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Nürburgring: Fan Forum geschlossen

von DonDahlmann
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Seit einigen Monaten schwelt ein Streit zwischen der Betreibergesellschaft des Nürburgrings und vielen Anwohnern der Strecke. Neuestes Highlight: Das Fan-Forum wurde nach einer Abmahnung geschlossen.

In Zusammenhang mit der Schließung des Nürburgring-Forums hat Ulrike Langer (www.mediendigital.de) ein Interview mit dem Foren Betreiber, Mike Frison, geführt. Sie hat mir freundlicherweise erlaubt, das Interview im Volltext an dieser Stelle zu übernehmen. Vielen Dank!

Was ist passiert?

2007 wurde der Nürburgring umgebaut und wir haben dazu Quellen gesammelt. Seitdem haben wir auch Zeitungsartikel verlinkt und archiviert. Einer dieser Artikel – von der “Eifel-Zeitung”, einem kleinen, rebellischen Blatt – wurde zwischenzeitlich per einstweiliger Verfügung verboten. Das ist an uns vorbei gegangen, und der Artikel stand bei uns noch im Archiv, allerdings seit anderthalb Jahren. Deswegen wurden wir im Januar 2011 abgemahnt, von einer Rechtsanwaltskanzlei in Bonn mit einem Briefkopf fast so groß wie eine ganze Seite. Daraufhin habe ich den Artikel sofort aus dem Forum genommen. Uns liegt ja nicht unbedingt etwas daran, einen anderthalb Jahre alten Artikel vorzuhalten, der auch gar nicht mal so interessant war.

Du bist also der ursprünglichen Aufforderung sofort nachgekommen?

Genau. Ich habe mir einen Anwalt genommen, denn es war für mich das erste Mal, dass ich abgemahnt wurde und habe den Artikel sofort raus genommen. Wir haben aber zugleich auch deutlich gemacht, dass wir uns keiner Schuld bewusst sind, weil wir ja nicht die Verfasser des Artikels sind.

War das schon eine kostenpflichtige Abmahnung?

Ja mit Anwaltskosten und mit einem Streitwert von 40.000 Euro, es wurden also sofort alle Register gezogen. Wenn man sich vorstellt, dass hier der Sportstättenbetreiber mit dem traditionsreichsten Fanforum dieser Sportstätte spricht, dann stimmt da doch etwas nicht.

Warum kam dann jetzt noch der Gerichtsbeschluss?

Ich habe die Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet, weil sie meiner Meinung nach so formuliert war, dass ich sie gar nicht unterzeichnen kann. Mir wurde dort verboten “xxx zu verbreiten oder verbreiten zu lassen”. Ich sehe mich als Forenbetreiber aber nicht als Verbreiter irgendwelcher Nachrichten oder Tatsachen. Ein Forum ist keine publizistische Tätigkeit. Ich habe also nicht unterschrieben. Daraufhin haben der neue Betreiber des Nürburgrings und der geschäftsführender Gesellschafter der Mediinvest GmbH, Kai Richter, beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen mich als Forenbetreiber erwirkt.

Warum nimmst Du vorsorglich das gesamte Forum vom Netz?

In der Verfügung, die ja geltendes Recht ist, wird formuliert, dass mir untersagt ist, “xxx zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.” Ich kann aber das große Forum jetzt nicht daraufhin untersuchen, ob irgendwo irgendjemand irgendwas in dieser Richtung schreibt. So wie das in der Verfügung formuliert ist, entspräche jeder Foreneintrag einer Verbreitung. Das sehe ich überhaupt nicht so und möchte das natürlich juristisch geklärt haben. Wir werden Widerspruch einlegen. Aber so lange wie der Fall nicht geklärt ist, habe ich vorsichtshalber das Forum vom Netz genommen. Denn die angedrohte Strafe ist ja existenzbedrohend.

Sind die Inhalte des Forums damit verloren?

Nein, es ist nach wie vor alles da. Ich bin auch sehr optimistisch, dass wir den Fall gewinnen werden. Und dann wird das Forum feierlich wieder eröffnet. Aber die Zeit dazwischen ist natürlich verloren.

Wie sind denn die Reaktionen der Fans, also der Forennutzer?

Die sind sehr emotional. Das ist ja nicht mein Forum, sondern ein Forum von 3.500 Leuten, die sich in den letzten Jahren eine richtig schöne gewachsene Community erarbeitet und tolle Aktionen auf die Beine gestellt haben wie zum Beispiel die Wahl zum “Fahrer des Jahres”. Wir haben den Rennsport immer sehr sachlich begleitet. Es ist ein qualitativ hochwertiges Forum. Es gibt nur Anmeldungen unter Realnamen, die alle geprüft sind und es stellt im großen und ganzen die aktive Szene des Nürburgrings dar. Die ist natürlich schockiert, wie der neue Betreiber gegen all diese Leute so massiv vorgehen kann. Die größte Resonanz ist Unverständnis.

