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Best of 2010: Teil Fünf

von StefanTegethoff
2 Kommentare

Der vorletzte Teil des Racingblog-Jahresrückblicks, diesmal liegt der Schwerpunkt auf den Sportwagen-Serien, da ich mir neben der Formel 1 fast nur die kontinuierlich angesehen habe. Aber auch da kommt genug Material für die verschiedenen Kategorien zusammen. Viel Spaß und auf ein gutes Motorsport-Jahr 2011!

Bestes Rennen

Für mich der 1000km-Lauf der Le Mans Series in Spa. Zum einen ganz subjektiv, weil ich zum ersten Mal live an der Rennstrecke war, aber es war auch an sich ein sehr spektakuläres und kurioses Rennen. Es regnete phasenweise (Andre Lotterer schmiss einen Audi schon in der Einführungsrunde in die Reifen), gegen Rennmitte fiel zeitweise der Strom aus, was zu einer Rennunterbrechung führte, in der gut besetzten GT1 gab es einen Heimsieg durch den MarcVDS-Ford GT und neben spannenden Kämpfen in LMP2 und GT2 lieferten sich Peugeot und Audi ein enges Duell, wie so oft auf den kürzeren Distanzen mit dem besseren Ende für die Franzosen, auch wenn es zwischenzeitlich anders aussah:


Bestes Finish

Vermutlich tatsächlich das NASCAR Truck Series-Finale in Talladega. Ich habe das Video am Folgetag gesehen und auch nicht schlecht gestaunt.

Um aber nochmal die Sportwagen-Perspektive reinzubringen: es gab anno 2010 eine ganze Reihe grandioser Finishes in der ALMS, der Countdown:

5. In Laguna Seca überrumpelte Patrick Long (Flying Lizard-Porsche) Joey Hand (BMW) beim letzten Restart und hielt ihn danach bis zur Zielflagge knapp hinter sich.

4. In den letzten Runden in Mid-Ohio (ganzes Rennen hier) wurde in allen vier Klassen noch gekämpft, bei den LMPs waren es Dyson und Highcroft, bei den GTs Risi und Corvette Racing. Nur echte Angriffe oder gar Überholmanöver sind in Mid-Ohio leider schwierig.

3. Das Sprit-Drama in der GT2 beim Petit Le Mans: wenige hundert Meter vor der Ziellinie rollte der führende Risi-Ferrari aus, die Corvette staubte den Sieg ab. Es war der erste Corvette-Sieg in mehr als einem Jahr.

2. Die letzte Runde in Long Beach, als Simon Pagenaud im Acura und Adrian Fernandez im Lola-Aston Martin sich nach spannendem Sprintrennen einen erbitterten Kampf bis zur Linie lieferten

1. Johnny Cockers Aufholjagd in den letzten Runden auf der Road America nach einem E85-bedingten späten Splash&Dash-Stop. Erst schnappte er die Konkurrenz von Dyson und Highcroft, dann beim Herausbeschleunigen aus der drittletzten Kurve auch noch Klaus Graf. Der musste zwar zugegebenermaßen Sprit sparen und war kurz zuvor im Verkehr aufgehalten worden, dennoch waren das grandiose letzte Runden vom jungen Briten Cocker:

Überholmanöver des Jahres

Ich stimme Flo hier 100%ig zu, das coolste Überholmanöver des Jahres war Emanuele Pirro bei seinem Comeback-Rennen im Drayson-Lola gegen den Werks-Peugeot mitten im dichten GT2-Überrundungsverkehr, das mir auch dank John Hindhaugh nicht mehr aus dem Kopf geht. Und für alle die es noch nicht gesehen haben, oder eben zum immer-wieder-genießen habe ich das Video in den Tiefen des Netzes nochmal aufgespürt…

Auf Platz zwei folgt das Three-Wide-Überholmanöver von Jamie Campbell-Walter im GT1-Hauptrennen auf dem Circuit Paul Ricard, dahinter Jenson Button und Lewis Hamiltons mehrfacher Platzwechsel in Istanbul.

Bester Fahrer

Vermutlich wäre Jimmie Johnson die richtige Wahl, aber nachdem er ja bereits mehrfach genannt wurde, nenne ich mal Dario Franchitti, der (quasi) seinen dritten IndyCar-Titel in Folge einfuhr und das Indy 500 zum zweiten Mal gewann, ersteres knapp, letzteres dafür um so dominanter. Ich habe die IndyCars dieses Jahr leider nicht so konstant verfolgt wie in den Jahren zuvor, aber Franchitti hat durch Konstanz, Vielseitigkeit und Nervenstärke bewiesen, dass er ein absoluter Top-Mann ist.

