdem der Meistertitel ja eh dahin ist. Das Werksteam von AMR hat vor zwei Wochen bewiesen, dass man mit dem Wagen immer noch ein Ausdauerrennen gewinnen kann, aber gegen die Werks-Diesel wird es natürlich nicht reichen.

Rebellion wird Wiedergutmachung für den in Estoril knapp verlorenen LMS-Titel suchen, aber leicht wird es nicht, sich gegen die LMP1-Privatiers-Konkurrenz über die 1000 Meilen durchzusetzen. Dazu gehören neben den genannten auch noch die zwei OAK Racing-Pescarolos aus der ILMC, zwei Dyson-Lola-Mazdas und der Autocon-Lola-AER aus der ALMS. Nächstes Jahr könnte Rebellion sogar Dauer-Konkurrent von Dyson und Co werden, denn zumindest drohen die Schweizer damit, in die ALMS zu gehen, falls der ACO für die WEC auf eine ausreichende Angleichung an die Diesel verzichtet.

Bleiben wir bei dem Thema: Um Chancengleichheit zwischen den Wagen beider Serien herzustellen, wurden die während der Saison erlassenen BoP-Änderungen zugunsten der ALMS-LMP1 natürlich zurückgenommen, das stand auch schon von vornherein fest. Dennoch sind die US-Teams natürlich nicht glücklich darüber, dass sie vermutlich wieder keine Chance gegen die Werks-Diesel haben werden. Dass es nicht unmöglich ist, zeigte aber schon Highcroft in Sebring und seitdem wurde die BoP noch einmal allgemein zugunsten der Benziner angepasst, vor allem über den Tankdurchfluss. Doch allein schon nominell von der Fahrerbesetzung her kann keines der diesmal antretenden Benziner-Teams so überzeugen wie Highcroft im März…

Fünf Fahrzeuge sind für die LMP2 gemeldet, darunter die drei bekannten ILMC-Entries Signatech-Nissan, OAK Racing und Level 5. Letztere haben nun auch ihren zweiten HPD ARX-01g aus Nick Wirths englischer Chassis-Schmiede erhalten und treten mit beiden Wagen an, Teamchef Scott Tucker wird auch in beiden Wagen mal am Steuer sitzen. Der neue Wagen hat beim Debüt in Laguna Seca gut durchgehalten und die schnellste Rundenzeit konnte auch überzeugen – nun ist aber erstmals echte Klassen-Konkurrenz mit am Start, das Petit Le Mans wird die Feuertaufe für die jüngste Version aus der HPD-Modellreihe.

Ganz neu dabei ist die Mannschaft von United Autosports. Es ist schön zu sehen, dass das US-Team von Zak Brown nach der GT3 in Europa und der Grand Am nun auch in den Le Mans-Sport vorstößt. Unterstützend greift ihnen beim Einsatz des Pescarolo-Judd die Mannschaft von DAMS, die auch schon einige Prototypen-Erfahrung hat, unter die Arme; Piloten werden Brown, Mark Patterson und Ex-F1-Mann Stefan Johannson sein.

Das Rennen in dieser Klasse ist wie immer völlig offen, da kaum eines der kostenbeschränkten Autos ohne Probleme über solch lange Distanzen kommt. Gerade auch die Nissan-Oreca-Kombination hat sich über das ganze Jahr als defektanfällig angewiesen, auch wenn sie vom Speed her ganz vorn liegt.

Die Titelentscheidung in der GT-Klasse der ALMS ist schon in Laguna Seca zugunsten von BMW gefallen. In der ILMC hatten die Münchner allerdings immer wieder Schwächeanfälle, die teils auf eigenen Patzern, teils auf Reifenproblemen beruhten. Auberlen/Werner/Farfus und Müller/Hand/Priaulx sollten aber auch auf der Road Atlanta wieder zu den Favoriten gehören.

