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Robert Kubica: Unverantwortlich oder echte Leidenschaft?

von DonDahlmann
19 Kommentare

Nachdem sich die erste Aufregung um den Unfall von Robert Kubica gelegt hatte, gab es einige Stimmen, die ihm „Wahnsinn“ vorgeworfen haben, bei einem solchen Event zu starten. Ich sehe das anders.

Motorsport ist gefährlich. Das steht auf der Rückseite jeder Eintrittskarte im Kleingedruckten. Auf der Rundstrecke versucht man seit Jahrzehnten, die Risiken zu minimieren. Wenn man sich Bilder aus der frühen Formel Eins, aus Le Mans oder den Tourenwagenrennen anschaut, bleibt einem schon bei der Ansicht fast das Herz stehen. Keine Auslaufzonen, ungesicherte Mauern oder auch mal einfach ein paar Bäume, die am Rand stehen, Fangzäune mit massiven Holzbalken. Heute sagt man „Völlig bescheuert.“ Damals war es normal. Es hat sich viel getan auf der Rundstrecke, aber der Rallyesport ist in Sachen Sicherheit immer noch eine ganz andere Sache. Es liegt in der Natur des Sports, dass man mit sehr schnellen Wagen auf sehr engen, nicht gesicherten Straßen unterwegs ist, wo klapprige Leitplanken einen davor schützen sollen, in einen Abhang zu fallen. Ist der Rallyesport deswegen irrsinnig? Hätte Robert Kubica die Finger davon lassen sollen?

Früher war es völlig normal, dass Formel Eins Fahrer auch in anderen Serien gestartet sind. Und dort häufig ihr Leben ließen. Jim Clark starb bei einem völlig belanglosen Formel Zwei Rennen, Pedro Rodríguez am Norisring bei einem Rennen der Prototypen und Stefan Bellof in Spa, bei einem Rennen zur Sportwagen Weltmeisterschaft in einem Porsche 956. Die Piloten starteten einerseits, weil sie echten Spaß am Motorsport hatten. Viele von ihnen wechselten von den Prototypen in die Formel Eins, zu Tourenwagen in die USA, und wieder zurück, weil der Motorsport ihr Leben war. Aber viele mussten auch in verschiedenen Serien starten, weil sie mit Startgeld und den Löhnen andere Abenteuer oder einfach ihr Leben finanzierten.

Die vielen Toten haben gerade bei den Formel Eins Teams zu einem Umdenken geführt. Statt ihre Fahrer in niederklassigen, meist schlecht abgesicherten Serien starten zu lassen, hat man ihnen mehr Geld bezahlt und gleichzeitig in der Verträgen festgelegt, dass sie in keiner anderen Serie starten dürfen. Auch gefährliche Sportarten werden viele Fahrern verboten, was zur legendären Ausrede des „Tennisunfall“ von Montoya geführt hat, der sich seine Schulter wohl beim Motocross gebrochen hatte.

Kubica ist in der bequemen und gut bezahlten Position sich nur auf die Formel Eins konzentrieren zu können. Warum also das Risiko einer Rallye eingehen? F1 Fotograf Darren Heath twitterte noch am Sonntag:

Is driving #F1 not enough for #Kubica? Utterly irresponsible to crash in a club rally.Can’t see #Alonso, #Vettel, #Hamilton being so stupid.

Die Aussage war, vor allem zu dem Zeitpunkt, unnötig und unsensibel, aber hat er da einen Punkt getroffen? Warum sollte ein gut bezahlter, mit Terminen für sein Team und Sponsoren ziemlich ausgelasteter Mensch, der eh dauernd in einem Rennwagen sitzt, zwischen all den Verpflichtungen auch noch woanders Motorsport betreiben? Warum sollte er in einem, verglichen mit einem Formel Eins, relativ unsicheren, aber sehr schnellen Rennwagen sitzen, und über Strecken fahren, die das Wort „Sicherheit“ nicht mal ansatzweise verdienen? Ist das nicht überflüssiger Wahnsinn? Oder gar verantwortungslos gegenüber seinem Team, den Sponsoren und seiner Familie?