Bestes Team

Da hab ich lange überlegt, das Ergebnis lautet: Williams. Nein, sie haben keine Meisterschaft geholt und keine Rennen gewonnen. Aber endlich ist man mal wieder konstant im Mittelfeld unterwegs gewesen, es waren einige wirklich gute Platzierungen dabei und Hülkenbergs Pole im vorletzten Lauf hat das Team auch mal wieder etwas in den Mittelpunkt gerückt. Am Ende ist die Mannschaft von Frank Williams, dem die BBC bei der Sports Person oft he Year-Verleihung den „Helen Rollason Award for Achievement in the Face of Adversity“ verlieh, bestes echte Privatteam, auch wenn man vor Saisonbeginn 10% an Investor Toto Wolff verkaufte.

Knapp dahinter: Die schon mehrfach genannte Ganassi-Mannschaft, Michael Bartels Vitaphone Racing, die zum sechsten Mal in Folge die Team-Meisterschaft (jetzt ja offiziell Weltmeisterschaft) in der GT1 gewannen und Drayson Racing, die als kleines Privatteam die komplette ALMS-Saison und die ILMC-Rennen in Silverstone sowie die 24h von Le Mans bestritten – mehr als alle Konkurrenzteams – und dabei einige Highlights setzten, auch wenn vieles schief ging. Außerdem finde ich die Leistung von JMW Racing als AMR-Entwicklungspartner stark, den Vantage GT2 innerhalb einer LMS-Saison von einem defektanfälligen Mittelfeld-Wagen zum Sieganwärter weiterzuentwickeln.

Freunde des Jahres

Lewis Hamilton und Jenson Button, die Weltmeister der letzten beiden Jahre, in einem Team? Das konnte doch nicht gutgehen. Ist es aber. Und zwar erstaunlich gut! Beide hatten starke Auftritte, feierten Rennsiege und kämpften lange um den WM-Titel mit. Und das, ohne sich gegenseitig abzuschießen – der wunderschöne Zweikampf in Istanbul wurde ja schon mehrfach erwähnt in den letzten Tagen.

Szene des Jahres

Eine einzelne Szene fällt mir leider wirklich nicht ein. Die beste Renn-„Serie“ des Jahres 2010 war die GT2-Klasse in den Le Mans-Serien und bei den 24h. Dort gab es gute Zweikampf-Szenen ohne Ende, ich picke mal zwei davon stellvertretend heraus:

Schönster Moment des Jahres

Gleichauf: die Hülkenberg-Pole in Brasilien und Zieldurchfahrt, Auslaufrunde und Siegerehrung von Sebastian Vettel in Abu Dhabi. Letzteres war ein langandauernder Gänsehaut-Moment, Hülkenbergs schnelle Runden im feuchten Interlagos eher ein breites-Grinsen-Moment.

Überraschung des Jahres

Es gab die Hülkenberg-Pole und den weinenden Vettel, der im letzten Rennen noch die WM gewann, aber die größte Überraschung waren die drei Motorschäden bei Peugeot in Le Mans – und womöglich wären es vier gewesen, wäre nicht ein Peugeot schon früher mit Aufhängungsdefekt. Audi hatte den R15 zwar deutlich verbessert und war näher dran als im Vorjahr, aber rein vom Speed hätte man das Rennen nicht gewinnen können. Gleichzeitig kam es nach den „Sprintrennen“ der vergangenen Jahre damit ebenso überraschend, dass die 24h ausnahmsweise einmal rein durch Zuverlässigkeit entschieden wurden.

Kostenpunkt des Jahres

…was auch immer die neuen Titan-Kolben in den Peugeot-Motoren gekostet haben.

Command des Jahres

Ferrari räumt bei diesem Preis gleich die ersten beiden Plätze ab: zum Einen für „Fernando is faster than you“, zum Anderen für die grandiose Fehlentscheidung in Abu Dhabi, sich mit dem frühen Stop ganz nach dem schwächelnden Webber zu richten und Vettel vornweg fahren zu lassen.

Nicht zu vergessen ist aber auch der überraschende Boxencrew-Tausch bei Hendrick im Chase-Rennen in Texas sowie dann für den Rest der Saison!

Racecontrol-Moment des Jahres

Da gibt es für mich einen positiven und einen negativen „Moment“. Begrüßenswert war die Entscheidung der ADAC GT Masters-Rennleitung, in Hockenheim das Rennen auf die Rennstrecke zu beschränken und die DTM-Linie (Bitte fahrt doch zurück auf die Strecke bevor ihr an der aufgemalten roten Fläche in der Auslaufzone seid…) – zumindest halbwegs konsequent – zu bestrafen.

Negativ sticht (knapp gefolgt vom Blocking-Call der IRL in Edmonton) die Safety Car-Regelung des ACO hervor. Die 24 Stunden von Le Mans – auch so schon ein sehr gutes Rennen – hätten noch viel spannender sein können, hätte Audi nicht in den Anfangsstunden zweimal hinter dem Safety Car einen Abstand von je anderthalb Minuten aufgebrummt bekommen, weil man vom „falschen“ Führungsfahrzeug eingefangen wurde. Langfristig müssen Safety Cars (auf Rundkursen) meiner Meinung nach sowieso abgeschafft und durch Geschwindigkeitsregelungen ersetzt werden, die Abstände nicht so stark beeinflussen.

