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Formel Eins: Analyse Ungarn 2011

von DonDahlmann
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Ein paar Regenschauer sorgten für einen sehr abwechslungsreichen Grand Prix. Ein paar strategische Fehlentscheidungen kamen dann auch noch dazu.

Eigentlich kann Sebastian Vettel zufrieden sein. Die Kollegen haben sich mal wieder gegenseitig die Punkte weggenommen, er hat 84 Punkte Vorsprung und es gibt noch 200 Punkte, die man bei einer perfekten Siegesserie erlangen kann. Aber wie in den letzten Rennen gesehen hat, ist es eben nicht so leicht mit einem Sieg, weil Red Bull, Ferrari und McLaren doch relativ gleich auf sind. Dennoch kann sich Vettel nicht entspannen, denn in den letzten zwei Rennen wurde deutlich, dass man eben nicht mehr das beste Paket im Renn hat. Das wird Red Bull zu denken geben, denn Siege sollen den Titel ja möglichst weiter absichern. Was das Team auch erschrecken wird: Im Rennen war Vettel nicht der Lage an Button dran zu bleiben, dessen Reifen auch nicht mehr die jüngsten waren. Und dann war da noch Hamilton, der das Rennen nicht wegen der Fehlentscheidung zwischendurch auf Intermediates zu gehen, verloren hatte. Den Fehler machte man viel früher.

Es war nicht leicht für die Teams, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Regen hatte über Nacht die Strecke sauber gewaschen, zum Rennen nieselte es. Es war klar, dass man auf Intermediates starten musste und man einfach auf den richtigen Moment warten wollte, bis man die Supersoft aufziehen konnte. Und da sah eigentlich alles nach einem Sieg von Hamilton aus. Nachdem er mit seinem viel schnelleren McLaren Vettel in einen Fehler gezwungen hatte, stürmte vorne weg und hatte schnell 7 Sekunden Vorsprung. Button hatte sich, nach einem verhaltenen Start dank eines frühen Boxenstopps ebenfalls an Vettel vorbei geschoben und lag auf P2. Das Rennen lief dann seinen üblichen Gang und alles lief für Hamilton, denn der hatte einen Satz mehr frischer Supersofts auf Lager, weil er in der Quali einen gespart hatte.

Doch dann begann das Glück von Hamilton zu schwinden. Bei seinem dritten Stopp zog er erneut die Supersoft auf, und genau das sollte sich im Nachgang als der entscheidende Fehler herausstellen. Denn Webber, Vettel und Button wechselten kurz nach ihm auf die harte Mischung und meldeten klar, dass man durchfahren würde. Hamilton war zwar schneller, und er musste einen Vorsprung von rund 18 Sekunden rausfahren, um einen weiteren Stopp unterzubringen. Doch dann musste McLaren feststellen, dass die Supersoft offenbar keinen Vorteil mehr brachten. Auf der härteren Mischung konnte Button die Zeiten von Hamilton kontern und dran bleiben. Alonso erging es später noch schlechter, als er mit seinen, vermutlich angefahrenen Supersoft, zeitweise komplett unterging. Vermutlich kamen zwei Dinge zusammen: Die leichte Feuchtigkeit auf der Strecke ließ die Supersoft nicht in ihr ideales Temperaturfenster kommen und es hatte sich genug Gummi aufgebaut, was den härten „Soft“ Reifen entgegen kam. Jedenfalls war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass Hamilton mit seinen knapp 7 Sekunden Vorsprung nach seinem letzten Stopp ca 10 Sekunden hinter Button landen würde. Interessant wäre es aber doch gewesen, weil Hamilton dann die deutlich frischeren Reifen gehabt hätten.