Die Antwort ist schwer zu geben, aber ein Teil von ihr könnte lauten: Niemand hat ihn dazu gezwungen. Um mit einem Skoda bei einer Veranstaltung fahren zu können, hat er die Freigabe von Renault benötigt. Und die seines Teams. Es gab keine Sponsoren, die ihn dort einsetzen wollten, keine PR-Dinge, die ihn dort erwartet haben. Er wird sich diese Starts vertraglich zugesichert haben lassen und er hat es aus einem einzigen Grund gemacht: Aus Spaß.

Menschen klettern aus Spaß und weil sie sich und anderen etwas beweisen wollen auf Berge. Sie umsegeln in Nussschalen die Welt oder sie durchwandern alleine einen Dschungel. Robert Kubica ist gestartet, weil ihm Rallyes Spaß machen, weil er die Herausforderung gesucht hat. Es war nicht seine erste Rallye, auch wenn sein erster Versuch in einem S2000 Wagen war, er kannte sich aus, er wusste um die Risiken.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Formel Ein Piloten nur in dieser Serie starten. Ausflüge von aktiven Piloten (nicht Test- oder Reservefahrern) gibt es nicht mehr. Und doch weiß man, dass sie durchaus Lust dazu haben. Sebastian Vettel unterstrich in einem Interview mit dem Racingblog, dass er Spaß an einer Rallye haben würde. Und wer glaubt nicht, dass ein Lewis Hamilton, ein Alonso oder ein Jenson Button nicht daran interessiert wären, in Le Mans zu fahren? Es wird ihnen meist verboten. Aus Sicherheitsgründen, aus Marketinggründen. Schumacher hielt es nach seinem Rücktritt, als es keine Verträge mehr gab, nicht lange auf der Couch, er brach sich fast das Genick bei einem Motorradrennen.

Für viele Formel Eins Fahrer scheinen Rallyes ein faszinierender Sport zu sein. Kimi Räikkönen hat es dorthin gezogen, Kubica, Vettel finden es spannend und wenn eine Umfrage machen würde, kämen trotz des Unfalls des Renault Piloten noch weitere Fahrer hinzu. Vermutlich liegt die Faszination darin, eben nicht auf einer nach allen Seiten abgesicherten Strecke unterwegs zu sein. Vermutlich brauchen diese außergewöhnlichen Menschen einfach den Kick, auf der letzten Rille auf unsicheren Straßen unterwegs zu sein. Für manche sieht es nach Wahnsinn aus, für sie ist es ein Spaß, eine Herausforderung, eine Quelle, aus der sie Kraft schöpfen. Das ist verrückt und doch normal.

Robert Kubica ist einer dieser Verrückten. Ein Motorsportfanatiker, ein Racer, der selbst in seiner Freizeit den Kick braucht. Er ist keiner dieser Roboter, keiner, der immer nur brav nickt. Vor einer Woche, bei der Vorstellung des R31 wurde er gefragt, ob es schon immer sein Traum war, ein Lotus Pilot zu sein. Seine Antwort lautete: „I think Lotus is our sponsor. At least from what I know it is a sponsor. So I could also say it is my dream to drive for Total“. Das sagt viel über ihn aus und seine Art aus. Und während andere Fahrer ihre Zeit im Simulator verbringen, sucht er die Herausforderung auf engen Straßen.

Ohne jeden Zweifel müssen die Rallyes, besonders die Club Rallyes sicherer werden. Offene, hochstehende Leitplanken müssen gesichert werden, die Wagen besser gegen einen Aufprall vorbereitet sein. Die Strecken müssen sorgfältiger vorbereitet werden und die Sicherheitsteams sollten keine halbe Stunde warten müssen, bis die richtige Ausstattung am Ort des Unfalls ist.

Aber ehrlich gesagt – wir brauchen mehr Fahrer wie Robert Kubica. Man sollte ihnen erlauben, auch in anderen Serien zu starten, wenn sie es denn wollen. Warum nicht mal ein Einsatz in der WTCC, in Le Mans oder eben der WRC? Racer sind Racer, aber vor lauter PR und Marketing hat man fast vergessen, was ihre eigentliche Leidenschaft ist. Rennen zu fahren und zu gewinnen, egal wo und wann sie antreten.

Ich hoffe sehr, dass Robert Kubica schnell wieder gesund wird und das wir ihn bald wieder in einem Formel Eins und auch in anderen Serien wiedersehen.