Enttäuschung des Jahres

Das Mansell-Comeback in der LMS. In Paul Ricard lief es mangels Zuverlässigkeit und Speed mäßig, Spa und Portimao ließ man aus, in Le Mans selbst verpasste der 92er F1-Weltmeister nach Auskunft anderer Fahrer schon in den ersten Runden mehrere Male die Hunaudieres-Schikanene, was zu einem frühen Reifenschaden und Crash führte, der ihn für den Rest der Saison außer Gefecht setzte und an den Autogramm-Tisch verbannte. Seine beiden Söhne siegten zwar überraschend auf dem Hungaroring, doch aufgrund mangelnder Unterstützung von Zytek, wie es von Team-Seiten heißt, hat man den LMP-Boliden inzwischen zum Verkauf angeboten und ein „major re-think“ über die Optionen für 2011 angekündigt. Dabei wird es aber wohl nach den Ausstiegen aus der IndyCar Series 1994 und der F1 1995 auf ein weiteres ruhmloses Kapitel-Ende in der Mansell-Story hinauslaufen.

Langweiligstes Rennen

Klingt doof, aber: ich tu mich schwer, eines zu finden. Klar gab es schon spannendere Sebring-Ausgaben als dieses Jahr (ohne Audi, wohlgemerkt), aber dort ging es trotzdem bunt zu, auch in der GT2. Den Formel 1-Saisonauftakt in Bahrain fand ich gar nicht mal so schlimm. NASCAR in Pocono und einige IndyCar-Rennen (z.B. Mid-Ohio) habe ich gar nicht erst angeschaut. DTM am Norisring dürfte das langweiligste Rennen gewesen sein, das ich bis zum Ende durchgestanden habe, aber auch das nur, weil parallel auf dem Laptop die GT1-WM in Le Castellet lief…

Glückspilz des Jahres

Leider war Glück wieder mal viel zu oft nötig: Mark Webber in Valencia und Mike Conway in Indianapolis sind die ersten Beispiele, die mir einfallen, denn immer wenn Zäune ist Spiel kommen, wird es brandgefährlich. Die Streckenposten in Brands Hatch hatten einen Schutzengel ebenso wie der Kameramann in der Tabac-Kurve beim GP2-Rennen in Monaco oder der beim Lauf der australischen F3 in Sandown.

Duell des Jahres & Sprüche des Jahres

Wie schon 2009 kreuzten sich die Wege von Tanja Bauer und Martin Brundle einige Male auf dem F1-Grid. Eines der Highlights gab es in Barcelona, als Nico Rosberg Brundle Unhöflichkeit vorwarf:

Martin Brundle: “I know, but I’m live and she’s not and she’s gorgeous and she always is… like… very kind to me.” *Küsschen*

Die Geste des Jahres brachte dann Sebastian Vettel, als die beiden bei ihm wieder aufeinander trafen, Brundle sich aber mal ausnahmsweise nicht vordrängelte, zu sehen hier ab ca. 1:20.

Spaß des Jahres

Weiter mit Martin Brundle, der auf dem eng mit Promis bepackten Monaco-Grid zu Höchstform auflief, in voller Länge hier zu bewundern.

Wünsche für 2011

Ich schließe mich dem Wunsch der anderen an, dass wir 2011 viele spannende Rennen und Meisterschaften zu sehen bekommen und das Jahr ohne schwere Unfälle oder gar Verletzungen vorübergeht.

Etwas spezifischer ist dann noch der Wunsch, dass der ACO endlich für Chancengleichheit zwischen Benzinern und Diesel-Fahrzeugen in Le Mans sorgt und seine neue Balance of Performance-Regelung dazu sinnvoll einsetzt.

Und zu guter Letzt würde ich mich auch über ein großes Starterfeld in der ADAC GT Masters und hohe Einschaltquoten für die guten TV-Übertragungen freuen, damit die Serie auch zukünftg im TV präsent bleibt.

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2 Kommentare

Flo aus N. 3 Januar, 2011 - 13:15

Danke für das Überholmanöver. DAS war einfach das beste im ganzen Jahr 2010.

Gok 4 Januar, 2011 - 01:18

Da das der letzte Rückblick sein müsste wenn ich richtig gezählt hab, schreib ich auch mal meine Meinung hier hin.Mich überrascht es ,dass keiner als „Überraschung des Jahres“ die Übertragung der ADAC GT-Masters bei Kabel 1 genommen hat.Bei dem langweilgstem Rennen der Saison , finde ich Pocono nicht so passend , der Schluss von den beiden Rennen war ziemlich ordentlich.
Großen Dank gewehrt euch dem Racingblog Team und der Shoutbox , die auch mal langweilige Rennen (DTM) unterhaltsam gemacht haben.

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