Nach seinem Dreher wusste Hamilton, dass es nicht nur gegen Button, sondern auch gegen Vettel, Alonso und Webber eng werden würde. Er musste die harten Reifen nehmen und verlor viel Zeit. Das man ihn sehr früh auf Intermediates setze, war dann eine klare Fehlentscheidung, die man schon im Ansatz sehen konnte. Es wurde nach dem Rennen nicht klar, ob das Team oder Hamilton die Entscheidung getroffen hatte, aber ich vermute mal schwer, dass es das Team war, denn der Brite fährt ja auch mit Slicks im Regen noch schneller als der Rest. Hamilton lag zu diesem Zeitpunkt weit zurück, das Risiko war es durchaus wert, aber die Entscheidung war deutlich zu früh. Mercedes hatte Rosberg zuvor schon auf Intermediates gesetzt, was bei dessen Position eine vertretbare Entscheidung war. McLaren hätte auch noch eine Runde warten können, um sich die Sektorenzeiten anzuschauen. Das gilt im übrigen auch für Webber, den Red Bull sicherheitshalber mal auf die Intermediates setzte und der nach einer Runde wieder rein kam. Der Stopp kostete Webber P4.

Es gab noch eine, sehr interessante Situation im Rennen, als nach dem Dreher von Hamilton plötzlich Button und Vettel innerhalb von einer Sekunde lagen. Im Grunde war das Rennen an diesem Punkt, zumindest zwischen dem Deutschen und Button auf „Null“ gesetzt. Hamilton spielte da schon keine Rolle mehr, weil er noch mal an die Box musste. Aber Vettel konnte Button nicht folgen. Der Abstand vergrößerte sich ständig und als Vettel zwischendurch mal ein paar Sekunden wegfeilte, konterte Button die Attacke lässig. Vettel berichtete nach dem Rennen, er habe Probleme mit den Bremsen gehabt. In der Tat hatte ihm die Box schon sehr früh im Rennen gemeldet, er soll nicht Gas und Bremse zusammen nutzen. Die Fahrer, die mit links bremsen, machen das oft vor den Kurven, um die Bremsen anzuwärmen. Offenbar war da etwas nicht in Ordnung. Dennoch – McLaren scheint für den Moment den schnelleren Wagen zu haben.

Das Rennen vorne war sehr abwechslungsreich, leider fehlten die Ferrari, die anders als am Ring, in Ungarn Probleme hatten. Dabei sprach eigentlich alles für die Italiener, denn die Reifen sollten ihnen am besten liegen. Das stimmte auch für die „Soft“ Mischung, nicht aber für die Supersoft. Dazu kam, dass wegen der niedrigen Temperaturen die Ferrari die Reifen erst nach ein oder zwei Runden in das richtige Temperaturfenster bekamen. Dennoch ist der Abstand nach vorne nicht allein damit zu erklären. Alonso fehlten am Ende 19 Sekunden, was allerdings auch zeigt, dass sie so weit nicht weg waren, denn der Spanier hatte, wie Hamilton, beim dritten Stint wieder auf die Supersoft gesetzt. Vielleicht wäre es auch hier besser gewesen, die harte Mischung zu nehmen, dann wäre es um P2 noch eng geworden. D

Mercedes hatte ein zähes Wochenende. Schumacher haderte das gesamte Wochenende mit seiner Abstimmung, im Rennen schien es zunächst besser zu laufen, als Rosberg und Schumacher nach der ersten Runde auf den Plätzen 4 und 5 lagen. Doch für beide ging es dann wieder zurück Richtung P7, bei Schumacher verabschiedete sich dann auch noch das Getriebe. Nachdem Rosberg zwischendrin mal die Intermediates aufgezogen hatte und auf P14 lag, konnte er dennoch mit P9 zwei Punkte abholen. Da kann er sich im übrigen bei Kobayashi bedanken, der einen ganzen Zug von Wagen rundenlang aufgehalten hatte. Sauber hatte eine 2-Stopp-Strategie gewählt und versuchte den Japaner auf den Supersoft 35 Runden fahren zu lassen, was am Ende dann schief ging.