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19 Kommentare

Ralf G. 8 Februar, 2011 - 00:04

„Wahnsinn“ war das sicher nicht, Rallyes sind halt Rallyes, und seit den Zeiten der Gruppe5-Monster hat sich ja einiges getan, und man kann halt nicht kilometerweise öffentliche Straßen mit Fangzäunen à la Rundstrecke absichern. So weit, so gut.

Aber, romatisierende Darstellung über „wahre Racer“ hin oder her, professionell ist das alles auch nicht. Kubicas Job ist Formel-1-Fahren. Ein ganzes Werk voller Leute arbeitet darauf hin, mit enormer Manpower und Millionenaufwand, eine gute F1-Saison vorzubereiten und durch zu führen. Und da verstehe ich weder Kubica noch Renault, dass der Mann im Januar, mitten in der Saisonvorbereitung, komische Rallyes fahren muss. Nun ist das Ergebnis des gesamten Jahres in Gefahr, weil ein anderer Fahrer nun ran muss. Ob der so gut sein wird wie Kubica?

Ich kann mir das „OK“ von Renault nur so erklären, dass sie diese kleine Rallye mehr für eine Show-Veranstaltung ohne Risiko hielten.

Das „Schmerzensgeld“ für F1-Piloten ist hoch genug, um sich für die Jahre der aktiven F1-Karriere professionell auf ihren Job zu konzentrieren. Touren- und Sportwagen und Rallyes kann man in den Jahren danach immer noch fahren.

Und nun wünschen wir Kubica natürlich das Allerbeste, hoffen wir mal dass die Liste der Verletzungen nicht weiter ständig länger wird.

DonDahlmann 8 Februar, 2011 - 00:28

Das Argument, dass heute viel mehr Verantwortung an einem F1 Fahrer hängt, als noch vor einigen Jahren, ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Es mag romantisierend sein zu glauben, dass man sich davon heute frei machen kann, dass gerade die F1, so hoch kommerzialisiert, wie sie nun mal ist, eben mehr „cooperate thinking“ fordert, und man sich dieser Denke eben unterordnen muss, wenn man dort Erfolg haben möchte. Auch das Argument, dass Kubica mit seinem Verhalten die Arbeit vieler hundert Menschen in Frage stellt, ist sicher zu beachten.

Aber dennoch bin ich der Meinung, dass man die Piloten nicht wie Manager behandeln und sehen sollte. Sie erfüllen nicht nur eine hochspezialisierte Aufgabe, die man einfach erlernen kann. Es sind meist sehr außergewöhnliche Menschen, die in den Cockpits sitzen, die man nicht mit normalen Maßstäben messen kann. Das Beispiel von Schumacher und seinen Ausflügen in Richtung Motorads zeigt das, ebenso gibt es viele Beispiele von hochbezahlten US-Fahrern, die in ihrer Freizeit auf hinterklassigen dirt tracks unterwegs sind.

Die innere Leidenschaft eines Rennfahrers ist eben nicht so einfach zu bremsen, es ist Teil seines Lebens. Ob man die während der aktiven F1-Karriere ausüben muss, ist sicher eine andere Frage.

ethone 8 Februar, 2011 - 00:54

Bei aller Verantwortung gegenüber Sponsoren und Teams: Ich fühle mich unwohl dabei Menschen vorzuschreiben ihren Lieblingsbeschäftigungen nicht mehr nachgehen zu dürfen. Wo fängst du da an? Tennis spielen ist in Ordnung, Fußball nicht mehr? Mark Webber hat sich beim Radfahren das Bein gebrochen.
Das finde ich moralisch äußerst schwierig weil es die persönliche Freiheit eines jeden Menschen beschränkt, für die kommerziellen und sportlichen Interessen einer Firma.

