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Formel Eins: Analyse GP Malaysia 2011

von DonDahlmann
6 Kommentare

Es gab keinen Regen in Sepang und so konnten die Teams zum ersten Mal sehen, wo ihre Wagen wirklich stehen. Und das Ergebnis wird den meisten nicht gefallen. Red Bull ist dagegen selbst ohne KERS nicht zu schlagen.

Als Sebastian Vettel nach dem Rennen aus dem Wagen, war er nass geschwitzt, aber nicht er sah relativ frisch aus. Nach 56 Runden bei brütender Hitze schien er locker, gelöst und freudig entspannt. Kein Wunder, zum einen hatte er gerade das Rennen gewonnen, zum anderen gab im Rennen keinen Moment, in dem er nicht Herr der Lage war. Vettel cruiste zwar nicht zum Sieg, dafür musste er zu sehr auf Reifen und Konkurrenz aufpassen, aber wie viel Luft er noch nach oben hatte, zeigt ein Rundenzeitenvergleich mit Mark Webber, der seinen RB7 wegen des schlechten Starts deutlich mehr ausquetschen musste. Während Vettels beste Rundenzeit eine 1.41.539min war, zeigte Webber in Runde 46 mit neuen Reifen und leeren Tank eine 1.40.571min. Wohl gemerkt ohne KERS, das wäre also noch schneller gegangen. Vettel hätte also deutlich zulegen können. Die Konkurrenz hält sich mit Durchhalteparolen über Wasser.

Erstaunlicherweise lief es für Ferrari im Rennen besser, als in der Quali. Massa und Alonso waren auf einer eher konservativen Dreistopp-Strategie, die ziemlich identisch mit der von McLaren und Renault war. Auch was die Rundenzeiten anging, lag Ferrari plötzlich auf der Höhe von McLaren, wie die Rundenzeiten der FIA zeigen (pdf)

Als Beispiel habe ich mal ein paar Runden aus dem ersten Drittel des Rennens genommen, also als die Tanks noch gut gefüllt waren und die Reifen stärker gefordert waren. Sowohl Hamilton, als auch Alonso hatten weiche Reifen drauf:

HAM
14 1:45.676
15 1:44.079
16 1:45.445
17 1:44.102
18 1:43.388
19 1:43.304
20 1:43.299
21 1:42.919
22 1:42.966
23 1:43.009

ALO
16 1:44.128
17 1:44.478
18 1:43.511
19 1:42.602
20 1:42.739
21 1:43.121
22 1:43.012
23 1:43.042
24 1:43.360
25 1:43.496

Die Unterschiede sind recht klein, sieht man mal von der 1:45er Runde von Hamilton ab, die vermutlich mit einer Überrundung zusammen hängen. Interessant auch ein Vergleich mit Heidfeld:

HEI
15 1:45.316
16 1:45.109
17 1:44.767
18 1:44.399
19 1:43.832
20 1:43.531
21 1:43.204
22 1:47.084
23 1:43.586
24 1:44.136
25 1:44.677

Renault hat also noch etwas Arbeit vor sich, so ganz kann man nicht mithalten. Vor allem verliert man viel Zeit, bis die Reifen auf Temperatur sind, insgesamt hat man nicht ganz den Speed von McLaren oder Ferrari. Dennoch lieferte Heidfeld ein sehr gutes Rennen ab. Allein sein Start war sensationell, vielleicht wäre sogar der zweite Platz drin gewesen, wenn beim ersten Stop nicht etwas schief gegangen wäre. Heidfeld fuhr souverän und abgeklärt, seine Rundenzeiten blieben auch mit abbauenden Reifen konstant gut und er ließ sich am Ende auch nicht vom heranstürmenden Webber außer Ruhe bringen und nutzte sein KERS geschickt, so dass Webber keine echte Chance hatte. Zumindest hat er gezeigt, dass er es noch drauf hat und der dritte Platz ist die gerechte Belohnung für ein gutes Rennen.