Das Forum als Facebook-Gruppe weiterzuführen – wäre das eine Alternative?

Das ist nur temporäre Variante, weil Facebook inzwischen eine große Akzeptanz hat.

Ich meinte das eher juristisch.

Das habe ich auch überlegt. Dann ist nämlich Facebook der Betreiber und wäre derjenige, der etwas verbreitet. Aber ich scheue mich ehrlich gesagt davor, die Leute zu Facebook einzuladen. Man sollte wissen, was man dort tut.

Wie kann man Dich unterstützen?

Die Fangemeinde am Nürburgring zeigt jetzt schon einen tollen Zusammenhalt, der mir auch den Antrieb gibt, weiter zu kämpfen. Mir reicht es schon als Unterstützung, wenn man diesen Fall aufmerksam verfolgt, kommentiert, sich eine Meinung bildet und sich nach seinen Möglichkeiten dafür einsetzt, dass wir Forenbetreiber risikolos unserer Freude nachgehen können. Außerdem habe ich ein Spendenkonto auf der Basis von Schenkungen eingerichtet. So wie ich die Resonanz bei den Motorsportlern sehe, wird das finanzielle Risiko des Gerichtsprozess eher klein sind.
“Immer mit einem Fuß in der Privatinsolvenz”

Kann man bei solchen juristischen Unwägbarkeiten in Deutschland überhaupt noch sinnvoll Foren betreiben?

Man sieht auf jeden Fall, dass die Rechtslandschaft in Deutschland noch schwimmt. Wir Forentreiber machen das in unserer Freizeit aus Enthusiasmus. Der darf aber nicht mit solchen hohen Risiken bestraft werden, die kein Mensch privat eingehen kann. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich habe nicht nur das Forum vom Netz genommen, sondern alle interaktiven Möglichkeiten, die ich auf meiner Seite geboten haben, z.B. auch die Kommentare unter den 60.000 Fotos. Wenn jemand es auf mich abgesehen hat und diesen Fall kennt, der könnte ja anonym die Behauptung aus dem Zeitungsartikel aufstellen und dann heißt es wieder, ich hätte die verbreitet. Ich finde es erschreckend, dass ein Gericht solch einen Beschluss gegenüber einem Forenbetreiber überhaupt fällen kann. Solange das geschieht, stehen wir als Forenbetreiber natürlich immer mit einem Fuß in der Privatinsolvenz. Das darf doch nicht sein!

Das Alarmsigmal wirkt sicherlich nicht nur in die Motorsportszene …

Nein, das betrifft alle Fanforen. Jemand, der über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt und für den in Kooperation mit seinen Anwälten einstweilige Verfügungen zur Tagesordnung zählen, kann ungehindert gegen kleine Blogger und Forenbetreiber vorgehen, die natürlich erst mal völlig gelähmt sind. Das ist fatal für die Meinungsfreiheit und die moderne Kommunikation, die wir in Deutschland gerade erst mit Leben befeuern. Wenn man bei jedem Gang zum Briefkasten befürchten muss, einen bösen Anwaltsbrief zu finden, lässt man lieber die Finger vom Betreiben eines Forums oder man impft seine Mitglieder, bloß keine kritischen Themen zu besprechen. Das hat eigentlich in unserer modernen Welt nichts verloren.

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Nun ja, man wird abwarten müssen, wie sich die Sache am Ring weiterentwickelt, aber ich gehe zumindest davon aus, dass man vor allem beim 24H Rennen im Juni eine Menge Plakate sehen wird. Schön wäre es, wenn beide Seite wieder zu einem vernünftigen Gespräch finden würden. Man kann nicht ohne den Investor und der Investor kann nicht ohne die Menschen dort ein vernünftiges Konzept erarbeiten.

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1 Kommentare

Gerd 15 Februar, 2011 - 10:29

Herr Frison nutzt(e) jede Chance den neuen Betreibern an die Karre zu fahren. Jede Aktion, ob gut oder schlecht, wurde negativ kommentiert. So driften die Interessen auseinander. Der Eine will mit dem neuen Ring sein Geld verdienen. Hahne und Frison wollen mit Ihrer Haltung gegen den Ring auch Geld verdienen.
In der Region wird nicht mit offenen Karten gespielt. Kein Unternehmen hat seit der Eröffnung des neuen Rings weniger verdient. Das Klagen bezieht sich darauf, in Zukunft nicht noch mehr Geld zu verdienen.

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