Unfälle gibt es immer und überall, wenn er auf dem Weg zum F1-Test verunglückt wäre stellt sich die Frage nach der Verantwortung nicht.
Unverantwortlich wäre es meiner Meinung nach nur, wenn Robert Kubica eine größere Verantwortung gegenüber anderen Menschen oder Entitäten als gegenüber sich selbst hätte. Vielleicht bin ich da sehr auf der Seite der individuellen Freiheit, aber ich finde für ihn sollte seine Verantwortung sich selbst gegenüber größer sein.

blue-skies 8 Februar, 2011 - 08:53

Sport hin, Leidenschaft her. In dem Augenblick, in dem ich mein Hobby, meine Leidenschaft zum Beruf mache, in dem Augenblick gehe ich Verpflichtungen ein. Und da sehe ich es genau so wie Ralf G., dass ein Kubica während seiner aktiven Zeit seine Sehnsüchte (so es denn welche waren, die ihn zu diesem Stunt verleitet haben) im Griff haben muss. Es ist auch in der freien Wirtschaft nicht unüblich, ab einer gewissen Position Beschränkungen bei der Wahl seiner Hobbies auferlegt zu bekommen, so diese denn als gefährlich klassifziert sind.

xeniC 8 Februar, 2011 - 08:56

Robert Kubica ist wie fast jeder normale Mensch: Arbeitnehmer.

Ich möchte mir von meinem Chef nicht vorschreiben lassen, dass ich in meinem Urlaub nicht in den Ski-Urlaub darf, nach der Arbeit nicht meinen Sport (damn, jeder Sport birgt risiken!!!!) austragen darf und das ich doch bitte auf die Straße nur mit Panzerung gehe, damit mir auch ja nichts passiert.

Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit einer Verletztung bei einer Risikosportart größer, aber ich kann auch aus dem Bus oder der Bahn aussteigen und mir dabei meinen Fuß brechen. Verfluchte Welt, in der sowas möglich ist.

PS: Bin voll bei Don seinem Eintrag!

Stephan Koch 8 Februar, 2011 - 09:09

Für viele Formel Eins Fahrer scheinen Rallyes ein faszinierender Sport zu sein. Kimi Räikkönen hat es dorthin gezogen, Kubica, Vettel finden es spannend und wenn eine Umfrage machen würde, kämen trotz des Unfalls des Renault Piloten noch weitere Fahrer hinzu. Vermutlich liegt die Faszination darin, eben nicht auf einer nach allen Seiten abgesicherten Strecke unterwegs zu sein. Vermutlich brauchen diese außergewöhnlichen Menschen einfach den Kick, auf der letzten Rille auf unsicheren Straßen unterwegs zu sein.

Ich persönlich denke eben nicht, dass es der pure Kick ist, sondern auch der Anspruch, den eine Rallye stellt. Wechselnde Straßenverhältnisse, wechsel von Asphalt auf Schotter und wieder zurück auf nassen, schmierigen Asphalt, kein optimal passendes Setup u.a. Ich hatte einen Rallye Piloten (leider ist mir der Name entfallen) sagen hören, dass eine Rallye das Schachspiel des Motorsports sei und ich denke meiner Meinung nach ist es genau das, was Rallyes so attraktiv macht.

Viele Menschen streben nach etwas höherem, was sie mehr ausfüllt und vielleicht auch etwas befriedigt, was durch die F1 vielleicht nicht gegeben wird. Mag es der Kick sein? Denke ich nicht, vielleicht eher das mentale? Alles nur Spekulation.

Meiner Meinung nach ist es jedoch nicht passend, wenn man über Kubica herzieht. Er hat Spaß an einem gefährlichen Sport, viele von uns haben Spaß daran zu sehen, wie die Monoposti mit wahnwitzigen Tempo die Eau Rouge hochschrubben, oder wie in der VLN über die Nordschleife geschrubbt wird, die trotz aller Faszination immer noch – streng genommen – gefährlich ist.

Meiner Meinung nach haben wir uns an das sichere der Formel 1 zu sehr gewöhnt. Wenn es in der Formel 1 einen Monoposto komplett zerlegt, steigen trotz allem die Piloten unbescholten wieder aus – in den meisten Fällen. War es auch nicht Kubica, der sich einmal wahnwitzig überschlagen hat in Montreal? In 2007?

Ich persönlich fande und finde es gut, dass Kubica sich auch anderen Sports zugewandt hat und ich finde es persönlich auch falsch, wenn man nun sagt „Der Jung hat Motorsport betrieben…pfui!“.

Hoffen wir trotz allem, dass er sich den Spaß am wesentlichen nicht hat nehmen lassen…und das er vor allem wieder gesund wird und seiner Leidenschaft nachgehen kann.