Ferrari hat wiederum im Rennen die Möglichkeit, aus eigener Kraft aufs Podium zu kommen, aber wegen der schlechten Performance in der Quali muss man sich immer an McLaren und Renault vorbeischieben, was nicht geht, ohne die Reifen hoch zu belasten. Hätte Alonso weiter vorne gestanden, wäre auch Platz 2 drin gewesen. Man weiß also was geht, aber Ferrari wirkt nicht so, als würde man sich klaren darüber sein, wie man das Problem angehen soll. Massa meinte nach dem Rennen wenig diplomatisch

„We definitely have to improve the car, but it’s equally true that our race pace is very
different to our performance in qualifying. That’s a positive, but we know that grid position is
nevertheless very important, so we have to move forward on this front.“

McLaren hat derweil mit dem Reifenverschleiss zu kämpfen. Sowohl Button als auch Hamilton kamen von allen Topteams als erste zum Stopp und fuhren auch nur einen kurzen zweiten Stint. Danach schonte man die Reifen etwas mehr, aber sowohl Button als auch Hamilton hatten den längsten letzten Stint, der bei Hamilton dann wegen des Unfalls mit Alonso verkürzt wurde.

Die FIA belegt Hamilton nach dem Rennen mit einer 20 Sekunden Strafe, weil er zweimal die Linie gewechselt hatte, als Alonso vorbei wollte. Der Spanier bekam aber auch die gleiche Strafe, weil er Hamilton beim Überholmanöver berührt hatte. Die letzte Strafe empfinde ich als Quatsch, weil es ein reiner Rennunfall war und nicht absichtlich geschah. Zu dem bestrafte sich Alonso damit selber schwer. Immerhin – an seinem Ergebnis ändert sich deswegen nichts, nur Hamilton fiel einen Platz hinter Kobayashi zurück.

Das Ferrari und McLaren mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, ist klar. Aber viel schlimmer ist aber die Tatsache, dass man null Chancen auf einen Sieg hat, wenn die Red Bull keine technischen Probleme haben. Deutlich wird die Überlegenheit von Red Bull auch, wenn man sich das Rennen von Mark Webber ansieht. Am Start versagte sein KERS, was auch über das Rennen nicht mehr starten wollte. Die Konkurrenz flog an ihm vorbei und er war nur auf P10 nach der ersten Runde. Dann lieferte er sich ein herzerfrischendes Duell mit Kobayashi, der Webber auf jeder Gerade stehen ließ, bevor sich Red Bull entschloss den Australier früh reinzuholen. Er fiel bis auf Platz 17 zurück, erlaubte sich als einziger eine 4-Stopp-Strategie und hätte sich am Ende fast noch den dritten Platz geholt. Selbst Button wäre noch in Reichweite gewesen, wenn das Rennen nicht zu Ende gewesen wäre. Und durch den vierten Stopp hatte Webber noch einmal rund 21 Sekunden verloren.

Besonders ernüchternd war das Rennen für Mercedes, die mit sehr großen Sorgen abreisen. Der Rennspeed des Wagens ist schlicht unterirdisch und man liegt hinter Red Bull, McLaren, Ferrari und Renault. Und zwar deutlich. Schumachers Zeiten:

MSC
16 1:45.112
17 1:45.604
18 1:44.639
19 1:44.305
20 1:44.212
21 1:43.910
22 1:44.316
23 1:44.344
24 1:44.852
25 1:45.414
26 1:44.878
27 1:45.971

Der Abstand zu Ferrari und McLaren beträgt über den Daumen gepeilt eine bis 1.5 Sekunden im Rennen. Allerdings muss man dazu erwähnen, dass Mercedes auch Fehler bei der Strategie machte. Man spekulierte darauf, dass es regnen würde, und ließ Schumacher etwas länger draußen, als es gut war. Das bedeutete, dass seinen sechsten Platz verlor und sich im Mittelfeld wieder fand. Sein Weg zurück in die Punkte war hart und blieb fast unbemerkt. Wie schlecht der MGP02 zurzeit läuft konnte man an Rosberg sehen, der einen katastrophalen Start hatte und im hinteren Mittelfeld stecken blieb. Während sich Mark Webber aus der schlechten Position mit guten Rundenzeiten retten konnte, blieb Rosberg einfach stecken. Er hatte einfach nicht den Wagen um sich lösen zu können und blieb im Rennen blass. Da wartet viel, viel Arbeit auf Mercedes, die mit zu schnell abbauenden Reifen zu kämpfen haben. Das Mindestziel müsste lauten, dass man auf Augenhöhe mit Ferrari und McLaren ist, aber das wird schwer werden.