Dafür sind in Europa die Ferrari F458 bisher stärker aufgetreten als in Amerika, wo der erste Sieg noch fehlt. Mit sechs Wagen (Risi, AF Corse und je zweimal Luxury und Extreme Speed) sind die Italiener zumindest mal zahlmäßig spitze. Gerade AF Corse mit Fisichella/Bruni/Kaffer dürfte aber auch zum engeren Favoritenkreis zählen. Bei Risi stößt IndyCar-Fahrer Raphael Matos zu Melo und Vilander hinzu; etwas LMP2-Erfahrung hat er in der ALMS bereits gesammelt, es wird interessant sein, zu sehen, wie er sich im GT-Sport schlägt.

Corvette ist in den USA der Dauerkonkurrent von BMW, doch ein Sieg war nicht drin. Den gab es dagegen in Le Mans (was ja am wichtigsten ist). Eine Wiederholung des großen Erfolges wird aber beim Petit Le Mans schwierig, sollte jedoch keinesfalls unmöglich sein. Im Vorjahr schaffte Doug Fehans Truppe genau das, aber nur, weil der Risi-Ferrari in der letzten Runde ohne Sprit ausrollte. Etwas Glück gehört also auch dazu…

Aus dem Porsche-Lager wird vermutlich nur ein Wagen eine größere Rolle im Kampf ums Podium spielen können, nämlich Bergmeister/Long/Pilet für Flying Lizard. Das Falken-Auto oder Paul Miller Racing sollten über die lange Distanz gegen die Masse der starken Konkurrenz kaum eine Chance haben, trotz einiger guter (z.T. auch deutscher) Piloten.

Ebenfalls chancenlos sein werden die beiden „Entwicklungsteams“ Jaguar-RSR und Lotus-Jetalliance (wobei ich gespannt bin, wer besser über die Distanz kommt und Lotus vorn sehe) sowie das Robertson-Team. Für die könnte es auch das allerletzte Rennen werden, denn noch fehlt das Geld für die Saison 2012. Das ist umso trauriger, da es Jahr in diesem Jahr sogar fürs Podium in Le Mans reichte.

Robertson Racing würde eigentlich auch eher GTE-Am gehören, doch alle ALMS-GT-Teams treten in der GT-Klasse an, da es ja auch noch um Meisterschaftspunkte für diese geht und in der ALMS nicht zwischen Pro und Am unterschieden wird. Die GTE-Am besteht also rein aus ILMC-Teams, wobei Larbre mit der Vorjahres-Corvette schon so gut wie Meister ist.

Was denn Rennsieg angeht, ist aber auch diese Klasse offen zwischen Larbre, den Ferrari F430 von Krohn, AF Corse und CRS sowie dem Proton-Porsche, der in Silverstone nach sechs Stunden vorn lag. Nur der Gulf Middle East-Aston Martin kann hier nicht ganz mithalten.

Einige Starter aus den Challenge-Klassen der ALMS werden schon vor Rennbeginn die Heimreise antreten müssen, denn die relativ kurze Strecke ist nach FIA-Reglement nur für 53 Fahrzeuge zugelassen. Fünf der 13 Teams aus GTC und LMPC werden nach dem Qualifying ausscheiden, wobei die jeweils um die Meisterschaft kämpfenden Teams fest sind.

Das sind in der LMPC Genoa und ein Wagen von CORE Autosport, die weiterhin nur von 2 bzw. 3 Punkten in Team- und Fahrerwertung getrennt sind. Dreimal gewann in dieser Saison Genoa, zweimal CORE. Ausnahmsweise werden auch erstere einen zweiten Wagen einsetzen, gesponsert von „The London Project“, einem Forschungsprojekt mit dem Ziel, Blindheit durch Stammzellen zu heilen.

In der GTC sind Black Swan Racing (wieder mit den Bleekemolens an Tim Pappas‘ Seite) und TRG die Konkurrenten um die Meisterschaft, mit leichtem Vorteil für Black Swan in der Teamwertung. Die Fahrerwertung fällt deutlicher aus, hier hat Pappas allein 21 Punkte Vorsprung, 30 Zähler gibt er für den Sieg.