Kurz ein Blick zu den anderen:

– Toro Rosso sammelte mal wieder wichtige Punkte Buemi fuhr von P23 auf P8, Alguersuari erreichte P10. Zwei sehr gute Ergebnisse und beide Piloten blieben bei den schwierigen Bedingungen auch auf der Strecke.

– Adrian Sutil sah schon bei den Bedingungen sicheren Punkten entgegen, versemmelte aber seinen Start durch eine falsche Linienwahl. Er versuchte es außen, aber da war kein Grip und er fiel, zusammen mit Perez, der von P10 gestartet war, weit zurück. Erstaunlicherweise konnte sich Sutil auch nicht mehr erholen und blieb im Mittelfeld hängen. Teamkollege Di Resta hatte mehr Glück und fuhr mehr oder weniger alleine hinter Rosberg her, von dem er dann P7 erbte.

– Barrichello tauchte zwischenzeitlich auf P10 auf, musste sich aber den ran stürmenden Toro Rosso beugen. Am Ende schlüpfte auch noch Petrov durch.

– Heidfeld hatte ebenfalls einen schlechten Start und war nach der ersten Runde auf P19. Es kam dann noch dicker für ihn. Bei der Abfahrt nach einem Stopp flogen aus seinem Renault schon Funken und der Wagen brannte mal wieder. Er stellte den Wagen ab und danach explodierte dann noch etwas im Heck. Jedenfalls flogen da mächtig viele Teile aus dem Wagen und rechte, hintere Seite sah ziemlich gerupft aus.

– Lotus hatte mal wieder ein Rennen zum Vergessen. Beide Wagen vielen mit technischen Problemen aus, was in diesem Jahr wieder sehr oft passiert. Zwar ist man schneller als Virgin und HRT und auch die Rennpace ist ok, aber den großen Schritt hat man in diesem Jahr nicht noch gemacht.

Die Formel Eins geht jetzt in die Sommerpause. Das bedeutet im übrigen auch, dass in den Werkstätten nicht gearbeitet werden darf und die meisten Angestellten im Urlaub sind. Es bedeutet aber nicht, dass man nicht zu Hause weiter arbeiten darf. Dennoch – beim Rennen in Spa Ende August wird sich in der Rangfolge vermutlich wenig verändern.

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1 Kommentare

nona 31 Juli, 2011 - 19:59

Hätte kaum besser laufen können für Vettel. Der am wenigsten relevante Meisterschaftskonkurrent hat Pünktchen auf ihn aufgeholt, von allen anderen hat er sich z.T. deutlich wieder abgesetzt. So cruised man eine Meisterschaft in der zweiten Saisonhälfte nach Hause.

Was ich im Vorfeld ganz interessant fand: Red Bull hatte ein weiterentwickeltes Aeropaket nach Ungarn mitgebracht – Webber hat es benutzt (mindestens im Practice, ich denke auch im Quali und Rennen), Vettel hat es abgelehnt weil es „seinem Fahrstil nicht entgegenkommt“ (oder so) und ist die alte Version gefahren.

Kann natürlich danebenliegen, aber es scheint mir seit einigen Rennen immer wieder so, als ob Red Bull (und insbesondere Vettel, und insbesondere bei kälterem Wetter) Schwierigkeiten hat, die Reifen schnell und anhaltend auf Temperatur zu bekommen und zu halten. Die RBRs verlassen sich viel auf ihre aerodynamischen Abtriebsqualitäten, während die anderen Top-Teams, mit weniger effizienter Aero, sich stärker auf mechanischen Grip verlassen, was mehr in die Reifen arbeitet und so vor allem bei kühler Strecke unter Umständen besser funktioniert. Verblüffend finde ich auch, wie Red Bull neuerdings doch eher lange bis zu einem Boxenstop auf alten Reifen wartet, während die Konkurrenz auf frischen Reifen schon seit 1-2 Runden gute Zeiten hinlegt. Merkwürdiger Konservativismus, der vielleicht für obige These spricht.

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