Zwei Teams sollte man noch erwähnen. Force India schnappte sich dank des spektakulären Aussetzers von Petrov (Flugeinlage galore) mit Paul di Resta einen Punkt. Der Schotte sicherte sich P10 mit einem unauffälligen Rennen und sehr konstanten Rundenzeiten. Adrian Sutil kam nur auf P11, was auch daran lag, dass er in der Quali hinter Di Resta gelandet war. Dennoch ein sehr gutes Ergebnis für die Inder, deren Wagen ja nicht der schnellste ist. Immerhin ließ man auch die weiter vor ihnen gestarteten Toro Rosso hinter sich, die im Rennen mit zu schnell abbauenden Reifen zu kämpfen hatten und chancenlos waren.

Desaströs und katastrophal ist die Lage bei Williams. Der Speed, den Barrichello zeitweise in Australien noch zeigte, war in Sepang zu keiner Zeit. Man scheiterte um ein Haar mit beiden Wagen in Q3, im Rennen ging überhaupt nichts. Barrichello hatte in der ersten Runde eine Berührung, die seinen Hinterreifen und wohl Teile der Hydraulik beschädigte. Maldonado stellte den FW33 schon nach 8 Runden ab, weil der Motor Fehlzündungen hatte. Schlechter kann ein Rennen kaum laufen, deprimierend war auch der mangelnde Speed des Williams.

Ganz hinten zeigte immerhin Lotus, dass man noch Potential hat. Kovalainen landete dank der vielen Ausfälle auf P15, war aber nur 0,5 Sekunden hinter Alguersuari im Toro Rosso, was ein wirklich gutes Ergebnis ist. Virgin fuhr ein eigenes Rennen und schaute, dass man nicht im Weg rumstand. HRT verlor beide Wagen mit technischen Problemen.

Insgesamt ein interessanter, aber nicht weltbewegender Grand Prix, der zeigte, wo die Teams stehen. Es wird, je nach Asphalttemperatur, sicher Verschiebungen geben, aber die Abstände im Rennen sind teilweise schon erstaunlich. Red Bull nutzte das KERS mehr oder weniger nur am Start, man braucht das System dort, aber ansonsten nicht wirklich. Der Abtrieb des RB7 ist so hoch, dass man die Zeit in den schnellen Kurven holt.

Die nächsten zwei Rennen sind mit China und vor allem der Türkei wieder Strecken, die über viele schnelle Passagen verfügen. Red Bull wird sich nur selbst schlagen können, und die Chance, dass Vettel weitere Siege einfahren wird, ist sehr groß. Im Rennen gibt es im Moment kein Team, das die Österreicher schlagen kann.

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6 Kommentare

Montoya12 11 April, 2011 - 16:58

Hamilton war vor seinen 2 Boxenstopp nur 3 Sekunden hinter Vettel.
Vor dem 2.Boxenstopp hat er Runde um Runde Zeit gut gemacht.Kann mir kaum vorstellen das da Vettel nur mit Hamilton gespielt hat und extra langsamer gefahren ist.
Leider hat dann McLaren einen riesen Fehler gemacht und Hamilton die harten Reifen gegeben.Man hätte lieber noch mal weich nehmen sollen und erst beim 3.Boxenstopp auf harte Reifen wechseln sollen so wie sie es bei Button gemacht haben.

Raziol 11 April, 2011 - 18:14

„Die nächsten zwei Rennen sind mit China und vor allem der Türkei wieder Strecken, die über viele schnelle Passagen verfügen. Red Bull wird sich nur selbst schlagen können, und die Chance, dass Vettel weitere Siege einfahren wird, ist sehr groß. Im Rennen gibt es im Moment kein Team, das die Österreicher schlagen kann.“

Es kommt nach der Türkei mit Spanien sogar noch eine Strecke, die Red Bull liegen sollte.

Ansonsten hoffe ich nur, dass die Rennkommissare jetzt nicht wieder mit den übertriebenen Strafen anfangen. Letztes Jahr hatten sie sich ja gut im Griff.
Die Bestrafung für Alonso finde ich absolut lächerlich und auch bei Hamilton bin ich mir nicht sicher, ob die Strafe unbedingt notwendig war.