Gruß,

Stephan

spookyt 8 Februar, 2011 - 13:44

Eins macht einem die Sache doch klar. F1 Fahrer sind eben Menschen – und nicht ein technischer, mechanischer und berechenbarer Bestandteil der Fahrzeuge. Den Traum die höchste Klasse des Motorsports ausüben zu können bezahlt man heute doch mit einer Unmenge an Terminen, Sponsoring, „Arbeit neben der Strecke“ – also genau dem, was überhaupt nicht dem entspricht was man wohl eigentlich immer machen möchte – fahren. Mit normalen Tätigkeiten ist das ja sowieso nicht vergleichbar, und schon gar nicht mit einem „Beruf“. Sportler oder Künstler haben das Glück ihre persönlichen Fähigkeiten oder Begabungen ganzheitlich ausüben zu können. Ein Anwenden anderer Maßstäbe, wie einem (scheinbar einheitlichen?) der „freien Wirtschaft“, finde ich ist daher schlecht möglich.

DonDahlmann 8 Februar, 2011 - 13:52

Die Frage ist ja nicht unspannend. Die Fahrer leben in einer „cooperate world“, sie sind Teil einer riesigen Firma und im Prinzip, so rein von der Hirachie her, nur Angestellte, wenn auch sehr gut bezahlte. Spezialisten eben. Die meisten Fahrer unterwerfen sich dieser Maschine, andere, wie Kimi Räikkönen, haben da etwas andere Vorstellungen. Aber kann man Fahrer mit den Maßstäben eines Angestellten messen? Ich denke nein, und deswegen halte ich es auch nicht für richtig, wenn man Kubica nun vorwirft, dass er unverantwortlich gehandelt hat. Peter Sauber wird heute in der MSa mit den Worten zitiert: „In meinem Team würde ich so etwas keinem Fahrer erlauben“.

Ralf G. 8 Februar, 2011 - 14:29

„Unverantwortlich“ ist ja auch zwei Nummern zu hart, zumal Kubica ja vorher gefragt hat. „Nicht besonders schlau“ ist vielleicht passender. Peter Sauber hat in meinen Augen 100%ig recht, auch F1 ist ein Team-Sport und das bestbezahlte und wahrscheinlich wichtigste Teammitglied sollte schon wissen, auf was es sich zu konzentrieren hat, was zu diesem Zeitpunkt wichtig ist und was nicht für den eigenen und den Erfolg des Teams.

Irgendwo stand, Kubica wollte wohl bei der Monte starten und da hat Renault „nö“ gesagt. Darum kann, ich wie schon oben geschrieben, die Zustimmung Renaults mitten in der wichtigen Testphase vor der Saison nur damit erklären, dass sie das für eine Showveranstaltung mit kurzer Sonderprüfung gehalten und nicht sonderlich ernst genommen haben.

Passieren kann natürlich immer was, dem Torhüter von Gladbach fiel ja letzten Sommer eine tragbare Klimaanlage auf den Fuß und setzte ihn außer Gefecht. ;)

Aber es gibt Dinge wie Rallyefahren (oder Schumis Superbike, das ihm Haug garantiert verboten hat), die von der Natur der Sache her deutlich risikoreicher sind als andere (Fahrrad fahren, Klimaanlage aufstellen, Einkaufen gehen) und ein F1-Fahrer sollte da Profi genug sein um diese Risiken für den sportlichen Erfolg zu minimieren. Für den „Verzicht“ auf Abenteuer in den paar Jahren seiner F1-Karriere kommen ja reichlich Scheine aufs Konto.

Darüber brauchen wir in Zukunft aber eh nicht mehr diskutieren, nach der Geschichte werden alle Teamchefs in Zukunft alles ab „Fahrrad fahren“ genehmigungspflichtig machen und sehr genau schauen, welche Hobby-Aktivitäten genehmigt werden.

spookyt 8 Februar, 2011 - 14:53

Hier wird oft mit der Bezahlung argumentiert. Wieviele der aktuellen Fahrer würden denn trotzdem fahren, würden sie nur ihre Ausgaben ersetzt bekommen? Ich vermute mal eine ganze Menge, wenn nicht sogar alle. Es stellt sich also die Frage wieso die hohen Gehälter – wenn nicht auch als Ausgleich für totale Umstellung des Lebensablaufes und Hingabe fürs Team. Wo ist dann der Ausgleich? Und wie funktioniert das dann bei einem Pay Driver?
Jeder Soziologe sagt dir Gängelung von Arbeitsnehmern ist genau der falsche Weg. Aber „beschweren“ wird sich kein Fahrer in dieser Position. Die Aussage von Eric Boullier ob nicht daran gedacht hat Kubica Rallyfahren zu verbieten sollte eher Vorbild als Ausnahme sein:

„Not for one second,” replied Boullier, “He could just as easily have been knocked over by a bus. Robert is a racer, he loves cars and he lives for nothing but racing. Competing is his essence. At 14 he slept in a kart factory because he loved racing. From the outset it was agreed among us that Robert would do rallies as well as F1. It was vital for him. His strength comes from that passion. I never thought about the risk. Motor sport is dangerous, but he loves it.“

Ralf G. 8 Februar, 2011 - 15:54

@spookyt Wenn der Herr Boullier zu seinem Chef darf um zu erklären, dass die Millioneninvestition in „Operation WM-Titel“ geopfert wurde, um dem Fahrer seine Selbstverwirklichung zu ermöglichen, wird er das danach anders sehen. ;o)

Die Saison ist doch erledigt, die Petrovs, Heidfelds und Liuzzis dieser Welt werden doch nicht mal ansatzweise in die Nähe der Leistungen eines Kubica kommen, wo will denn Renault jetzt noch einen Siegfahrer her nehmen? Wahrscheinlich ist das Auto auf Kubica hin designt, was wenn der Ersatz überhaupt nicht damit zurecht kommt?
Wahrscheinlich ist Boullier fehl am Platze, wenn ihm das alles egal ist, so lange sein Fahrer seinen Hobbies nachgehen kann. Wahrscheinlich sagt Boullier das jetzt aber auch nur so, um nun nicht so blöd dazustehen.

Und man sollte vielleicht auch mal bei der Beurteilung der ganzen Geschichte die wild-romantische „Rennfahrer-Held“-Perspektive verlassen und sich das ganze mal aus der Perspektive der anderen Beteiligten ansehen.

DonDahlmann 8 Februar, 2011 - 16:03

@ Ralf G.:
Gut, da kann man lange drüber streiten, was Fahrer machen dürfen, und was nicht. Was im Sinne der Firma ok ist, und was wieder nicht. Man kann halt auch beim Mountainbiken sich die Knochen brechen, was ja einigen schon passiert ist. Ich glaube weiterhin nicht, dass man Rennfahrer davon abhalten kann, so Dinge zu machen.

Die Schuld muss da gar nicht bei Boullier liegen. Eventuell hat Kubica sich die Ausflüge vertraglich zusichern lassen und ist nur unter dieser Bedingung zu Renault gegangen. Alternativen hatte er ja durchaus.

Ralf G. 8 Februar, 2011 - 16:11

@Don Schon klar. Aber es gibt halt Dinge mit mehr und welche mit weniger ausgeprägtem Risiko. Wie der Danner sagte „in einer Blechbüchse mit 200km/h durch den Wald fahren“ ist da sicherlich gefährlicher als ein Ausflug mit dem Mountainbike. Ist ja sicher kein Zufall, dass andere Teamchefs ihren Piloten sowas verbieten.

Aber gut, ich denke der Argumente sind genug gewechselt, wir haben das Thema nun von allen Seiten ausgiebig betrachtet. ;) Jetzt bin ich mal gespannt, wer den Renault bekommt.

ethone 8 Februar, 2011 - 16:47

Na schön und gut aber jetzt brauchen wir auch nicht so tun als gäbe es bei jeder Rallye 5 Tote. Er war ja nicht Krabbenfischen vor Alaska oder hat sonst einen der gefährlichsten Jobs erledigt.

Was der PR-Mitarbeiter in Enstone für einen Anspruch haben will Robert Kubica seine Freizeit vorzuschreiben müsstest du mir aber mal erklären. Gegen Ausfall sind die Teams aber mal garantiert versichert. Finanziell wird Renault F1 dadurch sicher nicht in den Ruin getrieben. Ich weiß nicht ob auch Einkunftsausfälle des Teams versichert sind, wenn der Ersatzfahrer zum Beispiel weniger Punkte holt als es von Kubica erwartbar gewesen wäre. Und da jeder Punkt Geld bringt…
Aber was bleibt dann noch? Der Anspruch der Mitarbeiter, dass man ja Weltmeister hätte werden können, wenn denn nicht…? Ist so ein romantischer Gedanke es wert den Fahrern ihre Freizeit zu verbieten?