Zwar sind beide Klassen mittlerweile fester Bestandteil der ALMS und liefern oft spannende Kämpfe bis in die letzte Runde, beim Petit Le Mans wirken sie allerdings fehl am Platze. Schon in Sebring kam es zu Problemen beim Überrunden und die Road Atlanta wird nochmal deutlich voller wirken, da sie kürzer ist als der Flugplatz-Kurs in Florida. Aber es ist für die kleinen Teams natürlich auch gerade wichtig, bei den großen Rennen starten zu dürfen, um Sponsoren anzuziehen. Doch gerade der Unterschied zwischen den LMP1-Prototypen, von denen diesmal eben mehr als die ALMS-üblichen drei oder vier am Start sind, und den GT3-Porsches der GTC ist massiv und wird mit Sicherheit das ein oder andere Mal für Probleme sorgen.

Das beste Zitat dazu stammt von Tom Kristensen, dankenswerterweise weitergeleitet von Allan McNish via Twitter:

Quote of the week by TK, „with 60 cars track at PLM, it will be like a full course yellow where we are allowed to overtake!“

Die Strecke selbst ist schnell und anspruchsvoll und gehört zu meinen persönlichen Favoriten unter den Rennstrecken dieses Planeten. Start-Ziel wird eingerahmt von der Beinahe-Vollgas-Bergab-Rechts als letzter und einer fast ebenso schneller Bergauf-Rechts als erster Kurve. Ebenso spektakulär (und trotz zweier Motorrad-Schikanen immer noch schön anzusehen) sind die Esses, die sich den Berg hinab und wieder hinauf schlängeln. Nach den Esses und einer kurzen Gerade folgt eine leicht geneigte, schnelle Rechts, die schon mehr Überholmanöver zugelassen hat, als man ihr auf den ersten Blick zutraut. Nach der nächsten, der langsamsten Kurve der Strecke folgt die über einen Kilometer lange Bergauf-Gerade, die zum Überholen und Überrunden ideal ist, denn an ihrem Ende wurde in den 90ern eine Schikane – der besseren Sorte, gut fahrbar, aber anspruchsvoll und ohne Randsteinholperei – eingebaut. Eine Runde mit Jörg Bergmeister im Porsche sieht dann so aus:

Wie man sieht stehen allerdings auch die Mauern meiste nah an der Strecke, Unfälle sind daher leider meist heftig. Bleibt zu hoffen, dass auch in diesem Jahr alles gut über die Bühne geht, gerade auch mit all den vielen Überrundungen…

Start zu dem Rennen, das entweder über 1000 Meilen (also gut 1600 km) oder 10 Stunden gehen wird – wobei bisher immer die Distanz zuerst erreicht wurde – wird am Samstag um 17:30 sein. Eurosport steigt auch gerade pünktlich zum Start ein und wird die erste Stunde live übertragen. Ab Mitternacht werden auch die letzten gut drei Stunden dort zu sehen sein, dazwischen leider nichts.

Aber dafür bzw. auch allgemein als Alternative gibt es ja auch wieder den offiziellen Stream der ALMS auf americanlemans.com/live. Ob auch – wie in Silverstone – wieder ein Stream auf lemans.org laufen wird, kann ich nicht versprechen, aber es wäre durchaus möglich. Im ALMS-Stream kann man sich auch die Quali am Freitagabend um 20:40 anschauen. Alle weiteren Services, Timing, Zeitplan, Spotter Guide, gibt es wie immer im ALMS Race Hub.

PS: Mit dem Petit Le Mans bin ich dann jetzt auch zwei Jahre beim Racingblog, die Vorschau fürs 2009er Rennen, das ja dann leider ins Wasser fiel, war mein erster Beitrag. Danke an alle Leser, an Don und die anderen Kollegen für all den Spaß, den wir hier zusammen auf der Seite haben! Und damit wünsche ich euch viel Spaß bei einem meiner persönlichen Highlights des Motorsport-Jahres!

(Bilder: ALMS, ILMC, Ferrari)

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