DonDahlmann 11 April, 2011 - 18:38

Barcelona ist ein wenig anders, weil es einige enge und mittelschnelle Passagen gibt und nicht so viele Highspeed Ecken. Man wird abwarten müssen, wie die Team bis dahin arbeiten. Immerhin schleppt McLaren für das Rennen in China schon einen neuen Unterboden an, in der Türkei werden alle Teams deutlich mehr Updates bringen, was die Top Teams näher zusammenbringen wird.

Simon 11 April, 2011 - 22:01

Die frühen Boxenstopps der McLaren müssen nicht unbedingt ein Zeichen von hohem Reifenverschleiß sein. Es gibt gute strategische Gründe, die Reifen nicht so lange wie möglich auszufahren. Denn selbst der reifenschonendste Fahrer wird am Ende eines Stints Zeit verlieren gegenüber einem Konkurrenten, der sich frische Reifen geholt hat. Wenn man also nicht um so viele Runden länger draußen bleiben kann, dass man sich einen Boxenstopp sparen könnte – wie es Sauber mit Kobayashi exzellent vorexerziert hat – dann nutzt man einen relativ zur Konkurrenz geringen Reifenverschleiß am effizientesten, indem man immer ein paar Runden früher stoppt als die unmittelbaren Gegner und die Verschleißkarte im Schlussstint ausspielt. Wenn man sich einen längeren Stint am Ende leisten kann, ohne in den letzten Runden völlig einzubrechen, holt man durch diese Strategie jeweils in den Runden nach den Boxenstopps die entscheidenden Sekunden raus. Da zumindest Button in seinem langen Schlussturn sehr gut aussah, vermute ich eher strategische Gründe als echte Verschleißprobleme hinter seinen frühen Stopps. Letztendlich hat er dadurch Alonso, der ihn zwischenzeitlich überholt hatte, wieder abgeschüttelt.

Weniger euphorisch sehe ich dagegen das Rennen von Webber. Der vierte Stopp war keine spontane Entscheidung, sondern von Anfang an geplant, und angesichts seiner Rundenzeitenentwicklung wohl auch notwendig. Speziell in seinen letzten drei Stints hatte er zum Ende hin nach zwischenzeitlich sehr schnellen Rundenzeiten erhebliche Einbrüche zu verzeichnen. So war er in den Schlussrunden auch nicht mehr schneller als Button, die Aussage, dieser wäre bei einem längeren Rennen in Reichweite gewesen, kann ich bei 23 Sekunden Rückstand im Ziel also nicht unterschreiben. Womit ich die derzeitige Überlegenheit von Red Bull zumindest in der Kombination mit Vettel nicht anzweifeln will. Ich hatte auch den Eindruck, dass Vettel jederzeit noch zulegen hätte können, wenn Hamilton oder Button ihn wirklich gefordert hätten.

Noch eine kleine Anmerkung zu Force India: Dass Sutil hinter di Resta im Ziel war, lag wohl weniger an seiner schlechteren Startposition, sondern viel mehr an seinem unplanmäßigen Reparaturstopp in Runde 3. Dennoch eine starke Vorstellung des Schotten, der (dank der Sauber-Disqualifikation von Melbourne) in seinem zweiten Grand Prix nun schon zum zweiten Mal in den Punkten liegt.

nona 13 April, 2011 - 17:08

Ferrari wird sich immer noch ausgiebig Sorgen machen wenn sie sich ansehen, was mit einem Red Bull im Rennen möglich ist. Als Vettel nach seinem zweiten Stop hinter Massa raus kam, hat er zwar eine knappe Runde gebraucht bis er auf Start/Ziel an ihm vorbei kam, aber dann hat er ihn zwei-drei Kurven weiter stehengelassen wie ein Kettcar.

(@Montoya12: Das war kein direkter taktischer Fehler von McLaren. Hamilton hatte keinen weichen Reifensatz mehr übrig, er konnte in der Situation nur auf hart wechseln.)

DonDahlmann 13 April, 2011 - 18:56

Nona, du hast Post von mir.

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