Alex 8 Februar, 2011 - 16:51

Gerade weil ein Nummer-1-Fahrer in der Formel Eins kein einfacher Angestellter ist, gerade weil er unersetzbar ist und weil letztlich das Wohl und Wehe des gesamten Teams von ihm abhängt, ist es unprofessionell und egoistisch, in der wichtigen Phase der Saisonvorbereitung solch ein Abenteuer zu suchen. Jedem Spitzenfußballer ist es (allein schon aus Versicherungsgründen) verboten, gefährliche Sportarten jenseits von Radfahren auszuüben. Wenn er sich selbst verwirklichen will, was ihm niemand absprechen möchte, hat er nach Abschluss der Karriere ja noch genügend Zeit dafür – Schumacher und seine Motorrad-Ausflüge haben’s doch gezeigt.

ethone 8 Februar, 2011 - 17:10

Was soll das eigentlich mit der „wichtigen Phase der Saisonvorbereitung“? Wäre der Unfall besser fürs Team gewesen wenn es im November passiert wäre? Mitten in der Saison?

burgi 8 Februar, 2011 - 18:17

Ich würde sagen es war in gewisser Weise DUMM von Kubica. Denn er hat sich wohl am meisten und das eben auch sprichwörtlich ins eigene Fleisch geschnitten.

Ob er jemals wieder in der F1 fahren kann, ob er jemals wieder zu seinen Leistungen zurück findet, usw. Auch wenn Rennfahrer dieses Leben am Risiko brauchen, so gibt es doch Gründe der Vernunft die nicht überhörbar sind.

Als Familienvater verzichte ich auf riskantes Motorradfahren, ein Konzertpianist arbeitet nicht in der Freizeit mit der Kreissäge und ein F1-Pilot der Erfolge haben will vermeidet halt unfallträchtige Freizeitbeschäftigungen. Natürlich kann der Bus an jeder Straße warten der einen überfährt, aber ein Fallschirm der nicht aufgeht ist nur schlimm wenn man damit gerade aus einem Fluzeug gesprungen ist.

Verletzten kann man sich später immer noch – siehe Schumi.

Chaos 8 Februar, 2011 - 20:48

Wie schon gesagt wurde , es sind sehr spezielle Menschen, die Motorsport auf diesem Niveau betreiben , in gewisser Weise eben auch, wenn ich das Wort nicht mag, Adrenalinjunkies. Desweiteren haben sie natürlich auch viel Spaß an dem was sie tun und viele haben einen besonderen Lebensstil. Deswegen bestreiten viele Fahrer Rallys oder Dirttrackrennen, weil es ihnen Spaß macht und weil es auch das ist was sie lieben. Und wieso sollte man den Fahrern, die Woche für Woche (abstrakt) für das Team und ihren persönlichen Erfolg ihr Leben riskieren, das verbieten, nur weil es ihnen unter anderen vielleicht gefährlicheren Umständen mehr Spaß macht, obwohl es dafür viel weniger oder sogar gar kein Geld gibt? Man muss den Fahrern auch ihren Spaß lassen und wenn sie eben diesen in noch etwas mehr Gefahr oder anderen Extremsportarten finden, dann sollte man sie das auch machen lassen, solange das ihren „richtigen Job“ im Normalfall nicht beeinflusst. Wieso sollte ich bspw einem Firmengründer Extromsportarten verbieten nur weil er wichtig für die Firma ist?

Detlef 9 Februar, 2011 - 16:55

Kubica hatte die Erlaubnis bei der Rallye zu fahren. Sein Arbeitgeber fand es also in Ordnung. Wenn schon eine Verantwortung für die Arbeit des Teams angesprochen wird, dann auch bitte nicht nur für Kubica sondern auch für Renault.

Die Konsequenz aus dem Unfall wird wohl sein, dass anderen Fahrern gefährliche Hobbies noch weiter verboten werden.

Zu Damals. Damals mußten die Fahrer einfach alles fahren was Räder hatte, weil sie Geld verdienen mußten. Es gab nur 6 bis 10 F 1 Rennen im Jahr, erst in den 1970ern waren es dann bis zu 15.

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